Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 25/2011

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 06.04.2011 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – BSG, Urteil vom 06.04.2011, – B 4 AS 5/10 R-

Die von den HB zutreffend erhobene Verpflichtungsklage, ob der Nachweis eines konkreten Angebots auf Abschluss eines Mietvertrags als Voraussetzung für eine Zusicherung verlangt werden kann, ist spätestens im Revisionsverfahren unzulässig geworden.

Das Rechtsschutzinteresse ist entfallen. Denn aufgrund des von den HB zwischenzeitlich vollzogenen Umzugs ist nunmehr in einem Streitverfahren wegen der Höhe der Kosten der Unterkunft über den Gegenstand einer möglichen Zusicherung selbst zu befinden. Das dortige Klagebegehren ist mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen. In diesem Verfahren ist als Vorfrage notwendigerweise auch über die Erforderlichkeit eines Umzuges zu befinden. Für eine gesonderte Zusicherung als vorgreiflicher Teilregelung besteht vor diesem Hintergrund kein Rechtsschutzinteresse mehr.

Die angestrebte Klärung der Rechtsfrage, ob Gegenstand einer Zusicherung auch die abstrakte Erforderlichkeit eines Umzuges sein kann, lässt sich nur auf der Grundlage eines konkreten Lebenssachverhaltes klären.

Gemäß § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II normiert damit zwei tatbestandliche Voraussetzungen für die Abgabe einer Zusicherung. Eine gesonderte Feststellung der Erforderlichkeit eines Auszugs ist nicht vorgesehen. Als ein der Bewilligung vorgeschalteter Verwaltungsakt kann mit einer Zusicherung zudem grundsätzlich nur dasjenige geregelt werden, was auch durch einen nachfolgenden Verwaltungsakt konkret erfasst werden könnte. Bezogen auf die Kosten der Unterkunft und Heizung betrifft dies die tatsächliche Erbringung von SGB II-Leistungen in einer bestimmten Höhe, nicht die Feststellung einer Anspruchsvoraussetzung für einen höheren Leistungsanspruch. Dabei ist die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht abstrakt, sondern einzelfallbezogen zu beurteilen (BSG Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 18/06 R – BSGE 97, 254, 257 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Der Verwaltungsakt der Zusicherung soll nach dem Gesetzeswortlaut und dem Willen des Gesetzgebers „zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft“ eingeholt werden (BT-Drucks 15/1516 S 57). Damit überhaupt eine Einzelfallregelung iS von § 31 SGB X getroffen werden kann, müssen die künftigen Unterkunftskosten der Höhe nach bestimmt sein (vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 104, Stand September 2009; aA wohl Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 RdNr 72, Stand Januar 2009), dh ein nach Lage der Wohnung sowie den aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Wohnungsangebot vorliegen. Erst dann kann die Zusicherung auf die konkrete Vorwegnahme eines künftigen Verwaltungsaktes gerichtet sein. Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung nach § 34 Abs 1 SGB X besteht nicht, weil § 22 Abs 2 SGB II eine gegenüber § 34 Abs 1 SGB X abschließende Sonderregelung enthält, die zum Ausdruck bringt, dass eine vorzeitige und unabhängig von den Aufwendungen für die neue Unterkunft erfolgende Bindung des SGB II-Trägers allein bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ iS des § 22 Abs 2 SGB II gerade nicht möglich sein soll.

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1.2 – BSG, Urteil vom 06.04.2011, – B 4 AS 16/10 R-

Eine mietvertraglich gesonderte Erfassung der Warmwasserbereitungskosten nach einem allgemeinen Berechnungsschlüssels führt nicht allein dazu, dass diese Kosten nicht mehr übernommen werden müssten.

Nur in Höhe desjenigen Anteils, mit dem über die Regelleistung der Bedarf für Kosten der Warmwasserbereitung bei pauschalierter Betrachtung regelmäßig gedeckt werden soll, kann zu Lasten des Hilfebedürftigen ein Abzug wegen ansonsten vorliegender doppelter Bedarfsdeckung erfolgen.

Bei Anwendung des § 22 Abs 1 Halbs 1 SGB II sind grundsätzlich diejenigen tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigungsfähig, die auf einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden (vgl zu Nebenkosten, die ihrer Art nach in § 2 Betriebskostenverordnung <BetrKV> aufgeführt sein müssen: BSG Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 48/08 R, BSGE 102, 274 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 – B 11b AS 23/06 R, SozR 4-4200 § 24 Nr 3 RdNr 24). Es reicht regelmäßig aus, dass der Hilfebedürftige insofern einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG Urteil vom 22.9.2009 – B 4 AS 8/09 R, BSGE 104, 179 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 24 RdNr 16; BSG Urteil vom 7.5.2009 – B 14 AS 31/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 21 RdNr 16). Entsprechend orientiert sich auch die Übernahme der Aufwendungen für die Warmwasserbereitung gemeinsam mit den Kosten für Heizung zunächst an den tatsächlichen Gegebenheiten. Erfolgt eine einheitliche Bereitstellung der Fernwärme für Heizung und Warmwasser, ist also eine zweifelsfreie Trennung der tatsächlichen Aufwendungen nach den normativ in § 20 SGB II enthaltenen Kosten für die Warmwasserbereitung und den nach § 22 SGB II zu erbringenden Aufwendungen für Heizung tatsächlich nicht möglich (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 34), sind auch die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für Warmwasser als nicht bestimmbarer Anteil gemeinsam mit denen für Heizung zu bewerten und damit grundsätzlich in tatsächlich geschuldeter Höhe erstattungsfähig (vgl auch Hölzer in Sozialrecht aktuell 2009, 14, 15).

Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind von den tatsächlich aufzuwendenden Kosten der Unterkunft und Heizung dann die darin in nicht konkret bestimmbarer Höhe enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug zu bringen, weil letztere Bestandteil der Regelleistung und daher mit der Leistung nach § 20 SGB II bereits abgegolten sind (BSG Urteil vom 27.2.2008 – B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 20 ff; BSG Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 48/08 R, BSGE 102, 274 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 24; BSG Urteil vom 25.6.2008 – B 11b AS 35/06 R RdNr 22).

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2.  Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 14.06.2011, – L 7 AS 430/11 B –

Bei erforderlichem Umzug besteht Anspruch auf Zustimmung zur Kostenübernahme vor Umzug im Eilverfahren

Mit Beschluss vom 14.06.2011 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen AZ.: L 7 AS 430/11 B fest gestellt, dass bei einem erforderlichem Umzug (hier die Geburt des 2. Kindes) die Hilfebedürftigen Anspruch haben auf Zustimmung zur Kostenübernahme vor Umzug im Eilverfahren(anderer Auffassung LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.01.2011 – L 6 AS 1914/10 B ER – “ Kein Anspruch auf Zustimmung zur Kostenübernahme vor Umzug im Eilverfahren „).

Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn es ist dem Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung des Gebots des effektiven Rechtsschutzes bei einer Umzugsnotwendigkeit nicht zumutbar, auf eigenes Kostenrisiko umzuziehen, ohne dass die Frage der Kostenübernahme (zumindest vorläufig) geklärt worden ist.

Zwar kann im Hauptsacheverfahren die zuständige Behörde auch ohne vorherige Zusicherung verurteilt werden, die Kosten für die neue Wohnung rückwirkend zu übernehmen, wenn diese angemessen ist. In der Zwischenzeit müsste aber der Leistungsberechtigte bzw. die Leistungsberechtigte den vom Leistungsträger nicht übernommenen Teil der Miete selbst aufbringen, um eine Kündigung der neuen Wohnung durch den Vermieter aufgrund von Mietrückständen zu vermeiden. Dies dürfte dem Leistungsberechtigten bzw. der Leistungsberechtigten je nach Höhe des selbst aufzubringenden Mietanteils im Hinblick auf die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht möglich sein.

Insbesondere war es den Antragstellern im Hinblick auf die Geburt des zweiten Kindes nicht zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache vor Durchführung eines Umzuges abzuwarten. Zwar ist die Zusicherung nicht Voraussetzung für die Übernahme der tatsächlichen Kosten gemäß § 22 Abs. 1 SGB II nach einem Umzug. Ist der Umzug erforderlich und sind die Kosten der neuen Unterkunft angemessen, sind diese Kosten vom Leistungsträger auch dann zu zahlen, wenn eine Zusicherung nicht vorliegt. Das in § 22 Abs. 2 SGB II (jetzt § 22 Abs. 4 SGB II) normierte Zusicherungsverfahren ist für den späteren Leistungsanspruch nicht konstitutiv. Es hat allein eine Aufklärungs- und Warnfunktion (Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rn. 79).

Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt jedoch nicht die Verneinung einer Eilbedürftigkeit (anderer Auffassung LSG NRW, Beschluss vom 17.01.2011, L 6 AS 1914/10 B ER). Denn bei Vorliegen der Voraussetzungen des damals anzuwendenden § 22 Abs. 2 SGB II besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft. Dieser Anspruch besteht jedoch nur bezogen auf ein konkretes Wohnungsangebot, sodass die Wohnung nach Ablauf eines etwaigen Hauptsacheverfahrens anderweitig vergeben sein dürfte.

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++ Anmerkung: Vgl. dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 28.02.2011, – L 14 AS 205/11 B ER –

Der Hilfebedürftige wird – solange er im Leistungsbezug steht – zumeist auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein (BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 31/07 R –).

Vor diesem Hintergrund hat jeder erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch darauf, dass ihm die ihm von Gesetzes wegen zustehenden Leistungen so rechtzeitig erbracht werden, dass er in der Lage ist, seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter von Wohnraum ebenfalls rechtzeitig zu erfüllen. Das Risiko einer Kündigung von Wohnraum oder eines Prozesses wegen verspäteter Zahlung des Mietzinses (mit der damit verbundenen Kostenfolge) oder gar einer Klage auf Räumung ist ihm in aller Regel nicht zuzumuten (zuletzt Beschluss des Senats vom 31. August 2010 – L 14 AS 1263/10 B ER –).

Ein Anordnungsgrund wird dementsprechend bei glaubhaft gemachtem Anordnungsanspruch regelmäßig nur dann zu verneinen sein, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige die tatsächlichen Aufwendungen jedenfalls vorläufig aus nicht zu berücksichtigendem Einkommen („Freibeträge“) oder Vermögen („Schonvermögen“) tätigen kann.


2.2 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 08.06.2011, – L 12 AS 201/11 B ER –

Verwertung von Ermittlungsergebnissen aus einem Prüf- und Außendienstprotokoll zur Prüfung der Bedürftigkeit und Nutzung zur Wohnung ist zulässig.

Eine Verwertung dieser Ermittlungsergebnisse zu Beweiszwecken ist entgegen der Ansicht des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 25.11.2010 – 3 KO 527/08 -) zulässig, gefolgt wird den Ausführungen des Bayrischen Landessozialgerichts (Urteil vom 25.01.2008 – L 7 AS 72/07 -).

Das Bayrische LSG (a.a.O. juris-Ausdruck, Rz. 45 – 47) führt hierzu Folgendes aus:

„Zunächst ist es zwar die Ausnahme, jedoch kein Novum, dass Eingriffe in Grundrechte ohne ausdrückliche, spezielle Befugnisnorm für eine Übergangszeit hingenommen werden. Hier sei auf die Regelung der sog. besonderen Gewaltverhältnisse verwiesen; dort sind bis zum Erlass der verfassungsrechtlich gebotenen gesetzlichen Bestimmungen Eingriffe in Grundrechte der „Anstaltsbenutzer“ (vor allem Schüler, Strafgefangene) auch auf der Grundlage von „Anstaltsordnungen“ akzeptiert worden (BVerwGE 56, 155 m.w.N.). Des Weiteren hat man sich im Bereich der Strafverfolgung über einen sehr langen Zeitraum hinweg damit begnügt, Observationen auf die allgemeinen Aufgabenzuweisungsnormen zu stützen. Dazu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt (BGH, NJW 1998, S. 2561), teilweise sei in der Literatur die Zulässigkeit von Observationen aus den §§ 161, 163 Abs. 1 StPO hergeleitet worden; diese Vorschriften erlaubten seit jeher Maßnahmen ohne Zwang. Nach anderer Auffassung ließen sich den §§ 161, 163 Abs. 1 StPO dagegen Befugnisse für strafprozessuale Eingriffe nicht entnehmen; danach sei die Durchführung einer – zumal längerfristigen – Observation erst nach Einführung einer entsprechenden Erlaubnisnorm in die Strafprozessordnung zulässig. Zu seiner eigenen Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof Folgendes berichtet: In der Entscheidung NJW 1991, S. 2561, habe er für eine insgesamt fünfmonatige tägliche Videoüberwachung eines Verdächtigen im Hinblick auf das „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts Zweifel daran geäußert, ob die §§ 160, 161, 163 StPO – oder auch die allgemeine polizeirechtliche Aufgabenklausel – eine derartige Maßnahme abdecken könnten. In dem aktuell der Entscheidung NJW 1998, S. 1237, zugrunde liegenden Fall hat der Bundesgerichtshof einerseits danach differenziert, ob die Observation den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG berührt oder nicht. Weiter hat er in einer Videoüberwachung ein erschwerendes Moment erblickt: Darin liege ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Denn angesichts der wochenlangen und ununterbrochenen Observation des seinerzeitigen Angeklagten beim Betreten und Verlassen seines Grundstücks hätte es sich um eine erhebliche Ermittlungsmaßnahme gehandelt. Dafür spreche zudem, dass eine Videokamera im Unterschied zum menschlichen Beobachter, der der üblicherweise in Bezug auf seine Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit Beeinträchtigungen unterliegen könne, ein von solchen Einschränkungen freies Bild der aufgenommenen Person erstelle und die gemachten Aufzeichnungen zeitlich nahezu unbegrenzt aufbewahrt werden könnten. Daher sei für die durchgeführte Ermittlungsmaßnahme eine spezielle strafprozessuale Rechtsgrundlage erforderlich.

Zieht man aus der Entscheidung BGH NJW 1998, S. 1237, Schlüsse für den vorliegenden Fall, müsse man zu dem Ergebnis kommen, ein besonders intensiver und sensibler Eingriff sei nicht gegeben. Denn weder ist der Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG betroffen noch sind Videoaufnahmen gemacht worden. In eine andere Richtung weist jedoch der schon erwähnte Umstand, dass mit Wirkung vom 01.11.2000 § 163 f. in die Strafprozessordnung eingefügt worden ist. Auch die im vorliegenden Fall von der Beklagten durchgeführte Beobachtung wäre als längerfristige Observation i.S.v. § 163 f. Abs. 1 Satz 1 StPO zu beurteilen (planmäßig angelegte Beobachtung, an mehr als zwei Tagen). Auch wenn das Pönalisierungselement im vorliegenden Fall fehlt, so macht doch nachdenklich, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit einer solchen Observation an relativ strenge Voraussetzungen geknüpft hat.

Von größter Bedeutung sind Reichweite und Intensität des mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffs. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt es insoweit maßgeblich auf die Art der Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung an. Insofern kann auch von Belang sein, ob die betroffenen Personen für die Maßnahme einen Anlass geben und wie dieser beschaffen ist (vgl. BVerfGE 100, 313; 107, 299; 109, 279; und BVerfG, Beschluss des 1. Senats vom 04.04.2006 – 1 BvR 518/02 -, NJW 2006, S. 1939). Verdachtslose Eingriffe mit großer Streubreite, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf (vgl. BVerfGE 100, 313, 107, 299; 109, 279; 113, 348; BVerfG, Beschluss des 1. Senats vom 04.04.2006 – 1 BvR 518/02 -, NJW 2006, S. 1939). Die hier vorliegende Observation erfolgte zielgerecht und punktgenau. Sie wies keine Streubreite auf. Die Privatsphären des X. und der Klägerin zu 1) wurden zeitlich (täglich nur eine Stunde), räumlich (nur die Hauseingänge) und gegenständlich (wo hat X. übernachtet)) nur äußerst begrenzt ausgeforscht. Spezielle Grundrechte (Art. 10, 13 GG) wurden nicht berührt, Bildaufnahmen nicht erstellt.“

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2.3 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 14.06.2011, – L 7 AS 552/11 B –

Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn es ist zu beachten, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins (DV) für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Auflage vom 01.10.2008, www.deutscher.verein.de) sich ausdrücklich auf Erwachsene beziehen; für Minderjährige fehlt es an einer ausreichenden Datenbasis (SG Berlin, Urteil vom 12.11.2010 – S 37 AS 38129/09 Rn. 29; DA der BA zum SGB II, § 21 SGB II, Stand 11.04.2011, 21.23; Münder in LPK-SGB II, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage 2009, § 21 Rn. 31).

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2.4 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 03.06.2011, – L 7 AS 2047/10 B –

Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn vorliegend wird die Rechtsfrage zu klären sein, welche Maßnahmen bei einem Schimmelbefall der Wohnung und gleichzeitigen Vorliegen einer Atemwegserkrankung im Rahmen der Inanspruchnahme zumutbarer Beseitigungsmöglichkeiten verlangt werden können.

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2.5 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 07.06.2011, – L 7 AS 1217/10 B –

Die Chance, den Prozess zu gewinnen, muss mindestens genauso groß sein wie die, ihn zu verlieren.

Dies ist grundsätzlich zu bejahen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen gemäß § 103 SGG durchzuführen sind, bevor die streiterheblichen Fragen abschließend beantwortet werden können (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), NJW 1991, 413 ff; BVerfG, NJW-RR 2002, 665 ff; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 29.06.2009, Az.: L 20 B 6/09 AS).

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2.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 07.06.2011, – L 7 AS 2042/10 B –

Keine Gewährung eines höheren Mehrbedarfszuschlags für Alleinerziehende im Rahmen der bereits bewilligten Leistungen nach dem SGB II.

Denn nach der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung des § 23 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ist ein abweichender (höherer) Bedarf nicht bereits dann anzuerkennen, wenn jemand allein für die Pflege und Erziehung von zwei oder drei Kindern unter sieben Jahren sorgt. Der maßgebende Grund für den Gesetzgeber, bereits bei Alleinerziehenden mit nur einem Kind unter sieben Jahren einen Mehrbedarf anzunehmen, ist offenbar die geringe Mobilität, um Preisvergleiche anzustellen und preisbewusst einkaufen zu können. Dieser Nachteil verstärkt sich nicht gleichsam automatisch, wenn zwei oder drei Kinder unter sieben Jahren zu betreuen sind. Ähnliches gilt hinsichtlich der vom Gesetzgeber pauschal vermuteten höheren Aufwendungen für Kontaktpflege und zur Unterrichtung in Erziehungsfragen (vgl. Oberverwaltungsgericht – OVG – Lüneburg, Urteil vom 27.03.1991, Az.: 4 L 227/89, Rdn. 6ff).

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2.7 – Landessozialgericht Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 16.05.2011, – L 19 AS 2202/10 -Revision zugelassen

50 qm Wohnfläche für alleinstehende Hartz-IV-Bezieher

Die angemessene Wohnfläche im Rahmen der Produkttheorie ist anhand der im streitigen Bewilligungszeitraum aktuell gültigen Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zur Belegung von gefördertem Wohnraum zu bestimmen (so anscheinend auch Berlit, info also 2010, 195 (197)).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich an die anerkannten Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und deshalb an die für die Belegung von gefördertem Wohnraum maßgebenden Vorschriften anzuknüpfen (Urteile vom 19.10.2010 – B 14 AS 65/09 R,Rn 22 m.w.N.). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich demnach nach den Werten, welche die Bundesländer aufgrund § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13.09.2001 bzw. aufgrund des § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R, Rn 15 m.w.N.) erlassen haben, wobei auf die im jeweiligen streitgegenständlichen Zeitraum gültigen Verwaltungsvorschriften abzustellen ist (vgl. BSG Urteile vom 22.09.2009 – B 4 AS 70/08 R, Rn. 15 und vom 02.07.2009 – B 14 AS 33/08 R, Rn 15).

Die danach maßgeblichen landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen zu § 10 WoFG, die zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Land Nordrhein-Westfalen heranzuziehen sind (vgl. hierzu BSG Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R, Rn 16), nämlich Nr. 5.7 der VV-WoBindG, sind nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für den sozialen Wohnungsbau vom Bund auf die Bundesländer – wie auch das WoFG – mit Wirkung zum 31.12.2009 außer Kraft getreten. Nr. 19 Satz 2 der WNB (MBl. NRW 2010, 1), die zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des am 01.01.2010 in Kraft getretenen WFNG NRW vom 08.12.2009 (GV NRW 2009, 772) erlassen worden sind, ordnet an, dass die VV-WoBindG mit Ausnahme der Nrn. 8 bis 8b.3 und 22 und der Anlage mit Ablauf des 31.12.2009 außer Kraft treten. Für die Belegung von gefördertem Wohnraum (vgl. § 18 WFNG NRW, der Nachfolgevorschrift zu § 27 WoFG ist (vgl. LT-Drs. 14/9394 S. 96)) sind ab dem 01.01.2010 die in Nr. 8. 2 der WNB, welche die Regelung der Nr. 5.7 VV-WoBindG ersetzt, angesetzten Werte der Wohnflächen maßgeblich. Nr. 8.2 der WNB weist im Vergleich zu Werten nach Nr. 5.7 VV-WoBindG höhere Werte aus. Als angemessene Wohnfläche für einen 1-Personen-Haushalt sieht Nr. 8.2 der WNB anstelle von bisher 45 qm eine Wohnfläche von 50 qm vor.

Es verbleibt bei dem Grundsatz, dass für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II jeweils auf die im streitigen Zeitraum maßgebenden Verwaltungsvorschriften des Landes für die Belegung von gefördertem Wohnraum, in Nordrhein-Westfalen Nr. 8.2. der WNB, abzustellen ist. Dem Senat sind keine anderweitigen Erkenntnisquellen zur Bestimmung der angemessenen Wohnraumgröße im unteren Segment des Wohnungsmarktes ersichtlich. Zwar hat der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zum neu eingeführten § 22b SGB II (Gesetz vom 24.03.2011, BGBl. I, 453) ausführt, dass in Ballungsräumen in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass die von Personen im Niedrigeinkommensbereich bewohnten Wohnungen durchschnittlich kleiner als die Werte der aktuell maßgebenden Regelung der Wohnungsbauförderung sind (BT-Drs. 17/3404 S. 101). Jedoch sind die Erkenntnisquellen, auf die sich der Bundesgesetzgeber dabei stützt, weder aus der Bundestagsdrucksache noch aus anderen dem Senat zur Verfügung stehenden Unterlagen ersichtlich. Auch handelt es sich beim räumlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagen, dem Gebiet des Kreises I bzw. der Stadt I nicht um einen Ballungsraum (siehe hierzu das Kreisportrait in www.kreis-I.de/kreisportrait). Soweit im Kommunalprofil der Stadt I 2010 (www.nrwbank.de – pdf) als durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner im Jahr 2009 am Wohnort des Klägers, der Stadt I, ein Wert von 45,1 qm angegeben wird, der höher als die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner im Land Nordrhein-Westfalen (etwas mehr als 40 qm) ist, resultiert dieser aus der Gesamtwohnfläche der Stadt I, geteilt durch deren Einwohnerzahl. Er lässt keinen Rückschluss zu auf die durchschnittliche Größe einer Wohnung, die Einwohner im Niedrigeinkommensbereich, gestaffelt nach Haushaltsgrößen, bewohnen. Auch aus dem Vortrag der Beteiligten ergeben sich keine weiteren Erkenntnisquellen hinsichtlich der angemessenen Wohnraumgröße im unteren Segment des Wohnungsmarktes.

Nicht zu folgen ist der vom 9. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in der Entscheidung vom 29.04.2010 – L 9 AS 58/08 – in einem obiter dictum geäußerten Rechtsaufassung, dass auch in der Zeit nach dem 01.01.2010 die (außer Kraft getretenen) Verwaltungsvorschriften zum WoBindG zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche für SGB II-Bezieher weiter heranzuziehen seien, weil der Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Einführung des SGB II keine sich am Wohnbauförderungsrecht orientierende Dynamisierung beabsichtigt habe.

Denn der Gesetzgeber hat es sowohl bei der Einführung des SGB II als auch später – trotz mehrfachen Forderungen seitens der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit – unterlassen, die angemessene Wohnfläche für Bezieher von SGB II-Leistungen konkret festzulegen, sondern die Ausfüllung des Begriffs „angemessene Kosten der Unterkunft“ der Rechtsprechung überlassen.

Das BSG hat bei seiner Rechtsprechung, dass auf die Werte nach § 10 WoFG bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche abzustellen ist, berücksichtigt, dass nicht feststeht, ob der mit der Angemessenheitsprüfung verfolgte Zweck im Rahmen des § 22 SGB II mit den Zwecken des WoFG nebst Ausführungsbestimmungen der Länder weitgehend übereinstimmt. Gleichwohl hat es aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität es für vertretbar erachtet, auf die auf der Grundlage des § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Werte zurückzugreifen (Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 70/08 R, Rn 14 m.w.N.) und dabei jeweils die im streitigen Zeitraum aktuellen Verwaltungsvorschriften für maßgeblich gehalten. Mithin ist das BSG schon von einer Veränderlichkeit der Werte als Folge von Änderungen der maßgeblichen Verwaltungsvorschriften, also auch von einer möglichen Dynamisierung, ausgegangen. Es hat dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung beigemessen und eine Heranziehung anderweitiger Verwaltungsregelungen zur Bestimmung der Wohnflächen nur dann für vertretbar angesehen, wenn aktuelle Verwaltungsvorschriften zu § 10 WoFG nicht existieren (Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 70/08 R, Rn 15).

Bei der WNB handelt es sich aber um eine Verwaltungsvorschrift zum WFNG NRW, welches das WoFG ab dem 01.01.2010 ersetzt hat. Das BSG hat an die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) angeknüpft.

Das BVerwG hat entschieden (Beschluss vom 22.08.1994 – 5 PKH 32/94; Urteil vom 17.11.1994 – 5 C 11/93), dass die Frage nach der sozialhilferechtlich angemessenen Wohnfläche nach den Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Vorschriften beantwortet werden kann und hierbei an die Verwaltungsvorschriften der Länder zu § 5 Abs. 2 WoBindG anzuknüpfen ist.

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2.8 – Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 28.04.2011, – L 7 AS 572/10 –

Eine eheähnliche Gemeinschaft (nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II allgemeiner als partnerschaftliche Einstehensgemeinschaft umschrieben) hat nach herrschender Meinung drei Tatbestandsvoraussetzungen: Es muss sich 1. um Partner handeln (Abgrenzung zu Personenverbindungen auf anderer Grundlage, insbesondere Verwandtschaft oder Wohngemeinschaft), diese müssen 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben und 3. den Willen haben, füreinander einzustehen und Verantwortung zu übernehmen (Einstandswille).

Das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist anhand äußerer Hinweistatsachen zu beurteilen (BSG, 27.02.2008, B 14 AS 23/07 R, Rn. 16). Abgesehen von § 7 Abs. 3a SGB II hat im Zweifelsfall die Behörde die objektive Beweislast für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft (BayLSG, Urteil vom 11.07.2006, L 11 AS 5/06, Rn. 44). Die Vermutung nach § 7 Abs. 3a SGB II gilt nur für den Einstandswillen und nur wenn die dort genannten Anknüpfungstatsachen belegt sind (z.B. Zusammenleben länger als ein Jahr).

Die zahlreichen Unterstützungshandlungen wie das Überlassen der Möbel, die beiden geschenkten Öfen, das Besorgen von Heizmaterial und das gemeinsame Lernen mit dem Sohn der Klägerin belegen einen Einstandswillen des Herrn H., selbst wenn man diesen relativieren muss, weil er die Einrichtungsgegenstände schlicht übrig hatte, während es der Klägerin und ihrem Sohn zum Teil am Nötigsten fehlte.

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2.9 – Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 22.02.2011, – L 7 AS 86/11 B ER –

Der Gründungszuschuss nach § 57 SGB III ist in voller Höhe Einkommen (BSG, Urteil vom 01.06.2010, Az. B 4 AS 67/09 R).

Hiervon ist die Pauschale von 30,- Euro abzuziehen.

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2.10 – Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 07.02.2011, – L 11 AS 960/10 NZB –

Keine Erstattung von Kosten zur Vorlage von Kontoauszügen und Kopien, wenn es dem Antragsteller möglich ist, diese Unterlagen ohne eigene Kosten vorzulegen.

Eine analoge Anwendung des § 65a SGB I kommt nicht in Betracht, denn eine unbewusste Regelungslücke ist nach dem in der Bundestagsdrucksache 8/2034 S. 42/43 zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers nicht erkennbar. Die Rechtsfrage ist auch unbestritten (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2010 – L 11 AS 291/10 NZB -).

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3.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – SG Saarbrücken Urteil vom 12.1.2011, S 12 AS 480/09

Die Handlungsanleitung zur Anerkennung der Kosten für Unterkunft und Heizung /KdU) nach § 22 SGB II und § 29 SGB X f II im Saarland beruht für den Bereich des Regionalverbandes Saarbrücken nicht auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Die Übernahme der dann grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu übernehmenden KdU wird nach oben durch die Werte der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zu § 8 WoGG in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung bzw. zu § 12 WoGG in der seit 1.1.2009 geltenden Fassung begrenzt; diese sind um einen maßvollen Sicherheitszuschlag von 10 v. H. zu erhöhen.

Die Übernahme von Umzugskosten setzt grundsätzlich eine vorherige Zusicherung durch den bis zum Umzug zuständigen kommunalen Träger voraus.

www.rechtsprechung.saarland.de

4.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.05.2011, – L 15 SO 251/08 –

Kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung bei Neurodermitis

Die Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 01. Oktober 2008, die auf umfassenden ernährungsmedizinischen Studien und Kostenermittlungen unabhängiger Fachinstitutionen basieren, können als antizipiertes Sachverständigengutachten herangezogen werden (vgl. das bereits zitierte Urteil des 23. Senats mwN). Die Bedenken, die das Bundessozialgericht insoweit bezüglich der Vorauflage der Empfehlungen aus dem Jahre 1997 geäußert hat (u. a. Urteil vom 15. April 2008 – B 14/11b AS 3/07 R –), beruhten im Wesentlichen auf den veralteten Daten und der nicht mehr einhelligen Akzeptanz jedenfalls in der Verwaltungspraxis.

Es bestehen auch keine Bedenken, die Empfehlungen vom 01. Oktober 2008 auf vorherige streitige Zeiträume – wie im vorliegenden Fall – anzuwenden (Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, RNr. 30 zu § 30 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).

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5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – Sozialgericht Fulda Urteil vom 10.05.2011, – S 7 SO 56/07 –

Nach dem Urteil des SG Fulda ist für das durch Bescheid geltend gemachte Verlangen des Sozialhilfeträgers, der Hilfebedürftige möge vorhandenes Vermögen verwerten, eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich.

Denn § 90 Abs. 1 SGB XII, wonach das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen ist, begründet keine Befugnis des Sozialhilfeträgers, einem Hilfebedürftigen die Verwertung vorhandenen Vermögens aufzugeben. Ob vorhandenes Vermögen eingesetzt wird und gegebenenfalls über die Art des Einsatzes entscheidet grundsätzlich der Vermögensinhaber (vgl. Brühl/Geiger in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 90 Rn. 23). Wer sich weigert, einzusetzendes oder verwertbares Vermögen zur Beseitigung einer sozialhilferechtlichen Notlage einzusetzen, handelt folglich insoweit auf eigenes Risiko, als er sich jederzeit auf das Vorhandensein des Vermögensgegenstandes zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs verweisen lassen muss mit der Folge, dass ein Sozialhilfeanspruch gerade nicht besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.1997 – NJW 1998, 1879 (1881)).

Bestandskräftig gewordene Bewilligungsbescheide über darlehensweise gewährte Sozialhilfeleistungen sind zugleich Rechtsgrundlage für den mit Bescheid geltend gemachten Rückzahlungsanspruch.

Einzelfall einer Grundstücksübertragung, die wegen Vereitelung des beabsichtigten Zugriffs des Sozialhilfeträgers gegen die guten Sitten verstößt.

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6.   Harald Thomé: Folienvortrag ALG II / Stand: 10 Juni 2011

www.harald-thome.de

7.   Info Video zu Hartz IV

Mit den Hartz-Reformen wurde das Recht der Existenzsicherung komplett neu geregelt. Eine Fülle an neuen Problemlagen ist entstanden. RA Ludwig Zimmermann, Fachbuchautor und Experte im Nomos Forum, gibt wertvolle Anregungen zum Umgang mit den neuen Änderungen zu Hartz IV.

Es ist soweit. Das aktuelle InfoVideo ist so gut wie fertig. Ab 20. Juni 2011 können Sie sich den Film hier ansehen.

www.existenzsicherung.de

Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles

Quellenangabe Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de