BESCHLUSS
In dem Rechtstreit
xxx,
Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55,, 37073 Göttingen
– Antragsteller –
gegen
Stadt Halle (Saale), vertr. d. d. Oberbürgermeister, Fachbereich Recht,
Marktplatz 1, 06108 Halle
– Antragsgegnerin –
hat die 17. Kammer des Sozialgerichts Halle ohne mündliche Verhandlung am 07. Mai 2025 durch den Vorsitzenden, den Richter am Sozialgericht xxx, beschlossen:
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragstellerin für den Zeitraum ab dem 26.03.2025 bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Widerspruch vom 24.03.2025 längstens jedoch bis zum 25.09.2025 vorläufig monatlich weitere Geldleistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 und 2 AsylbLG in Höhe von insgesamt 19,00 € zu gewähren.
2. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
GRÜNDE
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufig höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der am xxx geborene Antragsteller ist nach eigenen Angaben Angehöriger der Arabischen Republik Syrien. Dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 17.06.2024, Aktenzeichen: 2 B 154/24 MD, ist zu entnehmen, dass der Antragsteller einen Folgeantrag nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG gestellt hatte. Der Bundesrepublik Deutschland wurde darin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG in der Person des Antragstellers vorliegen. Der Antragstellerin war im Besitz einer bis zum 27.04.2025 gültigen Duldung. Seit dem 27.11.2024 bewohnt der Antragsteller eine Wohnung in der xxx, 06124 Halle.
Nachdem der zuvor zuständige Altmarkkreis Salzwedel die dem Antragsteller bewilligten Leistungen nach dem AsylbLG mit Bescheid vom 03.02.2025 mit Wirkung ab dem 01.02.2025 aufgehoben hatte, bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 18.03.2025 Leistungen nach dem AsylbLG ab Februar 2025 iHv. 644,50 € monatlich. Die Leistungsbewilligung umfasst Grundleistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 und 2 AsylbLG, darin eingeschlossen Geldleistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs und des notwendigen Bedarfs iHv. 397,00 € (= 177,00 € + 220,00 €). Dagegen legte der Antragsteller mittels Schriftsatzes seines Prozessbevollmächtigten vom 24.03.2025 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, ihm stünden Geldleistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs und des notwendigen Bedarfs nach der Regelbedarfsstufe 1 zu, wegen Bestandsschutzes zudem in Höhe der im Jahre 2024 gültigen Beträge, nämlich monatlich 460,00 €.
Am 26.03.2025 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz bei dem erkennenden Gericht nachgesucht. Die Antragsgegnerin sei vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller ab Antragseingang bei Gericht Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 zu bewilligen. Zur Begründung hat er die Ausführungen zur Widerspruchsbegründung wiederholt.
Mit Änderungsbescheid vom 03.04.2025 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller ab Februar 2025 bis auf Weiteres höhere Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG bewilligt, darin eingeschlossen Geldleistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs und des notwendigen Bedarfs iHv. monatlich insgesamt 441,00 € (= 196,00 € + 245,00 €).
Der Antragsteller hat danach vorgetragen, es liege weiterhin eine monatliche Unterdeckung vor, und zwar in Höhe von 19,00 €. Er ist der Auffassung, ihm stünden monatlich Geldleistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG iVm. Nr. 1 Lit. a) und Nr. 2 Lit. a) der Bekanntmachung vom 19.10.2023 (BGBl I, 2023, Nr. 288, S. 1- 2) in Höhe von 460,00 € zu. Der Verweis in § 3a Abs. 4 AsylbLG auf die Fortschreibung der Geldbeträge nach den Absätzen 1 und 2 zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a SGB XII in Verbindung mit der Regelbedarfsstufen- Fortschreibungsverordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII beinhalte zugleich den Verweis auf die Bestandsschutzklausel des § 28a Abs. 5 SGB XII.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers vom 24.03.2025 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2025 (Az.: 4573.423055) in Gestalt des Bescheides vom 03.04.2025 ab dem 26.03.2025 monatlich weitere 19,00 Euro Leistungen nach dem AsylbLG für die Dauer von 6 Monaten zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag der Antragstellerinnen abzulehnen.
Er hält das Gesuch der Antragstellerinnen um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes für unbegründet. Der Verweis in § 3a Abs. 4 AsylbLG auf die Veränderungsrate iSd. § 28a SGB XII in Verbindung mit der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII schließe die Bestandsschutzklausel des § 28a Abs. 5 SGB XII nicht ein. Außerdem sei jedenfalls nach dem Änderungsbescheid vom 03.04.2025 ein Anordnungsanspruch nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Leistungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
Der prozessuale Anspruch (Streitgegenstand) des vorliegenden Verfahrens einstweiligen Rechtsschutzes ist auf die Verpflichtung des Antragsgegners gerichtet, aufgrund gerichtlicher Anordnung dem Antragsteller für den Zeitraum vom 26.03.2025 bis 25.09.2025 einschließlich vorläufig weitere Geldleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG zu gewähren, und zwar iHv. monatlich 19,00 €.
Der von dem Antragsteller nachgesuchte vorläufige Rechtsschutz beurteilt sich nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei in der Weise in einer Wechselbeziehung, dass an die Glaubhaftmachung des einen umso weniger Anforderungen zu stellen sind, je wahrscheinlicher das Vorliegen des anderen ist. Auf die Glaubhaftmachung sowohl des Anordnungsanspruches als auch des Anordnungsgrundes kann nicht verzichtet werden. Sie betrifft nicht allein die zugrundeliegenden Tatsachen, sondern auch die rechtlichen Aspekte.
Eine vorläufige Regelung durch gerichtliche Anordnung hat sich nach summarischer Prüfung als erforderlich erwiesen. Der Antragsteller hat Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller für den Zeitraum 26.03.2025 bis 25.09.2025 monatlich Geldleistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG iVm. Nr. 1 Lit. a) und Nr. 2 Lit. a) der Bekanntmachung vom 19.10.2023 (BGBl I, 2023, Nr. 288, S. 1- 2) in Höhe von insgesamt 460,00 € zu gewähren. Bei der Ermittlung der Leistungshöhe für die Teilzeiträume 26.03.2025 bis 31.03.2025 und 01.09.2025 bis 25.09.2025 ist gemäß § 3 Abs. 5 Satz 2 AsylbLG zu berücksichtigen, dass der Monat mit 30 Tagen berechnet wird.
Der Antragsteller ist Leistungsberechtigter iSd. § 1 Abs. 1 AsylbLG. Er hatte einen Folgeantrag nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG gestellt. Insofern käme eine Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über die Durchführung eines Asylverfahrens (BAMF) in Betracht. Der Ausgang des Vorprüfungsverfahrens ist nicht mitgeteilt. Wegen der bis zum 27.04.2025 gültigen Duldung wäre auch eine Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG denkbar. Ob eine Verlängerung der Duldung erfolgte, ist ebenfalls nicht mitgeteilt. Die Leistungsberechtigung ergibt sich zumindest aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Danach sind Ausländer leistungsberechtigt, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist. Nach § 50 Abs. 1 AufenthG sind Ausländer, die einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzen und sich nicht oder nicht mehr auf ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei berufen können, ausreisepflichtig. Ein rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland endet mit Erlöschen des Aufenthaltstitels unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AufenthG. Vollziehbar ist die Ausreisepflicht kraft Gesetzes unter den Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 AufenthG vollziehbar.
Die Berücksichtigung der Geldbeträge nach Nr. 1 Lit. a) und Nr. 2 Lit. a) der auf § 3a Abs. 4 Satz 3 AsylbLG beruhenden Bekanntmachung vom 23.10.2024 (BGBl I, 2023, Nr. 325, S. 1-2) hat zur Leistungsbewilligung gemäß Änderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 03.04.2025 geführt. Die Bekanntmachung ist jedoch nicht mit § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG iVm. § 1 Abs. 2 Satz 3 RBSFV 2025 iVm. § 28a Abs. 5 SGB XII vereinbar.
Es ist zwar umstritten, ob die Bekanntmachung nach § 3a Abs. 4 Satz 3 AsylbLG rein informatorischen Charakter zum Zwecke der einheitlichen Rechtsanwendung und damit eine lediglich deklaratorische Bedeutung hat, oder ob ihr ein rechtsverbindlicher Charakter zukommt (vgl. eine Übersicht über den Streit bei Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 3a AsylbLG (Stand: 23.12.2024), Rn. 126 f.). Dieser Streit kann hier jedoch unentschieden bleiben, denn entweder enthält die Bekanntmachung eine fehlerhafte Information durch das BMAS (bei informatorischem Charakter) oder sie verstößt gegen höherrangiges Recht (bei rechtsverbindlichem Charakter).
Gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG findet § 28a Abs. 5 SGB XII iVm. § 1 Abs. 2 Satz 3 RBSFV 2025 auf die Berechnung der Geldbeträge in § 3a Abs. 1 und 2 AsylbLG Anwendung. Das ergibt die Auslegung des § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG (im Ergebnis ebenso: SG Marburg, Beschluss vom 14.02.2025 – S 16 AY11/24ER –, juris, Rn. 36 ff.).
Nach dem Wortlaut des § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG werden die Geldbeträge nach § 3a Abs. 1 und 2 AsylbLG „jeweils zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach § 40 Satz 1 Nummer 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch fortgeschrieben“. Die Fortschreibung knüpft danach an die Veränderungsrate an.
§ 3a Abs. 4 AsylbLG soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicherstellen, dass sich die Höhe der Geldbeträge nach § 3a AsylbLG analog zu den Leistungen nach dem SGB XII entwickeln. Das kann den Gesetzesmaterialien zur am 31.08.2019 außer Kraft getretenen Vorgängervorschrift § 3 Abs. 4 AsylbLG (Gesetzentwurf der Bunderegierung vom 22.09.2014, BT-Drucksache 18/2592, Seite 24 [zu Nummer 4, Buchstabe c]) entnommen werden. Dort heißt es:
„Die bisherige Regelung zur Leistungsanpassung in § 3 Absatz 3 wird durch eine neue Regelung zur Fortschreibung der Leistungen in Absatz 4 ersetzt. Bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB XII und dem AsylbLG wird von einer einheitlichen Datenbasis der Sonderauswertung – der EVS 2008 – ausgegangen. Da die Abweichung der maximal ermittelten Bedarfe im AsylbLG und SGB XII lediglich bei etwa zehn Prozent liegt, können die Bedarfe nach dem AsylbLG mit demselben Fortschreibungsmechanismus wie im SGB XII fortgeschrieben werden.“
Daraus folgt die für Leistungsanpassung der Grundleistungen zentrale Erwägung, die Bedarfe nach dem AsylbLG mit demselben „Fortschreibungsmechanismus“ wie im SGB XII fortzuschreiben. Für die sogenannten Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG ist zudem der Verweis in § 2 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG auf das Regelbedarfsermittlungsgesetz und die §§ 28a und 40 SGB XII zu beachten.
Bestandteil dieses Fortschreibungsmechanismus wurde der zum 01.01.2023 in Kraft getretene § 28a Abs. 5 SGB XII. Das folgt unmittelbar aus § 28a Abs. 1 SGB XII (in der seit dem 01.01.2023 geltenden Fassung). Die Vorschrift regelt ausdrücklich, dass für die Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 SGB XII die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 des § 28a SGB XII fortgeschrieben werden.
§ 28a Abs. 5 SGB XII bestimmt, dass die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weitergelten, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben, wenn sich aus der Fortschreibung nach § 28a Abs. 2 bis 4 SGB XII für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge ergeben, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind.
Absatz 5 des § 28a SGB XII fand Eingang in das SGB XII mit dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz) vom 16.12.2022 (BGBl. I, Nr. 51, 2328). In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucksache 20/3873, S. 110) heißt es zu § 28a Abs. 5 SGB XII:
„Die jährliche Fortschreibung der Regelbedarfsstufen kann in Ausnahmefällen bei entsprechenden Veränderungsraten des Mischindexes und der aktuellen Veränderungsraten des regelbedarfsrelevanten Preisindexes im zweiten Quartal zur Folge haben, dass die Regelbedarfsstufen für das kommende Kalenderjahr niedriger ausfallen als im laufenden Kalenderjahr. Dies wird durch Absatz 5 verhindert. Die geltenden Beträge sind solange weiter zu zahlen, bis sich durch eine Fortschreibung ein höherer Betrag ergibt. Vergleichbare Regelungen hat es bereits in der Vergangenheit in Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzen gegeben, wenn durch die Neuermittlung der Betrag einer Regelbedarfsstufe unterhalb des geltenden Betrags lag. Der Differenzbetrag wird durch die nachfolgende oder die nachfolgenden Fortschreibungen abgeschmolzen.“
Eine Änderung des § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG erfolgte nicht; die Vorschrift ist weiterhin in der Fassung des Gesetzes vom 09.12.2020 (BGBl. I, Nr. 61, 2855) in Kraft. Bereits die durch den Beschluss des BVerfG vom 19. Oktober 2022 (– 1 BvL 3/21 –, juris) eingetretenen Auswirkungen auf das Regelungskonzept von § 3a Abs. 1 Nr. 2 Lit. b, Abs. 2 Nr. 2 Lit. b AsylbLG und § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AsylbLG (vgl. BSG, Vorlagebeschluss vom 26.09.2024 – B 8 AY 1/22 R –, Rn. 35, juris; SG Halle (Saale), Beschluss vom 28.02.2024 – S 17 AY 1/24 ER –, Rn. 38, juris) hatte der Gesetzgeber nicht zum Anlass für eine Änderung des § 3a AsylbLG genommen.
Gemäß § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates u.a. die für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a SGB XII und für die Fortschreibung des Teilbetragsnach § 34 Abs. 3a Satz 1 SGB XII die maßgeblichen Prozentsätze zu bestimmen und nach Nr. 2 die Anlagen zu den §§ 28 und 34 SGB XII um die sich durch die Fortschreibung nach Nr. 1 zum 1. Januar eines Jahres ergebenden Regelbedarfsstufen sowie um die sich aus der Fortschreibung nach § 34 Abs. 3a Satz 1 und 2 SGB XII ergebenden Teilbeträge zu ergänzen.
In dem auf § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII beruhenden § 1 Abs. 2 Satz 2 RBSFV 2025 stellt der Verordnungsgeber fest, dass die sich aus der Fortschreibung zum 01.01.2025 ergebenden Eurobeträge der Regelbedarfsstufen niedriger als die für das Jahr 2024 bestimmten Eurobeträge sind, weshalb die der Eurobeträge für das Jahr 2024 ab dem 01.01.2025 fortgelten (§ 1 Abs. 2 Satz 3 RBSFV 2025). Dies gilt wegen des Verweises in § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG auch für die Geldbeträge nach § 3a Abs.1 und 2 AsylbLG.
Die Regelungsanordnung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile der Antragstellerinnen für den Zeitraum 26.03.2025 bis 25.09.2025 erforderlich. Das Erfordernis beruht darauf, dass der Antragsgegner Grundleistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG in zu niedriger Höhe bewilligt hat. Die darin enthaltenen Geldleistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs (§§ 3 Abs. 1 Satz 2, 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG) sollen der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bezogen auf das soziokulturelle Existenzminimum dienen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.01.2021 – L 8 AY 21/19 –, juris, Rn. 95). Bei der Bestimmung dieser Leistungen hat der Gesetzgeber aber nicht hinreichend belegt, dass sich die Aufenthaltsdauer konkret auf existenzsichernde Bedarfe auswirkt und inwiefern dies die gesetzlich festgestellte Höhe der Geldleistungen tragen könnte (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, aaO.). Das gilt erst Recht seit der Verlängerung der Wartefrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG auf 36 Monate durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21.02.2024 (BGBl. I, Nr. 54, S. 1-14). Schon die Unterschreitung der derzeit geltenden Geldleistungsbeträge (s.o.) führt deshalb in der Regel bereits zur Glaubhaftmachung wesentlicher Nachteile. Höhere Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes sind vorliegend nicht zu stellen. Insbesondere kann nicht vom Unterschreiten einer Bagatellgrenze ausgegangen werden. Bei dem vorliegenden Streit um die zutreffende Bemessung monatlicher Grundleistungen unterschreitet der monatlich strittige Betrag von 19,00 € eine rechtlich kaum bestimmbare Bagatellgrenze nicht. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind zudem weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage – wie im vorliegenden Fall – das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist (vgl. SG Marburg, aaO., Rn. 47).
Ein Anordnungsgrund besteht regelmäßig nur bezüglich Leistungen für die Gegenwart oder die nahe Zukunft. Das ist hier mit einem Zeitraum von 6 Monaten noch gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 172 Absatz 3 Nr. 1 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.