1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 29.11.2012 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
1.1 . BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 6/12 R
1. Der Erlass eines endgültigen Bescheides ist kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht.
Wenn das zu erwartende Arbeitsentgelt etwa als Leistungsentlohnung (wie hier auf Basis einer Stückzahl) oder als Zeitlohn ohne von vornherein fest vereinbarte Stundenzahl vertraglich geregelt ist, ist typischerweise der Anwendungsbereich des § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1a SGB II (seit 1.1.2011 § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II) iVm § 328 Abs 1 SGB III eröffnet.
Der Erlass eines endgültigen Bescheides statt eines vorläufigen Bescheides ist dann von Anfang an rechtswidrig und § 45 SGB X die für seine Aufhebung einschlägige Ermächtigungsgrundlage.
§ 48 SGB X wäre demgegenüber nur dann anwendbar, soweit sich hinsichtlich der anderen Voraussetzungen eine wesentliche Änderung ergibt (BSG vom 21.6.2011 – B 4 AS 21/10 R).
2. Der Aufhebungsbescheid ist nicht wegen mangelnder Bestimmtheit rechtswidrig i.S.d. § 33 SGB X, denn unschädlich ist es, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss.
Die Aufhebungsverfügungen im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wurden hier mit dem Änderungsbescheid vom selben Tag aus Sicht des Empfängers ausreichend konkretisiert.
Anmerkung:
Vgl. zu Punkt 2 – BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 196/11 R
Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten. Maßstab für die Bestimmtheitsprüfung ist also der Empfängerhorizont, für die Beteiligten muss sich aus dem Verfügungssatz vollständig, klar und unzweideutig ergeben, was die Behörde will.
Unschädlich ist es dabei, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss.
Literaturtipp: Zur Ermittlung des Einkommens Selbständiger im Rechtskreis SGB II
Prospektive Schätzung des Einkommens Selbständiger im Rechtskreis SGB II, ein Beitrag von Norbert Hermann
zu finden hier: www.harald-thome.de (pdf)
2. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 28.02.2013 zur Sozialhilfe (SGB XII)
2.1 – BSG, Urteil vom 28.02.2013 – B 8 SO 12/11 R
Die Motivationszuwendung ist Einkommen iS des § 82 SGB XII; dieses Einkommen bleibt aber als Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege gemäß § 84 Abs 1 SGB XII bei der Bemessung der Leistung außer Betracht, weil es die Lage des Leistungsbeziehers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Sozialhilfe ungerechtfertigt wäre.
juris.bundessozialgericht.de
3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
3.1 – Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21.03.2013 – L 6 AS 665/10
Minderjährige Sozialgeldempfängerin hat Mehrbedarfsanspruch bei Laktose- und Fruktoseintoleranz monatlich in Höhe von 30 Prozent des in der Regelleistung enthaltenen Betragsanteils für Nahrungsmittel und Getränke (37,46 EUR)
Zu den Darlegungspflichten des Leistungsberechtigten bei Geltendmachung eines höheren Mehrbedarfs bei kostenaufwändiger Ernährung, wenn ein ernährungsbedingter Mehraufwand von 30 Prozent des in der Regelleistung enthaltenen Betragsanteils für Nahrungsmittel und Getränke bereits rechtskräftig zuerkannt ist.
Anmerkung:
Vgl. dazu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.06.2011, – L 7 AS 552/11 B –
Gewährung von Prozesskostenhilfe, denn es ist zu beachten, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins (DV) für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Auflage vom 01.10.2008, www.deutscher.verein.de) sich ausdrücklich auf Erwachsene beziehen; für Minderjährige fehlt es an einer ausreichenden Datenbasis (SG Berlin, Urteil vom 12.11.2010 – S 37 AS 38129/09 Rn. 29; DA der BA zum SGB II, § 21 SGB II, Stand 11.04.2011, 21.23; Münder in LPK-SGB II, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage 2009, § 21 Rn. 31).
3.2 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04.04.2013 – L 11 AS 119/13 NZB
Die Berufung ist allein wegen der Frage zuzulassen, ob wegen der Feststellung des Eintritts der Minderung auch eine Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides erforderlich ist.
sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Vgl. dazu Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.01.2013 – L 7 AS 1508/12 B –
Gewährung von PKH, denn umstritten ist, ob die Minderung kraft Gesetzes gemäß § 31b Abs. 1 SGB II so zu verstehen ist, dass es für die Bewilligung der Leistungen, die den Minderungszeitraum betreffen, keiner Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 SGB X bedarf (vgl. zum Meinungsstand, Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 31b SGB II, Rn. 2).
Zur Vorläuferregelung hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 17.12.2009 (B 4 AS 30/09 R) unter Hinweis auf § 40 Abs. 1 SGB II ausgeführt, bei der Bewilligung von Alg II handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, dessen Bestandskraft nur durch einen gegenläufigen Aufhebungsentscheidung durchbrochen werden könne.
3.3 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.03.2013 – L 31 AS 362/13 B ER rechtskräftig
Bulgarische Staatsangehörige hat Anspruch auf ALG II im Rahmen der Folgenabwägung, die Leistungen sind mit einem Abschlag in Höhe von 20 % zuzusprechen.
1. Unionsbürger im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung haben auch dann noch einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik, wenn sie sich nicht zur Arbeitssuche, sondern nur zum Sozialleistungsbezug in Deutschland aufhalten.
2. Die Sozialgerichte sind nicht dafür zuständig, die Rechtmäßigkeit einer Freizügigkeitsbescheinigung zu überprüfen. Diese Prüfung ist in einem ausländerrechtlichen Verfahren durchzuführen.
3. Unionsbürger mit Freizügigkeitsbescheinigung, die sich nur zum Sozialleistungsbezug in Deutschland aufhalten, haben Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, weil ein sozialrechtlicher Leistungsausschluss für diese Fallgruppe fehlt.
Anmerkung:
Vgl. dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11.03.2013 – L 31 AS 318/13 B ER rechtskräftig
Unionsbürger – Leistungsausschluss – Folgenabwägung – Arbeitssuche
1. Die Frage, ob Unionsbürger trotz der Vorschrift des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur im Rahmen einer Folgenabwägung entschieden werden.
2. Ob der von der Bundesregierung eingelegte Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) im Hinblick auf SGB II-Leistungen wirksam ist, hängt nicht (nur) von der Zulässigkeit des Vorbehalts ab. Entscheidend ist, ob der betroffene Signatarstaat – hier Spanien – Einspruch gegen den Vorbehalt eingelegt oder diesen – auch stillschweigend – akzeptiert.
3. Die Frage, ob der Leistungsausschluss gegen EU-Recht verstößt, kann angesichts einer mittlerweile gefestigten aber widersprüchlichen Judikatur der Landessozialgerichte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entschieden werden.
3.4 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.04.2013 – L 25 AS 443/13 B ER rechtskräftig
Britische Staatsbürgerin hat Anspruch auf ALG II im Rahmen der Folgenabwägung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Antragstellerin, die die britische Staatsangehörigkeit besitzt, dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterliegt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 11. Januar 2010 – L 25 AS 1831/09 B ER – vom 30. Juni 2011 – L 25 AS 535/11 B ER – und vom 23. Mai 2012 – L 25 AS 837/12 B ER -).
Anmerkung:
Ebenso im Ergebnis: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2012 – L 20 AS 2047/12 B ER
Britische Staatsbürgerin hat Anspruch auf vorläufiges ALG II in Höhe von 80 v.H. des Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erweist sich nicht als europarechtswidrig. Die Vorschrift ist jedoch auf Staatsangehörige eines Vertragsstaates des Europäischen Fürsorgeabkommens vom 11. Dezember 1953 – EFA – nicht anzuwenden, weil Art. 1 EFA dies völkerrechtlich ausschließt (anders noch: Beschluss des Senats vom 21. Juni 2012, Az.: L 20 AS 1322/12 B ER).
3.5 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.04.2013 – L 25 AS 3335/12 B PKH rechtskräftig
Eingang der Klage nach Urteil des BSG – Keine Bewilligung von PKH für Regelsatzklage
Nachdem das BSG (Urteil vom 12. Juli 2012 – B 14 AS 153/11 R) höchstrichterlich entschieden hat, dass der Regelbedarf für Alleinstehende nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden ist, begründet auch das weiterhin beim BVerfG anhängige Vorlagebeschlussverfahren 1 BvL 12/12 (Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 – S 55 AS 29349/11) keine hinreichende Erfolgsaussicht, zumal das BVerfG mit Beschluss vom 20. November 2012 die Verfassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil des BSG vom 12. Juli 2012 nicht zur Entscheidung angenommen und den insoweit gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt hat, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne Aussicht auf Erfolg sei (1 BvR 2203/12).
Anmerkung:
Ebenso im Ergebnis: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.02.2013 – L 11 AS 1171/12 NZB
4. Entscheidungen zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III)
4.1 – Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 22.04.2013 – S 1 KO 1420/13 bis S 1 KO 1429/13
Keine Entschädigung für Zeitverlust eines arbeitslosen Sozialleistungsempfängers für Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung als Kläger in eigener Sache.
www.sozialgericht-karlsruhe.de
Anmerkung:
Siehe dazu – LSG Sachsen- Anhalt, Beschluss vom 18.11.2011, Az. L 4 P 18/09
Hartz IV-Empfänger erhalten volle Zeitaufwandsentschädigung, wenn sie als – Zeugen – vor Gericht erscheinen. Für die Entschädigung komme es nur darauf an, dass man den Haushalt führt und nicht erwerbstätig ist.
5. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
5.1 – Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.02.2013 – L 9 SO 17/11
Auch im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII können die Kosten für eine Petö-Therapie übernommen werden.
Als Anspruchsgrundlage kommen insoweit für die Anerkennung als soziale Rehabilitation § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i. V. m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfeverordnung in Betracht (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. September 2011 – L 9 SO 37/10 –, m. w. N.) bzw. § 55 Abs. 2 SGB IX und insbesondere § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (BSG, Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 19/08 R –,Rdn. 18), bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 2 und 7 (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. August 2012 – L 20 SO 25/09 –, Rdn. 56).
sozialgerichtsbarkeit.de
6. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
6.1 – Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2013 – S 17 SO 466/10
Zum Vermögen gehören auch Forderungen, d. h. Ansprüche gegen Dritte – hier Todesfallversicherung – denn zum Vermögen sind auch alle aus einer vertraglichen Beziehung resultierenden Rückabwicklungsansprüche nach der Auflösung des Vertrages zu rechnen.
Die Todesfallversicherung ist auch verwertbar, da gemäß den auf den Versicherungsvertrag Anwendung findenden allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherung ein vorzeitiges Kündigungsrecht und ein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufwertes besteht.
Die Todesfallversicherung ist auch nicht über § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII von der Verwertung ausgeschlossen, denn nur die reinen Sterbeversicherungen stellen geschütztes Vermögen dar.
Dies ist jedoch bei der Todesfallversicherung nicht der Fall, denn diese Versicherung ist letztlich von ihrem vertraglichen Zuschnitt her eine kapitalbildende Lebensversicherung, der eine besondere Zweckbestimmung in Richtung auf Bestattung und/oder Grabpflege nicht innewohnt (LSG NRW, Urteil vom 19.03.2009, L 9 SO 5/07).
sozialgerichtsbarkeit.de
Anmerkung:
Vgl. dazu Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 23.05.2012 – L 8 SO 85/11 rechtskräftig
Die Vermögensverwertung der Sterbegeldversicherung stellt keine nach § 90 Abs. 3 SGB XII zu beachtende unzumutbare Härte dar.
Jedenfalls bei einem Wertverlust von weniger als 20 % ist eine besondere Härte nicht anzunehmen (offen gelassen unter Bestätigung der geringeren Vermögensprivilegierung in der Sozialhilfe: BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R).
Nur eine – echte Sterbegeldversicherung ist geschützt, eine Zweckbindung für Beerdigungskosten wurde mit der Versicherung nicht vereinbart, insbesondere bleibt gerade eine vorzeitige Kündigung und Verwertung der Versicherung zu anderen Zwecken möglich.
6.2 – Sozialgericht Aachen, Urteil vom 30.04.2013 – S 20 SO 159/12
Eine besondere Härte, die einen Kostenersatzanspruch des Sozialhilfeträgers gegen Erben eines Leistungen der Sozialhilfe beziehenden Erblassers ausschließen kann, liegt nicht bereits dann vor, wenn das ererbte Vermögen dem sozialhilferechtlich geschützten Schonvermögen des Leistungsberechtigten zuzurechnen war.
Anmerkung:
Ähnlich im Ergebnis: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.02.2012 – L 8 SO 113/09
Eine besondere Härte nach § 102 SGB XII ergibt sich nicht daraus, dass es sich bei dem ererbten Grundbesitz um Miteigentum an der Wohnung handelt, die ein Erbe mit seinem Ehegatten bewohnt hat und nach seinem Tod weiterhin bewohnt, selbst wenn dies zum Verlust eines früheren Familienheimes führen.
7. Entscheidungen zum Asylrecht
7.1 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.04.2013 – L 20 AY 153/12 B ER rechtskräftig
Der Rechtsbegriff der “unabweisbar gebotenen” Leistungen, auf deren Höhe eine Leistungskürzung auf der Rechtsfolgenseite der Norm beschränkt ist, ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Leistungsumfang das menschenwürdige Existenzminimum nicht unterschreiten darf.
§ 1a AsylbLG ist – unabhängig von den Gründen der darin vorgesehenen Leistungskürzung bzw. seiner Voraussetzungen – (nur) dann mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die “unabweisbar gebotenen” Leistungen das menschenwürdige Existenzminimum nicht unterschreiten.
Anmerkung:
Anderer Auffassung: LSG Thüringen vom 17.01.2013 – L 8 AY 1801/12 B ER sowie SG Münster vom 27.02.2013 – S 12 AY 11/13 ER
Anmerkung:
Anderer Auffassung auch ganz aktuell – Sozialgericht Stade, Beschluss vom 05.03.2013 – S 33 AY 53/12 ER
Die Gewährung eingeschränkter Leistungen gemäß § 1a AsylbLG ist auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 – 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11 – unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Eine Orientierung an § 26 SGB XII erscheint geboten.
7.2 – Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 17.01.2013 – L 8 AY 1801/12 B ER rechtskräftig
Trotz Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10 bzw. 2/11) ist es grundsätzlich rechtlich zulässig, weiterhin Leistungskürzungen nach § 1 a AsylbLG durchzuführen.
Anmerkung:
Ebenso : Sozialgericht Münster, Beschluss vom 27.02.2013 S 12 AY 11/13 ER
Anmerkung:
Anderer Auffassung: Sozialgericht Aachen mit Beschluss vom 21.02.2013 – S 20 AY 2/13 ER
8. 10 Jahre Hartz IV – keine Entwarnung für die Sozialgerichtsbarkeit
Zehn Jahre nach der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) ist die Belastungssituation der Sozialgerichtsbarkeit in der Mehrzahl der Bundesländer nach wie vor sehr hoch. Insbesondere sind die hohen Bestände an Klageverfahren, vor allem in den neuen Bundesländern, weiterhin kritisch.
Die Konferenzteilnehmer sehen mit großer Sorge, dass die Verfahren, die älter als zwei Jahre sind (sogenannte Altfälle), weiterhin ansteigen. Gerade in der Sozialgerichtsbarkeit, wo es oft um existenzsichernde Leistungen, wie Sozialhilfe, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Renten, geht, ist effektiver und zeitnaher Rechtsschutz, der im Grundgesetz verankert ist, unabdingbar.
Die Konferenz befürchtet, dass diese Entschädigungsklagen zunehmen werden, zumal bei den Sozialgerichten inzwischen vermehrt Verzögerungsrügen eingehen.
Pressemitteilung des LSG Bayern vom 10.05.2013 hier: www.lsg.bayern.de
9. BGH, Beschluss vom 08.05.2013 – XII ZB 192/1
Ein Unterhaltsschuldner ist nicht befugt, gegen die auf Sozialleistungsträger übergegangenen Unterhaltsansprüche mit privaten Forderungen gegen den Unterhaltsgläubiger aufzurechnen.
beck-aktuell.beck.de
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de