Sozialgericht Trier – Beschluss vom 03.03.2025 – Az.: S 3 AY 5/25 ER

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

xxx,

– Antragsteller –

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55,
37073 Göttingen

gegen

Stadtverwaltung Trier,
vertreten durch den Oberbürgermeister,
Am Augustinerhof 3,
54290 Trier

– Antragsgegnerin –

hat die 3. Kammer des Sozialgerichts Trier am 3. März 2025 durch die Vizepräsidentin des Sozialgerichts xxx beschlossen:

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 29.01.2025 bis zum 04.03.2025 unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen vorläufig Leistungen nach §§ 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz nach Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren. Der darüberhinausgehende Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragsgegnerin trägt 5/6 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

3. Dem Antragsteller wird zur Wahrnehmung seiner Rechte in der ersten Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Sven Adam, Göttingen, zu den Bedingungen eines im Bezirk des Sozialgerichts Trier ansässigen Rechtsanwalts bewilligt.

GRÜNDE
I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Der im Januar 2004 geborene Antragsteller ist syrischer Staatsbürger. Er reiste am 23.09.2024 über Italien, Frankreich und Luxemburg mit einem Asylgesuch in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.10.2024 einen förmlichen Asylantrag. Zur Durchführung des Asylverfahrens war ihm eine Aufenthaltsgestattung befristet bis zum 09.04.2025 erteilt worden.

Durch eine Entscheidung des Landes Rheinland-Pfalz, Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, vom 07.11.2024 wurde er in den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin verteilt, die ihn ab dem 03.12.2024 in der Gemeinschaftsunterkunft „xxx“ unterbrachte.

Den Asylantrag des Antragstellers lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch Bescheid vom 17.01.2025 als unzulässig ab. Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorlägen und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Außerdem ordnete das BAMF das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete es auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) unzulässig, da Italien auf Grund der illegalen Einreise über die Dublin-Außengrenze sowie der Zustimmungsfiktion gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Das BAMF führte aus, es lägen keine Abschiebungsverbote vor. Der Antragsteller müsse sich darauf verweisen lassen, dass er sich bei einer Einreise in das Hoheitsgebiet der Dublin-Mitgliedsstaaten nicht einfach den Staat aussuchen dürfe, der sein Asylgesuch prüfen solle. Für das Asylbegehren sei der Mitgliedsstaat zuständig, in dem der erstmalige illegale Grenzübertritt in die Europäische Union oder die erstmalige Asylantragstellung erfolgt sei. Suche ein Antragsteller von dort aus einen weiteren Mitgliedstaat auf und stelle dann einen Antrag, so sei bzw. bleibe grundsätzlich der Mitgliedsstaat des illegalen Grenzübertritts bzw. der ersten Antragstellung zuständig. Italien sei für die Bearbeitung des Asylantrages des Antragstellers zuständig geworden. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG.

Am 06.12.2024 stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen Gutschein über 25 € zum Bezug von Lebensmitteln und Hygieneartikeln aus. Am 10.12.2024 erhielt er einen Barscheck über 350 €.

Am 29.01.2025 legte der Antragsteller Widerspruch gegen die faktische Leistungsgewährung bzw. –verweigerung seit dem 03.12.2024 ein und beantragte am gleichen Tag den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die vorläufige Gewährung von Leistungen begehrte.

Durch Bescheid vom 03.02.2025 gewährte die Antragsgegnerin für die Zeit vom 03.12.2024 bis 20.01.2025 laufende Leistungen nach § 3 AsylbLG. Um Leistungen über den 20.01.2025 hinaus zu gewähren, erbat die Antragsgegnerin eine aktuelle Bescheinigung der Ausländerbehörde bzgl. des Aufenthaltsrechts. In dem Bescheid findet sich der Hinweis: „Die bewilligte(n) Leistung(en) wird (werden) zunächst nur für einen Monat unter dem Vorbehalt gewährt, dass sich die vom Leistungsberechtigten oder seinem Vertreter angegebenen und der Bewilligung zugrunde gelegten Verhältnisse nicht ändern. Tritt keine Änderung ein, so erfolgt – ohne Antrag – aufgrund stillschweigender monatlicher Neubewilligung die Weiterzahlung der bisher bewilligten Leistungen in der angegebenen Höhe. Treten jedoch Änderungen in den Verhältnissen ein und erfolgt dadurch eine gesetzlich nicht gerechtfertigte Zahlung, so ist diese zu erstatten, soweit sie der Leistungsberechtigte zu vertreten hat. Ist der Leistungsbezug befristet, so endet die Zahlung mit Ablauf des angegebenen Zeitpunktes.“ Die Höhe der bewilligten Leistungen berechnete die Antragsgegnerin wie folgt:

Für Dezember 2024:

Bedarfe für Unterkunft und Heizung (AsylbLG)
Grundmiete320,00 €
Netto Mietkosten320,00 €
anerkannte Mietkosten für 29 Tage309,33 €
Bedarfe nach dem AsylbLG
Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 AsylbLG (204,00 € *29/30)197,20 €
Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 2 AsylbLG (256,00 € * 29/30)247,47 €
davon als Sachleistung gewährt Gutschein– 25,00 €
Gesamtbedarf729,00 €

Für Januar 2025:

Bedarfe für Unterkunft und Heizung (AsylbLG)
Grundmiete320,00 €
Netto Mietkosten320,00 €
anerkannte Mietkosten für 20 Tage213,33 €
Bedarfe nach dem AsylbLG
Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 AsylbLG (196,00 € *20/30)130,67 €
Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 2 AsylbLG (245,00 € * 20/30)163,33 €
Gesamtbedarf507,33 €

Durch Bescheid vom 24.02.2025 gewährte die Antragsgegnerin laufende Leistungen nach dem AsylbLG ab dem 21.01.2025 bis vorerst 04.03.2025 gemäß § 1a AsylbLG. Gemäß des Bescheides des BAMF vom 17.01.2025, dem Antragsteller am 21.01.2025 zugegangen, sei der Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG angeordnet worden. Mit der Entscheidung des BAMF sei zugleich (zumindest implizit) festgestellt, dass dem Antragsteller die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich sei. Damit unterfalle er dem Leistungsausschluss des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG und es würden Überbrückungsleistungen in Höhe der Leistungen nach § 1a Abs. 1 AsylbLG erbracht. Entsprechend der aktuellen Gültigkeit der Bescheinigung über die vollziehbare Ausreise würden die Leistungen vorerst bis zum 04.03.2025 bewilligt. Für eine Leistungsbewilligung über diesen Zeitraum hinaus müsse eine Verlängerung der Bescheinigung über die vollziehbare Ausreise vorgelegt werden. Der im Zeitraum 21.01.2025 bis 04.03.2025 zustehende Leistungsanspruch werde als Geldleistung ausgezahlt. Die Kosten der Unterkunft würden an den Vermieter geleistet. Mit der Gewährung von Geldleistungen sowie einer Leistungsgewährung über einen Zeitraum von 2 Wochen hinaus werde die Rechtsfolge des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG verfassungs- und europarechtskonform zu Gunsten des Antragstellers gefasst. Die Antragsgegnerin berechnete den Bedarf wie folgt:

Januar 2025 (21.01.2025- 31.01.2025 = 11 Tage)

Bedarfe für Unterkunft und Heizung (AsylbLG)
Grundmiete320,00 €
Netto Mietkosten320,00 €
anerkannte Mietkosten für 10 Tage106,67 €
Bedarfe nach dem AsylbLG
Leistungen nach § 1a AsylbLG (232,00 € *11/30)85,07 €
Gesamtbedarf191,74 €

Februar 2025

Bedarfe für Unterkunft und Heizung (AsylbLG)
Grundmiete320,00 €
Netto Mietkosten320,00 €
anerkannte Mietkosten320,00 €
Bedarfe nach dem AsylbLG
Leistungen nach § 1a AsylbLG232,00 €
Gesamtbedarf552,00 €

März 2025

Bedarfe für Unterkunft und Heizung (AsylbLG)
Grundmiete320,00 €
Netto Mietkosten320,00 €
anerkannte Mietkosten für 4 Tage42,67 €
Bedarfe nach dem AsylbLG
Leistungen nach § 1a AsylbLG(232,00 € *4/30)30,93 €
Gesamtbedarf73,60 €

Gegen den Bescheid legte der Antragsteller Widerspruch ein, den er mit verfassungs- und europarechtlichen Bedenken begründete.

Seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erklärte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25.02.2025 in Höhe der durch den Bescheid vom 24.02.2025 gewährten Leistungen für erledigt. Seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz halte er unter Berücksichtigung der Teilerledigung aufrecht und begründeten diesen mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 1 Abs. 4 AsylbLG. Dazu trägt er vor, die Regelung verstoße gegen das durch Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gewährleistete menschenwürdige Existenzminimum. Daraus ergebe sich ein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Leistungsanspruch, durch den die physische und soziokulturelle Existenz gesichert werden müsse. Der Staat sei im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein zur Verfügung stünden. § 1 Abs. 4 AsylbLG schließe die Betroffenen vollständig von Leistungen aus und enthalte damit eine generalisierende Einschränkung, die mit den durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestimmten verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar sei. Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde sei migrationspolitisch nicht zu relativieren. Der Leistungsausschluss des § 1 Abs. 4 AsylbLG verfolge kein legitimes Ziel, denn es sollten keine asyl- oder aufenthaltsrechtliche Mitwirkungspflichten durchgesetzt werden. Vielmehr gehe es offenkundig um die repressive Sanktionierung eines Verhaltens der Betroffenen im Einzelfall, unerwünschte Sekundärmigration solle eingedämmt werden. Darüber hinaus verstoße § 1 Abs. 4 AslybLG gegen Unionsrecht, denn eine Leistungskürzung sei nur bei Stellung eines Folgeantrags oder dem Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens zulässig. Beides sei bei ihm nicht der Fall. Das auch durch das Unionsrecht gewährleistete Mindestniveau an Leistungen werde nicht gewahrt. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 AsylbLG nicht erfüllt, denn das BAMF habe nicht festgestellt, dass die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich sei.

Der Antragsteller beantragt zuletzt (mit Schriftsatz vom 25.02.2025) ausdrücklich,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch vom 25.02.2025 gegen den Bescheid vom 24.02.2025 Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG in der Regelbedarfsstufe zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin trägt zur Begründung vor,
der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen. Sie gewähre Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung. Der Antragsteller erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen der zum 31.10.2024 eingeführten Neuregelung des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AslybLG. Er sei vollziehbar ausreisepflichtiger Leistungsberechtigter nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG; sein Asylantrag sei durch Entscheidung des BAMF nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 31 Abs. 6 AsylG als unzulässig abgelehnt worden, es sei eine Abschiebung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG angeordnet worden und nach der Feststellung des BAMF sei die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich. Laut BAMF-Bescheid vom 17.01.2025 greife vorliegend die Zustimmungsfiktion gem. Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO, die vorliegend die Verpflichtung Italiens nach sich ziehe, den Antragsteller aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen. Der BAMF-Bescheid führe des Weiteren ausführlich aus, dass dem Asylsuchenden in Italien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe. Unabhängig von den konkreten Formulierungen im BAMF-Bescheid erfolge bereits mit der Entscheidung des BAMF über die Unzulässigkeit die Feststellung über die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit, die im Rahmen dieser Regelung maßgeblich sei. So führe die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat vom 16.10.2024 (BT-Drs. 20/13413, S. 53) bzgl. der gesonderten Benennung der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Ausreise aus: „Die Änderung hat klarstellenden Charakter. Mit der Entscheidung über die Unzulässigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erfolgt bereits die Feststellung über die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit, die im Rahmen dieser Regelung maßgeblich ist. Insbesondere hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits geprüft, dass dem Ausländer keine Verletzung von Artikel 3 der Menschenrechtskonvention oder Artikel 4 der Grundrechtcharta im anderen Mitgliedstaat droht. Die selbstinitiierte Ausreise ist in der Regel mit der Unzulässigkeitsentscheidung innerhalb von zwei Wochen möglich, wenn der Transfer gewährleistet ist. Zu diesem Zweck wird dem Ausländer ein Laissez-passer ausgestellt. …“ Darauf verweise auch das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz in seinem elektronischen Brief vom 05.12.2024 (S. 3f des Briefes).
Dementsprechend gewähre sie mit Bescheid vom 24.02.2025 Leistungen nach § 1 Abs. 4 S. 4 AslybLG iVm § 1a Abs. 1 AslybLG gewährt, die nur noch den Bedarf an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege umfassten. Sie zahle diese Leistungen als Geldleistungen aus; eine zeitliche Befristung erfolge lediglich entsprechend der Gültigkeit der Bescheinigungen über die vollziehbare Ausreisepflicht. Dazu sei § 1 Abs. 4 S. 6 AsylbLG im Rahmen des verbleibenden Ermessensspielraumes in zeitlicher Hinsicht extensiv ausgelegt worden, es sei keine Beschränkung auf den vom Gesetzeswortlaut grundsätzlich vorgesehenen Zeitraum von zwei Wochen vorgenommen. Die Überbrückungsleistungen würden bis zum Zeitpunkt der freiwilligen Ausreise bzw. der Überstellung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaat gewährt. Die Befristung richte sich lediglich nach der Gültigkeit der von der Ausländerbehörde ausgestellten Bescheinigung über die vollziehbare Ausreisepflicht. Die Überbrückungsleistungen würden auch nicht lediglich als Sachleistungen, sondern als Geldleistungen gewährt. Eine Versorgung des Antragstellers mit Wohnraum und Verpflegung sei damit gewährleistet, die Befriedigung elementarster Grundbedürfnisse sei – ohne zeitliche Begrenzung – damit auch in Form von Geldleistungen sicher- gestellt.
Die aus § 1 Abs. 4 AsylbLG resultierenden Rechtsfolgen, die zwar in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis zu den geltenden Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU stünden, seien damit– soweit möglich – verfassungs- und europarechtskonform ausgelegt.

Dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 24.02.2025 half die Antragsgegnerin nicht ab (Nichtabhilfeentscheidung vom 27.02.2025).

Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Antragsteller unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Sven Adam, Göttingen, beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der auf § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützte Antrag ist, soweit er zulässig ist auch begründet. Der Antragsteller hat für den Zeitraum vom 29.01.2025 bis 04.03.2025 Anspruch auf vorläufige Gewährung von Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, sofern kein Fall der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bzw. der sofortigen Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2).

Vorliegend kommt eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht, da die vorläufige Begründung einer Rechtsposition begehrt wird. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs scheidet vorliegend aus. Mit diesem könnte weder das Rechtsschutzziel des Antragstellers erreicht noch seine Rechtsposition verbessert werden, denn für den hier streitigen Zeitraum vom 21.01.2025 bis 04.03.2025 liegt keine vorgehende (höhere) Leistungsbewilligung für diese Zeit vor. Der Bescheid vom 03.02.2025 ist ausweislich seines ausdrücklichen Wortlautes kein Dauerverwaltungsakt und gewährt Leistungen allein für einen, zumal in der Vergangenheit liegenden, befristeten Zeitraum.

Der begehrte Rechtsschutz kann dann gewährt werden, wenn die Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Hierzu muss glaubhaft gemacht sein, dass das geltend gemachte Recht des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin besteht (Anordnungsanspruch) und dass der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung wesentliche Nachteile erleidet (Anordnungsgrund). Nach dem Sinn und Zweck des § 86b Abs. 2 SGG sollen mittels des dort geregelten Instrumentes des einstweiligen Rechtsschutzes irreparable Entscheidungen durch die Verwaltung und damit endgültige, vom Gericht nicht mehr zu korrigierende Umstände, verhindert werden. Demzufolge kann eine einstweilige Anordnung vor einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache nur erlangt werden, wenn ohne die begehrte Anordnung für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden und diese auch nicht durch die spätere Entscheidung in der Hauptsache beseitigt werden könnten. Zudem muss der Erfolg in der Hauptsache wahrscheinlich sein und diese darf nicht durch die einstweilige Anordnung erledigt oder vorweggenommen werden. Lässt also die im Eilverfahren durchgeführte Prüfung bereits erkennen, dass das von dem Antragsteller behauptete Recht zu seinen Gunsten nicht besteht, so ist auch nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung nicht möglich, weil dann eine sicherungsfähige und sicherungswürdige Rechtsposition fehlt.
Sind Grundrechte tangiert, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 , juris). Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine – nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende – Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 – 1 BvR 1335/13 -, juris) Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.

Streitgegenstand sind unter Berücksichtigung des vom (anwaltlich vertretenen) Antragsteller zuletzt im Schriftsatz vom 25.02.2025 ausdrücklich gestellten Antrages im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vorläufige Leistungen im Zeitraum 21.01.2025 bis 04.03.2025. Maßgeblich für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Gegenstand eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens, das dem Eilverfahren zugrunde liegen könnte (vgl. mwN Bayerischen LSG, Beschluss vom 19.07.2028 – L 11 AS 329/18 B ER -, juris). Der Streitgegenstand ergibt sich damit aus dem mit dem Widerspruch des Antragstellers belegten Bescheid vom 24.02.2025, der Leistungen für den Zeitraum vom 21.01.2025 bis 04.03.2025 gewährt. Ob der Antragsteller für den Folgezeitraum einen Weiterbewilligungsantrag gestellt hat, ist hier nicht bekannt, ist für die vorliegende Entscheidung aber auch ohne Bedeutung, denn ein neuer Bescheid würde nicht nach § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Verfahrens.

Soweit der Eilrechtsschutz auf die Gewährung von Leistungen ab dem 21.01.2025 bis zur Antragstellung beim Gericht am 29.01.2025 gerichtet ist – eine Beschränkung des Antrages auf Leistungen ab Eingang des Antrags bei Gericht ist dem zuletzt mit Schriftsatz vom 25.02.2025 gestellten Antrag nicht zu entnehmen – ist dieser bereits deshalb abzulehnen, weil insoweit der erforderliche Anordnungsgrund nicht glaub-haft gemacht ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Frage, ob eine Eilbedürftigkeit vorliegt, die eine kurzfristige gerichtliche Entscheidung zwingend erforderlich macht, ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Im Rahmen der Regelungsanordnung dient der Anordnungsgrund der Abwendung wesentlicher Nachteile, um zu vermeiden, dass die Antragstellerin vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe sie wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Re-gel nur in die Zukunft wirkt. Die Annahme der Dringlichkeit auch für vergangene Zeiträume ist rechtlich zwar nicht ausgeschlossen, diese überholt sich jedoch regel-mäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtiger schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, zu dessen nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt und eine Entscheidung im – grundsätzlich vorrangigen – Verfahren der Hauptsache zu spät käme (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2008 – L 25 B 838/07 AS ER – juris) oder ein Anspruch eindeutig besteht (Bayerisches LSG, Beschluss vom 17.01.2011 – L 11 AS 889/10 B ER -, juris).
Dies zugrunde gelegt fehlt es bereits an einer besonderen Eilbedürftigkeit für eine Leistungsgewährung für den Zeitraum 21.01.2025 bis 29.01.2025, der mit Hilfe einer einstweiligen Anordnung begegnet werden muss. Ein dem Antragsteller drohender unzumutbarer Nachteil kann nicht angenommen werden. Insoweit handelt es sich um einen vollständig in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Sachverhalt. Einen aus dieser Zeit herrührenden fortwirkenden irreparablen Nachteil hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Er hat dazu nichts vorgetragen und ein unzumutbarer existentieller Nachteil ist für das Gericht auch nicht zu erkennen.

Im Übrigen besteht zur Überzeugung des Gerichts gemessen an dem oben dargestellten Maßstab für den Zeitraum vom 29.01.2025 bis 04.03.2025 sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ist jedenfalls von einer offenen Erfolgssicht des Widerspruchs resp. einer Klage in der Hauptsache auszugehen, die wegen der Grundrechtsrelevanz im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung nicht zu Lasten des Antragstellers ausgehen kann.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf). Werden diese Bedarfe, mit Ausnahme der Bedarfe für Unterkunft, Heizung, Hausrat, Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie, vollständig durch Geldleistungen gedeckt, ist der monatliche Betrag in § 3a Abs. 1 und 2 AsylbLG in der jeweiligen Fassung der Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Absatz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes bestimmt.

Der Antragsteller gehört gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG zum Kreis der nach dem Gesetz Leistungsberechtigten. Infolge der Ablehnung seines Asylantrags durch die Entscheidung des BAMF vom 17.01.2025 ist der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer. Er ist auch hilfebedürftig (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG), denn er verfügt nicht über Einkommen und Vermögen.

Ob die Antragsgegnerin berechtigt ist, die Leistungen nach § 3, 3a AsylbLG gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG auf die in § 1a AsylbLG vorgesehene Höhe einzuschränken, ist unter Berücksichtigung des Vorlagebeschlusses des Bundessozialgerichts (BSG) jedenfalls als offen anzusehen, dabei ist fraglich, ob die von der Antragsgegnerin gewählte Leistungseinschränkungen europarechtskonform. Das BSG hat dem EuGH durch Beschluss vom 25.07.2024 – B 8 AY 6/23 R – die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob eine Regelung eines Mitgliedstaats, die Antragstellern auf internationalen Schutz abhängig von ihrem Status als vollziehbar Ausreisepflichtige innerhalb der Überstellungsfrist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ausschließlich einen Anspruch auf Unterkunft, Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege und Behandlung im Krankheitsfall sowie nach den Umständen im Einzelfall Kleidung und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts gewährt, das in Art. 17 Abs. 2 und Abs. 5 Richtlinie 2013/33/EU beschriebene Mindestniveau ab deckt. Die Frage nach der Vereinbarkeit mit Europarecht stellt sich zur Überzeugung des Gerichts in gleicher Weise, wenn eine Leistungseinschränkung nunmehr auf § 1 Abs. 4 AsylbLG gestützt wird. Die Europarechtskonformität in diesem Sinne wird nicht dadurch hergestellt, dass die Antragsgegnerin keinen (vollständigen) Leistungsausschluss annimmt und nicht lediglich Überbrückungsleistungen für einen Zeitraum von 14 Tagen gewährt. Es verbleibt vielmehr eine Leistungseinschränkung, deren Rechtmäßigkeit dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt ist.

Darüber hinaus vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass beim Antragsteller die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 AsylbLG vorliegen. Danach haben vollziehbar Ausreisepflichtige, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des BAMF nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 31 Abs. 6 AsylG als unzulässig abgelehnt und für die eine Abschiebung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 2. Altn AsylG angeordnet wurde und für die nach der Feststellung des BAMF die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich ist, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG, auch wenn die Entscheidung des BAMF noch nicht unanfechtbar ist.

Eine (positive) Feststellung des BAMF, dass die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich ist, ist in dem Bescheid vom 17.01.2025 nicht getroffen. Das BAMF hat zwar festgestellt, dass keine Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen und hat die Abschiebung nach § 34a Abs. 1 AsylG angeordnet. Dass damit auch die Feststellung durch das BAMF erfolgt, dass die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich ist, erscheint zweifelhaft. Das Gesetz unterscheidet zwischen den Abschiebeverboten und der Aussetzung der Abschiebung, weil tatsächliche und rechtliche Gründe diese unmöglich machen (vgl. insoweit § 60a Abs. 2 AufenthG). Trotz fehlendem Abschiebungsverbot kann die Abschiebung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unmöglich sein. Unbeschadet des Umstandes, dass Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG andere tatbestandliche Voraussetzungen normieren, als die tatsächliche und rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise (vgl. insoweit auch § 60a Abs. 2 AufenthG, der das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit normiert), fordert das Gesetz ausdrücklich eine positive Feststellung mit dem benannten Inhalt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes soll eine ausdrückliche Feststellung des BAMF erfolgen, dass die Ausreise (auch) aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen möglich ist. Allein die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylbG, die nach Satz 1 der Vorschrift erfolgt, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, ersetzt diese Feststellung nicht. Andernfalls wäre § 1 Abs. 4 AsylbLG auch redundant, denn die Abschiebungsandrohung ist bereits Voraussetzung für den Leistungsausschluss. Für eine Absicht des Gesetzgebers, Tatbestandsmerkmale mehrfach in einer Norm aufzunehmen, hat das Gericht keine Anhaltspunkte. Die in § 1 Abs. 4 AsylbLG normierte Feststellung des BAMF versteht das Gericht daher als eigenständiges Tatbestandsmerkmal, das bisher erkennbar nicht vorliegt. Für eine lediglich klarstellende Funktion des Tatbestandsmerkmals fehlt es unter Berücksichtigung der normativen Unterschiede zwischen Abschiebung und Ausreise an Anhaltspunkten.

Im Übrigen hat die Kammer, nicht nur unter Berücksichtigung des Vorlagebeschlusses durch das BSG, erhebliche Zweifel an der Europarechtskonformität des hier herangezogenen § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG, jedenfalls ist offen, ob die Regelung mit Art. 17 Richtlinie 2013/33 EU vereinbar ist (vgl. auch Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 1 AsylbLG Rn. 199ff).
Nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, sorgen die Mitgliedsstaaten dafür, dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleistet.

Der Antragsteller gehört auf Grund des von ihm gestellten Asylantrages, über den noch nicht endgültig entschieden ist, zu dem nach Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2013/33 EU berechtigten Personenkreis. In den Fällen, in denen der Asylbewerber (noch) nicht tatsächlich an einen anderen, als zuständig angesehenen Mitgliedsstaat überstellt ist, ist der Anwendungsbereich der Richtlinie offensichtlich eröffnet (vgl. Vorlagebeschluss des BSG vom 25.07.2024 – B 8 AY 6/23 R -, juris).

Der Umfang der zu gewährenden Leistungen bemisst sich auf der Grundlage eines Leistungsniveaus wie bei eigenen Staatsangehörigen. Zwar räumt Art. 17 Abs. 5 Satz 2 der Richtlinie 2013/33 EU den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit ein, Antragstellern auf internationalen Schutz eine weniger günstige Behandlung als eigenen Staatsangehörigen zuteilwerden zu lassen. Die Leistungen müssen aber einem angemessenen Lebensstandard entsprechen (Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33 EU). Dabei bemisst sich der Umfang von materiellen Leistungen in Form von Geldleistungen oder Gutscheinen durch die Mitgliedsstaaten, auf der Grundlage des Leistungsniveaus, das der betreffende Mitgliedsstaat nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder nach den Gepflogenheiten anwendet, um eigenen Staatsangehörigen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten (Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 2013/33 EU). Erlaubt ist eine weniger günstige Behandlung im Vergleich mit eigenen Staatsangehörigen, insbesondere wenn materielle Unterstützung teilweise in Form von Sachleistungen gewährt wird oder wenn das, auf eigene Staatsangehörige anzuwendende Leistungsniveau darauf abzielt, einen Lebensstandard zu gewährleisten, der über dem nach dieser Richtlinie für Antragsteller vorgeschriebenen Lebensstandard liegt (Art. 17 Abs. 5 Satz 2 Richtlinie 2013/33 EU).
Eingeschränkt oder entzogen werden dürfen gewährte Leistungen im Rahmen der Aufnahme nach Maßgabe von Art. 20 der Richtlinie 2013/33 EU. Dass § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG diesem Maßstab abstrakt gerecht wird ist schon fraglich, jedenfalls ist nicht zu erkennen, dass die Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt werden. Der Antragsteller hat nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht gegen die Unterbringungszuweisung verstoßen oder ist seinen Auskunfts- und Meldepflichten nicht nachgekommen. Ebenso wenig hat er einen Folgeantrag nach Art. 2 Buchstabe q Richtlinie 2013/32 EU gestellt. Vielmehr hat der Antragsteller in Italien gerade keinen Asylantrag gestellt, so dass dieser auch nicht bestandskräftig abgelehnt ist, er hat einen solchen Antrag nicht ausdrücklich zurückgenommen und er ist auch nicht von der Asylbehörde abgelehnt worden, nachdem er ihn stillschweigend zurückgenommen hat. Damit fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen nach Art. 20 Abs. 1 Richtlinie 2013/33 EU, die eine Normierung von Leistungseinschränkungen bzw. Entziehung rechtfertigen können.

Die ernstlichen Zweifel jedenfalls an der Europarechtskonformität von § 1 Abs. 4 AsylbLG, die durch den Vorlagebeschluss des BSG hinreichend untermauert sind, müssen im vorliegenden Fall im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zur Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes zu Gunsten des Antragstellers ausfallen und zu einer vorläufigen Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin führen (BeckOK/Wahrendorf, SGG, § 86b Rn. 28, 30). Das folgt vorliegend insbesondere aus der Funktion der begehrten Leistungen als existenzsichernde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.07.2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -, juris).

In diesem Sinn besteht auch ein Anordnungsgrund. Die begehrten existenzsichernden Leistungen werden dem Antragsteller nicht erbracht, so dass von einem durch die Regelungsanordnung abzuwenden existenziellen Nachteil auszugehen ist.

Die Leistungen sind dem Antragsteller vorläufig ab Antragstellung bei Gericht, dem 29.01.2025, bis zum 04.03.2025 zu gewähren. In dem Bescheid vom 24.02.2025 sind die Leistungen bis zu diesem Datum befristet, allein die Regelung dieses Bescheides ist nach dem Antrag des Antragstellers Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Einen über den Regelungsgehalt des Bescheides vom 24.02.2025 hinausgehenden Antrag hat der Antragsteller nicht gestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Umfang des Obsiegens und Unterliegens.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). Die Berufungssumme wird nicht erreicht, da der Antragsteller allein die Differenz zwischen den ihm bereits gewährten Leistungen und den Leistungen nach § 3, 3a AsylbLG in dem hier streitigen Zeitraum begehren kann, insgesamt 313,50 €.

III.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt gemäß § 73a SGG, §§ 114 ff ZPO, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Sache, wie zuvor dargelegt, hinreichend Aussicht auf Erfolg hat und der Antragsteller unter Berücksichtigung der Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Mittel zum Führen des Rechtsstreits nicht selbst aufbringen kann. Die Beiordnung von Rechtsanwalt Sven Adam erfolgt gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs. 2 ZPO mit der Maßgabe, dass durch seine Beiordnung keine weiteren Kosten entstehen (§ 121 Abs. 3 ZPO).

Dieser Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist für die Beteiligten unanfechtbar – § 73a Abs. 1 SGG iVm § 127 Abs. 2 ZPO. Er kann jedoch mit der Beschwerde der Staatskasse innerhalb von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung angefochten werden (§ 127 Abs. 3 ZPO).


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