Sozialgericht Halle – Gerichtsbescheid vom 18.07.2025 – Az.: S 17 AY 11/25

GERICHTSBESCHEID

In dem Rechtsstreit

xxx,

Prozessbevollm.:
Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange-Geismar-Straße 55, 37073 Göttingen

– Kläger –

gegen

Burgenlandkreis, vertr. d. d. Landrat, – Rechtsamt -,
Schönburger Straße 41, 06618 Naumburg

– Beklagte –

hat die 17. Kammer des Sozialgerichts Halle ohne mündliche Verhandlung am 18. Juli 2025 durch den Richter am Sozialgericht xxx für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers vom 27.09.2024 gegen den Bescheid vom 26.09.2024 (Az.: IV/33.3.6/334001/CMR 66702) zu entscheiden.

2. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

TATBESTAND

Der Kläger begehrt die Entscheidung über einen Widerspruch.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mittels Bescheides vom 26.09.2025 für die Zeit ab 01.03.2023 monatliche Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe eines Geldbetrages von 369,22 € nach Abzug eines Stromanteils von 40,78 €. Unterkunft wird als Sachleistung gewährt. Dagegen legte der Kläger mittels anwaltlichem Schriftsatz vom 27.09.2024 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, Bedarfe für Unterkunft, Heizung, Hausrat, Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie würden nach § 3a Abs. 2 AsylbLG nicht als Geldleistung erbracht; ein Abzug von der Geldleistung sei daher nicht zulässig.

Am 05.02.2025 erhob der Kläger Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG. Der Beklagte habe über den Widerspruch noch nicht entschieden.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch des Klägers vom 27.09.2024 gegen den Bescheid vom 26.09.2024 (Az.: IV/33.3.6/334001/CMR 66702) zu entscheiden.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.02.2025 vorgetragen, die Klage wegen Untätigkeit werde anerkannt, der Widerspruch zeitnah bearbeitet.

Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 19.05.2025 sein Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt hat, hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.06.2025 mitgeteilt, der Widerspruch sei noch nicht abschließend bearbeitet; es bestehe ebenfalls Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Auf gerichtliche Anfrage vom 16.07.2025 hat der Beklagte mit Schreiben vom 17.07.2025 angegeben, weder sei der Widerspruch abschließend bearbeitet, noch sei er an das Landesverwaltungsamt abgegeben worden. Das Fachamt warte auf eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ergänzend verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie nach Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG von 3 Monaten nach Einreichung des Widerspruchs vom 27.09.2024 erhoben worden.

Sie ist auch begründet.

Der prozessuale Anspruch (Streitgegenstand) ist nach § 88 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 SGG allein auf die Entscheidung über den Widerspruch vom 27.09.2025 gerichtet. Ein bestimmter Inhalt der Entscheidung ist nicht Bestandteil des streitgegenständlichen Begehrens.

Der Beklagte als Ausgangsbehörde ist im vorliegenden Verfahren passivlegitimiert. Er entscheidet, ob er dem Widerspruch abhilft (§ 85 Abs. 1 SGG) oder ihn der Widerspruchsbehörde vorlegt. Das ist hier das Landesverwaltungsamt als nächsthöherer Behörde (§ 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG iVm. §§ 4 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4, 9 Abs. 2 OrgG LSA). Da der Widerspruch dem Landesverwaltungsamt bislang nicht vorliegt, hat der Devolutiveffekt nicht zu dessen Zuständigkeit im Wege der Funktionsnachfolge geführt (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 18. Juli 2006 – L 11 B 727/05 SO –, juris, Rn. 15).

Zureichende Gründe iSd. § 88 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 SGG hat der Beklagte weder dargelegt noch geltend gemacht. Es ist nicht erkennbar, warum er nicht über den Widerspruch entscheidet. Ein Gerichtsbescheid ist für die Entscheidung über den Widerspruch erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Gericht hat trotz des Schriftsatzes des Beklagten vom 17.07.2025 im Interesse der Verfahrensbeendigung davon abgesehen, gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG darauf hinzuweisen, dass die Fortsetzung der Rechtsverteidigung missbräuchlich erfolgt. Den Ausführungen des Beklagten, das Fachamt warte auf eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid, kann nämlich im Umkehrschluss entnommen werden, dass eine Entscheidung getroffen werden könnte. Warum ein Gerichtsbescheid für das Fachamt erforderlich sein soll, kann rechtlich nicht nachvollzogen werden.

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.