Rechtsprechungsticker von Tacheles KW 23/2014

1.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 02.04.2014 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
 
1.1 – BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 29/13 R
 
Grundsicherung für Arbeitsuchende – Antrag auf Arbeitslosengeld nach dem SGB 3 umfasst nicht grundsätzlich Antrag auf Arbeitslosengeld II – keine rückwirkende Leistungsgewährung – kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
 
Leitsätze (Autor)
Antrag auf Arbeitslosengeld nach dem SGB 3 umfasst nicht grundsätzlich Antrag auf Arbeitslosengeld II. Ebenso wenig bewirkt der gestellte Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II – als nachgeholter Antrag i.S. des § 28 SGB X – eine Rückwirkung des Antragszeitpunkts. Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch verhilft den Antragstellern nicht zum Erfolg ihres Begehrens.
 
Quelle: juris.bundessozialgericht.de

2.   Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 27.05.2014 zur Sozialhilfe (SGB XII)
 
2.1 – BSG, Urteil vom 27.05.2014 – B 8 SO 1/13

Leitsatz (Autor)
Sozialämter dürfen für Leistungen, die sie Sozialhilfeempfängern als Darlehen gewähren, keine Zinsen kassieren.

Muss der Sozialhilfeträger Sozialhilfe in Form eines Darlehens wegen fehlender Möglichkeit zur sofortigen Verwertung vorhandenen Vermögens gewähren (§ 89 BSHG bzw seit 1.1.2005 § 91 SGB XII) und bewilligt er diese durch Verwaltungsakt, so ist er nicht berechtigt, zusätzliche Zinsen festzusetzen.
 
Quelle: juris.bundessozialgericht.de
 
Anmerkung 1:
Gleicher Auffassung SG Freiburg, Urt. v. 25.7.2011, S 9 SO 771/09 und Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. A: 2010, § 91 Rnr. 15 – Keine Verzinsung bei einem Darlehen gemäß § 91 SGB XII.
 
Anmerkung 2:
Keine Zinsen auf darlehensweise gewährte Sozialhilfe, ein Beitrag von den Rechtsanwälten von “ Sozialrecht in Freiburg: www.sozialrecht-in-freiburg.de

3.  Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
 
3.1 – Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29.04.2014 – L 7 AS 260/14 B ER

Rechtsschutz im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gibt es gegen eine Zwangsvollstreckung auch bei bestandskräftigem Erstattungs- und Rückforderungsbescheid.

Leitsätze (Juris)
1. Rechtsschutz gibt es gegen eine Zwangsvollstreckung auch bei bestandskräftigem Bescheid.

2. Vollstreckungsbehörden für Bescheide nach dem SGB II sind die Hauptzollämter, § 40 Abs. 6 SGB II i.V.m. § 66 SGB X. Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörden erfolgt auf dem Finanzrechtsweg.

3. Vollstreckungsanordnungsbehörden sind im Bereich des SGB II das Jobcenter als Ausgangsbehörde oder nach entsprechender Aufgabenübertragung gemäß §§ 44 b, 44 c SGB II bezüglich des Forderungseinzugs die Bundesagentur für Arbeit. Rechtsschutz erfolgt auf dem Sozialrechtsweg.

4. Ein Antrag auf Erlass gemäß § 44 SGB II kann die Vollstreckung aus einem bestandskräftigen Rückforderungsbescheid vorläufig unzulässig machen.

5. Ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X kann die Vollstreckung aus einem bestandskräftigen Bescheid vorläufig unzulässig machen.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.04.2014 -  L 11 AS 512/13

Leitsätze (Juris)
Die Rechtsfolgenbelehrung in einem Vermittlungsvorschlag ist falsch, wenn auf eine später aufgehobene vorangegangene Pflichtverletzung und einem Wegfall des Alg II hingewiesen wird, wegen der Aufhebung des vorangegangenen Sanktionsbescheides dann aber nur der Eintritt einer Minderung von 60 vH festgestellt wird. Es handelt sich nicht um eine bloße Überbelehrung.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
In dieselbe Richtung LSG Bayern, Urteil vom 23.04.2014 – L 11 AS 410/13

3.3 – Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.02.2014 – L 5 AS 63/14 B ER – rechtskräftig

Leitsatz (Autor)
Rumänischer Staatsangehöriger hat Anspruch auf vorläufige Bewilligung von ALG II im Rahmen der Folgenabwägung (ebenso Beschlüsse des 5. Senats des LSG Sachsen-Anhalt vom 26. Februar 2013 (L 5 AS 32/13 B ER und L 5 AS 33/13 B) wie vom 4. März 2013 (L 5 AS 6/10 B ER und L 5 AS 7/13 B).
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
 
 
3.4 – Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.03.2014 – L 3 AS 249/11- Die Revision wird zugelassen.

Zur Frage der Aufteilung einer Steuererstattung und Anrechnung einer Versicherungspauschale im Fall zusammenveranlagter Ehegatten, bei denen nur ein Ehegatte zu versteuerndes Einkommen erzielt hat.

Leitsätze (Autor)
Eine Aufteilung einer Steuererstattung als berücksichtigungsfähiges Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf beide Ehepartner kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn das der Steuererstattung zu Grunde liegende Guthaben ausschließlich von Vorausleistungen eines Ehepartners beruht. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn nur ein Ehepartner Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt hat und die Steuererstattung darauf beruht, dass von seinem Arbeitslohn ein zu hoher Steuereinbehalt im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens erfolgte. In diesem Fall lässt sich die Steuererstattung zweifelsfrei einem der Ehegatten zuordnen. Hieran ändert auch nichts, dass die Ehegatten gemäß § 26b EStG zusammenveranlagt wurden.

Eine Anrechnung der Steuererstattung als „sonstiges Einkommen“ nicht nur beim Antragsteller zu 2, sondern auch bei der Antragstellerin zu 1 kommt hingegen nicht in Betracht. Auf Grund dessen scheidet bei ihr der Abzug einer Versicherungspauschale im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V aus.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
 
Anmerkung:
Gleicher Auffassung Wissensdatenbank der BA zum SGB II – WDB-Beitrag Nr.: 110103: www.arbeitsagentur.de

3.5 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2014 – L 2 AS 2105/13 B – rechtskräftig

Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Frage, ob die der Antragstellerin aufgrund der Pflege einer dritten Person zugeflossenen Geldmittel als minderndes Einkommen zu berücksichtigen sind.

Leitsätze (Autor)
Die Maßgabe des Bundesfinanzhofs, ob die Pflege eines Nicht-Angehörigen einem sittlichen Gebot entspreche, sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (BFH, Urteil vom 19.08.1996 – III R 4/95), gilt auch für die vorliegende sozialrechtliche Frage der Einkommensfreistellung.

Dabei obliegt es aber der Antragstellerin darzulegen, dass die Übernahme der Pflege einem sittlichen Gebot i.S.d. § 3 Nr. 36 EStG entsprach und von der Qualität war, dass es ähnlich einem Rechtszwang von außen her als eine Forderung oder zumindest Erwartung der Gesellschaft in der Weise auftrat, dass die Unterlassung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben könnte.

Dazu fehlt den bisherigen Ausführungen, wie etwa, der Pflegebedürftige und die Antragsteller seien wie Geschwister aufgewachsen, er sei wie ein Angehöriger und habe viel für diese getan, an Substanz.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.01.2014 – L 6 AS 1667/12

Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung eines höheren Mehrbedarfs für die Aufbereitung von Warmwasser ist § 21 Abs. 7 SGB II

Leitsätze (Autor)
Ein im Sinne der Öffnungsklausel des § 21 Abs. 7 S. 2 HS 2 SGB II abweichender Bedarf lässt sich nicht feststellen.
 
Vom Normalfall abweichende persönliche Verhältnisse bei den Hilfebedürftigen oder technische Besonderheiten sind nicht das entscheidende Kriterium dafür, ob über die Pauschalbeträge hinausgehende Leistungen erbracht werden. Derartige Umstände bieten entsprechend der Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von Heizkosten zwar Anhaltspunkte dafür, dass höhere Aufwendungen als angemessen berücksichtigt werden können (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 28.05.2013 – L 9 AS 540/13 B). Das entbindet aber nicht davon, zunächst festzustellen, ob höhere Aufwendungen bestehen. Erst dann schließt sich die Prüfung an, ob diese Aufwendungen angemessen sind. In diesem Zusammenhang (erst) kann den besonderen Umständen des Einzelfalls Bedeutung zukommen.
 
Die Voraussetzungen für die Gewährung eines über den Betrag von 8,00 EUR und 7,00 EUR für beide Antragsteller hinausgehenden Mehrbedarfs nach Maßgabe der sogenannten Öffnungsklausel des § 21 Abs. 7 S. 2 HS 2 SGB II liegen jedoch nicht vor. Nach dieser Bestimmung kommt bei Nachweis höherer tatsächlicher Kosten der Warmwasseraufbereitung auch die Gewährung höherer Beträge in Betracht, denn die Pauschalen enthalten keine gesetzlich normierten Angemessenheitsgrenzen, sondern kommen immer nur dann zur Anwendung, wenn sich die Warmwassererzeugungskosten in Ermangelung entsprechender technischer Vorrichtungen nicht konkret ermitteln lassen.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

3.7 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2014 – L 2 AS 626/14 B ER – rechtskräftig
 
Eingliederungsleistung – Förderung aus dem Vermittlungsbudget – Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse B – Vorliegen einer vom Besitz der Fahrerlaubnis abhängenden Einstellungszusage – Ermessensreduzierung auf Null.

Grundsätzlich führt die bloße Zusage eine Einstellungszusage eines Arbeitgebers nicht zur Kostenübernahme der Fahrerlaubnis durch das Jobcenter.

Leitsätze (Autor)
Die Aufstellung eines Grundsatzes, dass in allen Fällen, in denen eine Einstellungszusage eines Arbeitgebers vorliegt, die von dem Besitz der Fahrerlaubnis abhängt, und in denen der mittellose Antragsteller die Kosten für den Führerscheinerwerb auch nicht anteilig aus eigenen Mitteln aufbringen kann, eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt (dahin tendierend wohl Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.10.2011 – L 15 AS 317/11 B ER), kann nicht geteilt werden.

Bei der Ermessensentscheidung sind nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I- die Zwecke des § 44 SGB III, die Umstände des jeweiligen Einzelfalls sowie die Besonderheiten der jeweiligen Interessenlage und der Lebenssituation des Antragstellers zu berücksichtigen. Schließlich sind auch fiskalische Interessen in der Form einer rechtmäßigen Prioritätensetzung zur Verwendung des Vermittlungsbudgets nicht ausgeschlossen. Bereits deshalb erscheint die Aufstellung eines allgemeinen Grundsatzes zur Ermessensreduzierung auf Null fraglich (das bloße Vorliegen einer Zusage lassen auch nicht genügen: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.11.2010 – L 19 AS 1684/10 B ; Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26.10.2012 – L 3 AS 678/12 B ER ; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.01.2013 – L 5 AS 795/12 B ER).

Insbesondere bei Leistungen aus dem Vermittlungsbudget, wie etwa die Kosten zum Erwerb eines Führerscheins – ist im Rahmen der Entscheidung über die Förderung zu prüfen, ob nicht allgemeine Aufwendungen betroffen sind, die jeder tragen muss und die bei Empfängern von Leistungen nach dem SGB II im Regelsatz enthalten sind, und ob es nicht Alternativen zu den Kosten gibt, wie z.B. die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel statt des PKW. Solche Alternativen sind hier vom Jobcenter nachgewiesen worden. Vom Antragsteller ist nicht vorgetragen worden, warum eine Bewerbung auf oder die Ausübung der Stellen, für die ein Führerschein nicht Voraussetzung ist, nicht möglich oder zumutbar ist.

Ein dauerhafter Ausschluss vom Arbeitsmarkt droht dem Antragsteller nicht (zum möglichen Verweis auf andere Stellen: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.01.2013 – L 5 AS 795/12 B ER). Dass eine Fahrerlaubnis für die berufliche Eingliederung hilfreich wäre, kann einen Anspruch des Antragstellers nicht begründen (dazu Landessozialgericht Hamburg, 21.05.2010 – L 5 AS 79/09).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
 
4.1 – SG Leipzig, Beschluss vom 28.05.2014 – S 3 AS 1885/14 ER

Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Zusicherung der Aufwendungen für die neue Wohnung durch einstweiligen Rechtsschutz

Eine Verpflichtung der Behörde zum Erlass einer Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 4, 6 SGB II ist auch im einstweiligen Rechtsschutz möglich.

Leitsätze (Autor)
Zwar darf eine Entscheidung im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht die Hauptsache vorwegnehmen, was bei einer Verpflichtung des Grundsicherungsträgers nach dem SGB II zur Erteilung der Zusicherung hier geschieht. Dies kann aber wegen der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) nicht bedeuten, dass es für Zusicherungen im Sinne des § 22 Abs. 4, 6 SGB II keinen einstweiligen Rechtsschutz geben kann.

Vom Grundsatz des Verbotes der Vorwegnahme der Hauptsache ist abzuweichen, wenn die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz es erfordert. Einstweiliger Rechtsschutz für eine Zusicherung der vorliegenden Art ist nicht generell ausgeschlossen, insoweit aber äußerst hohe Anforderungen an Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu stellen sind. Diese hohen Anforderungen werden im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der um 10 % erhöhten Werte des § 12 WoGO und die Tatsache, dass die Scheidung der Antragstellerin vom Ehemann, welchem das bis jetzt bewohnte Eigenheim gehört unmittelbar bevorsteht und der weitere Verbleib der Antragsteller ungeklärt ist, erfüllt. Hinzu kommt, dass mit Schreiben der Stadt Leipzig, Abteilung Soziale Wohnhilfen bestätigt wurde, dass im Falle der Antragsteller Wohnungen zu den Richtlinienwerten nicht zur Verfügung stehen.

Zudem besteht für eine nur vorläufige Zusicherung unter dem Vorbehalt einer abweichenden Entscheidung im Hauptsachverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis, weil eine solche den Betroffenen hinsichtlich der Gewissheit bezüglich der Übernahme der Kosten für die neue Unterkunft nicht besser stellt, als eine gar nicht vorhandene (vgl. zu 22 Abs. 2 SGB II a. F. : LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28.10.2008 – L 8 B 299/08; a. A. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 23.01.2014 – L 7 AS 1826113 B ER; Bayerisches LSG, Beschluss vom 27.06.2013 – L 7 AS 330/13 8 ER).

Ohne eine Verpflichtung des Jobcenters im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes bestünde die Gefahr, dass die Wohnung aufgrund anderweitiger Vergabe nicht mehr zur Verfügung steht (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vorn 23.01.2014 – L 7 AS 1826/13 B ER).

Bestehen Zweifel an der Schlüssigkeit des Konzepts, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf die Angemessenheitsobergrenze nach dem Tabellenwert des § 12 WoGG – rechte Spalte – abgestellt werden (Sächs. LSG, Beschluss vom 05.04.2012 – L 7 AS 425/11 B ER). Diesem Betrag ist ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % hinzuzurechnen (BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R).
 
Der Beschluss liegt dem Autor vor.

4.2 – Sozialgericht Potsdam, Urteil vom 26.03.2014 – S 38 AS 1542/13 WA – Berufung anhängig beim LSG BB unter dem Az. L 19 AS 1251/14

Für eine Anrechnung der Untermiete unmittelbar auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung fehlt die rechtliche Grundlage.

Leitsätze (Autor)
Die Untermiete ist als Einkommen auf die Regelleistung als Geldleistung der Agentur für Arbeit anzurechnen. Als Pauschbetrag sind 30,00 Euro als Beitrag für private Versicherungen – die sogenannte Versicherungspauschale – abzusetzen.

Die von einigen Stimmen in der Literatur vertretene Auffassung, Einkommen aus Untermiete könne aufgrund der Formulierung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. in Abweichung von § 19 Satz 3 SGB II a. F. dem Bedarf für Unterkunft zugeordnet werden (so Berlit in LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 22 Rn. 24; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, 52. Ergänzungslieferung 2014, § 22 Rn. 18) überzeugt insoweit nicht.

Eine Dienstanweisung des Grundsicherungsträgers führt nicht dazu, von den Vorgaben des SGB II im Sinn der vom Jobcenter vertretenen Auffassung zur Anrechnung von Einkommen abzuweichen.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Offen gelassen vom BSG mit Urteil v. 29.11.2012 – B 14 AS 161/11 R, Rn. 19.

4.3 – Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 14.004.2014 – S 32 AS 4882/12

Italienischer Staatsangehöriger hat Anspruch auf SGB II- Leistungen – Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I – Die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ist nur für Fälle relevant, in denen der Umzug noch nicht vollzogen worden ist.

Leitsätze (Autor)
Wenn die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts (allein) aus dem Zweck der Arbeitssuche nicht möglich ist – was jedenfalls und insbesondere dann der Fall ist, wenn sich positiv ein anderes Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU feststellen lässt – findet der Leistungsausschluss schon tatbestandlich keine Anwendung.

Der Leistungsausschluss ist nicht „europarechtskonform“ und daher wegen des Anwendungsvorrangs europäischen Sekundärrechts nicht anzuwenden (vgl. zuletzt den Beschluss des SG Dortmund vom 12.02.2014 – S 32 AS 5677/13 ER).
 
Zusammenfassend ist festzustellen, dass „die allein an der Ausländereigenschaft anknüpfende Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II am Maßstab von Art. 70 i. V. m. Art. 4 VO (EG) 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG in Bezug auf die Rechtstellung der Antragsteller nicht zu rechtfertigen ist; sie bleibt aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorranges unangewendet“ (so wörtlich Hessisches LSG, Beschluss vom 30.09.2013 – L 6 AS 433/13 B ER).
 
Eine Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I besitzt nicht die Wirkung einer Ablehnungsentscheidung zu einem erneuten Leistungsantrag (Erledigung des vorangegangenen Ablehnungsbescheides für die von dem auf den Neuantrag ergangenen Ablehnungsbescheid erfasste Zeit nach § 39 Abs. 2 SGB X ohne gleichzeitige Anwendbarkeit von §§ 86, 96 SGG; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.12.2007 – B 8/9b SO 12/06 R; BSG, Urteil vom 31.10.2007 – B 14/11b AS 59/06 R).

Mangels Anwendbarkeit von § 39 SGB II besitzt der Widerspruch gegen den Versagungsbescheid (§ 66 SGB I) aufschiebende Wirkung.

Das Vorliegen einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II für die Höhe eines Anspruchs auf Übernahme der Kosten für die Unterkunft ist nicht konstitutiv (vgl. zu § 22 Abs. 2 SGB II a. F. BSG, Urteil vom 22.11.2011 – B 4 AS 219/10 R). Hält der Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend, so ist der Streit hierüber unmittelbar bei der Frage auszutragen, welche tatsächlichen Aufwendungen der Unterkunft als angemessen bzw. – trotz Unangemessenheit – nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II weiterhin zu übernehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 22.11.2011 – B 4 AS 219/10 R). Die Ablehnung einer Zusicherung beinhaltet zwar einen feststellenden Verwaltungsakt nach § 31 SGB X dahingehend, dass der beabsichtigte Umzug nicht erforderlich ist und / oder die Kosten der neuen Wohnung nicht angemessen sind und dass der Antragsteller daher keinen Anspruch auf die begehrte Zusicherung hat (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 5/10 R). Sobald aber der Umzug (dennoch) durchgeführt worden ist, erledigt sich ein solcher feststellender Verwaltungsakte „auf andere Weise“ gem. § 39 Abs. 2 SGB X (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 08.03.2012 – L 19 AS 2025/11 B).
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
 
 
4.4 – Sozialgericht Regensburg, Beschluss vom 06.12.2013 (Az. S 3 AS 650/13 ER)

Orientierungssatz von Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose:

Der Widerspruch gegen einen Versagungsbescheid/Entziehungsbescheid (§ 66 I SGB I) besitzt auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II aufschiebende Wirkung.

Dies gilt auch dann, wenn SGB-II-Leistungen versagt/entzogen werden, die das Jobcenter in Umsetzung eines vorhergehenden sozialgerichtlichen Beschlusses, mit dem es dem Grunde nach zur Leistungsgewährung verpflichtet wurde, gewährt hatte; auch der Bescheid, der den vorhergehenden Sozialgerichtsbeschluss umsetzt, stellt einen Verwaltungsakt dar.

Bestreitet der Grundsicherungsträger die aufschiebende Wirkung, kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch das Sozialgericht festgestellt werden, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung besitzt.

Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen worden, also die SGB-II-Leistungen trotz Widerspruchs nicht ausbezahlt worden, kann das Sozialgericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen.
 
Quelle: www.ra-klose.com

4.5 – Sozialgericht Hildesheim, Urteil vom 04.04.2014 – S 15 AS 531/12 – Die Berufung wird zugelassen.

Kosten der Heizung, Warmwasseranteil

Leitsätze (Autor)
Die Heranziehung der Werte des § 21 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 – 4 SGB II zur Festlegung angemessener Kosten für die Warmwasseraufbereitung ist rechtswidrig. Denn diese Werte geben nicht einen Grenzwert wieder, bei deren Überschreiten von einer Kostenunangemessenheit auszugehen ist.

Das Jobcenter verkennt, dass für die Bestimmung von Angemessenheitsgrenzen nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II ein konkret-individueller Maßstab gilt und eine Pauschalierung unzulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R). Gerade eine solche Pauschalierung nimmt das JC jedoch vor, indem er unabhängig vom jeweiligen Einzelfall die Werte nach § 21 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 – 4 SGB II heranzieht. Vielmehr bedürfte einer Festlegung auf Grundlage des altersabhängigen täglich notwendigen Warmwasserverbrauchs und den ortsüblichen Kosten für die Bereitung von Warmwasser. Dieses gewährleisten die Werte nach § 21 Abs. 7 S. 2 Nr. 1-4 SGB nicht (vgl. hierzu Eckhardt, „Zur Frage der Angemessenheit der Energiekosten zur Bereitung von Warmwasser im SGB II“, Info also 2012, Heft 5, S. 200 ff. mit Berechnungsvorschlägen).

Weil eine konkrete Bestimmung der tatsächlichen Energiekosten für die Warmwasserzubereitung im Falle der Antragsteller und damit eine Trennung zwischen den Heizkosten und den Energiekosten für die Warmwasserzubereitung nicht möglich ist, sind die Kosten für die Warmwasserzubereitung systematisch den Heizkosten zuzuordnen (s. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.05.2013 – L 9 AS 541/13 B). Diese sind nach Kopfteilen auf die Haushaltsmitglieder zu verteilen.

Quelle: Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen, hier zum Volltext des Urteils: www.anwaltskanzlei-adam.de

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB X II)

5.1 – SG Rostock, Beschluss vom 03.01.2013 – S 8 SO 84/12 ER

 
Sozialhilfe – Eingliederungshilfe – Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung – Kostenübernahme für einen Integrationshelfer bei Besuch eines Schulhorts – Erforderlichkeit des Hortbesuchs – Erleichterung des Übergangs von einer Förderschule zu einer Regelschule.
 
Leitsatz: (SRa 2014, Heft 02, Sozialhilferecht – beck-online)
Recht auf inklusive Beschulung kann auch den zeitlich vorauslaufenden Besuch des Horts der Regelschule umfassen.
 
Quelle: www.sozialrecht-aktuell.nomos.de

Der Volltext liegt dem Autor vor.

5.2 – SG Mannheim, Urteil vom 6.5.2014 – S 9 SO 519/14

Rentnerin muss Pflegegeld an Sozialamt zurückzahlen

Leitsätze(Sozialverband VdK Deutschland e.V.)
Erhalten Pflegebedürftige vom Sozialamt finanzielle „Hilfen zur Pflege“, müssen sie diese während einer stationären Kurzzeitpflege wieder zurückzahlen. Auch wenn das von der Pflegekasse gezahlte Pflegegeld bei einer stationären Kurzzeitpflege weitergezahlt wird, sehen die gesetzlichen Regelungen dies für das vom Sozialamt gezahlte Pflegegeld grundsätzlich nicht vor.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Sozialgericht die Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg in Stuttgart zugelassen.

Das Urteil liegt dem Autor vor.

5.3 – Sozialgericht Detmold, Urteil vom 13.05.2014 – S 8 SO 333/12

Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 S. 1 DVO §82SGBXII, der die Berücksichtigung eines prognostischen Einkommens regelt, ist ermächtigungskonform dahingehend auszulegen, dass jedenfalls auch unter Berücksichtigung der dort geregelten Berechnungsmodalitäten nicht mehr als das tatsächliche Einkommen bei der Leistungsbewilligung zu berücksichtigen ist, insbesondere, wenn sich – wie im vorliegenden Fall – noch vor Eintritt der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides herausstellt, dass das Einkommen tatsächlich geringer ist als im Rahmen der prognostischen Entscheidung angenommen.

Leitsätze (Autor)
Dies entspricht dem Grundsatz, dass gemäß § 82 SGB XII als Einkommen nur bereite Mittel berücksichtigt werden können, also solche, die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auch tatsächlich eingesetzt werden können und berücksichtigt, dass gemäß der Verordnungsermächtigung des § 96 Abs. 1 SGB XII, der die Ermächtigungsgrundlage für die DVO§82SGBXII darstellt, lediglich die Berechnungsmodalitäten des Einkommens durch Verordnung geregelt werden können, nicht aber, was überhaupt Einkommen darstellt, sodass die Grundsätze des § 82 SGB XII bei der Anwendung der DVO§82SGBXII zu berücksichtigen sind. Das Festhalten an der gemäß § 4 Abs. 3 DVO§82SGBXII zu tätigenden prognostischen Einschätzung auch bei tatsächlich geringerem Einkommen würde letztlich auch dem existenzsichernden Charakter der Leistungen des SGB XII auch nicht gerecht, da die Gefahr der Bedarfsunterdeckung und damit der Existenzgefährdung der Leistungsberechtigten bestünde.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.4 – Sozialgericht Detmold, Urteil vom 13.05.2014 – S 8 SO 133/12

Keine Gewährung von Krankenhilfe nach dem SGB XII als zuschussweise Leistung, wenn die Antragstellerin Eigentümerin einer Eigentumswohnung in Russland ist.

Leitsätze (Autor)
Es ist nicht von einer Unverwertbarkeit der Eigentumswohnung auszugehen. Der Begriff der Verwertbarkeit erfordert eine rein wirtschaftliche Betrachtung unter Ausschluss von Gesichtspunkten der personellen Zuordnung von Vermögensgegenständen und insbesondere der Zumutbarkeit der Verwertung. Die Verwertbarkeit betrifft also allein die Frage, ob ein bestimmter Vermögensgegenstand überhaupt einen wirtschaftlichen Wert besitzt, den die nachfragende Person für sich einsetzen kann.

Die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII sind daher darlehensweise zu gewähren.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.5 – Sozialgericht Detmold, Urteil vom 27.08.2013 – S 8 SO 127/12 – rechtskräftig

Bei einer Sterbegeldversicherung handelt es sich nicht um eine für Bezieher geringer Einkommen übliche Versicherung (hier monatlich 17,30 EUR)

Leitsätze (Autor)
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen unter Abzug der Versicherungsbeiträge von ihrem Renteneinkommen gemäß § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII. Die Beiträge zu der Sterbegeldversicherung sind nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie sind auch bereits dem Grunde nach nicht angemessen.

Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „angemessen“ sind der Sinn und Zweck der Regelung zu berücksichtigen und ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass gerade auch Bezieher geringer Einkommen Risiken abzusichern pflegen, bei deren Eintritt ihre weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre. Die Angemessenheit von privaten Versicherungen beurteilt sich somit sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des Hilfesuchenden. Entscheidend ist, welche konkreten Risiken abgedeckt werden sollen und ob es sich um übliche Versicherungen für Bezieher geringerer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe handelt. Dabei kann aus Praktikabilitätsgründen eine Üblichkeit angenommen werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass mehr als 50 Prozent der Haushalte knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze eine entsprechende Versicherung abschließen. Es können aber auch besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, aufgrund derer die Beiträge für die privaten Versicherungen zu übernehmen sind (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 29.09.2009, Az.: B 8 SO 13/08 R).

Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Absetzung der Beiträge von dem zu berücksichtigenden Einkommen, denn es handelt sich bei der Sterbegeldversicherung nicht um eine für Bezieher geringer Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfe übliche Versicherung. Dies ergibt sich aus den Ergebnissen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, auf die das Statistische Bundesamt in Beantwortung der gerichtlichen Anfrage hingewiesen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Umständen des Einzelfalls.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.6 – Sozialgericht Detmold, Urteil vom 13.08.2013 – S 8 SO 379/11 – rechtskräftig

Gemäß § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen – russisch-orthodoxe Bestattung – PKW muss nicht zur Begleichung der Bestattungskosten eingesetzt werden.

Leitsätze (Autor)
Hierzu muss die Antragstellerin nicht den von dem Verstorbenen ererbten PKW U1 D mit einem Wert von 5.515 EUR einzusetzen. Bei der Prüfung der Frage, ob dem Verpflichteten die Kostentragung zugemutet werden kann, sind neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten auch gewisse subjektive Momente mit zu berücksichtigen.

Der Einsatz des vorhandenen Nachlasses ist unzumutbar, als es sich um wesentliche, essentielle Haushaltsgegenstände handelt, die zu einer geordneten Lebensführung des überlebenden Ehegatten jedenfalls in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen weiterhin erforderlich sind.
 
Die Antragstellerin selber hat noch nicht die Altersgrenze des § 7 a SGB II überschritten und ist im Rahmen des SGB II noch zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet, wozu ein PKW regelmäßig benötigt wird. Es handelt sich auch bei dem PKW mit einem Wert von 5.515 EUR um ein angemessenes Kfz, wobei die Kammer sich an dem Wert von 7.500 EUR eines im SGB II gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 anrechnungsfreien PKW orientiert hat. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass im Rahmen des Einsatzes des Nachlasses für die Bestattungskosten die Vermögensfreibeträge des SGB II und XII dem Verpflichteten regelmäßig nicht zugutekommen, hält es aber für die Zumutbarkeitsprüfung gemäß § 74 SGB XII für sachgerecht, auf diesen Wert zurückzugreifen.
 
Zu übernehmen sind die Kosten für ein ortsübliches, angemessenes Begräbnis. Nicht als angemessen und ortsüblich sind dabei die Kosten für die Überführung zum russisch-orthodoxen Friedhof in C1 anzusehen, da eine russisch-orthodoxe Bestattung auch auf dem T-Friedhof in C hätte erfolgen können.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.7 – Sozialgericht Detmold, Urteil vom 01.04.2014 – S 8 SO 154/13

Beantragt ein Bezieher von Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II Leistungen nach § 74 SGB XII, so richtet sich die Frage der Zumutbarkeit aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nach den §§ 11 – 11 b und 12 SGB II.

Leitsatz (Autor)
Andernfalls käme es zu der wenig überzeugenden Konstellation, dass der SGB II-Empfänger Einkommen oder Vermögen, das er für den eigenen Lebensunterhalt nicht einsetzen muss, für die Bestattung eines anderen zu verwenden hat. Angesichts des bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen unterschiedlich definierten soziokulturellen Existenzminimums kann es für die Beurteilung der Zumutbarkeit keinen Unterschied machen, ob Bedürftigkeit nach dem einen oder dem anderen Existenzsicherungssystem vorliegt (BSG, Urteil vom 29.09.2009, Az.: B 8 SO 23/08 R).

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

5.8 – Sozialgericht Frankfurt, Urteil vom 27.09.2013 – S 30 SO 138/11 – rechtskräftig

Zum Einsetzen der Sozialhilfe nach § 18 Abs. 1 SGB XII und der Durchbrechung des Grundsatzes „Keine Hilfe für die Vergangenheit“. Hier: Kenntnis der Betreuungsstelle als Kenntnis des Sozialhilfeträgers. Betreuungsbehörde verschafft Sozialhilfeträger Kenntnis vom Hilfebedarf

Leitsätze (srif.de)
Die Formulierung in § 18 Abs. 1 SGB XII „setzt ein“ lässt verschiedene Auslegungen zu. Da nach § 18 Abs. 2 S.2SGB XII ein rückwirkendes Einsetzen der Hilfegewährung möglich ist, spricht indes viel dafür, dass auch nach § 18 Abs. 1 SGB XII eine rückwirkende Hilfegewährung bezogen auf den Zeitpunkt des ersten Bekanntwerdens der Notlage beansprucht werden kann.

Der aus § 18 Abs. 1 hergeleitete Grundsatz „Keine Hilfe für die Vergangenheit“ steht dem nicht uneingeschränkt entgegen. Denn eine Betrachtung ex post ergibt in diesen Fällen gerade, dass die Kenntnis von der Notlage vorlag, auch wenn sie anfangs noch nicht verifiziert war. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Zeit, die bis zum Abschluss der Ermittlungen zur Sach- und Rechtslage verstreicht, nicht zwangsläufig zulasten des Hilfesuchenden geht. Kenntnis und weitere Sachverhaltsaufklärung sind zwei unterschiedliche Gesichtspunkte. Zudem ist ein rückwirkendes Einsetzen der Hilfe auf den Zeitpunkt, zu dem die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder sonst erkennbar, war grundsätzlich möglich.

Quelle: www.srif.de

Volltext der Entscheidung: dejure.org

5.9 – Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 26.05.2014 – S 212 SO 850/14 ER

Hilfen zur Pflege, Wohngruppenzuschlag für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngemeinschaften, kein Nachrang der Sozialhilfe

Leitsatz (Juris)
Der Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB 11, der einem pflegebedürftigen Menschen in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft bewilligt wird, ist nicht auf die Hilfen zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB 12 anzurechnen.

Es besteht kein Nachrang der Sozialhilfe. Zwischen dem Wohngruppenzuschlag und den Hilfen zur Pflege besteht – anders als bei den Pflegesachleistungen – keine Leistungskongruenz.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Anmerkung:
Gleicher Auffassung SG Halle (Saale), Beschluss vom 06.03.2014 – S 24 SO 223/13 ER

5.10 – SG Wiesbaden, Urteil vom 30.04.2014 – S 30 SO 47/12
 
Mehrbedarf für Schwerbehinderten erst ab Vorlage des Schwerbehindertenausweises
 
Leitsätze (Juris)
Ein Anspruch auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs als Schwerbehinderter besteht erst mit der Vorlage des die Schwerbehinderung feststellenden Versorgungsamtsbescheides oder des Schwerbehindertenausweises. Eine in der Bescheidbegründung getroffene Feststellung, seit wann die Behinderung besteht, ist hierfür ohne Bedeutung.
 
Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de
 
Anmerkung:
Gleicher Auffassung LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.09.2013 – L 2 SO 404/13; SG Karlsruhe, Urteil vom 30.1.2014, S 1 SO 3002/13 und LSG NRW, Beschl. v. 08.05.2014 – L 9 SO 55/14 B.

5.11 – Sozialgerichts Regensburg, Beschluss vom 03.04.2014 (Az. S 16 SO 4/14 ER)

Orientierungssätze von Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose:

Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Sozialhilfeträger nach dem SGB XII (hier: Bezirk Oberpfalz) auf Übernahme der Fahrtkosten (hier: Taxikosten) zu notwendigen ambulanten (Zahn-) Arztbehandlungsterminen.

Der Träger der Sozialhilfe kann über eine Erhöhung des Regelsatzes nach § 27b Abs. 2 S. 2 SGB XII verpflichtet sein, dem in einem Pflegeheim untergebrachten Sozialhilfeempfänger die Kosten der Fahrten zu ambulanten (zahn-) ärztlichen Behandlungsmaßnahmen zu übernehmen, wenn vorrangig kein Dritter, insbesondere die Krankenkasse, eintrittspflichtig ist.
 
Quelle: www.ra-klose.com

6.   OLG Braunschweig 1. Strafsenat, Beschluss vom 19.05.2014, 1 Ss 18/14
 
Zur Bemessung der Tagessatzhöhe bei Empfängern von Leistungen nach dem SGB II
 
Leitsätze (Juris)
1. Zur Ermittlung des Nettoeinkommens i. S. d. § 40 Abs. 2 S. 2 StGB sind bei Leistungsempfängern nach dem SGB II neben dem Regelbedarf (§ 20 SGB II in Verbindung mit den Bekanntmachungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über die Höhe der Regelbedarfe) auch Leistungen gemäß § 22 SGB II (Bedarfe für Unterkunft und Heizung) einzubeziehen.

2. Bei der Bemessung der Geldstrafe und der Anordnung von Zahlungserleichterungen ist darauf zu achten, dass dem Leistungsempfänger monatlich 70 % des Regelbedarfs als unerlässliches Existenzminimum verbleiben.

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

7.   Anmerkung von Prof. Dr. Uwe Berlit, Vors. RiBVerwG bei juris zu BSG 4. Senat, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 4/13 R
 
Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten unter Rückgriff auf die Wohngeld-Tabellenwerte
 
Leitsatz
Vor einem Rückgriff auf die Tabellenwerte nach dem WoGG zur Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten im Sinne einer Obergrenze kann auch bei Übernahme bereits höherer Aufwendungen für Kosten der Unterkunft durch das beklagte Jobcenter nicht dahingestellt bleiben, ob ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten nach einem schlüssigen Konzept vorliegt.
 
Quelle: Juris: www.juris.de

8.   Schlüssiges Konzept und Statistik.

Zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts zum „schlüssigen Konzept“ für die Landeshauptstadt München – Ein Aufsatz von Christian v. Malottki, abgedruckt in Heft 03/2014 info also: www.info-also.nomos.de (pdf)

9. SG Gießen: Agentur für Arbeit: Absehen von Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Einzelfall- Weihnachtsfeiertage
 
Das SG Gießen hat entschieden, dass ein Arbeitsloser nicht immer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen muss, wenn er zu einem Termin krankheitsbedingt nicht erscheinen kann. In einem Fall wie hier hätte die Agentur für Arbeit ausnahmsweise einmal von ihren Weisungen abweichen und auf die bei einer Erkrankung sonst notwendige Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verzichten können, zumal bei dem Termin nur über die allgemeine berufliche Situation des Klägers hätte gesprochen werden sollen.
 
SG Gießen, Urt. v. 14.05.2014 – S 14 AL 112/12, veröffentlicht in Juris: www.juris.de
 
 
 
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de