Sozialgericht Magdeburg – Beschluss vom 07.05.2024 – Az.: S 31 AY 5/24 ER

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

xxx,

Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55,
37073 Göttingen

– Antragsteller –

gegen

Altmarkkreis Salzwedel, vertreten durch den Landrat,
Karl-Marx-Straße 32, 29410 Salzwedel

– Antragsgegner –

hat die 31. Kammer des Sozialgerichts Magdeburg am 7. Mai 2024 durch die Vorsitzende, die Richterin am Sozialgericht xxx, beschlossen:

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragsstellers mit dem Aktenzeichen S 31 AY 15/24 gegen den Bescheid vom 16.01.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2024 und vom 22.02.2024 wird angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu ¾ zu erstatten.

GRÜNDE

I.

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren über die Rechtmäßigkeit einer fortdauernden Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Der Antragsteller reiste nach eigenen Angaben erstmals 2015 aus Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte im Juni 2017 einen Antrag auf Asyl. Mit Bescheid vom 18.12.2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag als unzulässig ab und richtete am 22.06.2017 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-VO an Italien. Am 19.04.2018 wurde das Bundesamt über die vollzogene Abschiebung nach Italien unterrichtet.

Am 04.12.2018 stellte der Antragsteller einen Asylfolgeantrag, den das BAMF mit Bescheid vom 05.02.2021 als unzulässig ablehnte. Der Antragsteller ist im Besitz einer ausländerrechtlichen Duldung und seit dem 17.03.2021 vollziehbar ausreisepflichtig.

Erstmals erhielt der Antragsteller ab dem 22.06.2020 (dem Tag der Zuweisung zum Antragsgegner) vom Antragsgegner Grundleistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 und 2 AsylbLG in Höhe der Regelbedarfsstufe 2. Er ist in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht. Im Antrag gab er an, die Staatsangehörigkeit Guinea-Bissaus zu besitzen. Zuletzt erhielt der Antragsteller mit Bescheid vom 19.01.2021 ungekürzte Grundleistungen ab Januar 2021.

Die Ausländerbehörde des Antragsgegners forderte den Antragssteller mehrfach auf (u.a. am 14.02.2022), an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken, Urkunden, Unterlagen und Datenträger vorzulegen, die für die Feststellung der Staatsangehörigkeit von Bedeutung sind sowie Beschaffungsbemühungen zur Identitätsfeststellung nachzuweisen. Auf die Anhörung zur geplanten Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG teilte der Antragsteller in einer persönlichen Vorsprache mit, dass er keine Papiere besitzen würde und sich auch nicht um deren Beschaffung bemühen werde. Am 05.09.2022 nahm der Antragsteller an einer Sammelanhörung durch Delegierte der guinea-bissauischen Botschaft teil. Die vom Antragsteller angegebene Staatsangehörigkeit Guinea-Bissaus konnte nicht bestätigt werden. Vermutet wurde, dass der Antragsteller die Staatsangehörigkeit Gambias besäße.

Im Oktober 2023 legte der Antragsteller einen Auszug aus dem Geburts-Register in Bajul (Gambia) vom 08.03.2010 vor. Die dort aufgeführte Person mit dem Geburtsdatum xx.xx.19xx wird mit dem Namen „xxx“ geführt und enthält andere als bislang vom Antragsteller angegebene Personalien. Die Bundespolizei Magdeburg teilte unter dem 15.11.2023 mit, dass das Dokument nicht bewertbar sei. Darüber informierte der Antragsgegner den Antragsteller und forderte ihn am 27.11.2023 auf, sich einen gambischen Pass zu besorgen.

Mit Bescheid vom 27.09.2021 kürzte der Antragsgegner dem Antragsteller erstmals Leistungen wegen fehlender Mitwirkung an der Passbeschaffung für den Zeitraum 22.09.2021 bis 19.10.2021. Für die darauffolgenden Zeiträume kürzte der Antragsgegner aus dem gleichem Grund die Leistungen nach dem AsylbLG gem. § 1a AsylbLG. Zudem kürzte der Antragsgegner für den Zeitraum September 2022 bis März 2023 mit Bescheid vom 10.10.2022 die Leistungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG. Nach erfolgter Anhörung vom 08.06.2023 kürzte der Antragsgegner dem Antragsteller erneut die Leistungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG für den Zeitraum vom 23.06.2023 bis zum 22.12.2023 wegen fehlender Mitwirkung bei der Passbeschaffung. Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 17.10.2023 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2024 beschieden wurde. Dies ist Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens mit dem Aktenzeichen S 31 AY 17/24 sowie des Verfahrens auf Eilrechtsschutz mit dem Aktenzeichen S 31 AY 69/23 ER.

Gegen die Leistungsgewährung ab dem 23.12.2023 legte der Antragsteller am 12.01.2024 Widerspruch ein. Ein schriftlicher Bescheid liege nicht vor. Zudem monierte er die fortdauernde Kürzung gem. § 1a Abs. 3 AsylbLG. Zudem sei der Dauerverwaltungsakte vom 19.01.2021 nicht aufgehoben wurden. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2023 (gemeint ist wohl 05.02.2024) wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Aus der Begründung ist erkennbar, dass er das Schreiben vom 12.01.2024 als Begründung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 28.07.2023 auffasst. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 05.02.2023 erhob der Antragsteller Klage vor dem erkennenden Gericht (Aktenzeichen S 31 AY 15/24).

Mit Bescheid vom 16.01.2024 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller vom 23.12.2023 bis 22.06.2024 Leistungen gem. § 1a Abs. 3 AsylbLG. In dem Bescheid ist zudem geregelt, dass der Bescheid vom 19.01.2021 mit Wirkung ab dem 22.09.2021 aufgehoben werde. Gegen den Bescheid vom 16.01.2024 legte der Antragsteller gleichfalls am 18.01.2024 Widerspruch ein. Eine rückwirkende Aufhebung der Ausgangsbescheide sei rechtswidrig. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2023 (gemeint ist wohl 2024) tenorierte der Antragsgegner, dass der Widerspruch vom 18.01.2024 gegen die Regelungen unter Ziffer 1 des Bescheides vom 16.01.2024 hinsichtlich der Aufhebung u.a. des Bescheides vom 19.01.2021 begründet sei. Der Bescheid vom 19.01.2021 sei bestandskräftig und eine Aufhebung der genannten Bescheide nicht erforderlich, zumal die Bescheide für einen vorangegangenen Zeitraum erteilt worden seien und die im Bescheid vom 16.01.2024 enthaltende Wirkung entfalle.

Der Antragsteller hat am 18.01.2024 zudem einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG) gestellt und begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers und Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG in gesetzlicher Höhe. Die Anspruchseinschränkungen nach §1a AsylbLG seien in entsprechender Anwendung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 05.11.2019 zu den Sanktionen im SGB II nicht verfassungsgemäß. Der Antragsteller erhalte seit Jahren nur gekürzte Leistungen gem. § 1a AsylbLG. Eine Leistungskürzung über einen solchen langen Zeitraum sei verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Er schließe sich der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen in seinem Beschluss vom 22.02.2021 zum Az. L 8 AY 9/20 B ER an.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 27.02.2024 mit dem Aktenzeichen S 31 AY 15/24 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16.01.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2024 wiederherzustellen und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen S 31 AY 15/24 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten Leistungen in gesetzlicher Höhe ab Eingang dieses Antrages bei Gericht zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner meint, der Antragsteller sei mehrfach auf seine Mitwirkungspflichten und die Konsequenzen einer fehlenden Mitwirkung hingewiesen wurden. Er lasse keinerlei Aktivitäten erkennen, Ausweisdokumente zu beschaffen. Eigeninitiative zur Klärung der Identität würde der Antragsteller nicht entfalten. Die von ihm vorgelegten Nachweise seien nicht bewertbar und darüber ließe sich seine Identität nicht klären. Dies sei mitursächlich für die derzeitige ungeklärte Identität und Nichtdurchführbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen. § 1a AsylbLG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Antragsteller trage keine besonderen bedarfsbezogenen Umstände vor, die einer weiteren Leistungseinschränkung entgegenstehen würden. Der Bescheid vom 19.01.2021 sei mit Bescheid des Beklagten vom 16.01.2024 aufgehoben wurden. Darüber hinaus sei dem Antragsteller in der Anhörung zur Leistungskürzung mitgeteilt wurden, dass er künftig nur noch eingeschränkte Leistungen erhalte. Mit dieser Aussage sei faktisch der Dauerverwaltungsakt über die Leistungsgewährung gem. § 3 AsylbLG aufgehoben. Die Aufhebung des Dauerverwaltungsaktes erfolgte praktisch zusätzlich auch durch konkludentes Handeln. Der Antragsteller habe keine Zweifel haben können, dass er künftig keine Leistungen mehr gem. § 3 AsylbLG erhalte.
Die Leistungskürzung über einen längeren Zeitraum sei nicht zu beanstanden. Dem Antragsteller seien die Folgen einer fehlenden Mitwirkung hinlänglich bekannt gewesen. Das Gesetz schließe eine Leistungseinschränkung in Folge nicht aus. Eine andere Sichtweise würde dem Willen des Gesetzes entgegenstehen, denn dann müssten die leistungsberechtigten Personen nur lange genug ihren Pflichten nicht nachkommen, um wieder Leistungen nach § 3 AsylbLG zu erhalten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakte sowie Ausländerakte des Antragsgegners sowie die weiteren anhängigen Verfahren S 31 AY 68/23 ER, S 31 AY 17/24, S 31 AY 15/24 und S 31 AY 19/24 Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet.

Der Bescheid vom 16.01.2024 ist offensichtlich rechtswidrig und der Antragsteller in seinen Rechten verletzt.

Nach Auslegung des Antrages ist der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes auf die Anordnung (und nicht auf die Wiederherstellung, siehe dazu sogleich weiter unten) der aufschiebenden Wirkung (ursprünglich des Widerspruchs vom 12.01.2024 und 18.01.2024 und nunmehr) der Klage S 31 AY 15/24 gegen den Bescheid vom 16.01.2024 gerichtet. Das Gericht ist an den schriftsätzlich gestellten Antrag des Antragstellers nicht gebunden (§ 123 SGG). Sein Begehren kommt jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Gem. § 86b Abs. 1 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.

Im vorliegenden Fall hat die Klage des Antragstellers keine aufschiebende Wirkung i. S.v. § 86a Abs. 1 SGG, da ein Ausnahmetatbestand nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. v. m. § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG vorliegt. Nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, der eine Einschränkung des Leistungsanspruchs gem. § 1a AsylbLG feststellt, keine aufschiebende Wirkung.

Kommt dem Rechtsbehelf (wie hier) keine aufschiebende Wirkung zu, kann das Gericht gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anordnen. Hinsichtlich des dabei anzuwenden Prüfungsmaßstabes gilt: Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, besteht kein öffentliches Interesse an der Vollziehung, sodass die aufschiebende Wirkung angeordnet wird. In diesen Fällen ist, anders als bei Entscheidungen nach § 86b Abs. 2 SGG, daneben keine besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) erforderlich. Zudem wirkt eine dem Antrag stattgebende Entscheidung ex tunc; die Suspensivwirkung erstreckt sich also auf den gesamten Wirkungszeitraum des angegriffenen Verwaltungsaktes (vgl. Richter in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 86a SGG, Rn. 25, m. w. N.). Ist hingegen der in Rede stehende Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig und die gegen ihn gerichtete Klage somit aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei der Grad der Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen ist: Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 86b, Rn. 12f mit weiteren Nachweisen).

Sind zuvor – wie vorliegend – durch einen Dauerverwaltungsakt ungekürzte Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG auch für den „Sanktionszeitraum“ bewilligt worden, so muss neben der Feststellung der Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG auch die vorangegangene Bewilligungsentscheidung für die Dauer der festgestellten Leistungseinschränkung korrigiert werden (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Juni 2022 – L 7 AY 82/20 –, Rn. 37, juris). Der Bescheid vom 19.01.2021 sieht die Gewährung von Grundleistungen ab Januar 2021 ohne zeitliche Befristung vor und wirkt daher auch im hier streitigen Zeitraum grds. fort.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Kammer nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Bewilligungsbescheid vom 19.01.2021 aufgehoben wurde. Insofern hat der Antragsgegner dem Widerspruch vom 18.01.2024, der sich gegen die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 19.01.2021 richtete, gegen die Regelung unter Ziffer 1 des Bescheides vom 16.01.2024 abgeholfen. Anders kann die Verfügung im Widerspruchsbescheid vom 22.02.2023 (gemeint ist wohl 22.02.2024) nicht verstanden werden, denn auch in der Begründung im Widerspruchsbescheid heißt es, dass eine Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2021 nicht erforderlich sei.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist der Bescheid vom 19.01.2021 auch nicht bereits vorher faktisch durch konkludentes Handeln aufgehoben wurden. Allein darin, dass die Entscheidungen über die Leistungskürzungen im Widerspruch zu der vorangegangenen bestandskräftigen Bewilligung stehen, kann auch keine konkludente Aufhebung der vorangegangenen Bewilligung gesehen werden (Pattar in jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017 [Stand 1. Dezember 2017], § 33 SGB X Rdnr. 21 m.w.N.). Anderenfalls wären die Korrekturvorschriften der §§ 45, 48 SGB X obsolet.

Nach alledem war die aufschiebende Wirkung der Klage mit dem Aktenzeichen S 31 AY

15/24 anzuordnen.
2. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diesbezüglich hat der Antragsteller nicht ausgeführt, was er konkret mit der beantragten einstweiligen Anordnung begehrt. Selbst wenn dies durch (wohlwollende) Auslegung zu ermitteln wäre, so fehlte einem ggf. vorhandenen Anordnungsanspruch der Anordnungsgrund.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsanspruchs (also eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) als auch eines Anordnungsgrunds (also der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile). Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn ihre tatsächlichen Voraussetzungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 41).

Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich – etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte –, kann eine Entscheidung aufgrund einer Folgenabwägung ergehen (Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 14. März 2019 – 1 BvR 169/19 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Der im Rahmen einer einstweiligen Anordnung allein zu regelnde vorläufige Leistungszeitraum wäre allenfalls der Zeitpunkt ab Eingang des Antrages bei Gericht, mithin der 18.01.2024, bis zum Ende des eingeschränkten Zeitraums, dem 22.06.2024. Der Antragsteller hat keine bestehende existenzielle Notlage geltend gemacht, noch ist eine solche Notlage offensichtlich – erst recht nicht nach der Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.