Tacheles Rechtsprechungsticker KW 14/2024

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung / Bürgergeld (SGB 2), zur Sozialhilfe (SGB XII) und zum Kindergeld

1.1 – BSG, Urt. v. 13.12.2023 – B 7 AS 24/22 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – abschließende Feststellung nach vorläufiger Bewilligung – Nullfestsetzung – gescheiterte Bedarfsgemeinschaft – Mitwirkungsobliegenheiten – Zurechnung

Zum Umfang der Nachweis- und Auskunftspflicht der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft im Rahmen der abschließenden nach vorläufiger Entscheidung gemäß § 41a Abs 3 S 3 und 4 SGB 2, wenn im Bewilligungszeitraum nur ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Einkommen erzielt hat, im Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung die Bedarfsgemeinschaft (hier wegen der Trennung der Eheleute) aber nicht mehr besteht.

BSG: Keine Nullfeststellung bei Erkenntnisausfall in gescheiterter Bedarfsgemeinschaft

Orientierungssatz (BSG)
Obliegenheitsverletzungen können in den Fällen der gescheiterten Bedarfsgemeinschaft bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs nur zu dessen Lasten gehen, dem die Obliegenheitsverletzung zuzurechnen ist.

Volltext: www.bsg.bund.de

1.2 – BSG, Urt. v. 13.12.2023 – B 7 AS 16/22 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensanrechnung – selbständige Tätigkeit – Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte – gesetzliche Sozialversicherung – Fahrkosten – Betriebsausgabe – Erwerbstätigenfreibetrag

Zur Frage der Absetzung von 100 Euro/Monat übersteigenden Beiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn das monatliche Einkommen aus der Erwerbstätigkeit, die Mitgliedschaft und Beitragspflicht zugrunde liegt, nicht mehr als 400 Euro beträgt.

Bundessozialgericht:
Rechtsanwältin erstreitet höheres Bürgergeld

Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte sind abzugsfähig vom Einkommen in analoger Anwendung des § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB II (Tacheles e. V.)

Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte sind in analoger Anwendung des § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB II zu berücksichtigen, mithin weder als notwendige Betriebsausgaben unmittelbar vom Einkommen abzusetzen noch als Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung.

Orientierungshilfe Redakteur v. Tacheles e. V.
Die Gleichbehandlung von in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbstständigen und in berufsständischen Versorgungswerken Pflichtversicherten, die nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen, gebietet eine Abzugsfähigkeit der Beiträge zum Versorgungswerk in analoger Anwendung des § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB II.

Volltext: www.sozialgerichtsbarkeit.de

Lesetipp Tacheles e. V.
Versorgungswerk der Rechtsanwälte in NRW: Pflichtbeitrag zum Versorgungswerk bei Bürgergeldberechnung absetzbar

weiter: www.vsw-ra-nw.de

1.3 – BSG, Urt. v. 20.09.2023 – B 8 SO 19/22 R

Zur Angemessenheit einer Sterbegeldversicherung als Voraussetzung für die Absetzung hierfür zu entrichtender Beiträge vom Einkommen des Leistungsberechtigten gemäß § 82 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 12

Sozialhilfe – Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – Rente wegen voller Erwerbsminderung – Sterbegeldversicherung – Abschluss während des Leistungsbezugs – Angemessenheit

Leitsatz vom Verein Tacheles e. V.
1. Eingezahlte Beiträge für eine Sterbegeldversicherung können unter bestimmten Umständen vom Einkommen abgesetzt werden, selbst wenn der Abschluss einer Sterbegeldversicherung nach dem Leistungsbezug erfolgte.

2. Voraussetzung ist aber, dass es einen nachvollziehbaren Grund gibt – zum Beispiel, dass der Sozialhilfebezieher lebensgefährlich erkrankt und Vorsorge für die Beerdigungskosten treffen will.

Volltext: www.sozialgerichtsbarkeit.de

Rechtstipp: BSG, Urt. v. 20.09.2023 – B 8 SO 22/22 R –
Sozialhilfebezieher müssen Vorsorge für den Sterbefall treffen können. Sie haben daher Anspruch darauf, dass Aufwendungen für eine angemessene Sterbegeldversicherung einkommensmindernd berücksichtigt werden und sie damit mehr Sozialhilfe erhalten können.

Hinweis Tacheles e. v.:
beim BSG ist zur Absetzung einer Sterbegeldversicherung eine neue Rechtsfrage anhängig: B 8 SO 8/23 R

Können Beiträge zu einer Sterbegeldversicherung auch dann als angemessene Beiträge zu einer privaten Versicherung vom Einkommen abzusetzen sein, wenn die Versicherungsleistung eine Erbrechtsberatung enthält?

Vorinstanz: Bayerisches LSG, Urt. v. 12.06.2023 – L 7 SO 296/22 – veröffentlicht im Tacheles Rechtsprechungsticker KW 30/2023

Eine Sterbegeldversicherung, die zusätzlich eine Erbrechtsberatung beinhaltet, ist stets unangemessen iSv § 33 SGB XII, wenn im Versicherungsvertrag der Versicherungsbeitrag nicht nach den beiden Leistungen getrennt ist.

1.4 – BSG, Urt. v. 14.12.2023 – B 10 KG 1/22 R

Kindergeld für sich selbst – Kenntnis – Aufenthaltsort – Mutter – Syrien

Unter welchen Umständen hat ein in Deutschland lebendes Kind Kenntnis vom Aufenthalt seiner im Ausland lebenden Eltern, die einem Anspruch auf sozialrechtliches Kindergeld nach § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Alternative 2 BKGG entgegensteht?

BSG: Kein Kindergeld für sich selbst bei telefonischem Kontakt zur Mutter im Ausland

Orientierungssatz (BSG)
1. Kindergeld für sich selbst können Kinder nur erhalten, wenn sie Vollwaise sind oder den Aufenthalt der Eltern nicht kennen.

2. Kein Kindergeld beanspruchen kann ein Kind, wenn es gelegentlich mit seiner Mutter im Ausland telefonieren und sich dabei nach ihrem Aufenthaltsort erkundigen kann.

Volltext: www.sozialgerichtsbarkeit.de

Rechtstipp Tacheles e. V.
BSG, Urt. v. 14.12.2023 – B 10 KG 2/22 R

Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Kind hatte Kenntnis vom Aufenthalt ihres Vaters und kann deswegen für diese Zeit kein Kindergeld für sich selbst beanspruchen.

2. Kenntnis vom Aufenthalt seiner Eltern iS des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 BKGG hat ein Kind bereits dann, wenn es weiß, an welchem für das Kind bestimmbaren Ort sich seine Eltern zumindest vorübergehend befinden.

Volltext: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung/Bürgergeld (SGB II)

2.1 – LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21,02.2024 – L 3 AS 2081/23

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Aufhebung einer wegen der ungewissen Höhe von Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit vorläufigen Leistungsbewilligung gemäß § 41a Abs 1 S 1 SGB 2 iVm § 67 Abs 5 aF SGB 2 wegen der nachträglichen Erzielung von Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de

Der Grundsicherungsträger kann seinen gemäß § 41a SGB II a.F. in Verbindung mit § 67 SGB II a.F. ergangenen Bescheid über die vorläufige Bewilligung von Leistungen sowohl während als auch nach dem Ende des fraglichen Bewilligungszeitraums jedenfalls dann gestützt auf §§ 48, 50 SGB X aufheben und die Erstattung überzahlter Leistungen fordern, wenn die nachträglich eingetretene wesentliche Änderung auf Umständen beruht, die nicht Grund der vorläufigen Bewilligung waren (hier: ungewisse Höhe der aus selbständiger Tätigkeit erzielten Einnahmen), sondern einen anderen Sachverhalt betreffen (hier: Erzielung von Einkommen aus einem dem Grundsicherungsträger nicht bekannten Beschäftigungsverhältnis).

Rechtstipp v. Tacheles e. V.:
a. A. SG Ulm, Urt. v. 23.02.2023 – S 10 AS 891/21, SG Nordhausen, Urt. v. 07.02.2023 – S 13 AS 769/21

Bescheide über die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 41a Abs 1 SGB II dürfen zu Ungunsten der leistungsberechtigten Person mit Wirkung für die Vergangenheit nicht zurückgenommen oder aufgehoben werden. Weder § 45 SGB X noch § 48 SGB X sind insoweit anwendbar.

2.2 – LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.09.2023 – L 4 AS 29/21

Orientierungssatz www.sozialgerichtsbarkeit.de

Angelegenheiten nach dem SGB II – Zu den Anforderungen an den Nachweis einer ernsthaften Zahlungsverpflichtung des Mieters bei einem sog Verwandtenmietvertrag für KdUH-Leistungen durch den Grundsicherungsträger

2.3 – Muss das Jobcenter Reisekosten für Familienheimfahrten für private Zwecke übernehmen?

Bürgergeld: Mehrbedarf § 21 Abs. 6 SGB II

Dazu der Verein Tacheles e. V.:
Urheberrechtsschutz (Eigenständiger Beitrag vom Verein Tacheles e. V.)

Keine Übernahme von Reisekosten für Familienheimfahrten für private Zwecke im SGB II.

2. Insbesondere (ungewollte) räumliche Trennungen sind für den Härtefallmehrbedarf unbeachtlich, soweit der Leistungsberechtigte nicht alle ihm zumutbaren Möglichkeiten zu deren Beendigung oder Verringerung ausgeschöpft hat. Die Leistungsbeziehenden sind in der Wahl ihres Wohnortes frei, so die höchstrichterliche Rechtsprechung.

Rechtstipp v. Verein Tacheles e. V.:
Für das Vorliegen eines Härtefallmehrbedarfs bei Kontaktpflege einer Mutter mit der unter gesundheitlichen Einschränkungen leidenden Tochter

1. Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Bewilligung eines Härtefallmehrbedarfs für die entstandenen Fahrtkosten der Mutter bei Vorliegen einer atypischen Bedarfslage – Kontaktpflege mit dem erwachsenen, behinderten Kind (LSG Hamburg, Urt. v. 05.08.2021 – L 4 AS 25/20 – Tacheles Rechtsprechungsticker KW 06/2022).

Hinweis vom Verein Tacheles e. V.:
Urheberrechtsschutz

1. Ein solcher Bedarf kann u. a. vorliegen, wenn die Aufwendungen für die Kontaktpflege zwischen Erwachsenen für die personale Existenz von herausgehobener Bedeutung sind (BSG Urteil vom 28. 11. 2018 – B 14 AS 48/17 R).

2. Insbesondere, wenn eine Kommunikation über Brief, Telefon oder Internetdienste nicht möglich oder ausreichend erscheint, kann sich ein existenzsicherungsrechtlich beachtlicher Besuchsanlass ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2018 – B 14 AS 48/17 R). Ebenfalls in die Auslegung eingestellt werden muss der besondere Schutz von Familien- und Verwandtschaftsverhältnissen nach Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG).

3. Die Geltendmachung eines Mehrbedarfs wegen zwischenmenschlicher Beziehungspflege bedarfe aufgrund des strengen Tatbestandsmerkmals der Unabweisbarkeit und der Begrenzung des Existenzminimums auf das zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt Erforderliche (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09) eines besonderen Näheverhältnisses zu der von der Beziehungspflege betroffenen Person.

4. Die vom zu gewährleistenden Existenzminimum umfasste Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen ist nicht von vornherein auf die Beziehungspflege zu solchen Personen beschränkt, deren Verhältnis dem Schutzbereich des Art 6 Abs 1 GG unterfällt oder familienrechtlich geregelt ist (BSG, Urt. v. 26.01.2022 – B 4 AS 3/21 R).

5. Im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unabweisbarkeit ist relevant, ob der geltend gemachte Mehrbedarf seiner Höhe nach erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht (ausführlich dazu in der Entscheidung des BSG: BSG, Urteil vom 26. Januar 2022 – B 4 AS 3/21 R -, Rn. 23).

2.4 – LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 09.11.2023 – L 2 AS 547/19

Kosten der Unterkunft und Heizung – schlüssiges Konzept – KdU-Konzept der Stadt Halle (Saale)

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de

1. Die für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 ermittelten Werte für die angemessenen Kosten der Unterkunft in der Stadt Halle (Saale) beruhen für einen Dreipersonen-Haushalt auf einem schlüssigen Konzept.

2. Die für die Stichprobe erhobenen Mietwerte sind nach dem durchgeführten Gewichtungsverfahren für institutionelle (Groß-)Vermieter und private (Klein-)Vermieter auch ausreichend repräsentativ für den Mietwohnungsmarkt in der Stadt Halle (Saale).

3. Das Gericht kann die Angemessenheitsgrenze für den Monat Dezember 2016 ausnahmsweise selbst bestimmen (vgl BSG, Urt v 3. September 2020, B 14 AS 37/19 R, juris RN 23 ff). Die Werte des 2013 in Kraft gesetzten Konzeptes waren ab Juli 2014 fortzuschreiben und können deshalb ab Juli 2016 nicht mehr zugrunde gelegt werden. Da der Grundsicherungsträger sein Folgekonzept erst zum 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt hat, besteht eine Lücke, die der Senat mangels Nachbesserung füllen kann, da mit den Daten des neuen Konzeptes eine Datengrundlage vorliegt, die eine vergleichsraumbezogene zeit- und realitätsgerechte Bestimmung abstrakter Angemessenheitswerte gewährleisten kann.

4. Eine Gesamtangemessenheitsgrenze iSv § 22 Abs 10 SGB II gilt nur, wenn der Grundsicherungsträger eine solche festgelegt hat.

3. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Bürgergeld (SGB II)

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III)

4.1 – LSG Bayern, Urt. v. 06.03.2024 – L 10 AL 85/21

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de

Eine Kündigung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer ist durch Ziffer 6 Abs 3 des Radolfzell II-Abkommens nicht ausgeschlossen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht damit nicht für 18 Monate gemäß § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB 3

5. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – LSG NRW, Beschluss v. 27.02.2024 – L 9 SO 25/24 B ER und L 9 SO 26/24 B

Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe der Regelleistung nach Regelbedarfsstufe 1 – unter Abzug der im Regelbedarf enthaltenen Aufwendungen nach § 5 Abs. 1 Abteilungen 4 und 5 RBEG – Hilfe bei Krankheit besteht auch bei Härtefallleistungen – Obdachlosenunterkunft – Anspruch auf Überbrückungsleistungen- Besondere Härte im Sinne von § 23 Abs. 3 S. 6 SGB XII

Dazu der Verein Tacheles e. V.:
Urheberrechtsschutz für Leitsätze

Polnischer Staatsangehöriger hat Anspruch auf Härtefall- Leistungen einschließlich Krankenhilfe im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

2. Eine aus gesundheitlichen Gründen bestehende individuelle Unzumutbarkeit, in das Herkunftsland zurückzukehren, ist geeignet, eine besondere Härte zu begründen (dazu auch Urteil des Senats vom 07.04.2022 – L 9 SO 295/20).

3. Ein Ausreisewille ist keine Voraussetzung für Härtefallleistungen (BSG Urteil vom 13.07.2023 – B 8 SO 11/22 R).

4. Im Hauptsacheverfahren ist zu prüfen, ob aufgrund der Verlustfeststellung ein Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG in Betracht kommt (dazu LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 16.01.2023 – L 19 AS 1775/22 B ER und vom 16.03.2020 – L 19 AS 2035/19 B ER; abweichend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 30.05.2019 – L 20 AY 15/19 B ER).

5. Da der Antragsteller in einer Obdachlosenunterkunft untergebracht ist und sich im Übrigen im Freien aufhält, ist die zustehende Regelbedarfsstufe 1 um den Anteil der im Regelbedarf enthaltenen wohnungs- und haushaltsbezogenen Kosten (§ 5 Abs. 1 Abteilungen 4 und 5 RBEG) zu kürzen (§ 27a Abs. 4 Nr. 1 SGB XII).

6. Der Anspruch auf Hilfe bei Krankheit besteht gem. § 48 SGB XII. Er setzt neben der grundsätzlichen Leistungsberechtigung nach dem SGB XII das Nichtbestehen einer Krankenversicherung voraus, was hier der Fall ist. Diese Leistung kann auch im Fall einer besonderen Härte beansprucht werden (BSG Urteil vom 13.07.2023 – B 8 SO 11/22 R).

6. Fragen zum Bürgergeld, Sozialhilfe, Asylrecht und anderen Gesetzesbüchern

6.1 – Bürgergeld: § 44 SGB X, § 41a Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II

1. Können Unterlagen von Selbstständigen, die erst im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X vorgelegt werden, bei der Überprüfung der abschließenden Bewilligung von Leistungen nach § 41a Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II berücksichtigt werden?

2. Diese Frage wird zuletzt das Bundessozialgericht beantworten müssen, so Tacheles e. v. (B 4 AS 6/24 R)

Verein Tacheles e. V. – Urheberrechtsschutz

Unterlagen, die von selbstständigen Leistungsbeziehern (LB) erst im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X vorgelegt werden, können bei der Überprüfung der abschließenden Bewilligung von Leistungen nach § 41a Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II nicht mehr berücksichtigt werden.

Hinweis Tacheles e. V.:
1. Diese Unterlagen waren auch im Überprüfungsverfahren hinsichtlich dieses Bescheides nach § 44 SGB X nicht mehr zu berücksichtigen.

2. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können zwar im Widerspruchsverfahren gegen einen Festsetzungsbescheid und im anschließenden Klage- oder Berufungsverfahren Unterlagen vorgelegt werden, die bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheides zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 12. September 2018, B 4 AS 39/17 R).

3. In einem Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X kommt es jedoch nur auf die Rechtmäßigkeit zum Zeitpunkt des Erlasses des zur Überprüfung gestellten Bescheides bzw. ggf. des Widerspruchsbescheides an, so dass ein Überprüfungsantrag keinen Erfolg haben kann, wenn die Bescheide nach § 41a Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtmäßig gewesen sind (BSG, Urteil vom 29. November 2022, B 4 AS 64/21 R). Auch damit realisiert sich die vom Gesetzgeber intendierte Verwaltungsvereinfachung (BSG, Urteil vom 29. November 2022, B 4 AS 64/21 R).

4. Da die LB die notwendigen Angaben zur selbständigen Tätigkeit nicht im Rahmen eines auf einem rechtzeitig erhobenen Widerspruch erfolgten Widerspruchsverfahrens gegen den Festsetzungsbescheid vorgelegt haben, sondern erst im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X bzw. im Rahmen der sich daraus ergebenden gerichtlichen Überprüfung vorgelegt haben, sind diese Angaben nicht mehr zu berücksichtigen.

Hinweis:
Dieser Beitrag wurde vom Verein Tacheles e. v. Erarbeitet und stützt dabei seine Meinung auf höchstrichterliche Rechtsprechung. Zitieren des Beitrags ist nur mit Quellenangabe: Verein Tacheles e. V. erlaubt.

7. Verschiedenes zum Bürgergeld, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbücher

100% Sanktionen eingeführt

Dazu Harald Thomé, Vorstandsvorsitzender vom Verein Tacheles e. V.:

Zum 28.03.2024 gilt das neue SGBII Sanktionsrecht. Diese Regelung ist durch nichts zu rechtfertigen, ist verfassungswidrig und unterläuft die Rechtsprechung des BVerfG und gehört abgeschafft!

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Im Umkehrschluss heißt das, dass wenn Urteile von einer Homepage eines Rechtsanwalts stammen, ist ein Link zu dieser Homepage zu setzen oder als Quelle der Verein Tacheles bekannt zu geben, die Nichtnennung der Quelle stellt einen Urheberrechtsverstoß dar, dies bezüglich gab es schon Beschwerden von Rechtsanwälten. Bitte berücksichtigen sie das ab sofort.
Danke!

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Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker


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