Tacheles Rechtsprechungsticker KW 03/2025

1. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Bürgergeld (SGB II)

1.1 – LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 10.10.2024 – L 6 AS 144/24 B ER –

Studienplatzsuche im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b SGB II in der seit 01.06.2024 geltenden Fassung

Orientierungssatz Redakteur v. Tacheles e. V.
1. Ein syrischer Staatsbürger hat kein Anspruch auf Leistungen nach dem Bürgergeld, wenn er ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke des Studiums hat (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b SGB II).

2. Aber er hat Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Sätze 3 und 6 SGB XII im Eilverfahren.

Leitsatz Gericht www.sozialgerichtsbarkeit.de
Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b SGB II bei einem Aufenthaltsrecht, das sich allein aus dem Zweck der Studienplatzsuche ergibt, umfasst auch Zeiträume studienvorbereitender Maßnahmen und der Suche nach einem Platz in einer solchen Maßnahme.

Es liegt kein Anordnungsgrund für die einstweilige Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vor, wenn der Antragsteller diese durch die Rücknahme seines Antrags auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis erlangen kann und die Verlängerung offensichtlich mangels Sicherung des Lebensunterhalts abzulehnen ist.

Praxistipp zum SGB XII: § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII seit dem 01.03.2024 –

Die obigen Darlegungen zu diesem Ausschlussgrund im SGB II gelten entsprechend im SGB XII

§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII enthält seit dem 01.03.2024 den wortgleichen Ausschluss für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Ausbildungs- und Studienplatzsuche oder aus einer Aufenthaltserlaubnis nach § 20a AufenthG ergibt, wie § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b SGB II zum 01.06.2024.

1.2 – LSG Bayern, Beschluss v. 02.01.2025 – L 7 AS 461/24 B ER –

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de
Wenn in einem Eilverfahren gleichzeitig in der Sache und über den PKH-Antrag entschieden wird, liegt darin regelmäßig keine Verletzung rechtlichen Gehörs.

2. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Bürgergeld (SGB II)

2.1 – SG Lüneburg, Urteil vom 12.November 2024 – S 19 AS 144/21 –

Ermessensleistungen; EU-Ausländer; Leistungsausschluss; Überbrückungsgeld

Leistungsausschluss für EU-Ausländer nach SGB II und SGB XII

Leitsatz www.wolterskluver-online.de
Unionsbürgerinnen und -bürger haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wenn sie nicht berufstätig sind oder sich aus einer Tätigkeit ein nachwirkendes Aufenthaltsrecht ergibt.

Ein Anspruch ergibt sich auch dann nicht, wenn die Kinder in Deutschland zur Schule angemeldet wurden, ohne dass gleichzeitig eine Beschäftigung der Eltern bestand oder ein aus einer Tätigkeit nachwirkendes Aufenthaltsrecht vorlag.

3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III)

3.1 – SG Darmstadt, Urt. v. 07.10.2024 – S 8 AL 131/21 –

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de
1. Verwaltungsakte müssen auch über die Möglichkeit den Widerspruch elektronisch einzulegen belehren, soweit die jeweilige Behörde den elektronischen Zugang nach § 36a SGB I eröffnet.

2. Bei Unterbrechung der Zahlung des Kurzarbeitergeldes – hier nicht fristgemäße Beantragung von Kurzarbeitergeld – ist der Arbeitsausfall erneut anzuzeigen. Der Grund für die Unterbrechung ist nicht entscheidend.

3. Die Regelung über die Bezugsdauer nach § 104 Abs. 3 SGB III bezieht sich ausschließlich auf die Zahlung von Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur für Arbeit. Es kann nicht darauf abgestellt werden, ob der Betrieb auch in den Monaten, in denen kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, Kurzarbeit durchführt und Kurzarbeitergeld zahlt.

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte und Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – LSG BW, Urt. v. 07.11.2024 – L 7 SO 1571/23 –

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de
Zum Erstattungsanspruch des erst angegangenen Rehabilitationsträgers gegen den materiell zuständigen Träger nach Verurteilung des erst angegangenen Trägers zur Leistungserbringung. Der Erstattungsanspruch des erst angegangenen Rehabilitationsträgers gegen den materiell zuständigen Rehabilitationsträger setzt zwar die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung voraus. Nicht erforderlich hierfür ist aber ein abgeschlossenes Gesamtplanverfahren.

4.2 – SG München, Beschluss v. 23.08.2024 – S 46 SO 342/24 ER –

Investitionskosten als Teil der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b SGB XII –

Sozialhilfeträger muss Investitionskosten des Pflegedienstes als häusliche Pflegehilfe übernehmen (Redakteur Tacheles e. V.)

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de
Wenn die zuständige Landesbehörde der gesonderten Berechnung von Investitionskosten eines ambulanten Pflegedienstes gemäß § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI zugestimmt hat, ist der Sozialhilfeträger gemäß § 76a Abs. 3 SGB XII zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet. Diese Kosten sind dann Teil der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b SGB XII.

5. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG

5.1 – Sozialgericht Heilbronn – Beschluss vom 02.01.2025 – Az.: S 16 AY 2567/24 ER

Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Regelbedarfsstufe 2, Leistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG, Sozialgericht

Orientierungshilfe Detlef Brock
1. Gewährung von Leistungen nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im einstweiligen Rechtsschutz

2. BVerfG) vom 19. Oktober 2022 (1 BvL 3/21). Dort führt das BVerfG aus:
„Sind Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz nicht bereits evident unzureichend, so ist zu prüfen, ob sie nachvollziehbar und sachlich differenziert und insgesamt tragfähig begründbar sind“.

Dies, so das BVerfG, ist bei der Annahme des Gesetzgebers, „dass die in Sammelunterkünften wohnenden alleinstehenden Bedürftigen regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern erzielen, die einer Absenkung der Leistungshöhe um 10 % gegenüber der Regelbedarfsstufe 1 entsprechen“, nicht der Fall.

3. Die nicht begründete Annahme der Einsparungen hat der Gesetzgeber ebenfalls der Regelung des § 3a Abs. 1 Nr. 2 b) und Abs. 2 Nr. 2 b) zugrunde gelegt (vgl. hierzu Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.06.2023, L 8 AY 18/23 B ER).

Quelle: RA Sven Adam

5.2 – Sozialgericht Stuttgart – Beschluss vom 03.01.2025 – Az.: S 9 AY 4736/24 ER

Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Regelbedarfsstufe 2, Leistung nach §3 AsylbLG, Leistung nach §3a AsylbLG,

weiter bei RA Sven Adam

6. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Kindergeldzuschlag

6.1 – LSG NRW, Urteil vom 09.12.2024 – L 9 BK 12/22 – www.sozialgerichtsbarkeit.de

Kinderzuschlag: Mietfreies Wohnen ist kein zu berücksichtigendes Einkommen

1. Mietfreies Wohnen kann für die Erreichung der Mindesteinkommensgrenze nicht als Einkommen gewertet werden.

Anspruch auf Kindergeldzuschlag besteht nicht, wenn die Bedarfsgemeinschaft – mietfrei – wohnt.

Mietfreies Wohnen ist kein geldwerter Vorteil und auch kein Einkommen, es führt nur zur Reduzierung des Bedarfs.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

7. Verschiedenes zum Bürgergeld, Sozialhilfe, Wohngeld und anderen Gesetzesbüchern

7.1 – Neue Mietobergrenzen ab dem 01.01.2025 für Bezieher von Bürgergeld in Gelsenkirchen

weiter: www.waz.de

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker


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