Sozialgericht Hildesheim – Gerichtsbescheid vom 11.07.2023 – Az.: S 42 AY 24/22

GERICHTSBESCHEID

S 42 AY 24/22

In dem Rechtsstreit

  1. xxx
  2. xxx
  3. xxx
  4. xxx
  5. xxx

– Kläger –

Prozessbevollmächtigter:
zu 1-5: Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange-Geismar-Straße 55, 37073 Göttingen

gegen

Landkreis Hildesheim OE 908/Rechtsangelegenheiten,
vertreten durch den Landrat,
Marie-Wagenknecht-Straße 3, 31134 Hildesheim

– Beklagter –

hat die 42. Kammer des Sozialgerichts Hildesheim am 11. Juli 2023 gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Richterin xxx für Recht erkannt:

1. Der Widerspruchsbescheid vom 02.02.2022 wird aufgehoben, soweit die Kläger zur Tragung von Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 15,20 Euro verpflichtet wurden.

2. Die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 02.02.2022 wird dahingehend abgeändert, dass der Beklagte den Klägern zu 2.) bis 5.) die notwendigen Kosten für die Führung des Widerspruchsverfahrens zu erstatten hat. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten wird insoweit für notwendig erklärt.

3. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten dieses Rechtsstreits.

TATBESTAND

Die Beteiligten streiten über die Kosten eines Widerspruchsverfahrens im Rahmen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die Kläger beantragten am 09.07.2021 Leistungen nach dem AsylbLG bei der Stadt Hildesheim. Mit Bescheid vom 20.08.2021 gewährte die Stadt Hildesheim den Klägern Leistungen nach dem AsylbLG für den Zeitraum 01.09.2021 bis 31.01.2022 in Höhe von insgesamt monatlich 76,41 Euro.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.08.2021 legten die Kläger gegen den Bescheid der Stadt Hildesheim vom 20.08.2021 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen an, dass eine Umstellung auf Leistungen nach § 2 AsylbLG unterblieben sei.

Mit Änderungsbescheid der Stadt Hildesheim vom 09.09.2021 hob die Stadt Hildesheim den Bescheid vom 20.08.2021 dahingehend auf, dass den Klägern nunmehr für den Zeitraum 01.09.2021 bis 30.09.2021 Leistungen in Höhe von insgesamt monatlich 371,84 Euro gewährt wurden, jedoch keine Leistungen nach § 2 AsylbLG. Mit weiterem Änderungsbescheid der Stadt Hildesheim vom 05.10.2021 hob diese den Bescheid vom 20.08.2021 dahingehend auf, dass den Klägern nunmehr für den Zeitraum 01.10.2021 bis 31.10.2021 Leistungen in Höhe von insgesamt monatlich 398,68 Euro gewährt wurden, jedoch ebenfalls keine Leistungen nach § 2 AsylbLG. Mit Teilabhilfebescheid der Stadt Hildesheim vom 14.10.2021 hob diese den Bescheid vom 20.08.2021 in der Fassung der Änderungsbescheide dahingehend auf, dass den Klägern nunmehr für den Zeitraum 01.09.2021 bis 31.01.2022 Leistungen in Höhe von insgesamt monatlich 478,68 Euro gewährt wurden, wobei nun den Klägern 2.) bis 5.) Leistungen nach § 2 AsylbLG zugesprochen wurden.

Mit Schreiben vom 15.10.2021 gab die Stadt Hildesheim den Klägern Gelegenheit zur Stellungnahme zum Widerspruch vom 30.08.2021 mit Fristsetzung bis zum 29.10.2021.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2022 wies der Beklagte den Widerspruch vom 30.08.2021 als unbegründet zurück und setzte die Kosten des Verfahrens auf 15,20 Euro fest. Zur Begründung der ablehnenden Entscheidung stützt sich der Beklagte auf den Teilabhilfebescheid vom 14.10.2021 wonach den Klägern zu 2.) bis 5.) die begehrten Leistungen nach § 2 AsylbLG zugesprochen wurden und lediglich der Klägerin zu 1.) aufgrund ihres Verhaltens, welches der Beklagte als rechtsmissbräuchlich wertete, keine höheren Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren waren. Zur Begründung der Kostenentscheidung führte der Beklagte im Wesentlichen an, dass die Kläger zu der Amtshandlung Anlass gegeben hätten, damit Kostenschuldner sein und bezog sich auf §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 9 Abs. 1, 11 Abs. 2, 13 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) in Verbindung mit § 1 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (AllGO) sowie Nummer 1.9.1.2 des Kostentarifs zu der AllGO.

Die Kläger erhoben am 15.02.2022 gegen die Kostenentscheidung Klage.

Sie führten zur Begründung insbesondere – unter Berufung auf die Entscheidung des Landesozialgerichts Niedersachsen Bremen (LSG Nds.) vom 25.02.2021 (Az.: L 8 AY 19/18) – an, dass aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenerhebung angezeigt sei, da andernfalls dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht mehr Rechnung getragen werden könne. In der Folge sei das der Behörde nach § 11 Abs. 2 S. 2 NVwKostG eröffnete Ermessen vorliegend auf Null reduziert, da der eingeräumte Ermessenspielraum soweit eingeschränkt sei, dass im Regelfall nur ein Absehen von Kosten zu einer rechtsfehlerfreien Entscheidung führe. Ferner sei der Widerspruch hinsichtlich der Umstellung auf Leistungen nach § 2 AsylbLG für die Kläger zu 2) bis 5) vollständig erfolgreich gewesen, so dass entsprechend die Aufwendungen für die Rechtsverfolgung hätten übernommen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt werden müssen.

Die Kläger beantragen – sinngemäß und unter Beachtung ihres Vortrags –,
1. den Widerspruchsbescheid vom 02.02.2022 (Az.: (913) WS 45/2021) aufzuheben, soweit die Kläger zur Tragung von Kosten des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 15,20 Euro verpflichtet wurden

2. die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 02.02.2022 (Az.: (913) WS 45/2021) dahingehend abzuändern, dass der Beklagte den Klägern zu 2.) bis 5.) die notwendigen Kosten für die Führung des Widerspruchsverfahrens zu erstatten hat und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten entsprechend für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen an, das der falsche Rechtsweg beschritten worden sei und das Verfahren an das Verwaltungsgericht Hannover zu verweisen sei. Ferner sei § 64 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), der ein Kostenprivileg in Widerspruchsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch beinhaltet, nicht unter Berücksichtigung von Gleichheitserwägungen auf Angelegenheiten des AsylbLG anwendbar. Bei dem AsylbLG handele es sich nicht um einen Teil des SGB, sondern im Kern handele es sich um eine Regelung des Aufenthalts- und Niederlassungsrechtes von Ausländern nach dem Asylverfahrensgesetz und es bestehe keine planwidrige Regelungslücke. Dies folge schon aus dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber in Kenntnis der Problematik keine dem § 64 SGB X entsprechende Vergünstigung für das AsylbLG getroffen und damit bereits grundsätzlich eine Kostenpflicht für das AsylbLG normiert habe. Entsprechende Erwägungen seinen daher auch nicht auf das NVwKostG übertragbar. Die Kostenentscheidung beinhalte zwei Regelungen, eine zum Grund und eine zur Höhe, sodass man sich nicht auf eine einheitliche Kostenentscheidung zur Begründung berufen könne und Ermessenserwägungen sowie Billigkeitsgesichtspunkte erst bei der Festsetzung der Höhe berücksichtigt werden und sich nicht auf die Kostenlastentscheidung auswirken könnten. Ferner meint der Beklagte, die begehrte Kostenentscheidung sei vorliegend nicht Verfahrensgegenstand und die Kläger hätten zunächst eine entsprechende Ergänzung der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheids die Abhilfeentscheidung betreffend geltend machen müssen. Schließlich sei eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten vorliegend nicht erfolgt, da diese nur bei erfolgreichem Widerspruch getroffen werden müsse und der vorliegende Widerspruch in Gänze nicht erfolgreich gewesen sei.

Die Beteiligten wurden von der Kammer über die Möglichkeit, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage hat Erfolg.

Der Rechtsstreit wird nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Absatz 1 SGG entschieden, denn der Sachverhalt ist geklärt und die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art auf.

Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist vorliegend nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG eröffnet. Die Kostenentscheidung ist ein Annex zur behördlichen Entscheidung über Asylbewerberleistungen, so dass kraft Sachzusammenhang vorliegend der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist auch begründet. Die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 02.02.2022 ist rechtswidrig und beschwert die Kläger in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).

I.

Der Beklagte hat die Kläger unter ergänzender Heranziehung der Ausführungen zur Kostenentscheidung in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 02.02.2022 verpflichtet, Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 15,20 Euro zu tragen. Diese Kostenentscheidung stellt sich als einheitliche Kostenentscheidung in Form eines Verwaltungsaktes dar, indem sie regelt, dass von den Klägern Kosten für das erfolglose Widerspruchsverfahren in Höhe von 15,20 Euro zu tragen sind. Gegen die Kostenentscheidung war gem. § 68 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 80 Abs. 1 Niedersächsisches Justizgesetz (NJG) ein Widerspruch nicht einzulegen (vgl. LSG Nds., Urt. v. 22.02.2021, Az. L 8 AY 19/18 m.w.Nw.).

Die Gebührenschuld der Kläger ist zwar grundsätzlich entstanden. Denn Rechtsgrundlage der angefochtenen Kostenentscheidung sind die §§ 73 Abs. 3 S. 3 VwGO, 80 Abs. 1 S. 3 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 NVwKostG i.V.m. Nummer 1.9.1.2 der Anlage der AllGO. Ferner erfolgt die Erhebung von Gebühren (neben Auslagen) und auch eine Kostenfestsetzung grundsätzlich nach dem NVwKostG, da der Beklagte in dem hier zugrundeliegenden Verfahren im übertragenen Wirkungskreis über Leistungen nach dem AsylbLG entschied und die Kläger mit der Einlegung des Widerspruchs vom 30.08.2021 Anlass für die Amtshandlung des Erlasses des Widerspruchsbescheides gaben. Mit Entscheidung durch Widerspruchsbescheid war zudem die Amtshandlung beendet. Insofern entstand die Gebührenschuld prinzipiell, sodass die Gebühr sich generell nach Nr. 1.9.1.2 der Anlage der AllGO bemessen würde (zu dem Ganzen und ausführlich zu den §§ 1, 3, 5, 6, 11 und 12 NVwKostG und zur AllGO vgl. LSG Nds., a.a.O.).

Hierauf kommt es jedoch nicht an, da vorliegend von der Kostenerhebung gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 NVwKostG abzusehen war. Insoweit schließt sich die Kammer in eigener Würdigung den überzeugenden Ausführungen des LSG Nds., a.a.O., an. Aus Billigkeitsgründen war ein Absehen von der Kostenerhebung angezeigt, da anderenfalls dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr Rechnung getragen werden könnte. Das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG ist hier verletzt, da im Falle einer grundsätzlich bestehenden Kostenlast im Hinblick auf erfolglos geführte Widerspruchsverfahren Leistungsempfänger nach dem AsylbLG gegenüber Personen, die Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII erhalten, für die insoweit eine Kostenprivilegierung (nach § 64 SGB X) gilt, benachteiligt würden. Ferner ist – wie die Beklagte zurecht hinweist – weder die direkte noch die analoge Anwendung des § 64 Abs. 1 SGB X auf Verfahren nach dem AsylbLG möglich (so explizit BSG, Beschluss vom 16.01.2019, Az. B 7 AY 2/17 R). Dies führt in Gänze zu einer Ungleichbehandlung, die nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (vgl. LSG Nds., a.a.O. mit vertieften Ausführungen und Nachweisen).

Vor dem Hintergrund des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ist des Weiteren in tatsächlicher Hinsicht zu befürchten, dass Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG von vorneherein von einer Widerspruchseinlegung abgehalten werden, weil sie einer (schwebenden, in der Regel nicht zu bewältigenden) Kostenlast ausgesetzt sind und zur Durchsetzung eines Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen die Kosten des Verwaltungsverfahren aus der eigenen Lebensunterhaltssicherung selbst zu tragen hätten (so LSG Nds., a.a.O. mit vertieften Ausführungen und Nachweisen).

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist das der Behörde im Rahmen des § 11 Abs. 2 S. 2 NVwKostG eingeräumte Ermessen auf Null reduziert, da der eingeräumte Ermessensspielraum soweit eingeschränkt ist, dass im Regelfall nur ein Absehen von Kosten zu einer rechtsfehlerfreien Entscheidung führt. Ein besonderer Ausnahmefall ist vorliegend nicht ersichtlich. Es wird zudem nicht – wie vom Beklagten vorgebracht – Landesrecht durch Bundesrecht gebrochen, sondern schlicht Landesrecht im Rahmen des eröffneten Ermessens ausgelegt und angewendet (vgl. zum Ganzen: LSG Nds., a.a.O.).

Nach Landesrecht scheidet daher eine Kostenerhebung aus.

II.

Ferner ist der weitere Klageantrag bezüglich der Kläger 2.) bis 5.) auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens zulässig und begründet. Der Beklagte hat insoweit zu Unrecht die Erstattung der notwendigen Aufwendungen des Vorverfahrens dem Grunde nach abgelehnt.

Die Verpflichtung zur Erstattung von Kosten eines Widerspruchsverfahrens bestimmt sich nach der Grundregel der §§ 72 VwGO, 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zunächst nach dem Erfolg des Widerspruchs. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Erfolg i.S.d. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der Widerspruch dann, soweit die Behörde ihm stattgibt (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 19.6.2012, Az. B 4 AS 142/11 R sowie BSG, Urteile vom 21.7.1992, Az. 4 RA 20/91 – SozR 3-1300 § 63 Nr. 3, S 13; vom 17.10.2006, Az. B 5 RJ 66/04 R – SozR 4-1300 § 63 Nr. 5 Rn. 14; vom 20.10.2010, Az. B 13 R 15/10 R – SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 Rn. 30).

Dieser Tatbestand ist vorliegend bezüglich der Kläger zu 2.) bis 5.) erfüllt. Ein Widerspruch hat Erfolg im Sinne dieser Vorschrift, wenn die Behörde ihm stattgibt, also die Regelung des angefochtenen Ausgangsbescheides aufhebt oder ändert. Dies war hier bezüglich der Kläger zu 2.) bis 5.) der Fall, indem der Ausgangsbescheid vom 20.08.2021 nach dem Widerspruch der Kläger vom 30.08.2021 mit dem im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erlassenen Teilabhilfebescheid vom 14.10.2021 insbesondere dahingehend abgeändert wurde, dass den Klägern zu 2.) bis 5.) die begehrten Leistungen nach § 2 AsylbLG zugesprochen wurden. Der insoweit bestehende Teilerfolg des Widerspruchs wird auch in der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 02.02.2022 (Seite 3 oben: „Dem Widerspruch war daher insofern stattzugeben“) zutreffend festgestellt. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten ist für die entscheidende Kammer kein Grund ersichtlich, warum die von den Klägern zu 2.) bis 5.) begehrte Kostenentscheidung vorliegend nicht Verfahrensgegenstand sein sollte.

Schließlich war die Zuziehung eines Rechtsanwalts auch notwendig i.S.d. § 80 Abs. 2 VwVfG. Nach dieser Vorschrift sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig ist. Es ist insoweit auf die Sicht eines verständigen Beteiligten im Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vgl. Roos, in: von Wulffen, 7. Aufl. 2010, § 63 Rn. 26; Feddern, in: jurisPK-SGB X § 63 Rn. 33 f).

Zur weiteren Ausfüllung des Merkmals, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig ist, kann sinngemäß auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die das BVerfG zum Merkmal der Erforderlichkeit von Prozesskostenhilfe entwickelt hat (BVerfG, Urteil vom 24.3.2011, Az. 1 BvR 2493/10, NZS 2011, 775; BVerfG, Urteil vom 24.3.2011, Az. 1 BvR 1737/10, NJW 2011, 2039). Entscheidender Maßstab ist hiernach nicht das Verhältnis von Streitwert und Kostenrisiko, sondern die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit. Da dem Widerspruchsführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen, kann die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen regelmäßig erfolgt, wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht.

Die hier vorliegenden Gesamtumstände rechtfertigen die Annahme einer Ausnahme nicht, so dass die Hinzuziehung notwendig war. Eine bestehende Ausnahme kann erwogen werden, wenn es um die Klärung tatsächlicher Fragen geht oder aus dem angegriffenen Bescheid ersichtlich ist, dass die Entscheidung auf einem Missverständnis beruht, das vom Widersprechenden leicht aufzuklären ist (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 2012, Az. B 4 AS 97/11 R, juris Rn. 22). Die Kläger zu 2.) bis 5.) begehrten mit ihrem Widerspruch nicht etwa die Beseitigung eines bloßen Missverständnisses, sondern höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG, so dass eine Ausnahme vorliegend nicht angenommen werden kann und in einer derartigen Situation die Einschaltung eines Rechtsanwalts für einen verständigen Betroffenen jedenfalls nahelag.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 SGG vorliegend der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes die Wertgrenze von 750,- Euro nicht übersteigt und keine wiederkehrenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind. Gründe die Berufung zuzulassen liegen nicht vor (§ 144 Abs. 2 SGG).

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.