§ 1a Abs. 7 AsylbLG wurde gestrichen und der betroffene Personenkreis (Geflüchtete im Dublin-Verfahren) wurde einem vollständigen Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 4 AsylbLG zugeordnet. Geldleistungen sind hiernach verboten und das sog. „unabweisbar“ Gebotene ist zurückkehrt. Das ist bereits verfassungsrechtlich nicht haltbar.
Im Fall des aufgehobenen § 1a Abs. 7 AsylbLG hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 26.07.2024 in dem Verfahren zu dem Az.: B 8 AY 6/23 R den Rechtsstreit aber sogar ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Artikel 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union diverse Fragen zur Auslegung der Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU) in Verbindung mit der Dublin-III-Verordnung zur Vorabentscheidung vorgelegt. Wenn die gekürzten Leistungen nach § 1a Abs. 7 AsylbLG europarechtswidrig sind, ist der Leistungsausschluss dies erst recht.
Update 20.02.2025: Indes haben die Sozialgerichte Landshut, Darmstadt und Karlsruhe aufgrund der voraussichtlichen Europarechtswidrigkeit der Regelung in § 1 Abs. 4 AsylbLG die jeweils zuständigen Behörden vorläufig zur Zahlung von Grundleistungen verpflichtet (Sozialgericht Landshut, Beschluss vom 18.12.2024, Az.: S 11 AY 19/24 ER; Sozialgericht Darmstadt, Beschluss vom 04.02.2025, Az.: S 16 AY 2/25 ER; Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2025, Az.: S 12 AY 424/25 ER).
Update 21.02.2025: Auch das Sozialgericht Trier hat mit Beschluss vom 20.02.2025 zu dem Az.: S 3 AY 4/25 ER die zuständige Leistungsbehörde vorläufig verpflichtet, Grundleistungen nach dem AsylbLG zu gewähren:
Zusammenfassung der Entscheidung:
- In den bisherigen Bescheiden des BAMF ist keine konkludente Feststellung enthalten, dass die Ausreise rechtlich und tatsächlich möglich ist. Die Feststellung durch das BAMF ist aber erforderliches Tatbestandsmerkmal.
- § 1 Abs. 4 AsylbLG ist voraussichtlich europarechtswidrig.
- Die Zweifel an der Europarechtskonformität von § 1 Abs. 4 AsylbLG müssen im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zur Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes zu Gunsten des Antragstellers ausfallen und zu einer vorläufigen Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin führen.
Update 02.03.2025: Das Sozialgericht Speyer hat sich mit Beschluss vom 20.02.2025 zu dem Az.: S 15 AY 5/25 ER der Kritik der Sozialgerichtsbarkeit an dem Leistungsausschluss des § 1 Abs. 4 AsylbLG angeschlossen und vorläufig Grundleistungen im Eilverfahren verfügt, da im Hauptsacheverfahren der § 1 Abs. 4 AsylbLG auch dem Bundesverfassungsgericht wegen Verfassungswidrigkeit vorgelegt werden müsste.
Update 25.03.2025: Das Sozialgericht Trier hat indes in acht Beschlüssen die Sozialleistungsbehörden der Verbandsgemeinde Hermeskeil, Verbandsgemeinde Konz und Stadt Trier verpflichtet, weiter Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren, weil die Regelung in § 1 Abs. 4 AsylbLG voraussichtlich europarechtswidrig ist.
Update 25.03.2025: Auch das Sozialgericht Mainz hat sich mit Beschluss vom 24.03.2025 zu dem Az.: S 10 AY 2/25 ER der Kritik an dem Leistungsausschluss des § 1 Abs. 4 AsylbLG angeschlossen und sieht die Regelung als voraussichtlich verfassungs- und europarechtswidrig an.
Update 11.04.2025: Das Sozialgericht Speyer hat auch hinsichtlich einer ohne Bescheid gekürzten Person in der Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende (AFA) in Kusel aufgrund der voraussichtlichen Europarechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses nach § 1 Abs. 4 AsylbLG die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zur vorläufigen Gewährung von ungekürzten Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG verpflichtet.
Update 11.04.2025: Auch das Sozialgericht Gießen hat aufgrund der voraussichtlichen Europarechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses nach § 1 Abs. 4 AsylbLG die Regierungspräsidium Gießen zur vorläufigen Gewährung von ungekürzten Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG verpflichtet.
Update 16.04.2025: Das Sozialgericht Trier hat ebenfalls hinsichtlich einer ohne Bescheid gekürzten Person in der Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende (AFA) in Hermeskeil aufgrund der voraussichtlichen Europarechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses nach § 1 Abs. 4 AsylbLG die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zur vorläufigen Gewährung von ungekürzten Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG verpflichtet.
Update 08.05.2025: Auch das Sozialgericht Kassel hat aufgrund der voraussichtlichen Europarechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses nach § 1 Abs. 4 AsylbLG die Regierungspräsidium Gießen zur vorläufigen Gewährung von ungekürzten Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG verpflichtet.
Betroffener Personenkreis:
Alle Bezieher*innen von Grundleistungen die einen Ausschlussbescheid nach § 1 Abs. 4 AsylbLG erhalten haben.
Praktische Vorgehensweise:
Wir raten allen Bezieher*innen von Grundleistungen die einen Ausschlussbescheid nach § 1 Abs. 4 AsylbLG erhalten haben, Widerspruch und Klage gegen den Kürzungsbescheid einzulegen.
Auch wenn die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen ist, kann rechtlich mit sog. Überprüfungsanträgen vorgegangen werden!