BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
xxx,
Antragsteller,
Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam
Lange-Geismar-Straße 55, 37073 Göttingen,
gegen
Land Hessen,
vertreten durch das Regierungspräsidium Gießen,
Lilienthalstraße 2, 35394 Gießen,
Antragsgegnerin,
hat die 30. Kammer des Sozialgerichts Gießen am 17. Juli 2025 durch die Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht xxx, beschlossen:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab Eingang des Antrages im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG in gesetzlichem Umfang bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag des Antragstellers vom 18.06.2025 auf Überprüfung des Bescheides des Antragsgegners vom 24.03.2025 längstens jedoch bis zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das erstinstanzliche Antragsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt Sven Adam, Lange-Geismar-Straße 55, 37073 Göttingen bewilligt. Die Beiordnung erfolgt zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts.
GRÜNDE
I.
Der Antragsteller ist am xx.xx.2006 in Afghanistan geboren, vom Volk der Pashtunen, sunnitischer Religionszugehörigkeit und reiste am 20.12.2024 in die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerte bei der EAE Hessen ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt durch behördliche Mitteilung am 02.01.2025 schriftlich Kenntnis erlangt hat. Der Antragsteller stellte am 06.01.2025 einen förmlichen Asylantrag.
Mit Bescheid vom 16.01.2025 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen gemäß § 3 i.V.m. § 3a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Mit Bescheid vom 04.02.2025 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gemäß § 29 Abs.1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Kroatien an.
Mit Schreiben vom 04.03.2025 hörte der Antragsgegner den Antragsteller hinsichtlich einer beabsichtigten Leistungseinstellung gemäß § 1 Abs. 4 AsylbLG an. Eine Stellungnahme erfolgte am 12.03.2025.
Mit Einstellungsbescheid vom 24.03.2025 nahm der Antragsgegner den Bewilligungsbescheid vom 16.01.2025 mit sofortiger Wirkung gem. § 9 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG i.V. mit § 45 SGB X zurück und teilte dem Antragsteller mit, dass er künftig gem. § 1 Abs. 4 AsylbLG keine Leistungen mehr erhalte, bis auf Überbrückungsleistungen höchstens für eine Dauer von zwei Wochen bis zum 10.04.2025.
Hinsichtlich dieses Bescheids stellte der Antragsteller vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten am 18.06.2025 einen Überprüfungsantrag.
Der Antragsteller hat, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 18.06.2025 Antrag im einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Überprüfung des Bescheides vom 24.03.2025 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG ab Eingang dieses Antrages bei Gericht zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Leistungsakte Bezug genommen.
II.
Der statthafte Antrag auf einstweilige Anordnung gemäß § 86b Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig und begründet.
Der „Widerspruch“ bzw. Überprüfungsantrag des Antragstellers vom 18.06.2025 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 24.03.2025 ist vorliegend verfristet, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausscheidet.
Gemäß § 86b Absatz 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache aber auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Gemäß Satz 2 sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend wird der Erlass einer Regelungsanordnung begehrt.
Dabei sind sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen (§ 86b Absatz 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 ZPO). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch stehen insoweit in Wechselbeziehung zueinander als die Anforderungen an die Erfolgsaussichten der Hauptsache (dem Anordnungsanspruch) mit zunehmender Eilbedürftigkeit und Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) sinken und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist daher dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dann stattzugeben.
Die richterliche Überzeugungsgewissheit in Bezug auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes erfordert insoweit eine lediglich überwiegende Wahrscheinlichkeit (s. SG Dresden, Beschluss vom 11. September 2006 – S 34 AS 1334/06 ER, juris, Rn. 20; Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 13. Auflage, 2020, § 86b Rn. 41). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b SGG (Stand: 16.09.2024), Rn. 426). Die Prüfung der Rechtslage erfolgt auf Grund einer summarischen Prüfung des zu Grunde liegenden Lebenssachverhalts (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b SGG (Stand: 16.09.2024), Rn. 64 m.w.N.).
Könnten ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden können, sind die Gerichte (nach Art. 19 Abs. 4 GG) verpflichtet, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch zu prüfen, sondern abschließend, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen; ist eine abschließende Prüfung nicht möglich, ist eine Folgenabwägung durchzuführen (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 12. Oktober 2018 – L 9 AS 462/18 B ER, juris, Rn. 22; BVerfG[K], Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 1241/16, juris, Rn. 11).
Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, dass der Antragsgegner vorläufig ab Antragstellung im einstweiligen Rechtsschutz zu verpflichten ist, Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG in gesetzlichem Umfang bis zur Entscheidung über den Überprüfungsantrag längstens jedoch bis zur Ausreise des Antragstellers aus der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren.
Vorliegend hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch, als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Am Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes besteht kein schützenswertes öffentliches Interesse. Die Verfügung darin ist voraussichtlich offensichtlich rechtswidrig ergangen und verletzt subjektive Rechte des Antragstellers. Die Aufhebung der vormaligen Leistungsbewilligung ist unrechtmäßig, denn sie verstößt mutmaßlich gegen Europarecht und Verfassungsrecht.
Zwar ist der Widerspruch verfristet eingereicht worden und der Einstellungsbescheid bestandskräftig geworden. Grundsätzlich besteht für ein Begehren, das bereits mit bestandskräftigem Verwaltungsakt abgelehnt worden ist, kein Anordnungsanspruch. Durch die Bestandskraft steht fest (§ 77 SGG), dass der Antragsgegner dem Antragsteller die begehrten Leistungen nicht zu gewähren hat.
Etwas anderes kann nur der Fall sein, wenn hinsichtlich des bestandskräftigen Bescheides ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X anhängig ist und die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides nach § 44 SGB X unzweifelhaft vorliegen, der Bescheid also offensichtlich rechtswidrig ist (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b SGG (Stand: 22.05.2025), Rn. 397).
Dies ist hier der Fall. Der Widerspruch ist als Überprüfungsantrag zu werten. Zudem ist der Einstellungsbescheid offensichtlich rechtswidrig, da dieser voraussichtlich sowohl verfassungs- als auch europarechtswidrig ist.
Die Verfassungswidrigkeit der Regelung würde in einem Hauptsacheverfahren dazu führen, dass das Gericht insoweit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 GG einholen müsste. Das dem BVerfG vorbehaltene Verwerfungsmonopol hat zwar zur Folge, dass ein Gericht Folgerungen aus der von ihm angenommenen Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes im Hauptsacheverfahren erst nach deren Feststellung durch das BVerfG ziehen darf. Die Fachgerichte sind jedoch durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht gehindert, schon vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des BVerfG auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird (BVerfG, Beschluss vom 24.06.1992 – 1 BvR 1028/91 –, Rn. 29). Nach der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts ist § 1 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG wahrscheinlich sowohl europarechtswidrig als auch verfassungswidrig und hat daher unangewendet zu bleiben.
Nach obergerichtlicher Rechtsprechung unterfallen Antragsteller auf internationalen Schutz – und damit auch abgelehnte Dublin-Fälle – den Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie (EuGH, Urt. v. 27. September 2012 – C-179/11, BSG, Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 25.07.2024 – B 8 AY 6/23 – Rn. 17). Das BSG hat mit dem vorgenannten Beschluss vom 25.07.2024 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob eine Regelung eines Mitgliedstaats, die Antragstellern auf internationalen Schutz abhängig von ihrem Status als vollziehbar Ausreisepflichtige innerhalb der Überstellungsfrist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ausschließlich einen Anspruch auf Unterkunft, Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege und Behandlung im Krankheitsfall sowie nach den Umständen im Einzelfall Kleidung und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts gewährt, das in Art. 17 Abs. 2 und Abs. 5 RL 2013/33/EU beschriebene Mindestniveau abdeckt.
Eine nationale Regelung, die – wie § 1 Abs. 4 AsylbLG a. F. – lediglich Überbrückungsleistungen für 2 Wochen vorsieht, genügt daher vermutlich ebenfalls nicht den europarechtlichen Vorgaben. Dass Überbrückungsleistungen in Form von Geldleistungen nach § 1 Abs. 4 Satz 5 Hs. 2 AsylbLG ausgeschlossen sind, verstößt zudem gegen Art 2 Buchst. g) der Richtlinie 2013/33/, wonach im Rahmen der Aufnahme als materielle Leistungen neben Unterkunft, Verpflegung und Kleidung insbesondere Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs zu gewähren sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Behörden und Gerichte in Deutschland europarechtlich verpflichtet, eine Regelung, die gegen europäisches Recht verstößt, unangewendet zu lassen, um die weitere effektive Geltung der unionsrechtlichen Vorgaben sicherzustellen. Ein nationales Gericht habe für die volle Wirksamkeit der unionsrechtlichen Normen Sorge zu tragen und erforderlichenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen (vgl. EuGH, Rechtssache 106/77, Urteil vom 09.03.1978, EuGH Simmenthal II).
Der Antragsteller hat insoweit glaubhaft gemacht, dass sich der Bescheid vom 24.03.2025 voraussichtlich offensichtlich als rechtswidrig erweisen wird. Er hat gewichtige Gründe vorgetragen, die gegen eine Rechtmäßigkeit dieses Bescheides sprechen.
§ 1 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG verletzt insoweit nach Auffassung des Gerichts die europarechtlichen Regelungen über Mindeststandards der Versorgung während des Asylverfahrens aus Art. 17 bis 20 der Aufnahme-Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (EURL 2013/33), weil Art. 20 Abs. 5 Satz 1 RL 2013/33/EU ausdrücklich verlangt, dass Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten Leistungen (Art. 2 Buchstabe g RL 2013/33/EU) unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu treffen sind. Nach dem Urteil des BVerfG vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – juris) können migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell höheres Leistungsniveau zu vermeiden, von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren (vgl. BVerfG vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – juris).
Zwar ist dem Antragsgegner zuzugestehen, dass das BAMF den Asylantrag als unzulässig erachtet hat und auch die Abschiebung des Antragstellers in den für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat – hier: Kroatien – angedroht hat, die tatsächliche Umsetzung erfordert jedoch zumindest noch ein tatsächliches Tätigwerden der Ausländerbehörde im Sinne eines bestandskräftigen Abschiebungsbescheides des BAMF.
§ 1 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG verletzt ferner voraussichtlich das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG. Bei § 1 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG handelt es sich um einen vollständigen Leistungsausschluss, der durch das Vorenthalten einer materiellen Existenzgrundlage Einreiseanreize vermeiden und zur Ausreise aus Deutschland motivieren soll. Als solcher ist der Leistungsausschluss erst recht verfassungswidrig.
Bereits weniger schwerwiegende Maßnahmen in der Form bloßer Leistungsabsenkungen dürfen unter Beachtung der Grundrechte nicht mit migrationspolitischen Erwägungen gerechtfertigt werden (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 1 AsylbLG (Stand: 23.12.2024), Rn. 55), denn ein vollständiger Leistungsausschluss für Personen, die sich tatsächlich noch im Bundesgebiet aufhalten, ist nicht zu vereinbaren mit der temporären Reichweite des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG. Dem sog. Aktualitätsgrundsatz (bzw. „Gegenwärtigkeitsprinzip“) zufolge ist die menschenwürdige Existenz einschließlich des soziokulturellen Minimums ab Beginn des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland bis zu deren Ende zu sichern. Auch eine kurze Aufenthaltsdauer oder -perspektive rechtfertigt es gerade nicht, den Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum auf die Sicherung der physischen Existenz zu beschränken (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 1 AsylbLG (Stand: 23.12.2024), Rn. 54 ff.). Eine Sicherstellung der/des Elementarbedürfnisse/Existenzminimums ist Menschenrecht, welches dort verwirklicht werden muss, wo sich die Person tatsächlich aufhält.
Eine politisch möglicherweise gewünschte, aber rechtlich erst durch weitere Schritte einer anderen Behörde zu verwirklichende Ausreise einer Person kann unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht dadurch „erzwungen“ werden, dass dem Menschen das Existenzminimum verweigert wird, sondern muss gesetzeskonform durch die Ausländerbehörde, z.B. durch Abschiebeverfahren erfolgen.
Ein Anordnungsanspruch ist mithin hinreichend glaubhaft gemacht. Zudem ist ein Anordnungsgrund gegeben. Im vorliegenden Fall ist dem Eilantrag daher stattzugeben.
Dem Antragsteller ist auch für das vorliegende Eilverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu bewilligen. Gemäß §§ 73a SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder auf Raten aufbringen kann auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Der Beteiligte hat dabei gemäß § 115 ZPO sein Einkommen und Vermögen gemäß den gesetzlichen Vorgaben einzusetzen. Nachdem der Antragsteller Asylbewerberleistungen erhält, ist er aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, den Rechtsstreit aus eigenen finanziellen Mitteln zu bestreiten. Sein Eilantrag verspricht aus den vorstehend dargelegten Gründen auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.


