Tacheles Rechtsprechungsticker KW 04/2017

1.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

1.1 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss v. 22.12.2016 – L 7 AS 1149/16 B ER – rechtskräftig

Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Sanktionsbescheid – 5 Sanktionen des JC (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R) – Bewerbungsbemühungen – Ermessensfehler

Leitsatz (Redakteur)
1. Das Jobcenter hat das als Vorfrage für die Feststellung einer Pflichtverletzung inzident zu prüfende Ermessen im Vorfeld und bei der Abfassung des Eingliederungsbescheides nicht ausgeübt (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R).

2. Angesichts der zahlreichen gegen den Antragsteller bereits verhängten Sanktionen hätte der Antragsgegner Erwägungen anstellen müssen, ob angesichts dessen ein verändertes Vorgehen möglicherweise unter Einbeziehung psychologischer Unterstützung veranlasst ist. In Ermangelung von dahingehenden Ausführungen in dem Eingliederungsbescheid ist nach summarischer Prüfung von einem Ermessensfehler auszugehen.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.2 – Sächsisches Landessozialgericht, Urteil v. 14.12.2016 – L 7 AS 1202/14

Leitsatz (Juris)
1. Das Kind hat Anspruch auf anteiliges Sozialgeld in der temporären Bedarfsgemeinschaft mit dem Elternteil, bei dem es sich überwiegend und mehr als 12 Stunden täglich aufhält.

2. Aus dem Pauschalierungsgedanken der Regelleistung folgt, dass für die Tage der Abwesenheit bei dem überwiegend betreuenden Elternteil Zuschläge für Bedarfe des Kindes, die regelmäßig oder gar typischerweise nicht zu decken sind bzw. dauernd anfallen (Bekleidung, Haushaltsgeräte usw.), nicht in Betracht kommen. Bezieht der umgangsberechtigte Elternteil keine Leistungen nach dem SGB II, hat er die Grundbedürfnisse des Kindes in anderer Weise, regelmäßig durch Naturalunterhalt aus seinem Einkommen oder Vermögen, sicherzustellen.

3. Die kopfteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung der temporären Bedarfsgemeinschaft können nicht für die Tage der Abwesenheit des Kindes reduziert werden.

4. Die Berücksichtigung des Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung richtet sich nach den zwischen den Elternteilen getroffenen Vereinbarungen über die Erziehungsverantwortung und ist im Regelfall dem Elternteil zuzugestehen, der danach hauptsächlich für die Pflege und Erziehung zuständig ist. Dies gilt auch, wenn das Kind ausnahmsweise (z.B. in den Ferien) den überwiegenden Teil des Monats beim umgangsberechtigten Elternteil verbringt.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.3 – Sächsisches Landessozialgericht, Urteil v. 15.12.2016 – L 2 AS 1409/14

§ 22 Abs 1 S 3 SGB II differenziert nicht nach dem Ursprung der Rückzahlungen oder Guthaben

Anrechnung von aus der Regelleistung angesparten Heizkostenrückzahlung als Einkommen

Leitsatz (Redakteur)
1. Eine Differenzierung nach der Herkunft des Überschusses oder Guthabens aus vom Grundsicherungsträger geleisteten oder vom Hilfebedürftigen oder Dritten aufgebrachten Mitteln sieht der Wortlaut des Gesetzes in § 22 Abs. 3 SGB II nicht vor.

2. Eine Heizkostenrückerstattung des Energieversorgers ist auch dann nach § 22 Abs. 3 SGB II auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung anzurechnen, wenn der Grundsicherungsträger die Heizkosten nur in angemessener Höhe übernommen hat und der Rückerstattungsbetrag vom Hilfebedürftigen allein aus dem Regelbedarf erbracht worden ist.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Rechtstipp:
a. A. : LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.09.2015 – L 13 AS 164/14 -nachgehend BSG, 11. November 2016, Az: B 14 AS 56/15 R, sonstige Erledigung: Rücknahme

1.4 – Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss v. 20.12.2016 – rechtskräftig

Beschwerde des Klägers begründet, denn der angefochtene Ordnungsgeldbeschluss leidet an verschiedenen Mängeln.

Leitsatz (Redakteur)
1. Mängel, die die Rechtmäßigkeit des Ordnungsgeldbeschlusses betreffen, liegen bereits in verschiedenen Verstößen gegen die Protokollierungspflicht aus § 182 GVG.

2. Verstöße gegen die Protokollierungspflicht bestehen bereits darin, dass die Kammervorsitzende entgegen § 182 GVG nicht in ausreichendem Maße die „Veranlassung“ des Ordnungsgeldbeschlusses in die Sitzungsniederschrift aufnahm. Zudem dürfte der Inhalt der Protokollierung auch noch unzutreffend sein.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.5 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.12.2016 – L 18 AS 806/16 WA

Grundsicherung für Arbeitssuchende – Unionsbürger – Sozialhilfeanspruch – Ermessenreduzierung

Leitsatz (Redakteur)
Italienische Staatsangehörige hat Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe nach dem 3. Kapitel.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.6 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 12.01.2017 – L 19 AS 1541/16

Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung – Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II – Vorschrift des § 44a Abs. 2 SGB II – Mitwirkung – die Hilfebedürftige trägt für die Feststellung ihrer Erwerbsfähigkeit die Beweislast
Die Bindungswirkung nach § 44a Abs. 2 SGB II gilt mangels gesetzlicher Anordnung aber nicht für die Sozialgerichte

Leitsatz (Redakteur)
1. Allein aus der Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung kann weder geschlossen werden, dass das Leistungsvermögen der Klägerin unter drei Stunden täglich gesunken ist (§ 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI), noch dass die Erwerbsminderung auf Dauer besteht.

2. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts folgt dies nicht aus der Vorschrift des § 44a Abs. 2 SGB II.

3. Zwar ist die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers zur Erwerbs(un)fähigkeit der Klägerin für den Beklagten nach § 44a Abs. 2 SGB II bindend. Die Bindungswirkung nach § 44a Abs. 2 SGB II gilt mangels gesetzlicher Anordnung aber nicht für die Sozialgerichte.

4. In einem sozialgerichtlichen Verfahren, in dem – wie hier – die Erwerbsfähigkeit eines Antragstellers im Streit steht, ist diese aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes in vollem Umfang von Amts wegen zu ermitteln und aufzuklären (vgl. zur Ermittlungspflicht des Gerichts bei einer Feststellung des Rentenversicherungsträgers gemäß § 45 SGB XII: BSG, Urteile vom 25.08.2011 – B 8 SO 19/10 R – und vom 23.03.2010 – B 8 SO 17/09 R). Die Norm des § 44a Abs. 2 SGB II befreit die Sozialgerichte hiervon nicht.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.7 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 27.12.2016 – L 7 AS 2148/16 B ER – rechtskräftig

Leitsatz (Redakteur)
Kein Leistungsausschluss bei Aufenthaltsrecht des Kindes eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers zum Schulbesuch (a. A. LSG Rheinland-Pfalz, 11.08.2016 – L 3 AS 376/16 B ER)

Hinweis Gericht
Soweit der Antragsgegner sich auf den Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 11.08.2016 – L 3 AS 376/16 B ER beruft, folgt der Senat dieser Entscheidung, die nicht der Rechtsprechung des BSG entspricht, nicht.

Das BSG (Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R) hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die einmal erworbenen Ausbildungs- und Aufenthaltsrechte der Kinder und der (sorgeberechtigten bzw die tatsächliche Sorge ausübenden) Elternteile unabhängig von den in der RL 2004/38/EG festgelegten Voraussetzungen ausreichender Existenzmittel sowie eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes (§ 4 FreizügG/EU) fortbestehen und autonom gegenüber den unionsrechtlichen Bestimmungen, die die Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat regeln, anzuwenden sind. Der Wegzug des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder sein Tod führen weder für seine Kinder noch für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, bis zum Abschluss der Ausbildung zum Verlust des Aufenthaltsrechts, wenn sich die Kinder – wie hier – im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten und in einer Bildungseinrichtung zu Ausbildungszwecken eingeschrieben sind.

Aufgrund der autonomen Konzeption dieses Aufenthaltsrechts geht die Argumentation des Antragsgegners, bei dem Aufenthaltsrecht der Antragsteller handele es sich lediglich um ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht, das einem Leistungsanspruch entgegenstehe, fehl.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

1.8 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 13.12.2016 – L 7 AS 2048/15 NZB – rechtskräftig

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen für die Anschaffung einer Waschmaschine hat. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Ein Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung einer Waschmaschine besteht auch, wenn es sich um einen Einpersonenhaushalt handelt.

Leitsatz (Redakteur)
1. Vom BSG ist bereits entschieden worden, dass eine Waschmaschine zu den für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Haushaltsgeräten zählt (BSG, Urteil vom 19.09.2008 – B 14 AS 64/07 R). Eine Unterscheidung nach der Anzahl der Haushaltsangehörigen wird dabei vom BSG nicht vorgenommen. Somit kann eine Waschmaschine grundsätzlich Bedarf für Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte iSd § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II sein.

2. Die vom Beklagten angeführtem hiervon abweichende Entscheidung des SG Freiburg vom 26.04.2006 – S 12 AS 393/06 ist aufgrund dieser Rechtsprechung des BSG überholt und begründet eine grundsätzliche Bedeutung nicht.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – Sozialgericht Nürnberg, Urteil v. 25.10.2016 – S 6 AS 1284/15 – Berufung anhängig beim BAY LSG – Az. : L 18 AS 791/16

Zum Zeitpunkt der Anrechnung von Einkommen.

Leitsatz (Redakteur)
1. Weihnachtsgeld ist als einmaliges Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, welches nicht nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II a.F. (in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung, nachstehend als a.F. bezeichnet; ab 01.08.2016: § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II) auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen, würde dieses Geld nach § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II grundsätzlich ihren Leistungsanspruch in dem Monat herabsetzen, in dem es zugeflossen ist, also vom ihnen zur Deckung ihres Lebensunterhalts hätte verwendet werden können.

2. Es verbleibt daher in diesen Fällen beim Grundsatz der Einkommensberücksichtigung im Zuflussmonat nach § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II, (LSG Baden-Württemberg v. 25.06.2014 – L 2 AS 2373/13; SG Konstanz v. 16.04.2013 – S 11 AS 2587/12).

3. Die entscheidende Kammer verkennt allerdings nicht, dass sich die Klägerinnen hinsichtlich ihrer Auffassung, wonach auch in der hier vorliegenden Fallkonstellation eine Einkommensanrechnung im Folgemonat, mithin also im Dezember 2014, vorzunehmen wäre, auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut berufen können (s.a. LSG Niedersachsen-Bremen v. 09.02.2015 – L 11 AS 1352/14 B ER).

4. Es ist ihnen aber entgegenzuhalten, dass wesensgemäß abstrakt formulierte Rechtsvorschriften grundsätzlich einer Auslegung zugänglich sind. Dies gilt umso mehr, wenn es sich, wie etwa bei der Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II, um eine Ausnahmevorschrift handelt (s. LSG Baden-Württemberg v. 25.06.2014 – L 2 AS 2373/13).

2.2 – SG Berlin, Beschluss vom 16.01.2017 – S 53 AS 17169/16 ER

One size fits all- oder auch nicht? Die unzweckmäßige Maßnahme- Beschluss des SG Berlin vom 16.01.2017, ein Beitrag von RA Kay Füßlein, Berlin

Meine Mandantin hatte bereits diverse Maßnahmen und Coachings durch das JobCenter absolviert. Abermals sollte sie nun eine weitere Maßnahme antreten, die von allgemeiner Lebenshilfe bis Bewerbungstraining alles umfasste.

Sie trat die Maßnahme nicht an, da sie dies unzweckmäßig fand und im übrigen schon diverse Nebenjobs ausübte. Auch im privaten Bereich gab es einige Probleme, die zwar im Sinne des Sozialrechtes nicht „entschuldigen“ aber nachvollziehbar sind. Eigentlich war meine Mandantin wegen ihrer Qualifikationen mit ihrer Erwerbslage zufrieden.

Es kam dann, wie es kommen muss: Eine 30 % Sanktion wurde ausgesprochen.

Nach reiflicher Überlegung wurde Rechtsschutz gegen den Sanktionsbescheid vor dem SG Berlin gesucht. Dies birgt immer dahingehend Gefahren, als dass in einem Eilverfahren die Rechts-und Sachlage nur „kursorisch“ bzw. „summarisch“ – also eher oberflächlich- untersucht wird. Wenn man Pech (oder Glück) hat, legt sich das Gericht dann auf eine Rechtsansicht fest, die nur schwer aus der Welt zu schaffen ist.

Nun war der Maßnahmenzuweisung ein Flyer beigefügt, der ein buntes Programm versprach (Gesundheitsfürsorge, Bewerbungstrainings und so weiter und so weiter). Leider war jedoch nichts passendes Neues für meine Mandantin dabei.

Das SG Berlin – Beschluss vom 16.01.2017- S 53 AS 17169/16 ER- erkannte das meine Mandantin eher ein Motivationsproblem hat, als ein Vermittlungsproblem.

Insofern sprach es aus, dass eine Maßnahme, die auf die Beseitigung von Vermittlungsheimnissen abzielt dann nicht geeignet ist, wenn tatsächlich andere Hemmnisse vorliegen, die einer Integration auf den Arbeitsmarkt entgegenstehen.

Quelle und weiter: www.ra-fuesslein.de

2.3 – Urlaubsanspruch auch für „schwierigen“ Langzeitarbeitslosen – SG Dortmund, Urteil v. 16.12.2016 – S 19 AS 3947/16

Das SG Dortmund hat entschieden, dass ein Jobcenter die Zustimmung zu einer dreiwöchigen Urlaubsabwesenheit eines Langzeitarbeitslosen erteilen muss, soweit hierdurch die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt wird.
Eine Sanktionierung unbotmäßigen Verhaltens des Arbeitslosen habe bei dieser Entscheidung zu unterbleiben.

Quelle: www.juris.de und auch Urlaubssperre für Arbeitslose darf keine Sanktion sein:
www.welt.de

Rechtstipp:
Bereits erwähnt im Tacheles Rechtsprechungsticker KW 02/2017 und Tacheles Rechtsprechungsticker KW 03/2017

Volltext jetzt da: sozialgerichtsbarkeit.de

2.4 – Sozialgericht Potsdam, Urt. v. 03.11.2016 – S 38 AS 2910/13

Leitsatz (Redakteur)
Zur Höhe der Geschäftsgebühr bei Widerspruchsverfahren gegen Ablehnung der Hinzuziehung des Bevollmächtigten. Keine Vorbefassung des Bevollmächtigten im vorangegangenen Widerspruchsverfahren gegen Mahngebühren.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

2.5 – Sozialgericht Dresden, Urteil v. 12.12.2016 – S 3 AS 6001/14 – Die Berufung wird zugelassen.

Zur Frage, ob für Fahrtkosten zu einer ambulanten Therapie ein Anspruch auf Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II grundsätzlich neben den Leistungen des SGB V ausgeschlossen ist, oder daneben denkbar ist

Fahrtkosten als Begleiterin ihrer Kinder zur ambulanten Therapie, welche von der Krankenkasse nicht übernommen werden, stellen einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II dar (a. A. Sächs. LSG, Beschluss vom 25.09.2013, Az.: L 7 AS 83/12 NZB). Einem noch nicht 14-jährigen Kind ist ein Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln über mehrere Zonen und mit mehrfachem Umsteigen allein nicht zumutbar.

Leitsatz (Redakteur)
1. Die Antragstellerin hat Anspruch auf Übernahme ihrer Fahrtkosten als Begleiterin ihrer Kinder zur ambulanten Therapie als Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II, soweit diese Kosten den in der Regelbedarfsberechnung veranschlagten Anteil für Verkehr übersteigen.

2. Die Kosten der Klägerin sind erst recht nicht medizinisch indiziert, weil sie die Kläger nur begleitet, die zu jung sind, um diese Strecke mit Umsteigen allein zu bewältigen. Dies gilt im Übrigen nach der Rechtsprechung so lange, wie auch ein im Übrigen gesundes Kind die Begleitung benötigen würde (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 18.06.2015, Az.: S 62 (41, 50) SO 296/08 zu einem Fall der Begleitung auf dem Schulweg gemäß § 64 Abs. 4 SGB XII). Hier ist die Kammer der Auffassung, dass einem noch nicht 14-jährigen Kind ein Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln über mehrere Zonen und mit mehrfachem Umsteigen nicht allein zumutbar ist. Diese Kosten werden grundsätzlich nicht vom System des SGB V abgedeckt.

3. Die Kammer teilt daher nicht die vom Sächsischen Landessozialgericht ausdrücklich vertretene Auffassung, dass Fahrtkosten zur ambulanten Therapie, die von der Krankenversicherung nicht übernommen werden, nicht vom Grundsicherungsträger zu erstatten seien (vgl. Beschluss vom 25.09.2013, Az.: L 7 AS 83/12 NZB).

4. Bei einem über den Regelsatzanteil hinausgehenden Mehrbedarf in Höhe von ca. 9 % des Regelsatzes ist die „Bagatellgrenze“ überschritten und eine weitere Umschichtung des Regelsatzes nicht zumutbar, denn Einsparmöglichkeiten sind nicht dauerhaft gegeben.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Rechtstipp:
Ebenso SG Dresden, Urteil v. 12.12.2016 – S 3 AS 5728/14 – Jobcenter muss außergewöhnliche Fahrtkosten zu Therapie erstatten – für einem über den Regelsatzanteil hinausgehenden Mehrbedarf in Höhe von ca. 8 % des Regelsatzes

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

Hinweis: S. a.: 13.01.2017 – Medieninformation: www.justiz.sachsen.de

2.6 – SG Braunschweig, Urteil vom 23.11.2016 – S 52 AS 456/16

Zum Merkmal der Sozialwidrigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II:

Leitsatz (Juris)
Verliert ein als Kraftfahrer Beschäftigter wegen einer strafbaren Trunkenheit im Verkehr seine Fahrerlaubnis und anschließend seinen Arbeitsplatz, kann dies sozialwidrig sein, weil die berufliche Existenzgrundlage durch das Verhalten unmittelbar betroffen ist (Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 55/12 R).

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

3.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Arbeitsförderung (SGB III)

3.1 – Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.11.2016 – L 7 AL 34/15

Teilhabe am Arbeitsleben – Förderung der Berufsausbildung – Internatsunterbringung mit Schließzeiten – Anspruch auf Übernahme der Kosten für die ständige Vorhaltung einer eigenen Unterkunft wegen Schließzeiten – Teilnahmekosten

Leitsatz (Juris)
Teilnahmekosten für eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme mit Internatsunterbringung nach §§ 127, 128 SGB III umfassen nicht auch die Kosten der Wohnung am bisherigen Wohnort, weil es sich um keinen Maßnahme- bzw. behinderungsbedingten Zusatzbedarf handelt (a.A. LSG Hamburg 29.05.2016 – L 2 AL 41/15 -).

Quelle: www.rechtsprechung.niedersachsen.de

3.2 – Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.07.2016 – L 14 AL 184/15

Arbeitslosmeldung – Beweis – Beweislast – Verfügbarkeit – Herstellungsanspruch – Erlöschen des Alg-Anspruchs

Leitsatz (Juris)
Zur Nachweispflicht einer Arbeitslosmeldung.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.   Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 07.12.2016 – L 2 SO 1652/16

Leitsatz (Juris)
1. Der Förder- und Betreuungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, der nach § 136 Abs. 3 SGB IX einer Werkstatt für behinderte Menschen unter ihrem sogenannten „verlängerten Dach“ räumlich und/oder organisatorisch angegliedert ist, ist nicht Teil der Werkstatt für behinderte Menschen selbst (Anschluss an BSG Urteil vom 18.01.2011 – B 2 U 9/10 R – juris Rn. 21).

2. Der Eintritt der Regelaltersgrenze (hier 65 Jahre) stellt keine wesentliche Änderung hinsichtlich der Leistungsbewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe für den Förder- und Betreuungsbereich im Sinne von § 48 SGB X dar.

Quelle: sozialgerichtsbarkeit.de

4.2 – Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.03.2016 – L 9 SO 475/14 – Revision anhängig beim BSG unter dem Az. : B 8 SO 1/17 R

Zur Frage, ob eine Lebensversicherung des Klägers, welche er zur Finanzierung eines Platzes im Alten-/Pflegeheim nutzen wollte, als Vermögen einzusetzen war.

Eine Härte i.R.d. § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII ist dann abzulehnen, wenn – wie hier – noch jahrelang weitere Prämienzahlungen i.R.d. Lebensversicherungsvertrages hätte geleistet werden müssen und so noch keine sozialhilferechtlich schutzwürdige Vermögenssubstanz angesammelt worden ist.

Leitsatz (Redakteur)
1. Die Verwertung der Lebensversicherung bedeutet für den Kläger keine Härte gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII.

2. Ein Ausschluss der Härte ist schon deswegen anzunehmen, weil beim Kläger ein dauerhafter Hilfebedarf besteht.

5.   Entscheidungen der Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – Sozialgericht Köln, Urteil vom 3. März 2016 (Az.: S 39 SO 177/15):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
1. Für die Übernahme der Kosten der Nachmittagsbetreuung eines schwerbehinderten Schülers geht der Anspruch auf Übernahme der durch die Nachmittagsbegleitung entstehenden Kosten aus den §§ 19 Abs. 3, 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII in Verbindung mit § 12 Nr. 1 EinglHVO hervor. Hiernach wird wesentlich behinderten Menschen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Hinblick auf die Maßnahmenkosten ohne Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse gewährt.

2. Im Zusammenhang mit der Begleitung eines behinderten Schülers zum Nachmittagsangebot seiner Grundschule hat festzustehen, dass diese Leistung geeignet und erforderlich ist, den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sowie zur Erreichung spezifisch schulischer Ziele zu ermöglichen oder zu erleichtern. Eine lediglich mittelbare Förderung der Schulausbildung reicht hier nicht aus.

3. Maßnahmen außerhalb des Schulbetriebs und der der allgemeinen Schulpflicht unterliegenden Unterrichtszeiten sind anerkennungsfähig, wenn die jeweilige Maßnahme die Verbesserung der schulischen Fähigkeiten des jungen behinderten Menschen zum Ziel haben. Erforderlich ist hier stets eine individuelle Betrachtung im konkreten Einzelfall.

4. An dieser Stelle hat festzustehen, dass der einzelne Schüler infolge seiner Behinderung einen spezifischen Förderbedarf hat, der sich von dem nichtbehinderter Schulkinder deutlich unterscheidet.

5. Dies ist dann der Fall, wenn ein Schüler infolge seiner behinderungsbedingten Einschränkungen im nicht barrierefreien Schulgelände damit Schwierigkeiten hat, Türen zu öffnen und Treppen zu steigen, oder längere Texte eigenständig in lesbarer Form zu schreiben und dem Unterricht nicht in dem Maße problemlos folgen kann wie nichtbehinderte Mitschüler, was lediglich durch eine besondere schulische Förderung kompensiert werden kann, wenn eine Nachmittagsbetreuung im häuslichen Bereich mit Nachteilen für seine kognitive und schulische Entwicklung verbunden ist.

6.   Entscheidungen der Landes- und Sozialgerichte sowie Verwaltungsgerichte zum Asylrecht

6.1 – LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Dezember 2016 (Az.: L 8 AY 33/16):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Auch bei einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ist über die gemäß § 1a Abs. 1 bzw. 2 AsylbLG zur Existenzsicherung von Antragsteller/innen unabweisbar gebotenen Leistungen amtlicherseits auf der Grundlage einer individualisierten Prüfung, die sich einer Pauschalierung entzieht, zu entscheiden.

6.2 – Sozialgericht Hildesheim, Beschluss vom 6. Januar 2017 (Az.: S 42 AY 56/16 ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
1. Die Voraussetzungen für eine Anspruchseinschränkung gemäß § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG in Verbindung mit § 1a Abs. 2 AsylbLG sind bei einer entsprechend § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG als Inhaberin einer Duldung leistungsberechtigten persischen Antragstellerin nicht erfüllt.

2. Es kann von dieser Person nicht verlangt werden, wider eigenen Wollens und in wahrheitswidriger Art und Weise eine Freiwilligkeitserklärung zur Rückkehr in den Iran abzugeben.

3. In diesem Fall scheitert eine Passbeschaffung nicht aus von dem nichtdeutschen Menschen zu vertretenden Gründen. In Bezug auf dieses Verwaltungsverfahren liegt kein dieser Antragstellerin vorzuhaltendes, rechtsmissbräuchlich praktiziertes Verhalten vor.

S. a. dazu Leitsatz von Kanzlei Waldmann- Stocker & Coll.

§ 1 a AsylbLG
– Rechtswidrigkeit der Leistungskürzung  – von Iranern kann nicht verlangt werden, bei der Botschaft zur Passbeschaffung wahrheitswidrig anzugeben, sie wollten freiwillig in den Iran zurückgehen (in Anschluss an BSG, 30.10.2015, B 7 AY 7/12 R).

Quelle: www.kanzlei-waldmann-stocker.de

6.3 – Sozialgericht Hamburg, Beschluss v. 15.04.016 – S 10 AY 25/16 ER – rechtskräftig

Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 12 – abstrakte Förderungsfähigkeit nach BAföG – besonderer Härtefall – Annahme eines Härtefalles i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII hier nicht – gerechtfertigt

Die in § 2 Abs. AsylbLG angeordnete entsprechende Anwendung des SGB XII bezieht sich auch auf § 22 SGB XII (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2005 – L 23 B 1008/05 AY ER; Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 03/12, Rn. 1; Oppermann, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 2 AsylbLG, Rn. 129; Fasselt, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 2 AsylbLG, Rn. 12; a.A. – allerdings bezogen auf Leistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG – OVG Münster, Beschluss vom 15.06.2001 – 12 B 795/00 –, juris, zur Vorgängervorschrift § 26 Bundessozialhilfegesetz –BSHG).

Leitsatz (Redakteur)
Ein besonderer Härtefall ist nur anzunehmen, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und auch mit Rücksicht auf den genannten Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, d. h. als unzumutbar und in hohem Maße unbillig erscheinen (BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 – 5 C 16/91 – BVerwGE 94, 224, 228; BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R).

Rechtstipp:
vgl. Sozialgericht Hamburg, Beschluss v. 07.09.2016 – S 28 AY 56/16 ER – Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 12 – abstrakte Förderungsfähigkeit nach BAföG – besonderer Härtefall – Annahme eines Härtefalles i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII – gerechtfertigt

6.4 – VG Bremen, Beschluss v. 12.01.2017 – 5 K 3131/16

Asylrecht; Syrien; Kostentragung bei Untätigkeitsklage

Leitsatz Gericht
1. Der Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO liegt bereits im Vorbringen eines Asylgesuchs nach § 13 AsylG vor und nicht erst in der Stellung des förmlichen Asylantrags. Ein Asylgesuch liegt mit der Meldung des Asylbewerbers in der Aufnahmeeinrichtung vor, von der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach § 23 Abs. 2 Satz 4 AsylG unterrichtet wird.

2. Die Dreimonatsfrist gilt uneingeschränkt auch für Asylklage. Sie wird nicht durch europarechtliche oder nationale Vorschriften über die maximale Zeitdauer für die Bearbeitung von Asylanträgen verdrängt oder modifiziert.

3. Ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung eines Asylantrags wird nach einer Verfahrensdauer von einem Jahr nicht mehr allein unter Hinweis auf die allgemeine Situation des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge dargelegt. Er kann auch nicht Art. 31 AsylVf-RL entnommen werden. Asylkläger dürfen auch schon vor Ablauf von europarechtlichen Vorgaben für die Höchstbearbeitungsdauer von Asylverfahren mit einer Entscheidung über ihren Asylantrag rechnen.

Quelle: www.verwaltungsgericht.bremen.de

7.   Verschiedenes zu Hartz IV und anderen Gesetzesbüchern

Rainer Roth: Was ist eigentlich das Existenzminimum? – 1. Auflage, Dezember 2016

Warum der Regelsatz eines Alleinstehenden mindestens 600 Euro, der gesetzliche Mindestlohn mindestens elf Euro (steuerfrei) betragen muss.
Klartext hat den Vortrag, den Rainer Roth am 21.10.2016 auf Einladung des DGB Böblingen u.a. gehalten hat, in überarbeiteter Form als Broschüre herausgegeben.
Quelle: www.klartext-info.de

LG Coburg, Urt. v. 11.10.2016 Az.: 11 O 392/15

Zur Sittenwidrigkeit einer Abtretung
Das LG Coburg hat entschieden, dass die Abtretung eines Pflichtteilsanspruchs zur gerichtlichen Geltendmachung durch den Sohn des Berechtigten sittenwidrig und nichtig sein kann, wenn sie dazu dient, das erwartete Erbe dem Zugriff des Sozialleistungsträgers zu entziehen.
Insgesamt sei das Gericht davon überzeugt, dass die Angaben des Klägers bewusst wahrheitswidrig erfolgten, um das erwartete Erbe dem Zugriff des Jobcenters zu entziehen. Die Übertragung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sohn widerspreche damit nach der Entscheidung des Landgerichts dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Sie sei deshalb sittenwidrig und damit nichtig, also unwirksam. Der Kläger müsse jetzt, weil das Gericht schon im Vorfeld die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Rechtsstreit abgelehnt hatte, neben den Gerichtskosten auch die eigenen Rechtsanwaltskosten und diejenigen der beiden Beklagten selbst zahlen.
Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 1/2017 v. 20.01.2017: www.juris.de

Untätigkeitsklage beim Sozialgericht – Fachanwalt für Arbeitsrecht, Sozialrecht, Medizinrecht – Rechtsanwalt Gerd Klier, Anwaltskanzlei Klier

Besonderheit im Sozialrecht
Die Untätigkeitsklage ist eine Besonderheit im Sozialrecht. Diese Klage kann man bei dem für seinen Wohnort zuständigen Sozialgericht einreichen. Somit betrifft diese Untätigkeitsklage alle Angelegenheiten, wofür das Sozialgericht zuständig ist. Hierzu gehören Streitigkeiten mit den gesetzlichen Rentenversicherungen, Krankenversicherungen, Pflegeversicherungen, Arbeitslosenversicherung, Berufsgenossenschaften, jedoch auch Streitigkeiten mit den Versorgungsämtern (Schwerbehinderung), Jobcentern (SGB II – Leistungen) und Grundsicherungsämtern (SGB XII – Leistungen).
Leistungsträger überschreitet gesetzliche Bearbeitungsfrist
Nach dem Gesetz muss der Sozialleistungsträger über einen Antrag innerhalb von sechs Monaten und über einen Widerspruch innerhalb von drei Monaten entscheiden. Dies soll gewährleisten, dass zeitnah über die Anträge und Widersprüche entschieden wird, da gerade bei Sozialleistungen die spätere Erbringung häufig den eigentlichen Sinn verfehlt. Beispielsweise nutzt es dem Schwerbehinderten wenig, wenn er erst nach Jahren rückwirkend einen Grad der Behinderung von 50 Prozent zugesprochen bekommt. Innerhalb dieser Bearbeitungszeit könnten die Nachteilsausgleiche, wie auch beispielsweise der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte noch nicht genutzt werden.
Ausnahmsweise längere Bearbeitungszeiten

weiter und Quelle: www.anwalt.de

BVerfG, Beschluss vom 27.7.2016 -1 BvR 371/11

GG Art. 1 I, 3 I, 20 I; SGB II §§ 7 III Nr. 2, 9 II 2, 20 II 2
Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit für die Gewährung existenzsichernder Leistungen (Art. 1 I in Verbindung mit Art. 20 I GG) kann grundsätzlich unabhängig von einem Unterhaltsanspruch das Einkommen und Vermögen von Personen berücksichtigt werden, von denen in derfamiliären Gemeinschaft zumutbar zu erwarten ist, dass sie tatsächlich füreinander einstehen und „aus einem Topf“ wirtschaften.

Quelle: www.bverfg.de

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock

Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker, www.tacheles-sozialhilfe.de