Sozialgericht Kassel – Beschluss vom 03.09.2014 – Az.: S 11 AY 4/14

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit
xxx,
Kläger,
Prozessbevollm.: Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

gegen

1. xxx,
2. xxx,
Beklagter,

hat die 11. Kammer des Sozialgerichts Kassel am 3. September 2014 durch die Richterin am Sozialgericht xxx als Vorsitzende beschlossen:

Der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) haben die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers je zur Hälfte zu tragen.

GRÜNDE
I.
Streitig ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen haben.

Gegen die Höhe der Leistungen im Rahmen des AsylbLG im Zeitraum von September 2013 bis Oktober 2013 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 14.10.2013 Widerspruch ein. Nachdem der Beklagte zu 1) keine Entscheidung über den Widerspruch getroffen hatte, erhob der Kläger am 29.01.2014 beim Sozialgericht Kassel Untätigkeitsklage sowohl gegen den Beklagten zu 1) als auch gegen den Beklagten zu 2) (Widerspruchsbehörde). Der Beklagte zu 1) legte den Widerspruch am 22.12.2013 dem Beklagten zu 2) zur Entscheidung vor. Nach dessen Angaben gingen die Unterlagen bei diesem am 06.01.2014 ein. Nach Entscheidung über den Widerspruch durch den Beklagten zu 2) mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2014 wurde die Untätigkeitsklage für erledigt erklärt. Zugleich beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, den Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers jeweils zu 50 % aufzuerlegen. Zu einer Übernahme zu 50 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers erklärte sich der Beklagte zu 1) bereit, sofern auch der Beklagte zu 2) einer hälftigen Kostentragung zustimmen würde. Mit einer hälftigen Kostentragung erklärte sich dieser nicht einverstanden. Zwar habe er bei Klageeingang bereits Kenntnis vom Widerspruch gehabt. Zahlreiche Widerspruchsverfahren und Untätigkeitsklagen des Prozessbevollmächtigten für unterschiedliche Leistungsempfänger bedeuteten einen erheblichen Mehraufwand für die Behörde des Beklagten zu 2). Er hält deswegen einen zureichenden Grund für die Bearbeitungsdauer im Sinne des § 88 SGG für gegeben. Die im Gesetz genannte Frist von drei Monaten Bearbeitungsdauer sei ausgehend von der Vorlage des Widerspruchs bei der Widerspruchsbehörde am 06.01.2014 und der Entscheidung am 17.04.2014 nur unwesentlich überschritten worden. Gemessen an den geschilderten Umständen sei die Entscheidung über den Widerspruch in einem angemessenen Zeitraum erfolgt. Eine Kostentragungspflicht wird daher vom Beklagten zu 2) nicht gesehen.

II.
Der zulässige Kostenantrag ist im Sinne einer hälftigen Kostentragungspflicht jeweils für den Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) begründet. Nach § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht durch Urteil darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Das Gericht hat auf Antrag im Beschlusswege zu entscheiden, wenn das Verfahren anders (wie vorliegend durch die Erledigungserklärung der Untätigkeitsklage nach Widerspruchentscheidung) beendet wird (§ 193 Abs. 1 S. 3 SGG). Im SGG findet sich keine ausdrückliche Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen Kosten zu erstatten sind. Daher sind die Rechts-gedanken der §§ 91 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Ladewig u.a., SGG mit Erläuterungen, 10. Auflage § 193, Randnummer 13 ff.). Bei Erledigung des Rechtsstreits durch Erledigungserklärung hat das Gericht den Rechtsgedanken des § 91 a ZPO zu Grunde zu legen, wonach unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kostenfrage zu entscheiden ist. Vorliegend ist das Gericht der Auffassung, dass es billigem Ermessen entspricht, den Beklagten jeweils zur Hälfte die außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen. Richtigerweise hat der Kläger vorliegend seine Untätigkeitsklage sowohl gegen die Ausgangsbehörde (Beklagter zu 1) ) als auch die Widerspruchsbehörde (Beklagter zu 2) ) gerichtet, denn über den Widerspruch im Rahmen des AsylBLG kann nach § 85 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGG nicht die Ausgangsbehörde, sondern nur die nächst höhere Behörde, vorliegend der Beklagte zu 2), entscheiden. Über den am 14.10.2013 eingelegten Widerspruch hat die zuständige Widerspruchsbehörde, der Beklagte zu 2), erst mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2014 und damit außerhalb der Drei-Monats-Frist des § 88 Abs. 2 SGG entschieden. Allerdings hatte der Beklagte zu 1) noch innerhalb der Drei-Monats-Frist, nämlich am 22.12.2013, Eingang beim Beklagten zu 2) allerdings erst am 06.01.2014, das Widerspruchsverfahren an den Beklagten zu 2) abgegeben. Ausgehend vom Eingang des Widerspruchsverfahrens beim Beklagten zu 2) am 06.01.2014 hat dieser wiederum in einer längeren als dreimonatigen Bearbeitungszeit, nämlich erst am 17.04.2014, über den Widerspruch entschieden. Insgesamt sind mehr als sechs Monate von der Einlegung des Widerspruchs bis zur Entscheidung über den Widerspruch vergangen. Ausgehend vom Eingang des Widerspruchsverfahrens beim Beklagten zu 2) am 06.01.2014 bis zum Ablauf der Drei-Monats-Frist am 14.01.2014 wäre es dem Beklagten zu 2) gar nicht möglich gewesen, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Abläufe entspricht es daher nach Auffassung des Gerichts billigem Ermessen, den Beklagten jeweils zur Hälfte die außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen.

Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG ist diese Entscheidung unanfechtbar.