1.1 – BSG Urteil vom 18.01.2011 – B 4 AS 99/10 R –
Für die Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II ist ein Fortzahlungsantrag erforderlich
Nach § 37 Abs 1 SGB II werden Leistungen auf Antrag und zudem nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht (§ 37 Abs 2 Satz 1 SGB II). Die gesetzlich geregelte einzige Ausnahme hiervon besteht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen an einem Tag eintreten, an dem der zuständige Träger von Leistungen nach dem SGB II nicht geöffnet hat. Dann wirkt ein unverzüglich gestellter Antrag auf diesen Tag zurück (§ 37 Abs 2 Satz 2 SGB II). Das Antragserfordernis gilt auch nicht nur für das erstmalige Begehren der Leistungsgewährung, sondern ebenso im Fortzahlungsfalle
Aus dem Wortlaut des § 37 SGB II lässt sich eine unterschiedliche Behandlung von Erst- und Fortzahlungsanträgen nicht entnehmen. Die Regelung stellt allgemein auf das Erfordernis der Antragstellung als Voraussetzung für den Leistungsbeginn ab. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird betont, dass der Antrag auf Leistungen konstitutive Wirkung habe, sodass Leistungen erst ab Antragstellung zustünden (BT-Drucks 15/1516, S 62). Ein Hinweis darauf, dass insoweit zwischen dem erstmaligen Leistungsbegehren und einem Anspruch auf die Fortzahlung zu differenzieren sei, findet sich nicht.
Hat ein Antrag verfahrensrechtliche, hier konstitutive Bedeutung, so hängt von der Antragstellung zwar der Zeitpunkt des Leistungsbeginns ab. Der Antrag erschöpft sich jedoch zugleich auch mit seiner Bescheidung. Die Verwaltung ist mit der Bescheidung – im Sinne der Funktion des Antrags – tätig geworden und hat ab dem Zeitpunkt der Antragstellung das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen geprüft, Leistungen bewilligt oder abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 28.10.2010 – B 14 AS 56/08 R, SozR 4-4200 § 37 Nr 1). Der Antrag ist bereits aus diesem Grunde auch nicht insoweit unverbraucht geblieben
Es besteht kein Anspruch auf Leistungen auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, wenn der Grundsicherungsträger zeitnah vor Ablauf des vorangegangenen Bewilligungszeitraums auf das Antragserfordernis hingewiesen und einen entsprechenden Antrag übersandt hat.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X ist nicht zu gewähren, denn § 37 SGB II setzt keine Frist fest, sondern regelt lediglich das Verhältnis zwischen Leistungsbeginn und Antragstellung. Die Antragstellung selbst ist nicht an eine Frist gebunden und der Ausschluss der Leistungsgewährung vor dem Tag der Antragstellung stellt keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar (vgl hierzu auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 106b).
2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
2.1 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil vom 03.03.2011, – L 5 AS 181/07 -, Revision zugelassen
Die Straßenausbaubeiträge sind grundsätzlich als tatsächlich für den Wohnbedarf anfallende Kosten zu berücksichtigen, soweit die KdU insgesamt angemessen sind.
Werden – wie hier – die die angemessenen Kosten der Unterkunft durch die laufenden KdU-Leistungen nicht überschritten, sind einem Eigentümer, dessen selbstgenutztes Hausgrundstück zum Schonvermögen zählt, auf einmalige Unterkunftsaufwendungen, sei es für Instandhaltung oder für unvermeidbare öffentliche Lasten, weitere KdU-Leistungen jedenfalls bis zur Angemessenheitsgrenze zu erbringen(vgl. Terminbericht der mündlichen Verhandlung des 14. Senats des BSG vom 24. Februar 2011, Az.: B 14 AS 61/10 R).
Die Abgabenforderung ist als tatsächlicher aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010, Az.: B 4 AS 62/09 R, RN 13, und Urteil vom 15. April 2008, Az.: B 14/7b AS 58/06 R).
2.2 – Landessozialgericht Niedersachsen Bremen Beschluss vom 01.04.2011, – L 6 AS 761/10B –
Prozesskostenhilfe für Klage gegen Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II auch beim Zuzug von Ausländern zu Ehegatten.
Zitat :“ Die Frage, ob der in § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II normierte Leistungsausschluss auch beim Zuzug von Ausländern zu Ehegatten greift, kann insbesondere vor dem vom Kläger aufgezeigten Grundrechtsbezug nicht ohne Weiteres verneint werden, und die Prüfung der Erfolgsaussicht iSd § 114 Satz 1 ZPO darf nicht zu der Verlagerung der Prüfung dieser schwierigen, umstrittenen und noch nicht geklärten Rechtsfrage (Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 2009 – L 19 B 363/09 AS -, s auch den Beschluss des 7. Senats des Gerichts vom 17. Februar 2011 – L 7 AS 1323/10 B -) in das summarische Verfahren der PKH führen.
Vielmehr soll die Bewilligung von PKH es auch prozessarmen Klägern erst ermöglichen, eine schwierige und komplexe Rechtsfrage auf dem Rechtsweg (in einem Hauptsacheverfahren) klären zu lassen (BVerfGE 81, 347/357 ff). Bei einem solchen Sachverhalt darf die Erfolgsaussicht nicht verneint werden.“
Anmerkung: Vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Dezember 2009 – L 19 B 363/09 AS –
Es ist umstritten, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH gemeinschaftsrechtskonform ist (vgl. zum Meinungsstand LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 29.09.2009 – L 15 AS 905/09 B ER mit weiteren Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen).
Familienangehörige, die zu einem sich im Bundesgebiet länger aufenthaltsberechtigten Ausländer einreisen, werden von diesem Leistungsausschluss nicht erfasst (Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 7 Rn 31).
2.3 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 20.04.2011, – L 6 AS 473/11 B ER –
Die tatsächliche Ausgestaltung der gemeinsamen Lebensführung mit dauerhaftem Zusammenleben in einem gemeinsamem Haushalt nach sogar gemeinsamem Umzug und der Betreuung des Kindes auch durch den Antragsteller stellt ausreichend Indizien, um auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft anzunehmen (vgl. BVerfG Urteil vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 Rn 95 – BVerfGE 87, 234).
Soweit der Antragsteller anführt, dass der Begriff der Partnerschaft eine "Ausschließlichkeit" voraussetze, ist bereits fraglich, ob dieses Kriterium als notwendige Voraussetzung der Annahme einer Bedarfsgemeinschaft gem. § 7 Abs. 3 SGB II angesehen werden kann. Der Gesetzeswortlaut sieht eine solche Einschränkung nicht vor. Vielmehr definiert § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II "als Partner" des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Person, die mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, füreinander Verantwortung zu tragen. Soweit § 7 Abs. 3a SGB II bei den Vermutungsregelungen den Begriff des Partners wiederholt, muss dies als gesetzgeberisches Versehen betrachtet und im Sinn von "Personen" verstanden werden. Sind zwei Personen nämlich bereits nach der Definition des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II Partner, weil ein wechselseitiger Wille besteht, füreinander einzustehen, bedarf es einer Vermutungsregelung dafür, wann ein solcher Wille besteht, nicht mehr.
Die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II liefe damit leer. Ob sich eine einschränkende Auslegung des Begriffs "Partner" unter Einbeziehung des Merkmals der Ausschließlichkeit aus den Gesetzesmaterialien ableiten lässt, ist fraglich, kann hier aber dahinstehen. Vom Antragsteller sind keine Gründe vorgetragen worden, die erkennen lassen, dass er oder Frau neben der miteinander geführten Gemeinschaft (derzeit) eine weitere Gemeinschaft gleicher Art führen würden. Allein das Fehlen geschlechtlicher Beziehungen, über die der Antragsteller wohl eine "Partnerschaft" im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II definiert, steht der Annahme einer Einstandsgemeinschaft nicht entgegen (vgl. BVerfG – a.a.O. Rn 109).
2.4 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 20.04.2011, – L 6 AS 227/11 B ER –
Es besteht der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, Vor § 51 Rn 16).
Solange er die ihm zumutbaren Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erlangen, fehlt es an der Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 19.04.2011 – L 6 AS 399/11 B ER und vom 31.03.2011 – L 6 B 86/09 AS mwN).
2.5 – Sächsisches Landessozialgericht Beschluss vom 30.03.2011, – L 7 AS 793/10 B PKH –
Die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung kann verfassungskonform nicht stets und pauschal mit der Verweisung auf ein Parallelverfahren verneint werden, da gerade die Frage, ob ein Parallelfall vorliegt, bei Rechtsunkundigen den Beratungsbedarf begründen kann (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 02.09.2010 – 1 BvR 1974/08, RdNr. 16).
Ob die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe notwendig ist oder der Rechtsuchende zumutbar auf Selbsthilfe zu verweisen ist, hat das Gericht unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abzuwägen. Insbesondere kommt es darauf an, ob der zugrunde liegende Sachverhalt schwierige Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft und der Rechtsuchende über besondere Rechtskenntnisse verfügt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 02.09.2010, a.a.O., RdNr. 14). So hat das Bundesverfassungsgericht (z.B. Beschluss vom 11.05.2009 – 1 BvR 11517/08, RdNr. 31) ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung zur Gewährung von Beratungshilfe für das Vorverfahren nach Einführung des § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgegeben und darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber längst die Prozesskostenhilfe für die unteren Instanzen eingeführt hat und dabei davon ausgegangen ist (vgl. BT-Drucks 8/3068, S. 22 f.), dass das Sozialrecht eine Spezialmaterie ist, die nicht nur der rechtsunkundigen Partei, sondern selbst ausgebildeten Juristen Schwierigkeiten bereitet. Ob der bemittelte Rechtsuchende von seinem Recht, sich eines Rechtsanwaltes zu bedienen, vernünftigerweise Gebrauch macht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ein kostenbewusster Rechtsuchender wird dabei insbesondere prüfen, inwieweit er fremde Hilfe zur effektiven Ausübung seiner Verfahrensrechte braucht oder selbst dazu in der Lage ist.
3.1 – Sozialgericht Karlsruhe Urteil vom 31.03.2011, – S 4 AS 2626/09 –
Lactoseintoleranz rechtfertigt nicht die Gewährung von Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II
Probiotische Nahrungsergänzungsmittel sind nicht mehr bedarfsfähig im Sinne von § 21 Abs. 5 SGB II
Der Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II, der zum notwendigen Existenzminimum gehört, setzt voraus, dass die hilfebedürftige Person wegen einer Krankheit oder Behinderung eine besondere Ernährung benötigt und dass diese Ernährung tatsächlich kostenaufwändiger als die eines Gesunden oder Nichtbehinderten ist.
Der Kostenvergleich bezieht sich auf den in der Pflegeleistung anerkannten Betrag für Ernährung und Getränke. Die Anerkennung eines Mehrbedarfs ist begrifflich immer nur in Bezug auf diesen Regelbedarfsbetrag möglich.
Wie sich der Mehrbedarf konkret zusammensetzt und welche Mehrkosten er verursacht, ist eine Tatsachenfrage (vgl. Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 13. Februar 2009, L 3 B 428/08 AS – NZW), die im Schwerpunkt von der Ernährungswissenschaft unter Zugrundelegung ernährungsmedizinischer Erkenntnisse sowie unter Berücksichtigung der Preisentwicklung für die benötigen Nahrungsmittel zu beantworten ist.
Anmerkung: Dazu ein Beitrag vom Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann im Nomos- Fachforum für Existenzsicherung
Hier ist auf die Entscheidung des BSG vom 25.2.2011, – B 14 AS 49/10 R- hinzuweisen. In dieser Entscheidung ging es um eine Allergie gegen Paraben, einem häufig benutzten Konservierungsmittel in Lebensmittel. Hier hatten die Vorinstanzen den Mehrbedarf abgelehnt, weil der Hilfebedürftige durch sorgfähliges Lesen der Packungsbeilage den Stoff hätte vermeiden können. Diesen Erfahrungssatz hatte das BSG abgelehnt und die Sache zur Entscheidung zurückverwiesen. Auch die Laktoseintoleranz ist eine Erkrankung gegen deren Ausbruch man mittel sorgfäligem Lesen der Packungsbeilage Herr werden kann.
4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
4.1 – Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 02.03.2011, – L 2 SO 4920/09 –
Nachforderung von Stromkosten für eine Elektroheizung ist als gegenwärtiger Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen -§ 29 Abs. 1 Satz 3 SGB XII – nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (Bundessozialgericht, Urteil vom 15. April 2008, B 14/7b AS 68/06 R).
Bei der Erfassung des Stromverbrauchs mit nur einem Zähler kann zur Differenzierung zwischen vom Regelsatz umfassten Stromkosten (Haushaltsstrom) und Stromkosten als Kosten der Unterkunft (Heizkosten) geschätzt werden (im Anschluss an BSG Urteil vom 20.8.2009 – B 14 AS 41/08 R -; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 23. 10. 2009 – L 12 AS 4179/08 -).
4. 2 – Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 30.03.2011, – L 2 SO 1196/10 –
Die vorläufige Leistungserbringung – Eingliederungshilfe bei Aufenthalt in einer Einrichtung – im Rahmen des Aufgabenübergangs durch § 12 WohlfVbdAuflG BW bei Streit über den örtlich zuständigen Stadt- oder Landkreis ist auch im Falle eines fehlenden gewöhnlichen Aufenthalts des Leistungsberechtigten über die Erstattungsregelungen der §§ 102 ff SGB X zu lösen. Diese werden nicht durch die speziellere Regelung des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ausgeschlossen, weil dessen tatbestandlichen Voraussetzungen dann nicht vorliegen.
5. Ralf Hess: Mangelernährung bei Kindern aus Hartz-IV-Familien
Auslese am Küchentisch. Nach Erkenntnissen der Stuttgarter Universität Hohenheim können Kinder mit den derzeitigen Hartz-IV-Sätzen nur mangelhaft ernährt werden. Nicht nur die gesundheitlichen, sondern auch die sozialen Auswirkungen sind beträchtlich.
6. Umgangskosten nach neuer Rechtslage
Gerade für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die Anspruch auf Grundsicherungsleistung nach dem SGB II haben (ALG II Empfänger) kann der Umgang mit entfernt lebenden Kindern eine kostspielige Angelegenheit sein. Die viel diskutierte SGB II Novelle (BGBl. I 2011, 453 – zur Gesetzesbegründung: BT-Drs. 17/3404), die überwiegend zum 01. Jan. bzw. Apr. 2011 in Kraft getreten ist, brachte auch hier positive Neuerungen:
Folgende Kosten werden von dem für den Umgangsberechtigten zuständigen Jobcenter – nach vorherigem Antrag – erstattet:
• Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts, § 21 Abs. 6 SGB II (dazu Punkt 1) und
• Bedarfskosten der Kinder während der Umgangszeit und zwar ohne dass es des Einverständnisses des anderen Elternteils bedarf (dazu Punkt 2).
Dagegen können die Mehrbedarfe für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II grundsätzlich nicht vom umgangsberechtigten Elternteil geltend gemacht werden (dazu Punkt 3).
Anmerkung: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 20.01.2011, – L 7 AS 119/08 -, Revision zugelassen, veröffentlicht im Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 13/2011.
Ein Leistungsanspruch aufgrund einer temporären Bedarfsgemeinschaft besteht auch dann, wenn der Anspruchsinhaber (minderjähriges Kind)als Mitglied einer anderen Bedarfsgemeinschaft Leistungen bereits erhalten hat(Sozialgeld), die Mutter des HB aber das anteilige Sozialgeld für die Zeit, in der sich der HB bei seinem Vater aufgehalten hat, nicht an ihn ausgezahlt hat.
Der HB kann auch nicht auf eine Geltendmachung seines Bedarfs gegenüber seiner Mutter im Rahmen eines Klageverfahrens verwiesen werden. Ein solcher Verweis erscheint schon deswegen ungeeignet, weil nach der Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB II ein möglicher Unterhaltsanspruch des Empfängers von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach bürgerlichem Recht nicht auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II übergeht, wenn die unterhaltsberechtigte Person mit dem Verpflichteten in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Insofern tritt das Selbsthilfegebot nach § 2 SGB II hinter die spezielle Regelung des § 33 SGB II zurück (Münder in LPK-SGB II, 3. Auflage, 2009, § 33, Rdn. 34).
Der Anspruchsinhaber hat als Teil der Bedarfsgemeinschaft mit seinem Vater Anspruch auf Sozialgeld in Höhe von 1/30 des maßgeblichen Regelsatzes.
Revision zugelassen, denn zu der Frage, ob ein Leistungsanspruch aufgrund einer temporären Bedarfsgemeinschaft auch dann bestehen kann, wenn der Anspruchsinhaber als Mitglied einer anderen Bedarfsgemeinschaft für den streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen bereits erhalten hat, bislang keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt.
7. Lutz Hausstein, Empirische Analyse zur Höhe einer sozialen Mindestsicherung auf der Basis regionalistischer Preisdaten, März 2011
8. Textsammlung Existenzsicherung. Hier noch ein paar Ausführungen von Harald Thome dazu.
Das Buch umfasst ca. 800 Seiten, die Textzusammenstellung ist nach bestem Wissen und Gewissen durch mich unter Beratschlagung mit diversen Fachleuten erfolgt. Besonderheiten sind: vollständige Textesammlung SGB II/SGB XII/SGB I/SGB X/SGG mit allen Verordnungen und bei den vollständigen Gesetzen mit Inhaltsverzeichnis. Das SGB III ist in den leistungsrelevanten Teilen auch vollständig und diverse Gesetze wie Wohngeld, Erziehungsgeld, ZPO, BGB… bis hin zum Passgesetz und Düsseldorfer Tabelle und Pfändungsfreigrenzen. Einschließlich vor jedem Satz hochgestellt die Satznummer. Also ein umfassender Praktikerschmöcker zu einem unschlagbarem Preis von 10 EUR, neben einem Euro für Tacheles. Wenn das Buch ausreichend Verbreitung findet – wovon ich ausgehe – wird es das auch regelmäßig in Neuauflage geben. Was für Praktiker, bei der Änderungsrate im Sozialrecht auch sehr wichtig ist.
Leseprobe : www.nomos-shop.de (pdf)
Was die ersten Leser zur Textsammlung sagen mit Anmerkung von Harald Thome :
9. Fragen und Antworten zu Hartz IV
100 Fragen und Antworten für Betroffene und ihre Berater- Von RA Ludwig Zimmermann-, 2011, 126 S., Broschiert, 16,90 €.
Nachdem endlich eine politische Einigung erreicht werden konnte, treten mit (Rück-)Wirkung zum 1.1.2011 zahlreiche Neuregelungen des Existenzsicherungsrechts in Kraft. In 100 Fragen und Antworten bereitet Ludwig Zimmermann, Autor des Standardwerks "Das Hartz-IV-Mandat" alltägliche und besondere Fragen zur Rechtsanwendung des SGB II in kompakter und leicht verständlicher Sprache auf. Dabei wird auch die aktuelle Entwicklung in der sozialgerichtlichen Praxis der Jahre 2009 und 2010 nachgezeichnet. Einsteiger erhalten einen ersten Überblick über die aktuellen Fragen, gestandene Praktiker können dem Werk wertvolle Anregungen zum Umgang mit den Änderungen entnehmen und ihr Fachwissen mit geringem Aufwand auf den neuesten Stand bringen.
Das Werk richtet sich an die Praktiker der Sozialverwaltung in den Rechtsbehelfsstellen, Berater in den Sozialverbänden, Rechtsanwälte und Richter.
Anmerkung: In Kürze erscheint die zweite Auflage des Handbuches "Das Hartz IV Mandat". Die gesetzlichen Änderungen und die neueste Rechtsprechung aus dem Jahr 2010 und 2011 sind enthalten.
Ludwig Zimmermann, Das Hartz IV Mandat, 2. Auflage Baden-Baden 2011
Das Werk kostet weiterhin nur 44 EUR incl. MWSt. und kann auch zum günstigen Paketpreis für 59 EUR zusammen mit dem Werk von Groth, Luik und Siebel-Huffmann "Die neue Grundsicherung" erworben werden.
Stimmen zur Vorauflage: »Das Werk wird nicht nur für Rechtsanwälte sondern auch andere SGB II-Rechtsberater hilfreich sein.«
RAin Birgit Scheibe, Sozialrecht aktuell 6/10
»Das sehr informativ geschriebene Buch hat alle Chancen, zu dem anwaltschaftlichen Arbeitshandbuch in Sachen "Hartz IV" zu werden. Es kann jedem Anwalt und Rechtsberater, aber auch den Betreuern von Hilfebedürftigen, daneben auch den Mitarbeitern der leistungsgewährenden Stellen empfohlen werden.«
Horst Marburger, RV 12/10
»Das Hartz-IV-Mandat ist ein absolut gelungenes Werk, das allen mit dem Themenkreis Hartz IV befassten Berufsgruppen zu empfehlen ist.«
RA Jens Jenau, Sozialrecht + Praxis 9/10
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de