BESCHLUSS
L 8 AY 4/24 NZB
S 20 AY 37/21 Sozialgericht Braunschweig
In dem Rechtsstreit
1. xxx,
2. xxx,
zu 1-2 wohnhaft: xxx
zu 2 vertreten durch: xxx
– Kläger und Beschwerdeführer –
Prozessbevollmächtigter:
zu 1-2: Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55,
37073 Göttingen
gegen
Landkreis Helmstedt Sozialamt,
vertreten durch den Landrat,
Conringstraße 27 – 30, 38350 Helmstedt
– Beklagter und Beschwerdegegner –
hat der 8. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen am 17. Juli 2024 in Celle durch den Richter xxx sowie die Richterinnen xxx und xxx beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerinnen wird die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 29. November 2023 zugelassen.
Den Klägerinnen wird für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerde- und des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Adam, Göttingen, bewilligt. Ratenzahlung wird nicht angeordnet.
GRÜNDE
Die form- und fristgerecht (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG) eingelegte Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts (SG) Braunschweig vom 29.11.2023 ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht mehr als 750,00 € beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Im Streit ist die Gewährung höherer Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG für die Zeit vom 1.10. bis 7.12.2019 als durch Änderungsbescheid des beklagten Landkreises vom 21.7.2021 bewilligt (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2021). Mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) werden unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des Senates vom 26.1.2021 (L 8 AY 21/19) Leistungen in verfassungsgemäßer Höhe geltend gemacht (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG). Auch wenn die Klageforderung damit nicht konkret beziffert bzw. bezifferbar ist, ist nach Lage der Dinge ein Überschreiten des Wertes des Beschwerdegegenstandes von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) mit Sicherheit ausgeschlossen. Der Rechtsstreit betrifft auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Beschwerde ist begründet. Der Senat misst der (auch) im Beschwerdeverfahren aufgeworfenen Rechtsfrage, ob die Höhe der Leistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs nach § 3a Abs. 1 AsylbLG, hier für eine alleinstehende Erwachsene (Nr. 1) und ein Kind vor Vollendung des sechsten Lebensjahres (Nr. 6) im Jahr 2019 (in der Fassung vom 13.8.2019) mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) zu vereinbaren ist, grundsätzliche Bedeutung bei (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Ausführungen in dem o.g. Vorlagebeschluss des Senats zu der Zusammensetzung der Leistungen, insbesondere zu der Herausnahme von bestimmten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Bereiche Freizeit, Unterhaltung und Kultur sowie Bildung aus der Leistungsbemessung und der einseitigen Berücksichtigung von Minder- und nicht Mehrbedarfen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.1.2017 – L 8 AY 21/19 – juris Rn. 95 ff.) lassen sich auch auf die für das Jahr 2019 geltenden Grundleistungen übertragen, weil die Bemessung bzw. Zusammensetzung der Leistungen insoweit unverändert geblieben ist.
Mit der Zulassung der Berufung wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (145 Abs. 5 SGG).
Die Kostenentscheidung bleibt dem Berufungsverfahren vorbehalten (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 145 Rn. 10).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug ist begründet. Aus den vorgenannten Gründen bestehen für die Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussichten i.S. von § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO. Den Klägerinnen ist es aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten, die Prozesskosten selbst zu tragen, auch nicht zum Teil oder in Raten. Die Beiordnung des Rechtsanwaltes beruht auf § 121 Abs. 2 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).