Sozialgericht Hildesheim – Beschluss vom 14.05.2013 – Az.: S 26 AS 1029/11

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit
xxx,
Klägerin,

Proz-Bev.: Rechtsanwalt Sven Adam. Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

gegen

Landkreis xxx,
Beklagter,

hat das Sozialgericht Hildesheim – 26. Kammer – am 14. Mai 2013 durch den Vorsitzenden, Richter am Sozialgericht xxx, beschlossen:

Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

GRÜNDE
Nach § 193 Abs 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht über die Frage der Kostentragung durch Beschluss, wenn das Verfahren nicht durch streitige Entscheidung beendet wird. Die Entscheidung zur Kostentragung steht im Ermessen des Gerichtes. Im Rahmen seiner Ermessensausübung berücksichtigt das Gericht auch die Erfolgsaussichten bei Fortführung des Verfahrens. Aus Billigkeitsgründen können Veranlassungsgesichtspunkte im Rahmen der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 193 SGG Berücksichtigung finden (BSG, Urteil vom 29.5.1996 – BSGE 78, 233, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1 S 11; Urteil vorn 16.6.1999 – SozR 3-3100 § 5 Nr 7 S 26; Urteil vom 30.8.2001 – SozR 3-5050 § 22b  Nr 1 S 16: Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 193  Rn.  12b).

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er bei Fortführung des Verfahrens ohne den das Verfahren erledigenden Erlass des Widerspruchsbescheides unterlegen wäre.

Das Verfahren endete durch übereinstimmende Erledigungserklärung aufgrund der mehr als sechs Monate nach Widerspruchserhebung erfolgten Verbescheidung. Ein zureichender Grund für die verspätete Entscheidung ist weder von dem Beklagten vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Untätigkeitsklage gemäß § 88 Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGG somit zulässig und begründet, weil die Entscheidung erst mehr als drei Monate nach Antragstellung erging.

Der Beklagte hat auch für die gesamten Kosten der Klägerin aufzukommen. Die Erwägungen des Vertreters des Beklagten, dass die Klägerin mehrere Streitgegenstände in einem Verfahren hätte zusammenfassen können, behaupten offen eine rechtsmissbräuchliche Verfahrensweise im Eigeninteresse des Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Sie liegen allerdings neben der Sache, weil es dem Prozessbevollmächtigten grundsätzlich frei steht, mehrere Streitgegenstände einzeln oder gemeinsam zu verfolgen; die sozialgerichtliche Rechtsprechung ist der vom Dispositionsgrundsatz geprägten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Recht nicht gefolgt. Selbst wenn die Auftrennung in einzelne Streitgegenstände maßgeblich mit dem Ziel eines insgesamt höheren Vergütungsanspruchs erfolgt wäre, erachtete das Gericht selbst dies als noch zulässigen Gestaltungsspielraum und ohne weitere gewichtige Anhaltspunkte für ein übersteigertes Vergütungsinteresse – ein solcher könnte etwa in einer hohen Zahl von Überprüfungsanträgen ohne jeglichen weiteren Vortrag zu sehen sein – nicht als rechtsmissbräuchliches Verhalten.

Das Gericht registriert mit großem Unverständnis, dass es einerseits zweier Erinnerungen des Beklagten des Gerichts bedurfte, um die Verwaltungsvorgänge zu übersenden und der Beklagte es dabei noch nicht einmal für nötig befunden hat, sich in der Sache zu äußern, andererseits aber beim Beklagten augenscheinlich so reichliche Arbeitskapazitäten vorhanden waren, dass dieser sich in einem rund eineinhalbseitigen Schriftsatz über die Höhe der durch seine unzureichende Bearbeitung verursachten Kosten in niedriger dreistelliger Höhe auszulassen vermochte.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 172 Abs 3 Nr 3 SGG).