Sozialgericht Karlsruhe – Beschluss vom 02.04.2025 – Az.: S 12 AY 631/25 ER

BESCHLUSS

in dem Verfahren

xxx,

– Antragstellerin –

Proz.-Bev.:
Rechtsanwalt Sven Adam
Lange-Geismar-Str. 55, 37073 Göttingen

gegen

Stadt Pforzheim
vertreten durch den Oberbürgermeister
Marktplatz 4, 75175 Pforzheim

– Antragsgegnerin –

Die 12. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hat am 02.04.2025 in Karlsruhe durch den Richter am Sozialgericht xxx ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin zusätzliche Leistungen gemäß §§ 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die Zeit vom 12.03.2025 bis zum 30.04.2025 nach Maßgabe der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren.

2. Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche sozialgerichtliche Eilverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Adam (Lange-Geismar-Str. 55, 37073 Göttingen) bewilligt.

3. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.

GRÜNDE
I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) unter Vernachlässigung der gesetzlich fingierten Regelbedarfsreduktion für Menschen, die während ihrer Zuflucht in deutschen Aufnahmeeinrichtungen leben müssen.

Die 1993 geborene Antragstellerin ist ein Mensch nigerianischer Staatsangehörigkeit. Sie reiste 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und suchte hier am 16.05.2019 förmlich um Schutz vor Verfolgung im Heimatland. Gegen die Ablehnungsentscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge schöpfte sie den Verwaltungsrechtsweg aus. Indes lehnte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (im Verfahren A 9 S 567/20) am 02.03.2020 die Berufung der Antragstellerin gegen die Abweisung ihrer Klage durch das Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 12.11.2019 (im Verfahren A 4 K 3832/19) ab. Seither ist die Antragstellerin zwar ausreisepflichtig. Allerdings wird ihre Abschiebung immer wieder für weitere sechs Monate ausgesetzt (sog. „Duldung“). So wurden die Duldungen der Antragstellerin und ihrer drei (2017, 2021 und 2024 geborenen) Kinder zuletzt am 29.01.2025 bis 28.07.2025 verlängert.

Die vierköpfige Familie der Antragstellerin ist unterdessen als untere Aufnahmebehörde die Antragsgegnerin örtlich zugewiesen worden. Diese bringt die alleinerziehende Antragstellerin mit ihren Kindern seit 15.07.2024 in einer Gemeinschaftsunterkunft unter. Hierfür erhebt die Antragsgegnerin von der Antragstellerin Gebühren.

Neben der gebührenpflichtigen Unterbringung erhält die Antragstellerin von der Antragsgegnerin seit 01.08.2021 und bis zuletzt auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 3, 3a AsylbLG im Wege fortlaufender Änderungsbescheide.
Konkret. Dergestalt änderte die Antragsgegnerin

  • ihren Änderungsbescheid vom 26.06.2024 am 26.07.2024 ab, um die Leistungshöhe ab Juli 2024 zu berechnen;
  • ihren Änderungsbescheid vom 26.07.2024 am 14.11.2024, um die Leistungshöhe ab Januar 2025 zu berechnen.
  • ihren Änderungsbescheid vom 14.11.2024 am 20.02.2024 ab, um die Leistungen ab März 2025 zu berechnen.

Bei ihren Neuberechnungen berücksichtigte die Antragsgegnerin jeweils kein (ggfs. anspruchsminderndes) Einkommen. Stattdessen legte sie die (individuell unter Berücksichtigung des jeweiligen Lebensalters und der Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft) gesetzlich vorgesehen Regelbedarfssätze sowie die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Gestalt der Gebühren für die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft zugrunde. Insoweit hatte indes die Antragstellerin eine Erklärung unterschrieben, wonach sie die Geldleistungsansprüche der Familie gegen die Antragsgegnerin wegen der Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Antragsgegnerin nicht ausgezahlt bekomme, damit die Antragsgegnerin die Leistungen insoweit direkt aus ihrem eigenen „Topf“ (für Asylbewerberleistungen) in ihren anderen eigenen „Topf“ (für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften) umbuchen und die Beteiligten das Geld nicht hin und her überwiesen müssen.

Diese internen Umbuchungen wickelte die Antragsgegnerin aber zwischen September 2024 und Februar 2025 wohl fehlerhaft ab. Dabei berücksichtigte die Antragstellerin intern wohl zu niedrige Gebühren für die Gemeinschaftsunterkunft. Sie zahlte insoweit der Antragstellerin und ihren Kindern wohl zu Unrecht Geldleistungen für Unterkunft und Heizung aus. Aufgrund dieses behördlichen Büroversehens häuften sich im Laufe der sechs Monate wohl Überzahlungen an die Antragstellerin in einer Gesamthöhe von 548,55 € an.

Wegen dieses behördlichen Büroversehens und der resultierenden Überzahlungen wollte die Antragsgegnerin zwischen April 2025 und September 2025 Erstattungsansprüche gegen die Antragstellerin durchsetzen, indem sie die ihr nach dem AsylbLG zustehenden Geldleistungen teilweise einbehält. Ohne hierzu vorab anzuhören oder diesbezügliche Aufhebungs-, Erstattungs- und Aufrechnungsbescheide zu erlassen, entschied die Antragsgegnerin bei Erlass des o. g. Änderungsbescheides vom 20.02.2025, dass sie an die Antragstellerin

  • im April 2025: 90,- € weniger als bewilligt;
  • im Mai 2025: 90,- € weniger als bewilligt;
  • im Juni 2025: 90,- € weniger als bewilligt;
  • im Juli 2025: 90,- € weniger als bewilligt;
  • im August 2025: 64,37 € weniger als bewilligt;
  • im September 2025: 124,18 € weniger als bewilligt;

auszahlen und die Asylbewerberleistungen stattdessen teilweise einbehalten werde. Im Änderungsbescheid führte sie insofern nur aus:

„Es wurde festgestellt, dass im System ein zu niedriger Gebührenbetrag an die Gebührenstelle bezahlt wurde. Dieser Rückstand muss nun beglichen werden. Dafür werden unter Voraussetzung Ihres Einverständnisses von April 2025 bis Juli 2025 monatlich 90,00 €, im August 2025 64,37 € und im September 2025 124,18 €, von Ihren Leistungen einbehalten.“

Im Hinblick auf eben diese teilweise Einbehaltung der Asylbewerberleistungen widersprach dem Änderungsbescheid vom 20.02.2025 die Antragstellerin am 10.03.2025.

Zudem hat die Antragstellerin ebenfalls am 10.03.2025 beim Sozialgericht Karlsruhe einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Aktenzeichen: S 12 AY 631/25 ER) angebracht und hierfür Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. Durch diesen lässt sie ergänzend vortragen, ihr stünden statt der gewährten Leistungen in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1 zu. Die Regelungen der §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 2 Nr. 2 b AsylbLG seien evident verfassungswidrig, da sie das durch Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletzten und gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG resultierenden allgemeinen Gleichheitssatz verstießen. Das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums stehe dabei deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten, gleichermaßen zu. Um eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Nachvollziehbarkeit des Umfangs der gesetzlichen Hilfeleistungen sowie deren gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten, müssten die Festsetzungen der Leistungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigen sein. Hinsichtlich des spezifischen Bedarfs von Leistungen gemäß §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 2 Nr. 2 b AsylbLG habe der Gesetzgeber keinerlei Ermittlungen angestellt, sondern sich damit begnügt, zu behaupten, es sei davon auszugehen, dass eine Gemeinschaftsunterbringung für die Bewohner solcher Unterkünfte Einspareffekte zur Folge habe, die mit denen in Paarhaushalten im Ergebnis vergleichbar seien. Der Grund für die Leistungsreduzierung solle unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 19/10052, S. 25) eine behauptete „Solidarisierung in der Gemeinschaftsunterbringung“ und sich daraus ergebende Synergie- und Einspareffekte sein. Mangels gemeinsamen Wirtschaftens, das dem von Partnern gleiche, profitierten Personen, die gemeinsam untergebracht sind, aber gerade nicht von mit Paarhaushalten vergleichbaren Einspareffekten. Der Gesetzgeber könne die Leistungsberechtigten nicht auf Einsparmöglichkeiten verweisen, welche für diese nicht realisierbar seien. Bezüglich des Bedarfs von Leistungsberechtigten nach §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 2 Nr. 2 b AsylbLG seien keine Unterschiede im Bedarf zu alleinstehenden erwachsenen Leistungsberechtigten erkennbar, die in einer Wohnung im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes lebten oder zu alleinstehenden erwachsenen Leistungsberechtigten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII), die in einer Unterkunft lebten. Der Gesetzgeber stelle diese Personengruppen trotz gleichen Hilfebedarfs besser als sei. Diverse Gerichte hätten bereits Bedenken im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Leistungsgewährung nach Bedarfsstufe 2 im Fall des Bezugs von Leistungen nach §§ 2, 3, 3a AsylbLG bei Personen, welche in Gemeinschaftsunterkünften lebten, geäußert (beispielsweise Verweis auf Sozialgericht <SG> Landshut, Beschluss vom 24.10.2019 – S 11 AY 64/19 ER; SG Kassel, Beschluss vom 26.11.2019 – S 11 AY 19/19 ER; SG Freiburg, Beschluss vom 03.12.2019 – S 9 AY 4605/19 ER; SG München, Hinweis vom 31.01.2020 – S 42 AY 4/20 ER; SG Hannover, Beschluss vom 20.12.2019 – S 53 AY 107/19 ER; SG Leipzig, Beschluss vom 08.01.2020 – S 10 AY 40/19 ER; SG Frankfurt, Beschluss vom 14.01.2020 – S 30 AY 26/19 ER; SG Dresden, Beschluss vom 04.02.2020 – S 20 AY 86/19 ER; Landessozialgericht <LSG> Sachsen, Beschluss vom 23.03.2020 – L 8 AY 4/20 B ER; SG Kassel, Urteil vom 19.11.2020 – S 12 AY22/20; SG Marburg, Gerichtsbescheid vom 31.12.2020 – S 9 AY 1/20; LSG Hessen, Beschluss vom 13.04.2021 – L 4 AY 3/21 B ER). Zudem habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 19.10.2022 (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21, juris) § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG mit Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Regelbedarf lediglich in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt werde. Das BVerfG habe in diesem Zusammenhang entschieden, dass bis zu einer Neuregelung auf alle nicht bestandskräftigen Bescheide von Leistungsberechtigten nach § 2 Abs. 1 S. 1 AsylbLG bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft oder in einer Aufnahmeeinrichtung für jede alleinstehende erwachsene Person bei der Leistungsbemessung ein Regelbedarf in Höhe der jeweils aktuellen Regelbedarfsstufe 1 zugrunde zu legen sei. Nach seiner Auffassung spreche alles dafür, dass sich der Bedarf von Leistungsberechtigten gemäß §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2 b, Abs. 2 Nr. 2 b AsylbLG nicht von dem anderer alleinstehender erwachsener Leistungsberechtigter gemäß § 2 AsylbLG unterscheide. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum sei daher aktuell nicht mehr gesichert. Stünden existenzsichernde Leistungen nicht zur Verfügung, sei regelmäßig vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Sinne des § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszugehen.

Anlässlich der Mitteilung des Eingangs des Eilantrags hat das angerufene Sozialgericht der Antragsgegnerin unverzüglich mitgeteilt:

„Beiliegenden Antrag vom 10.03.2025 erhalten Sie zur Kenntnis und Erwiderung unter Vorlage der Verwaltungsakten – möglichst elektronisch – binnen 1 Woche nach Erhalt.

Der Antrag ist hier am 12.03.2025 eingegangen.

Es wird darauf hingewiesen, dass auch verhandelt und entschieden werden kann, wenn die Erwiderung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingeht (§ 104 Satz 4 SGG). Nach summarischer Prüfung erscheint der Eilantrag zulässig und begründet.

Der Widerspruch vom 10.03.2025 gegen den Änderungsbescheid vom 20.02.2025 dürfte zumindest teilweise zulässig und begründet sein. Der Änderungsbescheid war wohl jedenfalls wegen der Einbehaltungen der Asylbewerberleistungen in Höhe von monatlich
–   April bis Juli 2025: 90,00 €,
–   August 2025: 64,37 € und
–   September 2025: 124,18 €
rechtswidrig.

Die Antragsgegnerin durfte etwaige Überzahlungen aus der Vorvergangenheit wohl nicht in der hier von ihr gewählten Verfahrensweise aufrechnen.

Wegen der Aufhebung und Erstattung vorangegangener Bewilligungen verweist § 9 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 1 AsylbLG auf §§ 44 bis 50 SGB X. Aus Rechtsgründen genügte es deshalb nicht, falls tatsächlich „im System ein zu niedriger Gebührenbetrag an die Gebührenstelle bezahlt“ worden und „dieser Rückstand nun beglichen werden“ müsste.

Die Rechtsfolge des Einbehaltens künftiger Leistungen lassen §§ 44 bis 50 SGB X nicht zu. Überdies setzte ein etwaiger Einbehalt von Leistungen einen förmlichen Aufhebungs-, Erstattungs- und Aufrechnungsbescheid für denjenigen Bewilligungszeitraum voraus, in dem die Überzahlungen erfolgten. Der gebotene Erlass eines förmlichen Aufhebungs-, Erstattungs- und Aufrechnungsbescheid kann nicht einfach ersetzt werden durch die behördliche „Voraussetzung Ihres Einverständnisses“.

Die Antragsgegnerin hat am 12.03.2025 einen „Widerspruchsbescheid“ über den Widerspruch der Antragstellerin vom 10.03.2025 gegen den Änderungsbescheid vom 20.02.2025 erlassen. Hierbei hat sie dem Widerspruch in Bezug auf die monierten Einbehaltungen vollumfänglich abgeholfen.

Den Widerspruchsbescheid vom 12.03.2025 hat die Antragstellerin dem Gericht am 18.03.2025 vorgelegt, insoweit die Klage S 12 AY 707/25 ER mit dem Rechtsschutzziel einer Leistungsgewährung nach der Regelbedarfsstufe 1 erhoben und das Eilverfahren S 12 AY 631/25 ER insoweit für erledigt erklärt, als die teilweise Einbehaltung von Leistungen streitbefangen gewesen war. Die Antragstellerin beantragt nunmehr wörtlich:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Antragstellerin vom 10.03.2025 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.02.2025 (Az.: 0580.595114) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2025 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten Leistungen in verfassungsgemäßer Höhe in der Regelbedarfsstufe 1 ab dem 12.03.2025 zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Sie überlässt dem Gericht ihre Verwaltungsvorgänge und weist in der Antragserwiderung darauf hin, dass sie den „Widerspruchsbescheid“ 12.03.2025 versehentlich nicht als „Abhilfebescheid“ bezeichnet habe. Auf die Zweifel der Antragstellerin an der Verfassungsmäßigkeit der ihr (wegen der Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft) gegenüber berücksichtigten Regelbedarfsstufe 2 erwidert die Antragsgegnerin nicht.

Wegen des weiteren Sachverhalts und Vorbringens wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und den der Prozessakte Bezug genommen.

II.

1. Soweit das Gericht über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu entscheiden hat, ist er zulässig und begründet.

Nicht zu entscheiden hat das Gericht, soweit die teilweise Erledigungserklärung der Antragstellerin vom 18.03.2025 als teilweise Rücknahmeerklärung auszulegen und das Eilverfahren S 12 AY 631/25 ER gemäß § 102 Abs. 1 Satz1 und 2 SGG erledigt ist in Bezug auf die teilweise Einbehaltung von Leistungen nach dem AsylbLG durch den Änderungsbescheid vom 20.02.2025, welche die Antragsgegnerin bereits mit dem Widerspruchsbescheid vom 12.03.2025 aufgehoben hat.

Im Übrigen ist der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, insbesondere statthaft.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Denn in der Hauptsache wäre das auf die Bewilligung weiterer Asylbewerberleistungen gerichtete Begehren der Antragstellerin statthafter Weise im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1, 4 SGG zu verfolgen.

Der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung ist auch begründet.

Voraussetzung für den Erlass der vom Antragsteller begehrten Regelungsanordnung ist die Glaubhaftmachung (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Die Glaubhaftmachung verlangt, dass das Vorliegen der behaupteten Tatsachen überwiegend wahrscheinlich ist (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 128 Rn. 3d). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 27 ff.).

Während der Anordnungsgrund die Frage der Eilbedürftigkeit betrifft, ist Gegenstand des Anordnungsanspruchs grundsätzlich die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 27 ff.). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System: Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso geringer sind die Anforderungen an den Anforderungsgrund und umgekehrt (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 27 mwN).

Gemessen an diesen Maßstäben hat die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG entsprechend der Regelbedarfsstufe 1.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 AsylbLG werden ihnen zusätzlich Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf). Nach § 3 Abs. 2 S. 1 AsylbLG wird bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Abs. 1 des Asylgesetzes der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Wird der notwendige persönliche Bedarf nach § 3 Abs. 1 S. 2 AsylbLG vollständig durch Geldleistungen gedeckt, so beträgt dieser gemäß § 3a Abs. 1 AsylbLG (in der Fassung der Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Abs. 4 des AsylbLG für die Zeit ab 01.01.2025 <vom 23. Oktober 2024, BGBl. 2024 I Nr. 325>) monatlich für

a) erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes leben und für die nicht Nummer 2 Buchstabe a oder Nummer 3 Buchstabe a gelten, sowie für jugendliche Leistungsberechtigte, die nicht mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung leben: je 196 Euro;

b) erwachsene Leistungsberechtigte je 177 Euro, wenn sie
aa) in einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenleben (§ 3a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a);
bb) nicht in einer Wohnung leben, weil sie in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder nicht nur kurzfristig in einer vergleichbaren sonstigen Unterkunft untergebracht sind (§ 3a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b).

Die Antragstellerin ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG leistungsberechtigt, da sie über eine Duldung gemäß § 60a des Aufenthaltsgesetzes verfügt und sich als Ausländerin tatsächlich im Bundesgebiet aufhält. Ferner ist sie hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 AsylbLG, denn sie verfügt über kein Einkommen oder Vermögen. Auch Umstände für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Leistungsausschlusses nach §§ 1 Abs. 2 bis Abs. 4, 11 Abs. 2, Abs. 2a AsylbLG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Derzeit erhält die Antragstellerin Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG entsprechend der Regelbedarfsstufe 2. Nach Auffassung des Sozialgerichts Karlsruhe hat die Antragstellerin jedoch einen Anspruch auf Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 1, obwohl sie in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht ist und damit grundsätzlich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3a Abs. 1 Nr. 2 b AsylbLG erfüllt. Denn den Regelungen in § 3a AsylbLG stehen in Anbetracht des Vortrags der Antragstellerin und der Entscheidung des BVerfG vom 19.10.2022 (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21, juris) zur Überzeugung des Gerichts erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegen.

Das Sozialgericht Karlsruhe macht sich insofern die nachfolgenden Ausführungen des Sozialgericht Trier in dessen Beschluss vom 31.05.2024 zum Verfahren S 5 AY 76/24 zu eigen:

„Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 19.10.2022 ausgeführt, dass die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG (idF von Art. 1 Nr. 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung des AsylbLG vom 13.08.2019 <BGBl. I S. 1290>) mit Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Regelbedarf lediglich in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird. Die Annahme des Gesetzgebers, den Leistungsberechtigten sei es möglich und zumutbar, in den Unterkünften eröffnete Möglichkeiten zu gemeinsamem Wirtschaften zu nutzen, sowie die Berücksichtigung von dadurch erzielbaren Einsparungen bei der Bemessung des existenznotwendigen Bedarfs (vgl. BT-Drs. 19/10052, S. 24 f.), sei zwar im Ausgangspunkt verfassungsrechtlich nach dem Nachranggrundsatz nicht zu beanstanden. Diese Obliegenheit gemeinsamen Wirtschaftens sei aber nur dann verhältnismäßig im engeren Sinne, wenn hinreichend gesichert ist, dass in den Sammelunterkünften auch tatsächlich die Voraussetzungen dafür vorliegen, diese erfüllen und so Einsparungen in entsprechender Höhe erzielen zu können. Hierfür müssten sich jedoch ausdrücklich bei einem gemeinsamen Aufenthalt in einer Gemeinschaftsunterkunft (§ 53 AsylG) oder Aufnahmeeinrichtung (§ 44 AsylG) Anhaltspunkte ergeben. Vorliegend fehlten tragfähige Erkenntnisse und Anhaltspunkte dafür, dass die in Sammelunterkünften wohnenden alleinstehenden Bedürftigen regelmäßig tatsächliche Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern erzielten, die einer Absenkung der Leistungshöhe gegenüber der Regelbedarfsstufe 1 entsprächen und tatsächlich im Regelfall ein geringerer Bedarf als der für Alleinstehende in einer eigenen Wohnung resultiere. Der Gesetzgeber habe zu den tatsächlichen Bedarfen in Sammelunterkünften keine Erhebungen angestellt. Anders als bei in einer Wohnung zusammenlebenden Paaren könne der Gesetzgeber bei Alleinstehenden in Sammelunterkünften nicht im Regelfall davon ausgehen, dass sie mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern tatsächlich „aus einem Topf“ wirtschafteten und damit eine Vergleichbarkeit mit Paarhaushalten gegeben wäre. Vor allem die persönliche Nähe fehle in diesen Konstellationen, da die Personen in Sammelunterkünften nicht aufgrund eines eigenen Entschlusses zusammenlebten (vgl. zum Vorgenannten BVerfG, Beschluss vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21, juris).

Die Entscheidung des BVerfG betrifft zwar die Parallelvorschrift in § 2 Abs. 1 S. 4 AsylbLG. Die dargestellten Überlegungen und Ausführungen des BVerfG müssen jedoch aus Sicht des Gerichts auch für die Absenkung des hier in Rede stehenden Bedarfs für alleinstehende Leistungsberechtige in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften im Rahmen des § 3a AsylbLG gelten, denn die oben dargelegte verfassungsrechtliche Problematik stellt sich hier ebenso.

Auch für die Anwendung der §§ 3, 3a AsylbLG besteht bei Unterbringung der Leistungsberechtigten in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften bisher keine ausreichende Basis für eine Vergleichbarkeit mit der Situation in Paarhaushalten und die darauf gestützte Annahme tatsächlicher Einspareffekte, sodass mangels tragfähiger Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Betroffenen in der Regel verlässliche Möglichkeiten haben, ihre Ausgaben für existenzsichernde Bedarfe durch ein gemeinsames Wirtschaften mit Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern in dem vom Gesetzgeber angenommenen Maße zu verringern. Die Annahme von Einsparungen dürfte bei lebensnaher Auslegung der tatsächlichen Situation in den Unterkünften, welche durch zufällige vorübergehende Unterbringung fremder Menschen gekennzeichnet ist, allenfalls nur bei besonderen Nähebeziehungen in Betracht kommen und nicht pauschal angenommen werden. Eine solche Bindung kann regelmäßig nicht mit derjenigen von Lebenspartnern, die füreinander einstehen (wollen) und sich vertrauensvoll untereinander absprechen, vergleichbar sein (vgl. SG Frankfurt, Beschluss vom 14.01.2020 – S 30 AY 26/19 ER, juris). Das bloße gemeinsame Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft bzw. Aufnahmeeinrichtung vermag die Annahme von tatsächlichen Einspareffekten und somit eines geringen lebensnotwendigen Bedarfs weder zu belegen noch zu begründen.

Daher ist § 3a Abs. 1 Nr. 2 b AsylbLG verfassungskonform auszulegen und im Wege der normerhaltenden teleologischen Reduktion ein „Füreinandereinstehen“ als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung in die Vorschrift hineinzulesen. Das Gericht schließt sich damit ausdrücklich der Rechtsauffassung des Bayerischen Landessozialgerichts und des Sozialgerichts Trier sowie des Sozialgerichts Heilbronn an (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 29.04.2021 – L 8 AY 122/20, juris; LSG Bayern, Urteil vom 31.05.2023 – L 8 AY 7/23; LSG Bayern, Urteil vom 30.10.2023 – L 8 AY33/23, juris; SG Trier,Beschluss vom 15.04.2024 – S 3 AY7/24 ER; SG Trier, Beschluss vom 07.05.2024 – S 3 AY65/24 ER; SG Trier,Beschluss vom 14.05.2024 – S 3 AY 66/24 ER; SG Heilbronn, Beschluss vom 05.03.2024 – S 16 AY 395/24 ER).

§ 3a Abs. 1 Nr. 2 b AsylbLG greift mithin nur dann ein, wenn sich ein tatsächliches „Füreinandereinstehen“, wie der Konstellation des § 3a Abs. 1 Nr. 2 a AsylbLG immanent, feststellen lässt. Zu den anerkannten Auslegungsmethoden des Gesetzes zählt neben der Auslegung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck der Gesetzesregelung ebenfalls eine sogenannte verfassungskonforme Auslegung (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.01.2021 – L 9 AY 27/20 B ER juris; BVerfG, Beschluss vom 19.06.1973 – 1 BvL 39/69, juris). Dabei gehört auch eine teleologische Reduktion von Vorschriften zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.06.1973 – 1 BvL 39/69, juris). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen; bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein (vgl. BSG, Urteil vom 19.12.2013 – B 2 U 17/12 R, juris; BSG, Urteil vom 04.12.2014 – B 2 U 18/13 R, juris).“

Im vorliegenden Fall ist ein „Füreinandereinstehen“ als ungeschriebene Voraussetzung weder aus dem Vortrag der Beteiligten noch unter Zugrundelegung der Aktenlage erkennbar. Auch unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung teilweise vertretenen Auffassung, dass für die Anwendung der Regelbedarfsstufe 2 des § 3a AsylbLG als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal „die tatsächliche und nachweisbare gemeinschaftliche Haushaltsführung des Leistungsberechtigten mit anderen in der Sammelunterkunft Untergebrachten“ vorauszusetzen ist (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 11.05.2020 – L 9 AY 22/19 B ER, juris; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.01.2021 – L 9 AY 27/20 B ER, beck-online; LSG Hessen, Beschluss vom 13.04.2021 – L 4 AY 3/21 B ER, beck-online; SG Bremen, Beschluss vom 03.07.2020 – S 39 AY 55/20 ER, juris) resultiert kein anderes Ergebnis. Denn auch hierfür sind weder Anhaltspunkte ersichtlich, noch vorgetragen.

Der Antragstellerin steht damit der geltend gemachte Anspruch auf Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 zu.

Es liegt auch ein Anordnungsgrund vor, da wegen des Vorliegens des Anordnungsanspruchs weniger strenge Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen sind. Zwar genügt allein der Umstand, dass Grundleistungen betroffen sind grundsätzlich nicht für die Annahme eines nicht mehr korrigierbaren Nachteils (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2017 – 1 BvR 1719/17, juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.08.2019 – L 7 AY2735/19 ER-B, juris). Im Hinblick auf die konkrete Höhe der streitgegenständlichen Leistungen und den Umstand, dass neben der Antragstellerin mittelbar auch ihre Kinder auf diese zur Deckung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sind, ist die hier begehrte Leistungserhöhung insbesondere deshalb als relevant anzusehen, weil die Antragstellerin aufgrund des behördlichen Büroversehens im Zusammenhang mit den missglückten Umbuchungen der zwischen September 2024 und Februar 2025 nicht an sie auszuzahlenden Leistungen für Unterkunft und Heizung eine Überzahlung in einer Gesamthöhe von 548,55 € erhalten und möglicherweise entsprechende Rückzahlungen erbringen müsste. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn sich die Beteiligten wegen etwaiger Erstattungsansprüche der Antragsgegnerin und des fraglichen Anspruchs auf einen verfassungskonformen Regelbedarfssatz außergerichtlich darauf vergleichen sollten, dass

  1. die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Leistungen gemäß §§ 3, 3a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) über den 30.04.2025 hinaus bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Gerichts über die Klage S 12 AY 707/25 nach Maßgabe der Regelbedarfsstufe 1 bewilligt,
  2. die Antragstellerin zur Erledigung etwaiger Erstattungsforderungen der Antragsgegnerin aus dem Bewilligungszeitraum September 2024 bis Februar2025 monatliche Raten in Höhe der Differenz zwischen den Regelbedarfsstufen 1 und 2 an die Antragsgegnerin leistet, und
  3. eine Aufrechnung der laufend gewährten Regelbedarfsleistungen mit den laufenden monatlichen Erstattungsraten erfolgt.

Da nach alldem neben dem Anordnungsanspruch auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden ist, hat das Gericht eine antragsgemäße Verpflichtung der Antragsgegnerin vorzunehmen.

Seine Anordnung schränkt das Gericht unter Ausübung seines Ermessens aus § 86b Abs. 2 SGG indes in vierfacher Hinsicht ein:

Erstens erfolgt seine Anordnung unter dem Vorbehalt einer Rückforderung der vorläufig gewährten Geldleistungen. Hierüber ist nach der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Klage (S 12 AY 707/25) vom 18.03.2025 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.02.2025 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2025 zu entscheiden.

Zweitens befristet das Gericht die vorläufige Leistungsverpflichtung antragsgemäß ab dem Tag des Eilantrags bei Gericht am 12.03.2025.

Drittens beschränkt das Gericht die vorläufige Leistungspflicht bis zu einer etwaigen Ausreise der Antragstellerin aus dem Bundesgebiet, weil durch eine Ausreise die Anspruchsberechtigung entfiele.

Viertens befristet das Gericht die vorläufige Leistungsverpflichtung auch bis einschließlich 30.04.2025. Denn nach richterlichem Ermessen ist eine einstweilige Reglungsanordnung im Fall des Bezugs von Asylbewerberleistungen grundsätzlich zeitlich zu beschränken, falls – wie hier – die Sach- und Rechtslage aufgrund der Eilbedürftigkeit nicht abschließend geprüft werden kann, die Eilantragstellerin daher ein Zuwarten auf die ihr zustehenden existenzsichernden Leistungen nicht zuzumuten ist und andererseits jederzeit solche tatsächlichen Änderungen eintreten könnten, die den Wegfall der Leistungspflicht der Antragsgegnerin zur Folge hätten. Weil sodann der laufende Bewilligungszeitraum abläuft, erscheint hier der 30.04.2025 dem Gericht als ein sachgerechtes Befristungsende.

2. Der Antragsteller ist für das vorliegende Eilverfahren auch Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Gemäß §§ 73a SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder auf Raten aufbringen kann auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Der Beteiligte hat dabei gemäß § 115 ZPO sein Einkommen und Vermögen gemäß den gesetzlichen Vorgaben einzusetzen.

Nachdem die Antragstellerin Asylbewerberleistungen erhält, ist sie aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, den Rechtstreit aus eigenen finanziellen Mitteln zu bestreiten. Ihr Eilantrag verspricht aus den unter Ziff. 1. dargelegten Gründen auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt das vollständige Obsiegen des Antragstellers.

4. Dieser Beschluss kann wegen der Ziffern 1. und 3. seines Tenors nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Baden-Württemberg angefochten werden, da die Beschwer der unterlegenen Antragsgegnerin die Beschwerdesumme nicht erreicht.

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gilt der Beschwerdeausschluss gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1, Satz 2 SGG. Danach bedürfte im Hauptsacheverfahren eine Berufung gegen eine Entscheidung des Inhalts dieser vorläufigen Anordnung einer Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder eines Zulassungsbeschlusses des Landessozialgerichts, da die gesetzlich bestimmte Beschwerdesumme von 750,- € unterschritten wird.

5. Der Beschluss kann aber wegen der unter Ziff. 2. des Tenors bewilligten Prozesskostenhilfe von der Staatskasse entsprechend der anliegenden Rechtsbehelfsbelehrung angefochten werden (§ 127 Abs. 3 ZPO).

Es folgt die Rechtsbehelfsbelehrung.


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