Sozialgericht Magdeburg – Beschluss vom 03.03.2025 – Az.: S 31 AY 13/25 ER

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

xxx,
Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55,
37073 Göttingen

– Antragsteller –

gegen

Altmarkkreis Salzwedel, vertreten durch den Landrat,
Karl-Marx-Straße 32, 29410 Salzwedel

– Antragsgegner –

hat die 31. Kammer des Sozialgerichts Magdeburg am 3. März 2025 durch die Vorsitzende, die Richterin am Sozialgericht xxx, beschlossen:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zum 31.12.2025 und unter dem Vorbehalt der Rückforderung ab dem 18.02.2025 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers vom 10.02.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.01.2025 Leistungen gemäß §§ 3, 3a AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren.

Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Adam wird aufgrund des Kostenerstattungsanspruchs gegenüber dem Antragsgegner abgelehnt.

GRÜNDE
I.

Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Der Antragsteller reiste nach eigenen Angaben aus Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein und stellte im Juni 2027 einen Antrag auf Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte den Asylantrag als unzulässig ab und richtete im Juni 2017 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-VO an Italien. Der Antragsteller wurde nach Italien abgeschoben. Am 30.11.2018 reiste der Antragsteller erneut in die BRD ein. Einen am 04.12.2018 gestellte Asylfolgeantrag lehnte das BAMF mit Bescheid vom 05.02.2021 als unzulässig ab. Der Antragsteller ist im Besitz einer ausländerrechtlichen Duldung und seit dem 17.03.2021 vollziehbar ausreisepflichtig.

Erstmals erhielt der Antragsteller ab dem 22.06.2020 (dem Tag der Zuweisung zum Antragsgegner) vom Antragsgegner Grundleistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 und 2 AsylbLG in Höhe der Regelbedarfsstufe 2. Er ist in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht. Im Antrag gab er an, die Staatsangehörigkeit Guinea-Bissaus zu besitzen. Zuletzt erhielt der Antragsteller mit Bescheid vom 19.01.2021 ungekürzte Grundleistungen ab Januar 2021.

Die Ausländerbehörde des Antragsgegners forderte den Antragssteller mehrfach auf (u.a. am 14.02.2022), an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken, Urkunden, Unterlagen und Datenträger vorzulegen, die für die Feststellung der Staatsangehörigkeit von Bedeutung sind sowie Beschaffungsbemühungen zur Identitätsfeststellung nachzuweisen. Auf die Anhörung zur geplanten Leistungskürzung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG teilte der Antragsteller in einer persönlichen Vorsprache mit, dass er keine Papiere besitzen würde und sich auch nicht um deren Beschaffung bemühen werde. Wegen fehlender Mitwirkung an der Passbeschaffung kürzte der Antragsgegner erstmals für den Zeitraum 22.09.2021 bis 19.10.2021 (Bescheid vom 27.09.2021) sowie für nachfolgende Zeiträume bis 22.06.2024. Wegen Leistungskürzungen vom 22.03.2023 bis 22.06.2023 und vom 23.06.2023 bis 22.12.2023 sind Klagen bei dem erkennenden Gericht unter den Az. S 31 AY 19/24 und S 31 AY 17/24 anhängig. Mit Bescheid vom 16.01.2024 in der Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 05.02.2023 (gemeint wohl 2024) gewährte der Antragsgegner, unter Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2021 mit Wirkung ab dem 22.09.2021, Leistungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG vom 23.12.2023 bis 22.06.2024. Hinsichtlich dieses Zeitraums ist eine Klage unter dem Az. S 31 AY15/24 anhängig. Auf einen Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz (S 31 AY 5/24 ER) ordnete das Gericht mit (rechtskräftigem) Beschluss die aufschiebende Wirkung der Klage (S 31 AY 15/24) gegen den Bescheid vom 16.01.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2024 an.

Die Ausländerbehörde teilte dem Antragsgegner am 18.07.2024, der Antragsteller habe eine Geburtsurkunde vorgelegt und so den Willen gezeigt, an der Identitätsbestätigung mitzuwirken. Eine Echtheitsprüfung habe ergeben, dass das Dokument nicht auswertbar sei. Mit Bescheid vom 29.07.2024 gewährte der Antragsgegner für die Zeit ab dem 23.06.2024 bis auf weiteres Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 AsylbLG. Hiergegen erhob der Antragsteller am 12.08.2024 Widerspruch. Einen bei dem erkennenden Gericht zugleich am 14.08.2024 gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit welchen Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 begehrt wurden (S 31 AY 42/24 ER), nahm der Antragsteller aufgrund einer zum 15.08.2024 aufgenommenen und bis 20.12.2024 befristeten Erwerbstätigkeit (Arbeitsvertrag vom 29.07.2024) und des dadurch erzielten bedarfsdeckenden Einkommens zurück. Mit Bescheid vom 23.12.2024 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 29.07.2024 mit Wirkung ab dem 01.09.2024 auf, forderte die Monat September 2024 erbrachten Leistungen zurück und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2024 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Antragsteller Klage vor dem erkennenden Gericht (S 31 AY 8/25). Mit Einverständnis der Beteiligten wurde mit Beschluss vom 28.02.2025 das Ruhen des Verfahrens wegen beim Bundesverfassungsgerichts anhängigen Verfahren durch den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts zum Aktenzeichen B 8 AY 1/22 R angeordnet.

Mit Schreiben vom 14.11.2024 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 29.11.2024. Im November 2024 bezog der Antragsteller Einkommen in Höhe von 2.121,48 € brutto/ 1.242,03 € (Abrechnung vom 12.12.2024).

Am 07.01.2025 beantragt der Antragsteller Leistungen nach dem AsylbLG und teilte am 14.01.2025 bei einer persönlichen Vorsprache mit, demnächst wieder zu arbeiten. Einen Arbeitsvertrag könne er ab dem 15.01.2025 unterschreiben. Mit Bescheid vom 14.01.2025 gewährte der Antragsgegner Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG ab dem 01.01.2025 bis auf weiteres in Höhe von monatlich 397,00 €, gegen welchen der Antragsteller am 10.02.2025 Widerspruch einlegte.

Der Antragsteller hat zudem mit einem beim Sozialgericht Magdeburg am 18.02.2025 eingegangenen anwaltlichem Schreiben vom 10.02.2025 Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Der Antragsteller begehrt die Gewährung von Leistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1. Die Regelungen der §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG seien evident verfassungswidrig, da sie das durch Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletzten und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen. Er verwies neben zahlreichen sozialgerichtlichen erstinstanzlichen Entscheidungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch auf den am 23.11.2022 veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 19.10.2022 zu dem Az. 1 BvL 3/21. Darin hat das BVerfG § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Regelbedarf lediglich in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt werde. Die Entscheidung des BVerfG sei auch auf die Normen des § 3a Abs. 1 Nr. 2 b AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG anzuwenden. Sein verfassungsrechtlich garantiertes Existenzminimum sei aktuell nicht mehr gesichert.

Der Antragsteller beantragt,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers vom 10.02.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.01.2025 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten Leistungen in verfassungsgemäßer Höhe in der Regelbedarfsstufe 1 ab Eingang dieses Antrages bei Gericht zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner trägt vor, dass kein Anspruch auf höhere Leistungen bestünde. Für Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften lebten, basiere die Leistungsgewährung für den notwendigen persönlichen Bedarf sowie den notwendigen Bedarf auf der Regelbedarfsstufe 2 gem. §§ 3 und 3a AsylbLG. Eine andere gesetzliche Regelung gebe es nicht. Die Entscheidung des BVerfG finde, da der Antragsteller keine Leistungen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AsylbLG erhalte, keine Anwendung. Zu einem am 14.01.2025 in Aussicht gestellten neuen Arbeitsverhältnis habe der Antragsteller bei einer persönlichen Vorsprache am 27.02.2025 mitgeteilt, ein Arbeitsvertrag sei noch nicht abgeschlossen worden und er habe nicht gearbeitet.

Auf Anfrage des Gerichts hat der Antragsteller mitgeteilt, es bestehe aktuell kein Arbeitsverhältnis.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners und die Gerichtsakte S 31 AY5/24 ER, S 31 AY42/24 ER, S 31 AY15/24, S 31 AY17/24, S 31 AY19/24 und S 31 AY 8/25 Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet.

1. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsanspruchs (also eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) als auch eines Anordnungsgrunds (also der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile). Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn ihre tatsächlichen Voraussetzungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 41).

Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich – etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte –, kann eine Entscheidung aufgrund einer Folgenabwägung ergehen (Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 14. März 2019 – 1 BvR 169/19 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung gebotener Folgenabwägung hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft i.S.v. § 53 Abs. 1 AsylbLG und bezieht unstreitig Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG. Unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 19.10.2022 stehen ihm diese allerdings im Umfang der Regelbedarfsstufe 1 zu. Das BVerfG hat mit dem am 23.11.2022 veröffentlichten Beschluss vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21 – entschieden, dass die Sonderbedarfsstufe 2 für eine in einer Sammelunterkunft untergebrachte alleinstehende erwachsene Person nach der Parallelvorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AsylbLG mit dem Grundgesetz (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) unvereinbar ist (Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums). Die Annahme des Gesetzgebers, den Leistungsberechtigten sei es möglich und zumutbar, in den Unterkünften eröffnete Möglichkeiten zu gemeinsamem Wirtschaften zu nutzen, sowie die Berücksichtigung von dadurch erzielbaren Einsparungen bei der Bemessung des existenznotwendigen Bedarfs (vgl. BT-Drs. 19/10052, S. 24 f.), sei zwar im Ausgangspunkt verfassungsrechtlich nach dem Nachranggrundsatz nicht zu beanstanden. Diese Obliegenheit gemeinsamen Wirtschaftens sei aber nur dann verhältnismäßig im engeren Sinne, wenn hinreichend gesichert ist, dass in den Sammelunterkünften auch tatsächlich die Voraussetzungen dafür vorliegen, diese erfüllen und so Einsparungen in entsprechender Höhe erzielen zu können. Dafür müssen sich jedoch ausdrücklich bei einem gemeinsamen Aufenthalt in einer Gemeinschaftsunterkunft (§ 53 AsylG) oder Aufnahmeeinrichtung (§ 44 AsylG) Anhaltspunkte ergeben (vgl. BVerfG v. 19.10.2022 – 1 BvL 3/21 – juris Rn. 74 ff.).

Das BVerfG hat eine Übergangsregelung angeordnet, nach der für alleinstehende Erwachsene, die in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind, unter den Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 S. 1 und S. 4 Nr. 1 AsylbLG ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anstatt 2 anerkannt wird.

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass diese Überlegung des BVerfG auch auf die Parallelvorschriften für Leistungsberechtigte in Sammelunterkünften nach § 3a AsylbLG Anwendung zu finden haben, da mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass auch die §3a Abs. 1 Nr. 2b AsylbLG bzw. § 3a Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG verfassungswidrig sind (vgl. Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 3a AsylbLG (Stand: 28.11.2022), Rn. 44-18). Die Sachverhalte sind vergleichbar, denn es bestehen keine Anhaltspunkte, dass in den Sammelunterkünften regelmäßig tatsächliche Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt wird oder werden könne.

Insofern hat bereits die Bundesregierung über das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bekannt gegeben, dass der Beschluss des BVerfG auch bei der Gewährung von Grundleistungen nach §§ 3 bzw. 3a AsylbLG angewandt werden sollte. Die der Verfassungswidrigkeit der Norm zugrundeliegende Begründung, es gäbe keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass in den Sammelunterkünften regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt werden oder werden können, die eine Absenkung der Leistungen um 10 % rechtfertigen würden, sei von grundsätzlicher Natur. Das BMAS geht daher von einer Anwendbarkeit des Beschlusses auch auf die Parallelregelungen in § 3a Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 AsylbLG für Leistungen im Grundleistungsbezug aus. So haben bereits einzelne Länder (z.B. Berlin) verfügt, dass künftig alle erwachsenen alleinstehenden Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG, die in einer Gemeinschaftsunterkunft, Aufnahmeeinrichtung oder ggf. Notunterkunft untergebracht sind, Anspruch auf den Bedarfssatz bzw. die Regelbedarfsstufe für alleinstehende Erwachsene nach der Regelbedarfsstufe 1, soweit sie nicht als junge Erwachsene im elterlichen Haushalt (unabhängig von der Art der Unterbringung) leben (vgl. beispielsweise Rundschreiben der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, Soz Nr. 01/2023 zur Umsetzung der §§ 2 und 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Nunmehr hat der 8. Senat des BSG das Verfahren B 8 AY 1/22 R zudem ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 3a Abs. 1 Nr. 2b AsylbLG und § 3a Abs. 2 Nr. 2b AsylbLG, soweit für eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende alleinstehende erwachsene Person ein Bedarf lediglich in Höhe der Bedarfsstufe 2 anerkannt wird, mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist.

Es ist zudem ein Anordnungsgrund gegeben. Vor dem Hintergrund der dargestellten überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache unter Verweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 19.10.2022 ist eine restriktive, an der Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit ausgerichtete Rechtsprechung im einstweiligen Rechtsschutz nicht angezeigt (Frerichs, a.a.O., Rn. 44.19). Die mit Eingangsverfügung vom 19.02.2025 vom Antragsgegner angeforderten Kontoauszüge dienten ausschließlich zur Prüfung eines (weiter) bestehenden Lohnzuflusses. Der Antragsteller bezieht indessen aktuell kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Bei erneuter Aufnahme einer solchen hat durch den Antragsgegner – wie bereits in der Vergangenheit erfolgt – nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorzugehen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) war abzulehnen, da der Antragsteller aufgrund der gerichtlichen Kostenentscheidung einen Erstattungsanspruch gegen den Antragsgegner hat, der fällig und durchsetzbar ist. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei kann dahinstehen, ob es aufgrund des Kostenerstattungsanspruchs bereits am Rechtsschutzbedürfnis für einen PKH-Antrag fehlt (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 26.04.2012 – L 8 SO 58/12 ER) oder der Kostenerstattungsanspruch Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO darstellt und damit die Bedürftigkeit im Sinne des Gesetzes wegfällt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.12.2008 – L 5 B 414/07 AS).

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.


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