Kosten der Unterkunft im Landkreis Göttingen

Angemessenheitsgrenzen für Kosten der Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, § 35 Abs. 1 u. 2 SGB XII und § 3 Abs. 3 S. 3 AsylbLG

In diversen Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit sind seit Jahren Kürzungen bei den Kosten der Unterkunft (Grundmiete und sog. kalte Nebenkosten) für Sozialleistungsbezieherinnen und -bezieher im Streit. Die Sozialleistungsträger sind nach der Rechtsprechung gehalten, schlüssige Wohnungsmarkterhebungen durchzuführen, aufgrund derer so genannte Angemessenheitsgrenzen für Kosten der Unterkunft im Grundsicherungsbereich festgelegt werden sollen. Der Landkreis Göttingen versucht als zuständiger Leistungsträger hierbei immer wieder mit bei privaten Firmen in Auftrag gegebenen Gutachten die eigenen und nach unserer Auffassung viel zu niedrigen Angemessenheitsgrenzen zu begründen. Bereits drei mal (F+B-Gutachten aus dem Jahr 2009, A+K-Gutachten aus dem Jahr 2013 und IWU-Gutachten aus dem Jahr 2017) wurden unsererseits solche Gutachten kritisch untersucht und unsere Erkenntnisse in die sozialgerichtlichen Verfahren eingebracht.  

Der Rechtsstreit um die Frage der Anwendbarkeit des so genannten F+B-Gutachtens zur Bestimmung von Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft von Sozialleistungsbeziehern ist durch das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 28.11.2014 (Az.: B 14 AS 215/14 B) entschieden worden. Es wurde hierdurch die Rechtsprechung des SG Hildesheim (z.B. SG Hildesheim, Urteil vom 09.12.2011, Az.: 23 AS 1911/10) bestätigt, nach dem das F+B-Gutachten nicht auf einem schlüssigen Konzept zur Erhebung des Mietwohnungsmarktes in Göttingen beruhe.

Auch das seitens des Landkreises Göttingen in Auftrag gegebene Gutachten der Firma A+K aus März 2013 wurde in diversen Hauptsacheverfahren im Februar und März 2017 (z.B. Urteile vom 03.03.2017 zu den Az.: S 26 AS 220/16, S 26 AS 306/16, S 26 AS 307/16, S 26 AS 315/16) durch das Sozialgericht Hildesheim als nicht schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angesehen. Diese Entscheidungen wurden durch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom Urteil vom 02.04.2019 – Az.: L 6 AS 467/17 bestätigt.

Seit dem Jahr 2017 wendet der Landkreis Göttingen nunmehr ein Gutachten der Firma IWU an, welches im Jahr 2019 zuletzt fortgeschrieben wurde. Auch zu diesem Gutachten sind diverse Verfahren vor der Sozialgerichtsbarkeit anhängig, da unsererseit umfassend die Schlüssigkeit auch dieses Gutachtens in Frage gestellt wurde. Eine Entscheidung steht bislang aus.

Die Sozialgerichtsbarkeit wendet für den Zuständigkeitsbereich des Landkreises Göttingen in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei Erhebungsausfällen der Sozialleistungsträger die Werte aus der Anlage zu § 12 WoGG zzgl. eines Sicherheitsaufschlages von 10% zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen im Bereich von Grundsicherungsleistungen an. Sollte auch das IWU erwartungsgemäß als unschlüssig festgestellt werden, bestehen weiterhin teils erhebliche Unterschiede zwischen den seitens des Landkreises Göttingen festgelegten Angemessenheitsgrenzen und den Grenzen, die das Sozialgericht Hildesheim für den Landkreis Göttingen anwendet.

Auch anhand der nachfolgenden Tabellen kann nachvollzogen werden, welche Angemessenheitsgrenze das Sozialgericht Hildesheim für den Zuständigkeitsbereich des Landkreises Göttingen seit dem 01.01.2022 anwendet (1) und welche Angemessenheitsgrenze demgegenüber durch den Landkreis Göttingen festgelegt worden ist (2). Die Angaben in den Tabellen sind ohne Gewähr und schaffen keinerlei Rechtsanspruch. Sie denen lediglich zur Information. 


(1) Durch das Sozialgericht Hildesheim für den Zuständigkeitsbereich des Landkreises Göttingen seit dem 01.01.2022 angewendete Angemessenheitsgrenzen, wenn das Gutachten der Firma IWU als unschlüssig angesehen wird:

Personen in Bedarfsgemeinschaft1 Person2 Personen3 Personen4 Personen5 Personen
Wohnfläche in Quadratmetern
bis 50
> 50  ≤ 60
> 60  ≤ 75
> 75  ≤ 85 > 85  ≤ 95 






Göttingen (Mietstufe IV)525,80 €636,90 €757,90 €883,30 €1.009,80 €
Bovenden (Mietstufe II)419,10 €507,10 €603,90 €705,10 €805,20 €
Rosdorf (Mietstufe III)468,60 €567,60 €675,40 €787,60 €899,80 €
Adelebsen (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Dransfeld (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Friedland (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Hann. Münden (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Staufenberg (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Gieboldehausen (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Gleichen (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Radolfshausen (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Duderstadt (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €
Restliches Landkreisgebiet (Mietstufe I)371,80 €449,90 €535,70 €624,80 €713,90 €

Für jede weitere Person ab 5 Personen wird seitens der Rechtsprechung ein Aufschlag von 84,70 € in der Mietstufe I, 96,80 € in der Mietstufe II, 108,90 € in der Mietstufe III und 122,10 € in der Mietstufe IV vorgenommen.


(2) Durch den Landkreis Göttingen anhand des IWU-Gutachtens aus 2017 unter Fortschreibung aus 2019 bestimmte Angemessenheitsgrenzen bis auf weiteres (ungerundet – der Landkreis Göttingen rundet in seinen Informationsschreiben auf):  

Personen in Bedarfsgemeinschaft1 Person2 Personen3 Personen4 Personen5 Personen
Wohnfläche in Quadratmetern
bis 50
> 50 ≤ 60
> 60  ≤ 75
> 75  ≤ 85
> 85  ≤ 95 






Stadtgebiet Göttingen490,61 €557,28 €624,64 €739,54 €866,00 €
Adelebsen, Dransfeld, Friedland / Gleichen / Radolfsh.357,35 €432,85 €524,16 €630,98 €701,19 €
Hann. Münden, Staufenberg339,37 €432,43 €482,23 €534,41 €637,12 €
Duderstadt, Gieboldehausen352,84 €418,02 €482,23 €541,64 €667,59 €
Bovenden / Rosdorf 409,79 €475,08 €580,14 €667,34 €794,43 €

Für jede weitere Person ab 5 Personen wird seitens des Landkreises für das Stadtgebiet Göttingen (Mietstufe IV) ein Aufschlag von 91,00 € vorgenommen.

Bei Fragen und Hinweisen bitte eine eMail an: kontakt@anwaltskanzlei-adam.de.