Sozialgericht Stuttgart – Beschluss vom 21.02.2025 – Az.: S 7 AS 4623/24 ER

BESCHLUSS

in dem Rechtsstreit

1. xxx,

– Antragstellerin –

2. xxx,

– Antragsteller –

3. xxx,

– Antragstellerin –

4. xxx,

– Antragsteller –

Proz.-Bev.: Rechtsanwalt Sven Adam
Lange-Geismar-Str. 55, 37073 Göttingen
– zu Kl. Ziff. 1, 2, 3, 4 –

gegen

Landeshauptstadt Stuttgart – Jobcenter –
vertreten durch den Oberbürgermeister
Rosensteinstr. 11, 70191 Stuttgart

– Antragsgegnerin –

Die 7. Kammer des Sozialgerichts Stuttgart
hat am 21.02.2025 in Stuttgart
durch die Richterin am Sozialgericht xxx

ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

GRÜNDE
I.

Die Antragsteller begehren von der Antragsgegnerin die Übernahme der außergerichtlichen Kosten, die ihnen durch ihren am 04.12.2024 zum Sozialgericht Stuttgart erhobenen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entstanden sind.

Die Antragsteller befanden sich bei der Antragsgegnerin im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Zuletzt wurden ihnen für den Zeitraum 01.09.2024- 30.11.2024 durch Bewilligungsbescheid vom 11.09.2024 Leistungen iHv 1753 Euro monatlich gewährt.

Am 23.10.2024 beantragte die Antragstellerin Ziff. 1 für sich und drei ihrer Kinder (die Antragsteller Ziff. 2 bis 4) die Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II auch über den 30.11.2024 hinaus.

Durch Bescheid vom 05.12.2024 hat die Antragsgegnerin den Antragstellern die beantragten Leistungen iHv 2.593,00 Euro für den Zeitraum bis 31.01.2025 und 2.723,00 Euro bis 28.02.2025 bewilligt. Der Bescheid vom 05.12.2024 wurde laut Absendevermerk am 05.12.2024 zur Post gegeben.

Am 08.12.2024 haben die Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Stuttgart gestellt und beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die beantragten Leistungen vorläufig zu erbringen.

Am 09.12.2024 fand ausweislich des Poststempels die Beförderung des Bescheids zum Klägerbevollmächtigten statt. Dort ging der Bescheid vom 05.12.2024 am 10.12.2024 ein.

Die Antragsgegnerin hat den Rechtsstreit mit Schreiben vom 11.12.2024 für erledigt erklärt.

Die Antragsteller haben ebenfalls mit Schreiben vom 11.12.2024 den Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Sie verweisen darauf, dass der Bescheid vom 05.12.2024 erst am 10.12.2024 beim Bevollmächtigten einging. Der Antrag sei bei Eingang zulässig und begründet gewesen, weil die Antragsgegnerin entgegen § 42 Abs. 2 SGB II die beantragten Leistungen nicht rechtzeitig erbracht habe.

Die Antragsgegnerin hat darauf verwiesen, dass der Bescheid ausweislich des Vermerks am 05.12.2024 abgesandt wurde, weshalb er erst am 09.12.2024 befördert wurde, erschließe sich nicht. Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei nicht erforderlich gewesen, der Bescheid sei noch vor Eingang des Antrags erstellt und versandt worden.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Nach § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben; es entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren – wie hier – anders als durch Urteil beendet worden ist. Der Inhalt dieser Entscheidung richtet sich nach billigem Ermessen ohne Rücksicht auf die Anträge der Beteiligten (vgl. Mayer-Ladewig/Keller/Leiterer, SGG – Kommentar, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 13 ff.). Grundsätzlich hat das Gericht bei der Ausübung des sachgemäßen oder billigen Ermessens alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bei Erledigung ohne Urteil hat vor allem der nach dem bisherigen Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrensausgang den Ausschlag zu geben (vgl. BSG, Beschluss vom 07.09.1998, SozR 3-1500 § 193 Nr. 10). Ebenso wenig kann aber außer Betracht bleiben, ob ein Versicherungsträger Anlass zur Klage gegeben oder ob sich die Sach- und Rechtslage nach Erlass des Bescheides geändert hat. Trägt ein Beteiligter dem sofort Rechnung, hat er ggf. keine Kosten zu tragen. Letzteres ist Ausfluss des Veranlassungsprinzips und trägt dem Rechtsgedanken des § 93 der Zivilprozessordnung Rechnung.

Gemessen an diesen Vorgaben hat die Antragsgegnerin den Antragstellern ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gemäß § 39 Abs. 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Dies war vorliegend der Eingang beim Bevollmächtigten am 10.12.2024, da der Bescheid ausschließlich ihm als Bevollmächtigten zugestellt wurde.

Bei Erhebung des Antrags am 08.12.2024 war den Antragstellern bzw. dessen Bevollmächtigten noch kein Bescheid zugegangen. Worauf die Verzögerung zwischen Absendung des Bescheids am 05.12.2024 und Beförderung am 09.12.2024 beruht, ist dabei nicht von Belang.

Entscheidend ist vielmehr, dass die Antragsteller den Weiterbewilligungsantrag bereits am 23.10.2024 gestellt hatten. Im Weiterbewilligungsantrag wurde lediglich eine Änderung (weiteres Einkommen) zu der vorherigen Bewilligung angegeben, so dass ein erheblicher Bearbeitungsaufwand hieraus nicht ersichtlich wird. Ein solcher wird auch von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind gemäß § 42 Abs. 1 SGB II monatlich im Voraus auszuzahlen. Insbesondere, wenn diese – wie hier – einen Großteil oder das gesamte Einkommen ausmachen, sind Verzögerungen für die Leistungsempfänger vor dem Hintergrund anstehender Zahlungen zum Monatsanfang (Miete etc.) existenzbedrohend.

Die Antragsteller hatten den Antrag rechtzeitig gestellt und eine Bearbeitungsdauer von über sechs Wochen vor Erhebung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz abgewartet. Die Bewilligung war bei Erhebung noch nicht wirksam ergangen (s.o.).

Deshalb hatte die Antragsgegnerin das Verfahren veranlasst und die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten ist gerechtfertigt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG.


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