Regelbedarfskürzungen bei Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG für Alleinstehende und Alleinerziehende

Am 21.08.2019 ist das sog. „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ und am 01.09.2019 das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes in Kraft getreten. Beide Gesetze enthalten massive Leistungskürzungen insbesondere für Alleinstehende und Alleinerziehende in den Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen.

Mit der Neuregelung im Asylbewerberleistungsgesetz wurden zwar endlich die Bedarfssätze angepasst (nachdem die letzte Erhöhung 2016 erfolgt ist und eine Fortschreibung durch die Behörden trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht durchgeführt wurde). Allerdings hat der Gesetzgeber eine neue Bedarfsstufe für Alleinstehende eingeführt, die noch nicht in einer eigenen Wohnung wohnen. Sie erhalten genauso viel wie Ehegatten und damit nur etwa 90 % der vollen Leistungen.

Laut dem Gesetzeszweck soll „der besonderen Bedarfslage von Leistungsberechtigten in Sammelunterkünften“ Rechnung getragen werden. Es sei davon auszugehen, dass eine Gemeinschaftsunterbringung für die Bewohnerinnen und Bewohner solcher Unterkünfte Einspareffekte zur Folge hat, die denen in Paarhaushalten im Ergebnis vergleichbar sind.

Diese Regelung betrifft aktuell sämtliche Alleinstehenden und Alleinerziehenden in Sammelunterkünften (Gemeinschaftunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen), die Existenzsicherungsleistungen nach dem AsylbLG erhalten.

Auch die Betroffenen, die bereits Analogleistungen nach § 2 AsylbLG erhalten, bekamen nur noch 90 % der vorherigen Leistungen.

Diese Regelung wurde von dem Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23.11.2022 (Az.: 1 BvL 3/21) allerdings für verfassungswidrig erklärt und als Übergangsregelung verfügt, dass alle alleinstehenden erwachsenen Bezieher*innen von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG ab sofort die Regelbedarfsstufe 1 – also die volle Regelleistung – erhalten müssen. Diese Entscheidung gilt noch nicht unmittelbar auch für alleinstehende erwachsene Bezieher*innen von Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG – ist allerdings inhaltlich übertragbar. Daher sind auch alle alleinstehenden erwachsenen Bezieher*innen von Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG gehalten, nun gegen noch nicht bestandskräftige Bescheide vorzugehen.

Betroffener Personenkreis:

Alle alleinstehenden oder alleinerziehenden Bezieher*innen von AsylbLG-Leistungen in den Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen, denen die Regelbedarfsstufe 2 gewährt wird. Mit Stand vom 01.01.2025 betrifft dies mindestens alle alleinstehenden oder alleinerziehenden Bezieher*innen von AsylbLG-Leistungen in den Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt.

Praktische Vorgehensweise:

Wir raten aktuell allen Bezieher*innen von AsylbLG-Leistungen in den Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen zu prüfen, ob noch immer die sog. Regelbedarfsstufe 2 gewährt wird und ggf. Widerspruch gegen ihre noch nicht bestandskräftigen Sozialleistungsbescheide einzulegen. Auch wenn die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen ist, kann rechtlich gegen bestimmte die Kürzungen vorgegangen werden – dies sollte aber unbedingt vor einer weiteren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Kürzungen im Bereich der §§ 3, 3a AsylbLG erfolgen, da sonst Nachzahlungsansprüche verloren gehen können.


Wenn uns die erforderlichen Unterlagen übermittelt werden, übernehmen wir gerne die Vertretung und werden Widerspruch einlegen und ggf. ein sozialgerichtliches Eilverfahren einleiten.

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