BESCHLUSS
In den Rechtsstreit
xxx,
Antragsteller,
Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam
Lange-Geismar-Straße 55,
37073 Göttingen,
gegen
Land Hessen,
vertreten durch das Regierungspräsidium Gießen,
Lilienthalstraße 2,
35394 Gießen,
Antragsgegner,
hat die 16. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt am 22. April 2025 durch die Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht xxx, beschlossen:
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 20.03.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27.02.2025 wird angeordnet.
2. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
GRÜNDE
Die Beteiligten streiten im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen die Aufhebung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der 1991 geborene Antragsteller mit afghanischer Staatsangehörigkeit stellte am 29.07.2024 einen Asylantrag.
Mit Bescheid vom 16.08.2024, abgeändert durch den Bescheid vom 12.12.2024, gewährte der Antragsgegner ab dem 23.07.2024 Leistungen gemäß §§ 3 in Verbindung mit 3a sowie ggf. § 16 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 08.05.2023 wurde gegenüber dem Antragsteller die Abschiebung nach Österreich angeordnet. Mit Wirkung vom 01.10.2024 sei er vollziehbar ausreisepflichtig. Mit der Gerichtsentscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt, Az.: 3 K 2382/24.DA.A vom 03.04.2025 wurde der Asylantrag unanfechtbar als unzulässig abgelehnt.
Die Nachtzeitverfügung mit der Auferlegung der Pflicht zur Abwesenheitsanzeige für den Zeitraum von 00:00 bis 6:00 Uhr am 22.01.2025 erlassen. Am 27.01.2025 wurde der Antragsteller im Rahmen einer versuchten Abschiebungsmaßnahme vor 06:00 Uhr nicht in seiner zugewiesenen Unterkunft angetroffen. Auf einer hinterlassenen Notiz gab der Antragsteller an, dass die Frau seines Bruders frisch entbunden und ihn gebeten habe, zu ihr zu kommen und sie zu unterstützen.
Mit Schreiben vom 31.01.2025 hörte der Antragsgegner den Antragsteller nach § 28 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) bezüglich der beabsichtigten Anspruchseinschränkung gemäß § 1a AsylbLG an.
Mit Bescheid vom 27.02.2025 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 12.12.2024 auf und gewährte in Anwendung der Anspruchseinschränkung nach § 1a Absatz 3 AsylbLG ab dem 01.04.2025 nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung, Körper sowie Gesundheitspflege gewährt. Die Leistungen würden als Sachleistungen erbracht. Der Kürzungsbetrag enthalte die im Bescheid vom 12.12.2024 gewährten Leistungen in Höhe von 196,00 €. Davon umfasst sei der Barbetrag in Höhe von 173,00 und das als Sachleistung gewährte ÖPNV-Ticket im Wert von 23,00 €. Dies gelte zunächst für die Dauer von 6 Monaten.
Der Antragsgegner änderte den Bescheid vom 27.02.2025 dahingehend ab, dass Leistungen künftig in Form der Bezahlkarte gewährt würden.
Mit Schreiben vom 20.03.2025 legte der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein und stellte am 01.04.2025 beim Sozialgericht Darmstadt einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.
Er ist der Auffassung, dass der Anordnungsanspruch bestehe. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.11.2019 zu dem Az.: 1 BvL 7/16 (Sanktionen) könne die vorliegend streitige Sanktion nicht verfassungsgemäß sein. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen habe daher in einem richterlichen Hinweis vom 06.11.2019 in dem Verfahren zu dem Az.: L 8 AY 14/19 B ER zu Recht wörtlich ausgeführt:
„Nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte die gestrige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 5.11.2019 (-1 BvL 7/16 – juris) zu den Sanktionen im SGB II die grundlegende Frage der Vereinbarkeit der Anspruchseinschränkungen nach § 1 a AsylbLG mit dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) erneut aufwerfen. Insoweit stellen sich (auch) im vorliegenden Verfahren die folgenden Fragen:
Ist die Entscheidung des Gesetzgebers, zur Durchsetzung von asyl- und aufenthaltsrechtlichen Mitwirkungspflichten im AsylbLG belastende Anspruchseinschränkungen vorzusehen, im Sinne eines legitimen Ziels dem Grunde nach mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. dazu BVerfG, a.a.O., Rn. 126 f.; u.a. bejaht durch BSG, Urteil vom 12.5.2017 – B 7 AY 1/16 R – juris Rn. 29 ff.)?
Genügen Tatbestand und Rechtsfolge der Anspruchseinschränkungen nach § 1 a AsylbLG (vgl. insoweit die seit 21.8.2019 für alle Einschränkungen einheitlich geltende Rechtsfolge des § 1 a Abs. 1 Satz 2 bis 4 AsylbLG in der Fassung vom 15.8.2019, BGBl. I 1294) den vom BVerfG vorausgesetzten strengen Anforderungen der Verhältnismäßigkeit einer Leistungseinschränkung (vgl. dazu BVerfG, a.a.O., Rn. 129 ff., 132 f.)?
Beruht die Wahl und Ausgestaltung des Konzeptes der Anspruchseinschränkungen nach § la AsylbLG auf einer verfassungsrechtlich tragfähigen Einschätzung des Gesetzgebers? Liegen tragfähige Erkenntnisse vor, um die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit dieser Sanktionen zu belegen (vgl. dazu BVerfG, a.a.O., Rn. 134)?
Tragen die Anspruchseinschränkungen nach § 1a AsylbLG weiteren grundrechtlichen Maßgaben Rechnung, etwa dem Schutz der Familie aus Art. 6 GG oder dem Schutz der Gesundheit nach Art. 2 Abs. 2 GG (vgl. dazu BVerfG, a.a.O., Rn. 135)?
Diese nicht einfach zu beantwortenden Fragen bedürfen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht einer umfassenden Prüfung. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt insoweit zum gegenwärtigen Stand auch eine gerichtliche Entscheidung aufgrund einer Folgenabwägung in Betracht (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 12.5.2005 – 1 BvR 569/05 – juris).
Soweit hier die Anspruchseinschränkung auf eine Einreise nach Deutschland zum Zwecke des Leistungsbezugs gestützt wird (bis 20.8.2019 § la Abs. 1 AsylbLG, nun § la Abs. 2 AsylbLG, BGBl. 12019, 1294), stellt sich die Vereinbarkeit dieses Tatbestands mit dem Grundgesetz (Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG) grundlegend, weil eine Sanktion nicht repressiv Fehlverhalten ahnden darf, sondern darauf ausgerichtet sein muss, dass Mitwirkungspflichten erfüllt werden (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 131).“
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen habe diese rechtlichen Bedenken ergänzt mit PKH-Beschluss vom 04.12.2019 zu dem Az.: L 8 AY 36/19 B ER. Auch dieser Beschluss könne jederzeit zur Gerichtsakte gereicht werden.
Hier spreche bereits die formulierten Fragen für eine Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 1a AsylbLG.
Zwar könne das Gericht vorliegend aufgrund von Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des § 1a AsylbLG die Norm nicht verwerfen. Es sei allerdings mit Blick auf die aufgeworfenen Fragen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine gerichtliche Entscheidung im Rahmen der Folgenabwägung zu treffen und insoweit könne diese vorliegend mit Blick auf die vorgenannten Ausführungen nach hiesigem Dafürhalten nur dazu führen, dass die Leistungskürzung zunächst und bis zum Ausgang der Hauptsache ausgesetzt werde. Dies gelte erst recht, als vorliegend eine Kürzung des Regelbedarfes um mehr als 50 % ohnehin mit Art. 1 GG nicht zu vereinbaren sei. Dem Antrag sei daher bereits insoweit zu entsprechen. Der Anordnungsgrund sei ebenfalls gegeben. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum des Antragstellers sei aktuell nicht mehr gesichert. Stünden existenzsichernde Leistungen nicht zur Verfügung, sei regelmäßig vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Sinne von § 86 Abs. 2 S. 2 SGG auszugehen.
Der Antragssteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 20.03.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27.02.2025 (Az.: VII 73 – 24129 / 2024 Rh) wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Auffassung, dass der Eilantrag offensichtlich unbegründet und ohne weitere Interessenabwägung abzulehnen sei, weil der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts kein schützenswertes Interesse des Antragstellers entgegenstehen könne. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes – die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung – sei nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller berufe sich lediglich auf eine pauschale Unterdeckung des Existenzminimums, ohne dies in irgendeiner Form zu konkretisieren. Der Antragsteller habe keine Notlage glaubhaft gemacht. Worin und in welcher Höhe die Unterdeckung bei dem Antragsteller bestehen solle, habe dieser nicht ansatzweise dargelegt. Auch das Vorliegen der Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt sei – sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Der Bescheid vom 27.02.2025 sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem AsylbLG. Für die nähere Begründung werde zunächst vollumfänglich auf die Ausführungen im Bescheid vom 27.02.2025 verwiesen. Der Antragsteller habe auf der Grundlage des § 1 a Abs. 3 AsylbLG lediglich einen Anspruch auf Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Die Leistungseinschränkung nach § 1 a Abs. 3 AsylbLG sei hier aufgrund der Tatsache erfolgt, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von dem Antragsteller selbst zu vertretenen Gründen nicht vollzogen werden konnten. Der Antragsteller gehöre zu dem von § 1a Abs. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG erfassten Personenkreis. Ihm gegenüber seien aufenthaltsbeende Maßnahmen im Sinne des § 1a Abs. 3 AsylbLG getroffen worden. Der Antragsteller habe aufgrund seiner Abwesenheit in dem ihm in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen am Standort Darmstadt zugewiesenen Zimmer am 27.01.2025 zu vertreten, dass die ihn betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht vollzogen werden konnte. Der Antragsteller habe sich trotz „Nachtzeitverfügung“ nicht in der zugewiesenen Unterkunft aufgehalten. Der Antragsteller verstoße hier gegen eine ihm gegenüber am 22.01.2025 ausgehändigte sog. Nachtzeitverfügung, welche durch die Zentrale Ausländerbehörde Gießen gem. § 46 Abs. 1 1. Hs. AufenthG verfügt worden sei. Einen Hinweis auf den aktuellen Aufenthaltsort, zu dem er entsprechend der Nachtzeitverfügung verpflichtet gewesen sei, habe er nicht hinterlassen. Schließlich habe der Antragsteller keine Umstände vorgetragen, welche in Betracht kämen, sein Vertreten müssen entfallen zu lassen. Auch etwaige Anhaltspunkte dafür seien nicht ersichtlich. Der Antragsteller habe somit zu vertreten, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht vollzogen werden konnte. Entgegen dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten begegne eine Leistungsbeschränkung auf das „unabweisbar Gebotene“ im Sinne des § 1a AsylbLG auch nicht von vorneherein durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes im Nichtannahmebeschluss vom 12.05.2021 – Az. 1 BvR 2682/17 – sei diese Leistungsbeschränkung bei vom Anspruchsberechtigten zu vertretender Nichtvollziehbarkeit der Ausreisepflicht mit dem Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums noch vereinbar. Nach alledem sei der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.
Mit Schriftsatz vom 15.04.2025 führte der Antragsgegner ergänzend aus, dass § 1a Abs. 3 AsylbLG dahingehend teleologisch zu reduzieren sei, dass eine Leistungskürzung nach dieser Norm nur ab dem Zeitpunkt in Betracht kommen könne, ab welchem aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus einem vom Leistungsberechtigten zu vertretendem Grund nicht vollzogen werden könne. Der Wortlaut des § 1a Abs. 3 AsylbLG, welcher eine Leistungskürzung ab dem auf die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung folgenden Tag vorsehe, sei mit dem Sinn und Zweck der Norm nicht vereinbar. Zudem sei eine solch frühzeitige Leistungskürzung in der Verwaltungspraxis nicht umsetzbar. Der Sinn und Zweck des §1a Abs. 3 AsylbLG liege darin, ein Verhalten zu sanktionieren, welches mit ausländerrechtlichen Regelungen nicht in Einklang stehe, um damit „Anreize“ für die Befolgung dieser Vorschriften zu setzen (Siefert/Siefert AsylbLG § 1a Rn. 3; BT-Drs. 13/10155, BT-Drs. 13/11172). Eine Sanktionierung im Sinne einer Leistungskürzung könne aber erst dann in Betracht kommen, wenn dem Leistungsberechtigten tatsächlich ein ausländerrechtliches Fehlverhalten vorgeworfen werden kann. Erst ab diesem Zeitpunkt könne eine Sanktionierung ihren Sinn entfalten. Auch die Literatur knüpfe den Zeitraum der möglichen Leistungseinschränkung an die Dauer des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens an (BeckOK SozR/Korff AsylbLG § 1a Rn. 21; Siefert/Siefert AsylbLG § 1a Rn. 45; Cantzler, AsylbLG, § 1a Rn. 79). Würde man für den Beginn der Leistungskürzung an die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung anknüpfen, würde man die Leistungskürzung gerade von einem Umstand abhängig machen, der außerhalb des steuerbaren Verhaltens des Leistungsberechtigten liege. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in der Verwaltungspraxis eine Leistungskürzung ab Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung nicht umsetzbar sei. Die Vorbereitung eines Abschiebeversuchs nehme regelmäßig Monate in Anspruch. Es könne mithin naturgemäß erst Monate später zu einer Verwirklichung der Kürzungsvoraussetzungen des § 1a Abs. 3 AsylbLG kommen. Eine nachträgliche Leistungskürzung ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung sei verfahrensrechtlich nicht umsetzbar. § 45 SGB X erlaube nur die Rücknahme anfänglich rechtswidriger Leistungsbewilligungen, was gerade kein Fall von § 1a Abs. 3 AsylbLG darstelle. § 48 SGB X ermögliche nur die Rücknahme einer Leistungsbewilligung für die Zukunft ab dem Zeitpunkt, in welchem alle Voraussetzungen einer Leistungskürzung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG gegeben seien, also insbesondere auch das vom Leistungsberechtigten zu vertretendes Vereiteln eines Abschiebeversuchs. Letztlich sei die vom Gesetz vorgesehene 6-monatige Leistungskürzung (§ 14 Abs. 1 AsylbLG) ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung in der Praxis nicht durchsetzbar. Der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 1a Abs. 3 AsylbLG, das Ausländerrecht durchzusetzen, könne daher rechtspraktisch nicht wirksam verwirklicht werden. Der Wortlaut der Norm sei daher teleologisch zu reduzieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid vom 27.02.2025 ist statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag, in den Fällten, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Soweit der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist, besteht keine Veranlassung zum sofortigen Vollzug. Ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides gegeben, wirkt sich die Interessenabwägung zugunsten der Behörde aus. Bei offenem Ausgang bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Im Rahmen der Interessenabwägung kommt der Verpflichtung zum Schutz der Grundrechte eine besondere Bedeutung zu. Nach dem BVerfG (NJW 2003, 3617 (3618 f.) entspreche es der Funktion von Präventivmaßnahmen, mit denen für eine Zwischenzeit ein Sicherungszweck verfolgt werde, ausnahmsweise den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben seien, hänge von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Bewilligung konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lasse. Die rechtsschützende Funktion des Prozessrechts stehe demnach unter grundrechtlichem Einfluss (BeckOGK/Wahrendorf, 1.11.2024, SGG § 86b Rn. 81, 82, beck-online). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzungen entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich – etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte –, ist es von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann auf der Grundlage einer Folgenabwägung erfolgt (so: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. September 2024 – L 4 AY 19/24 B ER –, Rn. 32, juris).
Dem Antrag war zu entsprechen, da der Bescheid vom 27.02.2025 offenbar rechtswidrig ist.
Der Antragsgegner hob mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.02.2025 den Bescheid vom 12.12.2024 auf und gewährte ab dem 01.04.2025 Leistungen nach § 1a Absatz 3 AsylbLG.
Nach § 1a Abs. 1 AsylbLG haben Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.
Nach Abs. 3 erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1.
Vorliegend kann für den Zeitraum ab 01.04.2025 dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen des § 1a Abs. 3 AsylbLG vorliegen, da jedenfalls der Zeitraum der Leistungseinschränkung am 01.04.2025 bereits abgelaufen war. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des HLSG im Beschluss vom 11.11.2024, unter dem Aktenzeichen L 4 AY 13/24 B ER, an. Danach enthält § 1a Nr. 2 AsylbLG nach seinem Wortlaut für den Beginn der Leistungseinschränkung einen festen Zeitpunkt. Die Ausführungen des Antragsgegners hinsichtlich der Festlegung des Beginns der Leistungseinschränkung auf den Zeitpunkt des Verstoßes gegen die Nachtzeitverfügung sind nachvollziehbar, stehen aber im Widerspruch zu dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Nach § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG ist der Beginn der Leistungseinschränkung auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung bzw. -anordnung folgende Tag bestimmt (Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 1a AsylbLG (Stand: 14.01.2025), Rn. 74_1). Somit tritt der Beginn der Leistungseinschränkung am Tag nach dem sperrzeitbegründenden Ereignis ein und ist leistungsrechtlich nach Maßgabe des Verwaltungsverfahrensrechts umzusetzen (HLSG, Beschluss vom 11.11.2024, L 4 AY 13/24 – juris). Damit durfte die Leistungseinschränkung unter Berücksichtigung der seit dem 01.10.2024 vollziehbaren Abschiebungsanordnung frühestens am 02.10.2024 beginnen und endete am 01.04.2025.
Dem Antrag war daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.