BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
xxx,
Antragsteller,
Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam
Lange-Geismar-Straße 55, 37073 Göttingen,
gegen
Land Hessen,
vertreten durch das Regierungspräsidium Gießen,
Lilienthalstraße 2, 35394 Gießen,
Antragsgegner,
hat die 16. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt am 4. April 2025 durch die Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht xxx, beschlossen:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 21.03.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18.03.2025 wird angeordnet.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
GRÜNDE
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die Aufhebung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehörige, reiste am 01.02.2025 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 07.02.2025 einen förmlichen Asylantrag.
Mit Bescheid vom 11.02.2025 wurden dem Antragsteller Leistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfes nach § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG in Verbindung mit § 3a Abs. 1 AsylbLG im Februar 2025 in Höhe von 169,87 € und ab März 2025 in Höhe von 173,00 € monatlich gewährt.
Das Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte mit Bescheid vom 26.02.2025 den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Belgien an.
Daraufhin hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 05.03.2025 bezüglich einer beabsichtigten Leistungseinstellung nach § 1 Abs. 4 AsylblG an. Der Antragsteller teilte daraufhin mit, dass er keine Familie habe, die ihn finanziell unterstützen könne und er ohne Leistungen nicht überleben könne. Die Leistungseinstellung sei vermutlich europarechtswidrig und verfassungswidrig.
Mit Bescheid vom 18.03.225 nahm der Antragsgegner den Bescheid vom 11.02.2025 mit sofortiger Wirkung gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG iVm § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zurück. Der Antragsteller erhalte fortan gemäß § 1 Abs. 4 AsylbLG keine Leistungen nach dem AsylbLG mehr, bis auf Überbrückungsleistungen bis zu seiner Ausreise, höchstens jedoch für eine Dauer von zwei Wochen bis zum 04.04.2025. Durch des BAMF vom 26.02.2025 über die Ausreisepflicht hätten sich nachträglich Tatsachen ergeben, die begründen würden, dass der Erlass des Bescheides über die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG vom 11.02.2025 rechtswidrig gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides über die Gewährung von Leistungen sei nicht bekannt gewesen, dass der Antragsteller bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstatt im Sinne von § Ia Abs. 4 S. 1 internationalen Schutz gewährt worden sei. Wäre diese Tatsache bekannt gewesen, so hätten der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz gehabt. Sein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes sei gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X nicht schutzwürdig, da der Verwaltungsakt auf unrichtige Angaben beruhe, da er nicht mitgeteilt haben, dass ihm bereits in einem anderen Staat internationaler Schutz gewährt wurde. Die grobe Fahrlässigkeit liege vor, da ihm hätte klar sein müssen, dass ihm nicht auch in einem weiteren Staat internationaler Schutz gewährt werden könne, wenn dieser bereits in einem anderen Staat gewährt worden sei. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, wie der Bescheid über die Gewährung von Leistungen vom 11.02.2025, könne nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, der Bescheid sei ihm nachweislich durch Empfangsbestätigung am 10.03.2025 bekanntgegeben worden, somit sei die Zweijahresfrist gewahrt. Somit sei die Rücknahme des Leistungsbescheides begründet. Mit Bescheid des BAMF vom 26.02.2025 sei der Asylantrag gem. § 31 Abs. 6 Asylgesetz (AsyIG) als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung gemäß § 34a Abs. 1 S. 1 zweite Alternative AsylG in den Mitgliedsstaat Belgien angeordnet und festgestellt worden, dass die Ausreise für Sie rechtlich und tatsächlich möglich sei. Somit habe der Antragsteller gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz. Bis zu seiner Ausreise, höchstens jedoch für die Dauer von zwei Wochen mit Bekanntgabe dieses Einstellungsbescheides erhalte er gemäß § 1 Abs. 4 S. 2 AsylbLG eingeschränkte Hilfen (Überbrückungsleistungen). Die Überbrückungsleistungen würden die Leistungen nach § 1a Abs. 1 und nach § 4 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AsylbLG umfassen, also Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft, einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege sowie Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzuständen oder im Falle einer Schwangerschaft Leistungen für ärztliche und pflegerischen Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel. Die Leistungen würden ausschließlich als Sachleistung erbracht. Die Gewährung von Geldleistungen sei ausgeschlossen. Der Antragsteller habe in der Anhörung bezüglich Vorliegen einer besonderen Härte vom 05.03.2025 nicht ausreichende Gründe genannt, die einen Härtefall begründen würden. Spätestens nach Ablauf der Überbrückungsleistungen am 04.04.2025 würden die Leistungen eingestellt, somit habe er die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessens unverzüglich zu verlassen.
Hiergegen legte der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 21.03.2025 Widerspruch ein.
Der Antragsteller hat durch seinen Prozessbevollmächtigten am 23.03.2025 einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beim Sozialgericht Darmstadt gestellt.
Er ist der Auffassung, dass verfassungsrechtliche Bedenken zu § 1 Abs. 4 AsylbLG bestehen. Die Regelung des § 1a AsylbLG sei evident verfassungswidrig, da sie das durch Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG vom 09.02.2010, Az.: 1 BvL 1/09, BVerfGE 125, 175) verletze. Denn zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bestehe ein unmittelbar verfassungsrechtlicher Leistungsanspruch (BVerfG vom 18.07.2012, Az.: 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11, Rdnr. 90 unter Verweis auf BVerfGE 125, 175, 223 m. w. N.). Gesichert werden müsse einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz. Die den Anspruch fundierende Menschenwürde stehe allen zu und gehe selbst durch vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, 1. LS). Das Grundgesetz garantiere mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Art. 1 Abs. 1 GG begründe diesen Anspruch; das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG erteile dem Gesetzgeber den Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu sichern. Das Grundrecht sei dem Grunde nach unverfügbar und müsse durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedürfe aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten habe. Dem Gesetzgeber stehe ein Gestaltungsspielraum zu. Bei dessen Ausfüllung habe er auch völkerrechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 118 unter Verweis auf BVerfGE 142, 353 <369 f. Rdnr. 36> m. w. N.). Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstrecke sich auf die unbedingt erforderlichen Mittel als einheitliche Gewährleistung zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; 132, 134 <172 Rdnr. 94>; 137, 34 <72 Rdnr. 75>; 142, 353 <370 Rdnr. 37>). Die Verankerung des Gewährleistungsrechts im Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG bedeute, dass Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung (Art. 1 Abs. 3 GG) den Menschen nicht auf das schiere physische Überleben reduzieren dürfe, sondern mit der Würde mehr als die bloße Existenz und damit auch die soziale Teilhabe als Mitglied der Gesellschaft gewährleistet werde. Es widerspreche dem nicht relativierbaren Gebot der Unantastbarkeit, wenn nur ein Minimum unterhalb dessen gesichert würde, was der Gesetzgeber bereits als Minimum normiert hat; insbesondere lässt sich die Gewährleistung aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG nicht in einen „Kernbereich“ der physischen und einen „Randbereich“ der sozialen Existenz aufspalten. Der Gesetzgeber könne auch weder für einen internen Ausgleich noch zur Rechtfertigung einer Leistungsminderung auf die Summen verweisen, die in der pauschalen Berechnung der Grundsicherungsleistungen für die soziokulturellen Bedarfe veranschlagt werde, denn die physische und soziokulturelle Existenz werde durch Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG einheitlich geschützt (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 119 unter Verweis auf BVerfGE 137, 34 <91 Rdnr. 117> m. w. N.). Wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlten, weil er sie weder aus eigener Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten könne, sei der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für dieses menschenwürdige Dasein zur Verfügung stünden (vgl. BVerfGE 40, 121 <133 f.>; 125, 175 <222>; st. Rspr.). Die den entsprechenden Anspruch fundierende Menschenwürde stehe allen zu, sei dem Grunde nach unverfügbar (vgl. BVerfGE 45, 187 <229>) und gehe selbst durch vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren (vgl. BVerfGE 87, 209 <228>); sie könne selbst denjenigen nicht abgesprochen werden, denen schwerste Verfehlungen vorzuwerfen seien (vgl. BVerfGE 64, 261 <284>; 72, 105 <115>). Das Sozialstaatsprinzip verlange staatliche Vor- und Fürsorge auch für jene, die aufgrund persönlicher Schwäche oder Schuld, Unfähigkeit oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert seien (vgl. BVerfGE 35, 202 <236>). Diese Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums sei auch zur Erreichung anderweitiger Ziele nicht zu relativieren (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 119; vgl. auch BVerfGE 132, 134 <173 Rdnr. 95>). In seiner jüngsten Entscheidung zu § 1a AsylbLG a. F. (BVerfG vom 12.05.2021, Az.: 1 BvR 2682/17) habe das Bundesverfassungsgericht dies konkretisiert: Eine generalisierende Einschränkung sei von vornherein unzulässig (vgl. BSGE 123, 157 <162 Rdnr. 21; 164 Rdnr. 24>). Eine Praxis, wonach soziokulturelle Bedarfe allgemein als entbehrlich angesehen würden, sei damit und wäre auch mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar. Weder Leistungen für physische noch solche für soziokulturelle Bedarfe seien frei verfügbar; sie könnten nicht beliebig gekürzt oder gestrichen werden (vgl. BVerfGE 152, 68 <113 f. Rdnr. 119>). Das Bundesverfassungsgericht hat § 1a AsylbLG a. F. in der vom Bundessozialgericht in der angegriffenen Entscheidung vorgenommenen Auslegung noch für mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar gehalten, weil § 1a AsylbLG a. F. keine Leistungen entziehe, sondern in der Auslegung des Bundessozialgerichts in bestimmten Fällen eine „Beschränkung“ des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen auf das „unabweisbar Gebotene“ ermögliche. Was dann weiterhin zu leisten sei, habe der zuständige Träger nach der streitentscheidenden Fassung der Norm in der Auslegung durch das Bundessozialgericht anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls allein bedarfsorientiert festzulegen. Nach § 1 Abs. 4 AsylbLG würden die Betroffenen von den Leistungen allerdings sogar vollständig ausgeschlossen. § 1 Abs. 4 AsylbLG in der aktuellen Fassung enthalte damit eben jene generalisierende Einschränkung, wonach soziokulturelle Bedarfe allgemein als entbehrlich angesehen werden, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar sei. Bereits zu § 1a Abs. 4 AsylbLG werde auf die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, Beschluss vom 15.06.2020, Az.: L 9 AY 78/20 B ER, zu § 1a Abs. 4 AsylbLG hingewiesen. Das Gericht führe dort aus: Auch der Senat halte eine teleologische Reduktion des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten. Würde eine Leistungskürzung unter Berücksichtigung des Wortlautes allein davon abhängig gemacht, dass der Leistungsberechtigte einem europäischen Asylregime unterworfen ist, ohne dass explizit an ein konkretes Fehlverhalten angeknüpft werde, widerspräche dies dem bisherigen Sanktionssystem im AsylbLG, in der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch <SGB II>) sowie bei der Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB XII>), bei dem der Leistungsberechtigte es in der Hand habe, eine Leistungskürzung zu vermeiden oder zu beenden. So hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) bezogen auf die Verfassungswidrigkeit der Höhe der Geldleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2, 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG a.F. bereits mit deutlichen Worten ausgeführt, dass migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen würden. Denn „die in Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierte Menschenwürde ist migrationstechnisch nicht zu relativieren“ (BVerfG, Urteil v. 18. Juli 2012, a.a.O., juris Rn. 95; so auch das BSG, Urteil v. 12. Mai 2017, B 7 AY 1/16, juris Rn. 29/32). In diesem Zusammenhang habe sich der Senat dem zutreffenden Hinweis des Bayerischen Landessozialgerichts (Beschluss v. 17. September 2018, L 8 AY 13/18 B ER, juris Rn. 32 m.w.H.) angeschlossen, wonach Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG im Vergleich zu Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII ohnehin bereits reduziert seien, so dass jede weitere Leistungseinschränkung eine nochmalige Absenkung des Leistungsniveaus zur Folge habe und bei einer großzügigen Handhabung des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG die Gefahr einer unzulässigen Unterschreitung des von Verfassung wegen stets zu gewährleistenden menschenwürdigen Existenzminimums der Leistungsberechtigten und ihrer Familienangehörigen bestehe. Zudem bestünden erhebliche Zweifel, ob die Regelung des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG gerecht werde, wenn den von Anspruchseinschränkungen Betroffenen in § 1a Abs. 1 – 3 AsylbLG ein konkretes, selbst zu vertretendes ausländerrechtliches Fehlverhalten vorgeworfen werde und als Folge dessen eine Leistungseinschränkung greife, § 1a Abs. 4 AsylbLG ein solches aber dem Wortlaut nach nicht regele. Und schließlich bleibe unberücksichtigt, aus welchen Gründen die Sekundärmigration erfolge. So sei mit Blick auf die Menschenrechtskonvention eine Abschiebung in einen anderen EU-Staat ausgeschlossen, wenn z.B. für minderjährige Kinder keine Garantieerklärung abgegeben worden sei (vgl. hierzu ausführlich Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 1a AsylbLG Rn. 129 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen und insbesondere der Notwendigkeit einer auf diese Weise normerhaltenden Reduktion des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG bewertete der Senat nicht bereits die Einreise der Antragsteller nach Deutschland als pflichtwidriges Fehlverhalten. Ungeachtet der derzeitigen Ein- und Ausreisebeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie sowie des Umstands, dass auch der Antragsgegner kein konkretes Fehlverhalten der Antragsteller benenne, sondern vielmehr auf die Verhältnisse bei Einreise abstelle, führe die oben beschriebene verfassungskonforme Auslegung der Regelung in § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG jedenfalls im Hinblick auf den noch nicht abschließend geklärten aufenthaltsrechtlichen Status zu einer Nichtanwendung dieser Leistungskürzung (so im vergleichbaren Fall auch SG Hamburg, Beschluss v. 8. Juli 2019, S 28 AY 48/19 ER, juris Rn. 8). Hier sei eine individuelle Pflichtverletzung ersichtlich nicht vorwerfbar. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Leistungseinschränkung nach § 1 Abs. 4 AsylbLG bestünden daher schon deshalb, weil diese das Grundrecht des Betroffenen auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums – hier in offensichtlicher Weise – beeinträchtigen würden. Das Grundgesetz stehe der Entscheidung nicht entgegen, staatliche Leistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz nur nachrangig zu gewähren und sie deshalb an Mitwirkungspflichten zu binden, die darauf zielen, die Hilfebedürftigkeit zu überwinden, sofern sie gemessen an dieser Zielsetzung verhältnismäßig seien (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 117). Es verwehrt dem Gesetzgeber nicht, die Inanspruchnahme sozialer Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz an den Nachranggrundsatz zu binden, also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern könnten (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 119; vgl. auch BVerfGE 125, 175 <222>; 142, 353 <371 Rdnr. 39>; siehe auch BVerfGE 120, 125 <154 ff.>). Auch der soziale Rechtsstaat sei darauf angewiesen, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt seien, nur in Fällen in Anspruch genommen werden, in denen wirkliche Bedürftigkeit vorliege (BVerfGE 142, 353 <371 Rdnr. 39>). Eine daran anknüpfende Schonung der begrenzten finanziellen Ressourcen des Staates sichere diesem künftige Gestaltungsmacht gerade auch zur Verwirklichung des sozialen Staatsziels (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 124). Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verpflichte alle Staatsorgane unmittelbar, bedürfe aber zu seiner Verwirklichung in hohem Maße der Konkretisierung vor allem durch den Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 65, 182 <193>; 71, 66 <80>). Er habe in seinem weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu entscheiden, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln das soziale Staatsziel verfolgt werden solle (vgl. BVerfGE 59, 231 <263>; 82, 60 <80>). Eine Grenze finde dies in der Verpflichtung, jedem Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern (vgl. BVerfGE 125, 175 <222>). Der Gesetzgeber verfehle diesen Auftrag nicht, wenn er die Gewährung staatlicher Hilfe davon abhängig mache, dass sich die Betroffenen nicht selbst helfen könnten. Er dürfe also den Gedanken der Subsidiarität verfolgen, wonach vorhandene Möglichkeiten der Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hätten (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 125). Das Grundgesetz stehe auch einer Entscheidung des Gesetzgebers nicht entgegen, von denjenigen, die staatliche Leistungen der sozialen Sicherung in Anspruch nehmen, zu verlangen, an der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit selbst aktiv mitzuwirken oder die Bedürftigkeit gar nicht erst eintreten zu lassen (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 126). Demgegenüber könne ein legitimes Ziel solcher Mitwirkungspflichten nicht darin gesehen werden, die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit zu fördern. Dem Grundgesetz sei ein solcher Paternalismus fremd. Es gebe keine „Vernunfthoheit“ staatlicher Organe über die Grundrechtsberechtigten (vgl. BVerfGE 142, 313 <339 Rdnr. 74> m. w. N.); vielmehr fordere das Grundgesetz Respekt vor der autonomen Selbstbestimmung der Einzelnen (vgl. BVerfGE 142, 313 <344 Rdnr. 86>), ohne den hilflosen Menschen aber einfach sich selbst zu überlassen (vgl. BVerfGE 142, 313 <338 f. Rdnr. 73>). Art. 1 Abs. 1 GG schützt die Würde des Menschen, wie er sich in seiner Individualität selbst begreife und seiner selbst bewusst sei (BVerfGE 49, 286 <298>). Das schließe Mitwirkungspflichten aus, die auf eine staatliche Bevormundung oder Versuche der „Besserung“ gerichtet seien (vgl. BVerfGE 128, 282 <308>). Eine Leistungsminderung oder gar ein Leistungsausschluss könne die Anforderungen aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG wahren, wenn sie nicht darauf ausgerichtet seien, repressiv Fehlverhalten zu ahnden, sondern darauf, dass Mitwirkungspflichten erfüllt würden, die gerade dazu dienten, die existenzielle Bedürftigkeit zu vermeiden oder zu überwinden (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 131). Migrationspolitische Erwägungen könnten von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde sei migrationspolitisch nicht zu relativieren (BVerfG vom 18.07.2012, Az.: 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11, BVerfGE 132, 134, Rdnr. 121). Der Ausschluss des § 1 Abs. 4 AsylbLG verfolge daher offensichtlich kein legitimes Ziel im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 126 ff.). Mit der Regelung solle schon keine asyl- oder aufenthaltsrechtliche Mitwirkungspflicht durchgesetzt werden. Es gehe dem Gesetzgeber offenkundig allein um die repressive Sanktionierung eines Verhaltens der Betroffenen im Einzelfall, das abschreckende Wirkung auf andere entfalten und die Betroffenen zur freiwilligen Ausreise drängen solle. Denn die Anspruchseinschränkung des § 1a Abs. 4 AsylbLG setze nur voraus, dass ein anderer Staat für den Asylantrag zuständig sei. Eine Reaktionsmöglichkeit der Betroffenen sei überhaupt nicht gegeben. Der Gesetzgeber wolle auf diesem Weg unerwünschte Sekundärmigration eindämmen. Legitimes Ziel einer leistungsrechtlichen Sanktion könne nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 126 ff.) aber nur sein, die existenzielle Bedürftigkeit zu vermeiden oder zu überwinden (anders noch BSG vom 12.05.2017, Az.: B 7 AY 1/16 R, Rdnr. 29 ff. m. w. N.). Dies sei vorliegend erkennbar nicht der Fall. Das Hessische Landessozialgericht habe daher in seiner Entscheidung vom 31.03.2020 (Az.: L 4 AY 4/20 B ER) ausgeführt: Der hier entscheidende Senat habe vor der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zu den Sanktionen des SGB II nach den aus BVerfGE 132, 134 folgenden Maßstäben eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend vorgenommen, dass die Anspruchseinschränkung in zeitlicher Hinsicht durch eine Aufenthaltsverfestigung nach den Gegebenheiten des Einzelfalls, jedenfalls aber auf die Frist des § 2 AsylbLG begrenzt werde (ausf. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2013 – L 4 AY 17/13 B ER -, juris Rn. 24 ff., insbes. Rn. 31 f.). Vergleichbare Verhältnismäßigkeitserwägungen fänden sich – wie oben dargestellt – auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16 – in Rn. 133. Angesichts der nunmehr vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben an die legitimen Zielsetzungen von Handlungs- oder Unterlassungspflichten sowie der daran anknüpfenden Anspruchseinschränkung sei diese Begrenzung aber nicht mehr hinreichend. Eine von Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG nicht gedeckte Zielsetzung einer Handlungs- oder Unterlassungspflicht, könne von vornherein nicht zu einer verfassungskonformen Leistungsabsenkung führen. So liege es aber hier, wenn die Zielsetzung das Unterlassen einer sozialleistungsmotivierten Einreise alleiniger Anknüpfungspunkt der Leistungsabsenkung sei und bleibe, ohne dass das Verhalten während des Leistungsbezuges in irgendeiner Weise relevant wäre. Eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend, den Tatbestand durch ein ungeschriebenes Merkmal eines aktuell pflichtwidrigen oder aktuell rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu ergänzen (vgl. zu § 1a Abs. 7 AsylbLG: SG Landshut, Beschluss vom 23. Januar 2020 – S 11 AY 79/19 ER und vom 28. Januar 2020 – S 11 AY 3/20 ER – juris sowie SG München, Beschluss vom 10. Februar 2020 – S 42 AY 82/19 ER -, juris), würde letztlich zur Nichtanwendung der Vorschrift führen. Denn der wohl einzig denkbare Fall einer solchen auch verfassungsrechtlich anzuerkennenden Pflichtwidrigkeit oder Rechtsmissbräuchlichkeit wäre die Aufrechterhaltung des Leistungsbezugs durch die Verhinderung der Aufenthaltsbeendigung, die bereits in § 1a Abs. 3 AsylbLG eigenständig geregelt sei. Dies führe letztlich dazu, dass § 1a Abs. 1 AsylbLG a.F. und § 1a Abs. 2 AsylbLG – wie im vorliegenden Fall – unangewendet bleiben müssten, wenn sich durch die Anwendung die repressive Zielsetzung der Normen verwirkliche. Der § 1a Abs. 4 AsylbLG dient mit repressiver Zielsetzung migrationspolitischen Zwecken (siehe oben). Das Hessische Landessozialgericht hierzu in der benannten Entscheidung: Zudem wäre es eine unzulässige migrationspolitische Zielsetzung, bei einer – wie hier – unproblematisch möglichen Abschiebung oder Überstellung den Behörden das Mittel an die Hand zu geben, die menschenwürdige Existenzsicherung zu unterlassen, um so ohne Verwaltungsvollstreckung die Ausreise zu erzwingen (ähnl. Oppermann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 1a AsylbLG Rn. 209). Darüber werde der Ausschluss gemäß § 1 Abs. 4 AsylbLG den strengen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit nicht gerecht, die an eine Minderung existenzsichernder Leistungen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten zu stellen seien. Denn diese stehe in einem unübersehbaren Spannungsverhältnis zur Existenzsicherungspflicht des Staates aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG. Bedürftige erhielten in der Zeit der geminderten Leistungen tatsächlich nicht, was sie zur Existenzsicherung benötigen, ohne selbst unmittelbar zur Existenzsicherung in der Lage zu sein. Der Gesetzgeber enthalte vor, was er nach Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG zu gewährleisten habe; er suspendiere, was Bedürftigen grundrechtlich gesichert zustehe, und belaste damit außerordentlich (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 132).
Derartige Leistungsminderungen seien nur verhältnismäßig, wenn die Belastungen der Betroffenen auch im rechten Verhältnis zur tatsächlichen Erreichung des legitimen Zieles stünden, die Bedürftigkeit zu überwinden, also eine menschenwürdige Existenz insbesondere durch Erwerbsarbeit eigenständig zu sichern. Ihre Zumutbarkeit richte sich vor allem danach, ob die Leistungsminderung unter Berücksichtigung ihrer Eignung zur Erreichung dieses Zwecks und als mildestes, gleich geeignetes Mittel in einem angemessenen Verhältnis zur Belastung der Betroffenen stehe. Das setze insbesondere voraus, dass es den Betroffenen tatsächlich möglich sei, die Minderung staatlicher Leistungen durch eigenes zumutbares Verhalten abzuwenden und die existenzsichernde Leistung wiederzuerlangen. Die Anforderungen aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG seien daher nur gewahrt, wenn die zur Deckung des gesamten existenznotwendigen Bedarfs erforderlichen Leistungen für Bedürftige jedenfalls bereitstünden und es in ihrer eigenen Verantwortung liege, in zumutbarer Weise die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Leistung auch nach einer Minderung wieder zu erhalten (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 133). Da im Bereich des § 1a Abs. 4 AsylbLG keine Reaktionsmöglichkeit der Betroffenen gegeben sei, sei die Vorschrift schon aus diesem Grund mit dem Grundgesetz unvereinbar. Sie verfolge darüber hinaus auch nicht das legitime Ziel, die Bedürftigkeit der Betroffenen zu überwinden. Außerdem müsse der Gesetzgeber bei Leistungsminderungen unter das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum der Wahl und Ausgestaltung seines Konzepts eine verfassungsrechtlich tragfähige Einschätzung zugrunde legen; soweit er sich auf Prognosen über tatsächliche Entwicklungen und insbesondere über die Wirkungen seiner Regelung stütze, müssten diese hinreichend verlässlich sein (vgl. BVerfGE 88, 203 <262>). Der Gesetzgeber verfolge jedoch im Rahmen des § 1 Abs. 4 AsylbLG schon keine konkreten Handlungsziele hinsichtlich der von dem Ausschluss Betroffenen. Zudem fehle der Wahl und Ausgestaltung des Konzepts der Anspruchseinschränkungen gem. § 1a AsylbLG eine verfassungsrechtlich tragfähige Einschätzung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit (vgl. BVerfGE 88, 203 <262>, BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, Rdnr. 134). Der Bundesregierung würden insoweit schlicht keine Daten vorliegen. Daraus ergebe sich, dass der Bundesregierung keine Erkenntnisse zur Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Ausschlusses nach § 1 Abs. 4 AsylbLG vorliegen würden. § 1 Abs. 4 AsylbLG verstoße auch gegen Unionsrecht. Als europarechtliche Grundlage komme für § 1 Abs. 4 AsylbLG alleine Art. 20 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) in Betracht. Danach könnten die Mitgliedstaaten die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen in begründeten Ausnahmefällen einschränken oder entziehen, wenn ein Antragsteller einen Folgeantrag nach Art. 2 Buchstabe q der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie) gestellt habe. Ob ein Folgeantrag nach Art. 2 Buchstabe q der Richtlinie 2013/32/EU auch vorliegen könne, wenn der Erstantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt wurde oder ob dem Folgeantrag ein Erstantrag im gleichen Mitgliedstaat vorausgegangen sein müsse, sei umstritten (dagegen spreche auch der Wortlaut des Art. 40 Abs. 1 Asylverfahrensrichtlinie: „…in demselben Mitgliedstaat…“). So hab die Europäische Kommission in dem Verfahren C-8/20 dahingehend Stellung genommen, dass das Unionsrecht einer mitgliedstaatsübergreifenden Anwendung des Folgeantragskonzepts entgegenstehe. Die mitgliedstaatsübergreifende Anwendung dieses Konzepts bedeute ein gewisses Maß an gegenseitiger Anerkennung negativer Asylentscheidungen und eine solche sei im gegenwärtigen Asylrecht der Union grundsätzlich nicht vorgesehen. Es spreche viel für die Annahme, dass ein solcher Schritt in Richtung gegenseitiger Anerkennung vom Unionsgesetzgeber ausdrücklich und in hinreichender Klarheit beschlossen werden müsste, zumal die Folgen der Einstufung eines Antrags als Folgeantrag für Asylantragsteller beträchtlich seien. Darüber hinaus wäre eine Kürzung gem. Art. 20 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2013/33/EU nur zulässig, wenn dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen wäre. Denn eine Zusammenschau mit den weiteren Kürzungstatbeständen gem. Art. 20 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2013/33/EU zeige, dass eine Einschränkung oder Entziehung der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen immer ein pflichtwidriges Verhalten voraussetzt. Nur unter dieser Voraussetzung könne ein begründeter Ausnahmefall i. S. d. Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2013/33/EU vorliegen. Hier sei ein pflichtwidriges Verhalten nicht vorwerfbar. Es wurde sich weder pflichtwidrig in die BRD begeben noch wurde pflichtwidrig in ihr verweilt. Außerdem verstoße § 1 Abs. 4 S. 1 AsylbLG gegen Art. 20 Abs. 5 der Richtlinie 2013/33/EU. Danach würden Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen oder über Sanktionen nach den Abs. 1, 2, 3 und 4 des Art. 20 jeweils für den Einzelfall, objektiv und unparteiisch getroffen und begründet. Die Entscheidungen seien aufgrund der besonderen Situation der betreffenden Personen, insbesondere im Hinblick auf die in Art. 21 genannten Personen, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu treffen. Die Mitgliedstaaten gewährleisteten im Einklang mit Art. 19 in jedem Fall Zugang zur medizinischen Versorgung und gewährleisten einen würdigen Lebensstandard für alle Antragsteller. Diesen Anforderungen werde § 1 Abs. 4 S. 1 AsylbLG schon deshalb nicht gerecht, weil § 1 Abs. 4 S. 1 AsylbLG als gebundene Entscheidung ausgestaltet und damit für eine Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips kein Raum sei (vgl. Hruschka, ZIAS 2020, 113, 123 f.). Außerdem werde mit den nach § 1 AsylbLG vorenthaltenen Leistungen kein würdiger Lebensstandard i. S. d. Art. 20 Abs. 5 S. 3 der Richtlinie 2013/33/EU gewährleistet. Dabei richte sich das Leistungsniveau danach, was im jeweiligen nationalen Kontext als angemessen anzusehen sei (Hessisches Landessozialgericht vom 13.04.2021, Az.: L 4 AY 3/21 B ER; Hruschka, ZIAS 2020, 113, 117). Nach dem nationalen Verfassungsrecht bestehe zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ein unmittelbar verfassungsrechtlicher Leistungsanspruch (BVerfG vom 18.07.2012, Az.: 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11, Rdnr. 90 unter Verweis auf BVerfGE 125, 175, 223 m. w. N.). Gesichert werden müsse einheitlich die physische und soziokulturelle Existenz. Die den Anspruch fundierende Menschenwürde stehe allen zu und gehe selbst durch vermeintlich „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren (BVerfG vom 05.11.2019, Az.: 1 BvL 7/16, 1. LS).
Das Bundessozialgericht habe daher mit Beschluss vom 25.07.2024 zu dem Az.: B 8 AY 6/23 R dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Auslegung der Aufnahmerichtlinie in Verbindung mit der Dublin-III-Verordnung zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Deckt eine Regelung eines Mitgliedsstaats, die Antragstellern auf internationalen Schutz abhängig von ihrem Status als vollziehbar Ausreisepflichtige innerhalb der Überstellungsfrist nach der Verordnung (EU) Nummer 604/2013 ausschließlich einen Anspruch auf Unterkunft, Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege und Behandlung im Krankheitsfall sowie nach den Umständen im Einzelfall Kleidung und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts gewährt, das in Artikel 17 Absatz 2 und Absatz 5 Richtlinie 2013/33/EU beschriebene Mindestniveau ab? Sollte Frage 1 verneint werden: 2.a) Ist Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c Richtlinie 2013/33/EU in Verbindung mit Artikel 2 q Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes dahin auszulegen, dass von einem Folgeantrag auch Sachverhalte erfasst werden, in denen der Antragsteller bereits zuvor in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und darauf gestützt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag als unzulässig nach der Verordnung (EU) Nummer 604/2013 abgelehnt und die Abschiebung angeordnet hat? Kommt es für die Frage, ob in dieser Konstellation ein Folgeantrag im Sinne von Artikel 2 q Richtlinie 2013/32/EU vorliegt, auf den Zeitpunkt einer Rücknahme oder den Zeitpunkt einer Entscheidung des anderen Mitgliedstaat nach Artikel 27 oder Artikel 28 Richtlinie 2013/32/EU an? c) Ist Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 5 und 6 Richtlinie 2013/33/EU in Verbindung mit der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, dass eine Einschränkung der im Rahmen der Aufnahme gewährten Leistungen auf Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege und Leistungen im Fall der Krankheit sowie – nach Maßgabe des Einzelfalls – an Kleidung und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts zulässig ist? Dem Senat stellte sich mithin in dem dort streitigen Verfahren um die Anwendung des § 1a Abs. 7 AsylbLG zu Recht die Frage nach der Vereinbarkeit der Regelung mit Europäischem Recht, insbesondere ob das im nationalen Recht vorgesehene Leistungsniveau für Antragsteller während des Laufs der Überstellungsfrist nach der Dublin-III-VO (Verordnung (EU) Nummer 604/2013) den Anforderungen der Aufnahmerichtlinie genüge (vgl. Terminsbericht Nummer 27/24 vom 26.07.2024 unter www.bundessozialgericht.de). Diese Frage sei auf den hier streitgegenständlichen § 1 Abs. 4 AsylbLG ersichtlich übertragbar. Diese Rechtsauffassung werde in der Sozialgerichtsbarkeit geteilt. Das Sozialgericht Trier führte in seiner Entscheidung vom 20.02.2025 zu dem Az.: S 3 AY 4/25 ER aus: Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel an der Europarechtskonformität des hier herangezogenen § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG, jedenfalls ist offen, ob die Regelung mit Art. 17 Richtlinie 2013/33 EU vereinbar ist (vgl. auch Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 1 AsylbLG Rn. 199ff). Nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragten, sorgen die Mitgliedsstaaten dafür, dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleiste. Der Antragsteller gehöre auf Grund des von ihm gestellten Asylantrages, über den noch nicht endgültig entschieden sei, zu dem nach Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 2013/33 EU berechtigten Personenkreis. In den Fällen, in denen der Asylbewerber (noch) nicht tatsächlich an einen anderen, als zuständig angesehenen Mitgliedsstaat überstellt sei, sei der Anwendungsbereich der Richtlinie offensichtlich eröffnet (vgl. Vorlagebeschluss des BSG vom 25.07.2024 – B 8 AY 6/23 R -, juris). Der Umfang der zu gewährenden Leistungen bemesse sich auf der Grundlage eines Leistungsniveaus wie bei eigenen Staatsangehörigen. Zwar räume Art. 17 Abs. 5 Satz 2 der Richtlinie 2013/33 EU den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit ein, Antragstellern auf internationalen Schutz eine weniger günstige Behandlung als eigenen Staatsangehörigen zuteilwerden zu lassen. Die Leistungen müssten aber einem angemessenen Lebensstandard entsprechen (Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33 EU). Dabei bemesse sich der Umfang von materiellen Leistungen in Form von Geldleistungen oder Gutscheinen durch die Mitgliedsstaaten, auf der Grundlage des Leistungsniveaus, dass der betreffende Mitgliedsstaat nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder nach den Gepflogenheiten anwende, um eigenen Staatsangehörigen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten (Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 2013/33 EU). Erlaubt sei eine weniger günstige Behandlung im Vergleich mit eigenen Staatsangehörigen, insbesondere wenn materielle Unterstützung teilweise in Form von Sachleistungen gewährt werde oder wenn das, auf eigene Staatsangehörige anzuwendende Leistungsniveau darauf abziele, einen Lebensstandard zu gewährleisten, der über dem nach dieser Richtlinie für Antragsteller vorgeschriebenen Lebensstandard liege (Art. 17 Abs. 5 Satz 2 Richtlinie 2013/33 EU). Eingeschränkt oder entzogen werden dürften gewährte Leistungen im Rahmen der Aufnahme nach Maßgabe von Art. 20 der Richtlinie 2013/33 EU. Dass § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG diesem Maßstab abstrakt gerecht werde, jedenfalls sei nicht zu erkennen, dass die Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt würden. Der Antragsteller habe nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht gegen die Unterbringungszuweisung verstoßen oder sei seinen Auskunfts- und Meldepflichten nicht nachgekommen. Ebenso wenig habe er einen Folgeantrag nach Art. 2 Buchstabe q Richtlinie 2013/32 EU gestellt. Vielmehr habe der Antragsteller in Italien (gemeint war wohl: Belgien) gerade keinen Asylantrag gestellt, so dass dieser auch nicht bestandskräftig abgelehnt sei, er habe einen solchen Antrag nicht ausdrücklich zurückgenommen und er sei auch nicht von der Asylbehörde abgelehnt worden, nachdem er ihn stillschweigend zurückgenommen habe. Damit fehle es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen nach Art. 20 Abs. 1 Richtlinie 2013/33 EU, die eine Normierung von Leistungseinschränkungen bzw. Entziehung rechtfertigen könnten. Im Ergebnis werde insoweit auch auf die Entscheidungen des Sozialgerichts Landshut, Beschluss vom 18.12.2024, Az.: S 11 AY 19/24 ER, des Sozialgerichts Darmstadt, Beschluss vom 04.02.2025, Az.: S 16 AY 2/25 ER, des Sozialgerichts Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2025, Az.: S 12 AY 424/25 ER und des Sozialgerichts Speyer vom 20.02.2025, Az.: S 15 AY 5/25 ER, hingewiesen. Der Anordnungsgrund sei ebenfalls gegeben. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum des Antragstellers sei aktuell nicht mehr gesichert. Stünden existenzsichernde Leistungen nicht zur Verfügung, sei regelmäßig vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Sinne von § 86 Abs. 2 S. 2 SGG auszugehen. Für die Zwecke des einstweiligen Rechtsschutzes – innerhalb dessen etwa eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG schon wegen der dabei nicht erwartbaren raschen Klärung nicht möglich sei – erscheine die vorläufige Bewilligung zumindest im Wege einer Folgenabwägung unausweichlich (vgl. zu § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG SG Landshut vom 08.09.2021, Az.: S 11 AY 38/21 ER, ähnlich zu § 1a Abs. 7 AsylbLG SG Oldenburg vom 02.12.2020, Az.: S 26 AY 44/20 und zu § 1a Abs. 3 AsylbLG SG Stade vom 26.08.2021, Az.: S 5 AY 5/21 ER und SG Bayreuth vom 21.12.2021, Az.: S 13 AY 45/21 ER). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 AsylbLG bestünden deshalb, weil diese das Grundrecht des Betroffenen auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums – in offensichtlicher Weise – beeinträchtigen würden (siehe oben). Europarechtliche Bedenken bestünden zudem bereits aufgrund des Vorlagebeschlusses des Bundessozialgerichts vom 25.07.2024 zu dem Az.: B 8 AY 6/23 R (siehe oben) hinsichtlich der vergleichbaren Regelung in § 1a Abs. 7 AsylbLG. Da die Erfolgsaussichten in der Hauptsache auch wegen der ungeklärten Vereinbarkeit von § 1a Abs. 4 AsylbLG mit Unionsrecht offen seien, sei der Antragsgegner auch insoweit im Rahmen einer Folgenabwägung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig ungekürzte Leistungen zu gewähren.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 21.03.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18.03.2025 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, dass der Eilantrag unbegründet und ohne weitere Interessenabwägung abzulehnen sei, weil der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts kein schützenswertes Interesse des Antragstellers entgegenstehen könne. Ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Der Leistungseinstellungsbescheid des Antragsgegners sei rechtmäßig ergangen. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG würden nach Stand der Akten vorliegen. Für die nähere Begründung werde zunächst vollumfänglich auf den Bescheid vom 18.03.2025 verwiesen. Der Antragsteller sei leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Sein Asylantrag sei durch eine Entscheidung des BAMF nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt worden. Darüber hinaus sei die Abschiebung nach Belgien angeordnet sowie festgestellt worden, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen würden. Damit ende für den Antragsteller der Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG und ihm könne bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von zwei Wochen, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt werden, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken. Dem Antragsteller seien bis höchstens zum 04.04.2025 Überbrückungsleistungen nach § 1 Abs. 4 AsylbLG zu gewähren. Diese umfassten die Leistungen nach § 1a Abs. 1 und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AsylbLG, welche als Sachleistungen erbracht würden. Darüber hinaus gehende Leistungen würden nur im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände und zur Überwindung einer besonderen Härte in Betracht kommen. Der Antragsteller sei im Vorfeld zu der beabsichtigten Entscheidung gehört worden. Dabei habe er vorgetragen, dass er zum Überleben auf die Leistungen angewiesen sei, da er keine Familie habe, die ihn finanziell unterstützen könne. Ferner verwies er auf eine vermutliche Europarechts- und Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Besondere Umstände oder das Vorliegen einer besonderen Härte würden sich daraus jedoch nicht ergeben. Im Übrigen sei § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG geltendes Recht und daher anzuwenden. Die Anwendung des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2AsylbLG erfolge auch rechtmäßig. Eine Abweichung der Leistungsträger von der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AsylbLG würde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen. Aufgrund des Vorrangs des Gesetzes bestehe ein Anwendungsgebot und ein Abweichungsverbot, sodass die Leistungsgewährung nur unter den entsprechenden Voraussetzungen erfolgen könne. Zudem obliege die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes dem Bundesverfassungsgericht. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei nach alldem abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 18.03.2025 ist statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag, in den Fällten, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Soweit der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist, besteht keine Veranlassung zum sofortigen Vollzug. Ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides gegeben, wirkt sich die Interessenabwägung zugunsten der Behörde aus. Bei offenem Ausgang bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Im Rahmen der Interessenabwägung kommt der Verpflichtung zum Schutz der Grundrechte eine besondere Bedeutung zu. Nach dem BVerfG (NJW 2003, 3617 (3618 f.) entspreche es der Funktion von Präventivmaßnahmen, mit denen für eine Zwischenzeit ein Sicherungszweck verfolgt werde, ausnahmsweise den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben seien, hänge von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Bewilligung konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lasse. Die rechtsschützende Funktion des Prozessrechts stehe demnach unter grundrechtlichem Einfluss (BeckOGK/Wahrendorf, 1.11.2024, SGG § 86b Rn. 81, 82, beck-online). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzungen entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich – etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte –, ist es von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann auf der Grundlage einer Folgenabwägung erfolgt (so: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. September 2024 – L 4 AY 19/24 B ER –, Rn. 32, juris).
Der Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, da der Antragsteller glaubhaft dargestellt hat, weder über Einkommen noch über Vermögenswerte zu verfügen. Die nach § 1a Abs. 4 i.V.m. § 1a Abs. 2 AsylbLG gekürzten Leistungen decken grundsätzlich nur einen Teil des notwendigen Bedarfs im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ab. Damit ist ihr verfassungsrechtlicher Anspruch auf Sicherung ihres menschenwürdigen Existenzminimums gefährdet (dazu BVerfG, Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16 – juris Rn. 120, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. Februar 2025 – L 8 AY 21/24 B –, Rn. 33, juris).
Im Rahmen der Interessenabwägung war dem Antrag zu entsprechen.
Streitgegenständlich ist der Widerspruch gegen die Aufhebung des Leistungsbescheides nach dem AsylbLG. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Leistungen nach dem AsylbLG aufgrund der Anwendung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 S. 1 AsylbLG aufgehoben.
Danach haben Leistungsberechtigte nach Absatz 1 Nummer 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde, für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde und für die nach der Feststellung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich ist, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Antragssteller dem benannten Personenkreis unterfallen.
Vorliegend kann nicht abschließend geklärt werden, ob die Klage in der Hauptsache Erfolg hätte. Im Rahmen der Folgenabwägung ist insbesondere der Vorlagenbeschluss des Bundessozialgerichts vom 25.07.2024 (B 8 AY 6/23) an den EuGH zu berücksichtigen. Die bezüglich der Vorschrift des § 1a Abs. 7 AsylbLG aufgeworfenen Rechtsfragen haben auch für die hier einschlägige Norm unmittelbare Auswirkungen und sind somit im Hinblick auf den Schutz der Grundrechte erheblich. Die Beantwortung dieser Fragen dürfte sich auch unmittelbar auf die Leistungseinschränkung des hier einschlägigen § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG auswirken.
Unter Berücksichtigung des Vollziehungsinteresses der Behörde gegenüber dem Interesse des Antragsstellers hat das Vollziehungsinteresse zurückzustehen. Denn im Hinblick auf das offene Hauptsacheverfahren ist der Anspruch der Antragssteller auf eine menschenwürdige Grundversorgung bis zu einer tatsächlich erfolgten Abschiebung nach Belgien als vorrangig zu gewichten.
Entsprechend war dem Antrag stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.