1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Sozialhilfe (SGB XII)
1.1 – BSG, Urt. v. 08.05.2024 – B 8 SO 4/23 R – Vorinstanz: LSG NRW, Urt. v. 16.02.2023 – L 9 SO 387/21 – in Tacheles Rechtsprechungsticker KW 37/2023
Sozialhilfe – häusliche Pflege – Pflegegeld – Pflegeperson – Bezug von Altersrente -Rentenversicherung – Beiträge – Pflichtversicherung
Zur Erstattung der Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung gemäß § 64f Absatz 1 SGB XII
BSG: Bundessozialgericht gibt bekannt, wann Rentenbeiträge bei Angehörigenpflege zu übernehmen sind
1. Entscheidend ist bei der Hilfe zur Pflege als Leistung der Sozialhilfe, ob bei prognostischer Beurteilung der im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bekannten Umstände zu erwarten ist, dass die Pflegeperson Grundsicherung im Alter nicht wird in Anspruch nehmen müssen.
2. Lebt die Pflegeperson in einer Ehe oder eheähnlichen Partnerschaft ist dabei auch das vom Partner bereits erreichte Absicherungsniveau miteinzubeziehen.
3. Entscheidend für den Anspruch im vorliegenden Fall ist also, ob die zu erwartende Alterssicherung der Tochter und ihres Ehemannes oberhalb des aktuellen Niveaus der Grundsicherung in Höhe der maßgeblichen Regelbedarfsstufe, der Kosten für Unterkunft und Heizung und etwaiger Mehrbedarfe liegt.
Quelle: www.bsg.bund.de
Hinweis: www.evangelisch.de
1. Sozialhilfeträger müssen für pflegende Angehörige nur begrenzt Rentenbeiträge für die Alterssicherung zahlen. Ist die pflegebedürftige Person nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung versichert, kann die pflegende Person nur dann Rentenbeiträge erhalten, wenn sie voraussichtlich eine über der Grundsicherung liegende Rente erhalten wird und keine anderweitige angemessene Alterssicherung besteht.
2. Der Gesetzgeber fördert die häusliche Pflege durch Angehörige oder andere nicht professionelle Pflegepersonen dadurch, dass die pflegebedürftige Person vom Sozialhilfeträger die Übernahme von Rentenbeiträgen für die pflegende Person verlangen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass mindestens ein Pflegegrad 2 besteht und keine „anderweitige Alterssicherung“ aufgebaut wird.
3. Üblicherweise kommt die Pflegeversicherung für die Beiträge auf. Ist der Pflegebedürftige nicht in der Pflegeversicherung, kann der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Rentenbeiträge verpflichtet sein. Dies ist insbesondere bei erwerbsunfähigen oder aus dem Ausland stammenden Pflegebedürftigen möglich.
1.2 – BSG, Urt. v. 08.05.2024 – B 8 SO 18/22 R – Vorinstanz: LSG NRW, Urt. v. 08.09.2022 – L 9 SO 403/20 – in Tacheles Rechtsprechungsticker KW 49/2022
Sozialhilfe – Unterkunftskosten – barrierefreie Wohnung – Mehrkosten – Kopfteilprinzip – abgrenzbarer Bedarf
Ist eine Ausnahme vom Kopfteilprinzip gerechtfertigt, wenn einer der Bewohner auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen ist und daher eine barrierefreie Wohnung benötigt?
BSG: Sozialhilfeträger muss Kosten für barrierefreie Wohnung nicht voll tragen – Keine pauschale Erhöhung der Unterkunftskosten bei Zusammenwohnen mit nichtbehinderten Mietern
1. Keine Abweichung vom sogenannten Kopfteilprinzip, denn trotz der behinderungsbedingten Bedarfe bei der Klägerin bestand keine abweichende Nutzungsintensität bezogen auf die Wohnung, sondern sie und ihr Sohn nutzten die Wohnung in gleichem Umfang.
2. Die Aufteilung der Kosten zu gleichen Teilen ist dann aber auch im vorliegenden Fall zur Abgrenzung der Bedarfe der Grundsicherungsberechtigten von den Bedarfen des Mitbewohners geeignet.
Quelle: www.bsg.bund.de
Hinweis: www.evangelisch.de
1. Die Sozialhilfe muss die Mietkosten für eine barrierefreie Wohnung nicht in voller Höhe übernehmen, wenn in der Wohnung auch nichtbehinderte Mieter leben.
2. Teilt sich eine Rollstuhlfahrerin zusammen mit ihrem nichtbehinderten erwachsenen Sohn eine barrierefreie Unterkunft, kann sie von der Sozialhilfe wegen der behindertengerechten Einrichtung nicht pauschal einen höheren Anteil an den Unterkunftskosten verlangen.
1.3 – BSG, Urt. v. 08.05.2024 – B 8 SO 3/23 R – Vorinstanz: LSG NRW, Urt. v. 15.12.2022 – L 9 SO 240/21 – in Tacheles Rechtsprechungsticker KW 42/2023
Sozialhilfe – Schulweg – Beeinträchtigung – Eingliederungshilfe – Teilhabe an Bildung
Kann ein behinderter Schüler, der selbst nicht in der Lage ist, seinen Schulweg zu bewältigen, auch für den Besuch einer weiterführenden Schule noch zumutbar darauf verwiesen werden, sich von den Eltern mit dem Pkw zur Schule fahren zu lassen?
BSG: Schwerbehinderte Schülerin kämpft um Taxibeförderung zum Gymnasium – Bundessozialgericht bejaht Anspruch auf Taxi -Fahrkosten als Eingliederungshilfe zur Teilhabe an Bildung
Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Wenn gehbehinderte Schüler nicht anders nicht zur Schule kommen können, muss die Sozialhilfe ihnen auch Fahrten mit dem Taxi bezahlen.
2. Der Schulbesuch gehört zum Recht auf Teilhabe zur Bildung, für das die Behörde im Wege der Eingliederungshilfe unabhängig vom Einkommen der Eltern aufkommen muss.
Orientierungshilfe Verein Tacheles e. V.
1. Bei den Kosten für den Schulweg handelt es sich nicht um Leistungen, die als sogenannter Kernbereich der pädagogischen Tätigkeit allein in der Verantwortung des Schulträgers liegen. Auch die vom Gesetzgeber nach SGB 2 beziehungsweise dem 3 Kapitel des SGB 12 vorgesehenen Bildungs- und Teilhabepakete, die ebenfalls Leistungen für Schülerinnen und Schüler beinhalten, die zum Erreichen der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsganges finanziell auf Schülerbeförderung angewiesen sind, schließen die Leistungen der Eingliederungshilfe nicht aus.
2. Sie erfassen nur Schulwegkosten, die nicht aufgrund einer Behinderung, sondern zum Beispiel aufgrund großer Entfernung zwischen Elternhaus und Schule veranlasst sind. Leistungen, die zum Ausgleich spezifisch behinderungsbedingter Nachteile bei der Teilhabe an Bildung erforderlich sind, sind davon nicht erfasst.
3. Auch die Eltern werden weder mit diesen zusätzlichen Kosten belastet noch kann von ihnen verlangt werden, die Beförderung selbst durchzuführen.
2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Bürgergeld (SGB II)
2.1 – LSG BB, Urt. v. 20.03.2024 – L 18 AS 358/23 WA – veröffentl. auf www.sozialgerichtsbarkeit.de
Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Vergangenheit – Leistungsausschluss bei Bezug einer Altersrente – russische Altersarbeitsrente – Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegenüber dem Sozialhilfeträger
Bürgergeld: Bezugs einer Altersrente (AR) vom Rentenfonds der Russischen Föderation führt zum Ausschluss von Bürgergeld (nach § 7 Abs. 4 SGB II).
Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Die Leistung muss nur ihrer Gesamtkonzeption nach so bemessen sein, dass sie den Unterhalt des Berechtigten in der Regel gewährleisten soll (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 8. Dezember 2022 – B 7/14 AS 11/21 R ; im Einzelnen zur russischen Altersarbeitsrente vgl LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. November 2020 – L 4 AS 173/18 ZVW ; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. November 2018 – L 19 AS 2281/16).
2. Einem Sozialhilfeträger kann im Erstattungsverhältnis anders als im Leistungsverhältnis die Kenntnis eines anderen Leistungsträgers nicht zugerechnet werden.
2.2 – LSG NRW, Urt. v. 29.06.2022 – L 12 AS 1640/21 – veröffentl. auf www.sozialgerichtsbarkeit.de
Bürgergeld: § 22 Abs. 1 SGB II – Heizkosten – Anforderungen an die Übernahme der Stromkosten eines mobilen Elektroradiators
Orientierungssatz Verein Tacheles e. V.
1. Kosten für den Betrieb eines mobilen Elektroradiators müssen vom Bürgergeldempfänger nachgewiesen werden.
2. Unangemessen und damit nicht erstattungsfähig sind Heizkosten dann, wenn sie bei sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung als dem Grunde oder der Höhe nach im Einzelfall nicht erforderlich erscheinen (vgl. BSG Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 54/07 R).
3. Das Gericht sieht keine Notwendigkeit des Heizens des Eingangsbereiches und der Küche gerade in der Nacht, weil es nachts kälter sei und der Antragsteller zu den angegebenen Zeiten u. a. Musiksendungen verfolge, wobei er die Türen der Wohnung seiner Katze zu Liebe offenstehen lasse. Es ist ihm zuzumuten, die Türe des über die Gasetagenheizung beheizten Raumes zu schließen, indem er in den späten Abend- und Nachtstunden seine Zeit verbringt. Dabei ist ihm abzuverlangen, dass er seine Katze wahlweise in diesem Zimmer oder in der übrigen Wohnung hält.
2.3 – Zur Frage, ob eine Trainingsfahrt des Fußballvereins nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II a. F. als Bedarf für Bildung und Teilhabe berücksichtigt werden kann, wenn bereits eine Förderung der Aktivität des Trainings nach § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 SGB II erfolgt.
Bürgergeld:
§ 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung)
Erstattung von Kosten für die Teilnahme an einer mehrtägigen Vereinsfahrt – Übernachtungs- und Verpflegungskosten
1. Muss das JobCenter neben den monatlichen Vereinsbeiträgen auch die entstehenden Übernachtungs- und Verpflegungskosten für eine mehrtägige Trainingsfahrt des Fußballvereins übernehmen?
2. Haben Kinder von Bürgergeldempfängern Anspruch gegen das JC auf Erbringung weiterer Bildungs- und Teilhabeleistungen nach dem SGB II zur Finanzierung einer mehrtägigen Vereinsfahrt oder müssen die Eltern die Kosten aus der Regelleistung bezahlen?
Dazu entschied das Gericht wie folgt: aufgearbeitet vom Verein Tacheles e. V. – Urheberrechtsschutz
Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Die für eine mehrtägige Vereinsfahrt des Fußballvereins entstehenden Übernachtungs- und Verpflegungskosten stellen neben den monatlichen Vereinsbeiträgen weitere nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung vom 07. Mai 2013) berücksichtigungsfähige tatsächliche Aufwendungen dar.
2. Ähnlich wie bei den ausdrücklich in der Gesetzesbegründung genannten Ausrüstungsgegenständen stehen die Übernachtungs- und Verpflegungskosten im Zusammenhang mit dem Training. Es handelt sich um weitere Aufwendungen, derer es zum Mitmachen bei der Veranstaltung des Trainings bedurfte (vgl. Leopold/Buchwald in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, Stand 02. Februar 2023 § 28, Rn. 205).
Hinweis Tacheles e. V.:
Die Rechtslage hat sich zum 01. August 2019 maßgeblich geändert. Die Ausführungen zur Auslegung des § 28 Abs. 7 Satz 2 a. F., insbesondere unter systematischen Gesichtspunkten, dürfte im Hinblick auf die nunmehr offenere Formulierung des § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 einer wesentlichen argumentativen Änderung unterliegen. Zum einen werden nach der Neuregelung in Satz 1 Nr. 1 nunmehr „Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit“ gefördert, wohingegen nach der für den vorliegenden Rechtsstreit noch maßgeblichen bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung „Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit“ förderfähig waren.
Aus der Praxis ist uns bekannt, dass Jobcenter gerne die Kosten für Vereinsfahrten bzw. Trainingscamp abgelehnt haben bzw. ein Darlehen angeboten haben. Auch wenn der Einzelfall ausschlaggebend ist, sollten dies Ablehnungen angegriffen werden durch Widerspruch oder Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X.
Bildungs- und Teilhabeangebote müssen für die Bedürftigen auch tatsächlich ohne weitere Kosten erreichbar sein.
Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung eines eigenständigen Anspruchs auf BUT-Leistungen und dem angestrebten Ziel der Integration aller Kinder in Gemeinschaftsveranstaltungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Ausschluss der Kostenübernahme für Aufwendungen für eine Trainingsfahrt gewollt war. Vielmehr wollte der Gesetzgeber umfassend die materielle Basis für Chancengerechtigkeit sicherstellen (vgl. zu Schulausflügen: BSG, Urteil vom 08. März 2023 – B 7 AS 9/22 R.
Das Urteil gilt nicht nur für Trainingsfahrten oder Vereinsfahrten bzw. Trainingscamp von Fußballverein, sondern für den Breitensport (Fußball, Handball, Basketball, Schwimmen, Radsport usw.)!
3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht (SGB 3)
3.1 – LSG BB, Urt. v. 20.03.2024 – L 18 AL 5/22 – veröffentlicht auf www.sozialgerichtsbarkeit.de
Mehrwöchige Reise in die Karibik lässt das ALG 1 entfallen – Ungenehmigter Urlaub lässt ALG 1 entfallen
Orientierungssatz Verein Tacheles e. V.
1. Mehr als sechswöchige Ortsabwesenheit führt zum Wegfall des Anspruchs auf Alg 1.
2. Eine erweiternde Auslegung der Härtefallregelung der EAO verfängt nicht, weil diese Entscheidung ausdrücklich die zeitliche Begrenzung von § 3 Abs. 3 EAO nur im Grundsicherungsrecht für nicht entsprechend anwendbar hält (vgl. dazu SG Berlin vom 21. August 2013 – S 205 AS 5324/11 – § 7 Abs 4a SGB 2 in seiner bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung ist dann teleologisch zu reduzieren, wenn es dem Leistungsberechtigen objektiv nicht möglich ist, aus dem Ausland zurückzukehren und aktiv an Eingliederungsleistungen teilzunehmen. In diesem Fall ist die zeitliche Begrenzung von § 3 Abs 3 Erreichbarkeits-Anordnung (juris: ErreichbAnO) im Anwendungsbereich des SGB 2 nicht entsprechend anwendbar).
Rechtstipp Verein Tacheles e. V. zum SGB II:
1. SG Augsburg, 14.04.2016 – S 8 AS 267/16 – Keine Aufhebung der Leistungsbewilligung bei Auslandsaufenthalt zur Pflege einer nahen Angehörigen
2. LSG Hessen, Urt. v. 29.03.2017 – L 6 AS 334/16 –
1. Wird für eine bislang nicht im Leistungbezug nach dem SGB II stehende, erwerbsfähige, hilfebedürftige Person mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland ein Antrag nach dem SGB II gestellt und befindet sich die betreffende Person im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland, so wirkt der Antrag nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II gleichwohl auf den Monatsersten zurück.
2. Kehrt die betreffende Person im Kalendermonat der Antragstellung nach Deutschland zurück, so steht § 7 Abs. 4a SGB II a.F. i.V.m. § 3 EAO einem Leistungsanspruch für den gesamten Kalendermonat der Antragstellung nicht entgegen, ohne dass es darauf ankäme, ob das Jobcenter für die Restdauer des Auslandsaufenthalts im Kalendermonat der Antragstellung seine Zustimmung erteilt.
Rechtstipp Verein Tacheles e. V. zum SGB 3:
1. SG Stuttgart, Urt. v. 22.04.2021 – S 16 AL 6336/18 –
1. Ist ein Arbeitsloser vor seiner beschäftigungslosen Zeit ortsabwesend, muss er keine Zustimmung einholen, wenn die Ortsabwesenheit nicht in die beschäftigungslose Zeit hineinragt.
2. Eine Zustimmung ist jedoch dann einzuholen, wenn die Rückreise vor der beschäftigungslosen Zeit zwar geplant war, aber aufgrund einer Erkrankung nicht rechtzeitig möglich ist. Dann ist die Zustimmung nachzuholen, sobald der Arbeitslose Kenntnis darüber hat, dass ihm die Rückreise nicht rechtzeitig möglich sein wird.
3. § 146 SGB III findet nicht nur dann Anwendung, wenn der Arbeitslose zu einem Zeitpunkt erkrankt, in welchem er sich mit Zustimmung der Agentur für Arbeit außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält, sondern auch, wenn eine Zustimmung nicht erforderlich war (weil er sich vor seiner Beschäftigungslosigkeit außerhalb des Nahbereichs aufgehalten hat und die Rückkehr vor Beginn der Arbeitslosigkeit geplant hat), eine Rückreise aber wegen Krankheit vor Beginn der Beschäftigungslosigkeit nicht möglich war.
2. SG Stuttgart, Urt. v. 28.02.2020 – S 3 AL 3965/19 – Arbeitslosengeld auch bei Erkrankung im Ausland
weiter auf www.anwalt.de:
RA Christian Wagner und hier: www.expat-news.com
4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
4.1 – SG Lüneburg, Beschluss v. 08.02.2024 – S 38 SO 6/24 ER
Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de
Bei einem Zuständigkeitsstreit ist der erstangegangene Leistungsträger nach § 43 SGB I verpflichtet, vorläufig zu leisten, wenn Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund unstreitig bestehen. Weitere Ermittlungen betreffend die Zuständigkeit verbieten sich angesichts der Eilbedürftigkeit, wenn dies den Rechtsstreit verzögern würde.
5. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG
5.1 – Sozialgericht Stuttgart – Beschluss vom 17.04.2024 – Az.: S 11 AY 107/23 ER
Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Regelbedarfsstufe 2, Leistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG, Kosten nach Erledigung durch Ausreise, Sozialgericht Stuttgart
weiter bei RA Sven Adam
5.2 – Sozialgericht Heilbronn – Beschluss vom 29.04.2024 – Az.: S 16 AY 655/24 ER
Normen: § 2 AsylbLG, § 86a SGG – Schlagworte: Eilverfahren, Analog-Leistungen, vermeintliche Täuschung über Geburtsdatum, Sozialgericht Heilbronn
5.3 – Sozialgericht Magdeburg – Beschluss vom 26.04.2024 – Az.: S 25 AY 24/24 ER
Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Regelbedarfsstufe 2, Leistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG, Sozialgericht Magdeburg
Orientierungssatz Tacheles e. V.
1. Gewährung von Leistungen gemäß §§ 3, 3a AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1.
2. Das BVerfG hat eine Übergangsregelung angeordnet, nach der für alleinstehende Erwachsene, die in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind, unter den Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 S. 1 und S. 4 Nr. 1 AsylbLG ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anstatt 2 anerkannt wird (BVerfG v. 19. Oktober 2022 – 1 BvL 3/21).
3. Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass diese Überlegung des BVerfG auch auf die Parallelvorschriften für Leistungsberechtigte in Sammelunterkünften nach § 3a AsylbLG Anwendung zu finden haben, da mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass auch die § 3a Abs. 1 Nr. 2b AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG verfassungswidrig sind (vgl. Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3a AsylbLG (Stand: 28.11.2022), Rn. 44_18, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.06.2023, L 8 AY 18/23 B ER).
Quelle: anwaltskanzlei-adam.de
6. Fragen zum Bürgergeld, Sozialhilfe und anderen Gesetzesbüchern – Urheberrechtsschutz – Zitieren nur mit Verweis auf Tacheles e. V. Gestattet!
6.1 – Bürgergeld: Schulbedarfspauschale bei Trennungskindern – § 28 Abs. 3 SGB 2
Dazu der Verein Tacheles e. V.:
Bis jetzt kennen wir dazu folgende Auffassung und Urteile, es bestehen unterschiedliche Auffassungen, welches Jobcenter zahlen muss und in welcher Höhe.
1. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.11.2022 – L 27 AS 1192/21 –
Grundsicherung nach dem SGB II – Mietverhältnis unter Verwandten – Mehrbedarf für Alleinerziehende bei wöchentlichen Wechselmodell bei hälftiger Kostenteilung – hälftger persönlicher Schulbedarf bei hälftigen Wechselmodell
Leitsatz Redakteur v. Tacheles e. V.
1. Bei Bestehen eines wöchentlichen Wechselmodells bei etwa hälftiger Kostenteilung beider Elternteile ist ohne Rücksicht auf einen tatsächlich anfallenden Mehrbedarf wegen des pauschalierenden Charakters von § 21 SGB II nicht das alles – oder nichts – Prinzip anwendbar, sondern für jeden der Elternteile der hälftige Mehrbedarf für Alleinerziehende anzusetzen, hier bejahend, auch wenn hier die Elternteile nebeneinander liegende Wohnungen in einem Haus bewohnen.
2. Leistungen zur Bildung und Teilhabe in Gestalt des persönlichen Schulbedarfes sind aufgrund des hälftigen Wechselmodells auch nur zur Hälfte zu bewilligen, also gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 28 Abs. 3 SGB II ein Betrag von …
2. SG Dortmund, Urt. v. 16.05.2017 – S 19 AS 2534/15 – rechtskräftig, Jobcenter hat Berufung zurück gezogen – S 19 AS 2534/15-Berufungsverfahren L 2 AS 1246/17 – Lars Schulte-Bräucker (Rechtsanwalt)
Hartz IV: Jobcenter streiten über Schulgeld für Trennungskinder
Hinweis Gericht
Das Schulgeld für Kinder von Langzeitarbeitslosen muss das Jobcenter zahlen, in dessen Bezirk die Schüler ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies gilt auch dann, wenn sie sich zum Stichtag am Beginn des Schulhalbjahres bei dem umgangsberechtigten Elternteil im Zuständigkeitsbereich eines anderen Jobcenters aufhalten.
weiter auf www.anwalt.de: Zuständigkeit des Jobcenters bei Schulgeld-Urteil SG Dortmund v. 24.5.17, Az.: S 19 AS 2534/15 und Pressemitteilung des SG Dortmund
3. SG Berlin, Urt. v. 08.05.2017 – S 137 AS 15874/16 – Bildung und Teilhabe – persönlicher Schulbedarf – in § 28 Abs 3 SGB 2 genannte Zeitpunkte sind keine Stichtagsregelungen bzw anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmale – Schüler in temporärer Bedarfsgemeinschaft mit den getrenntlebenden Eltern
1. Bei der in § 28 Abs 3 SGB 2 (persönlicher Schulbedarf) normierten Stichtagsregelung handelt es sich lediglich um einen Leistungszeitpunkt.
2. Die einmalige Leistungserbringung kann nur für die Bedarfsgemeinschaft erfolgen, bei der das schulpflichtige Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
4. Nun hat sich ein weiteres Gericht mit diesem Thema befasst und kommt zu folgender Entscheidung:
Die Pauschale nach § 28 Abs. 3 SGB II iVm § 34 Abs. 3 SGB XII ist nicht teilbar.
1. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum anteiligen Mehrbedarf bei Alleinerziehung für in einer temporären Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigte (vgl. zuletzt unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 27. September 2023 – B 7 AS 13/22 R) lässt sich auf andere Leistungen nur übertragen, sofern eine Teilbarkeit der Leistung gegeben ist. Die Pauschale nach § 28 Abs. 3 SGB II iVm § 34 Abs. 3 SGB XII ist nicht teilbar.
2. Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 3 SGB II bei Schulbedarf werden einmalig dort erbracht, wo das schulpflichtige Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist der gewöhnliche Aufenthalt bei einem nichtleistungsberechtigten Elternteil, besteht der Anspruch nach § 28 Abs. 3 SGB II nur, sofern der Bedarf nachweislich nicht von diesem Elternteil gedeckt worden ist.
7. Verschiedenes zum Bürgergeld, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbücher
7.1 – BGH, Urt. v. 16.04.2024 – X ZR 14/23
Leitsatz
Für die Bemessung des angemessenen Unterhalts eines Beschenkten gemäß § 529 Abs. 2 BGB kommt der nach § 94 Abs. 1a SGB XII für den Übergang von Unterhaltsansprüchen auf Sozialhilfeträger maßgeblichen Einkommensgrenze von 100.000 Euro pro Jahr keine Bedeutung zu.
Quelle: www.rechtsprechung-im-internet.de
Hinweis Tacheles e. V.:
s. a. Dazu: Der verarmte Schenker – und der angemessene Unterhalt des Beschenkten
weiter: www.rechtslupe.de
Wichtiger Hinweis:
Nicht veröffentlichte Urteile (gekennzeichnet durch n. v.), Anmerkungen bzw. Urteilsbesprechungen von Rechtsanwälten, welche wir von Gerichten, Rechtsanwälten oder Privatkunden erhalten, dürfen zitiert werden, aber nur mit Quellhinweis Verein Tacheles, alles andere stellt eine Urheberrechtsverletzung dar.
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Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker