Tacheles Rechtsprechungsticker KW 31/2022

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem (SGB II) und zur Sozialhilfe (SGB XII)

1.1 – BSG, Urt. v. 24.03.2022 – B 10 ÜG 2/20 R

Entschädigung – überlange Verfahrensdauer – Vorbereitungs- und Bedenkzeit – Erkrankung – Richter

Hartz IV Empfänger können mehr Anspruch auf Entschädigungszahlung haben bei längerer Erkrankung des Richters (Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.)

Volltext: www.sozialgerichtsbarkeit.de

1.2 – Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Februar 2022 (B 8 SO 1/20):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
§ 105 SGB XII („Kostenersatz bei Doppelleistungen“) setzt einerseits die zur Sozialhilfe zeitlich kongruente Zahlung einer vorrangigen Leistung (hier: des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung) sowie zum anderen die Unkenntnis dieses vorrangig verpflichteten Sozialhilfeträgers zum Zeitpunkt des betr. Kapitalzuflusses voraus, d. h. ein Bestehen eines Vorrang-Nachrang-Verhältnisses im Sinne des § 104 SGB X, weil bei einer rechtzeitigen Zahlung der höheren Rente diese Geldleistung als ein Einkommen nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zum teilweisen Wegfall der Leistungsberechtigung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII geführt hätte.

§ 105 SGB XII soll als sozialhilferechtliche Sonderregelung den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) verwirklichen und zur Rückzahlung bezogener Doppelleistungen verpflichten, setzt aber keine Rücknahme oder Aufhebung und auch keinen Widerruf der Leistungen der Sozialhilfe bewilligenden Bescheide (nach den §§ 45, 47 oder 48 SGB X) voraus.

Für die Anwendung des § 105 SGB XII ist es erforderlich, dass der der Sozialhilfe vorgelagerte Sozialversicherungsträger eine positive Kenntnis von der Leistungsart, -zeit und -höhe hat. Nur in diesem Fall ist z. B. ein Rentenversicherungsträger in der Lage, ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, welche Leistungsbestandteile zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche Leistungen weiterhin dem verrenteten Sozialhilfeempfänger gegenüber auszuzahlen wären.

Die objektive Beweislast für eine Unkenntnis des Rentenversicherungsträgers trifft hier den Sozialhilfeträger, der sich auf ein Bestehen eines Ersatzanspruchs nach § 105 SGB XII beruft.

§ 105 SGB XII regelt einen Anspruch, der auf die Herausgabe der vom vorrangig verpflichteten Sozialversicherungsträger erbrachten Leistungen in dem Umfang gerichtet ist, in dem der nachrangig verpflichtete Sozialleistungsträger entsprechend § 104 SGB X einen Erstattungsanspruch hätte geltend machen können, in weitgehender Analogie zu den §§ 812 ff. BGB ein Recht auf Herausgabe von durch antragstellende Personen in ungerechtfertigter Weise doppelt erlangter Geldmittel.

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – LSG Bayern, Urt. v. 10.03.2022 – L 16 AS 199/20

Leitsätze
1. Es ist Sache der hilfesuchenden Person, den Sachverhalt unter Vorlage geeigneter Unterlagen so darzulegen und nachzuweisen, dass zur Überzeugung des Gerichts ein Leistungsanspruch besteht.

2. Eine konkrete Differenzierung zwischen Ausgaben für den privaten Bereich und reinen Betriebsausgaben ist notwendig, um den Gewinn und das anzurechnende Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit nach §§ 11, 11b SGB II iVm § 3 Alg II-V verlässlich ermitteln zu können.

3. Vorhandenes Vermögen nach § 12 Abs. 1 SGB II steht dem Leistungsanspruch nach dem SGB II so lange entgegen, wie es nicht (nachweislich) verbraucht wurde. Ein fiktiver Vermögensverbrauch ist ohne Belang.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2.2 – LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.11.2021 – L 3 AS 2253/21

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
Ein Hilfebedürftiger hat keinen Anspruch auf eine zuschussweise Erstausstattung der Wohnung, wenn er alle besessenen Möbel verkauft hat, um davon seinen Lebensunterhalt zu bezahlen.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2.3 – Sächsisches LSG, Urt. v. 17.03.2022 – L 3 AS 263/17

Leitsätze
Eine transsexuelle Person kann auch nach den Gesetzesänderungen durch das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 Partner oder Partnerin einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II sein (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 04.01.2017 – L 3 AS 1222/15 NZB).

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2.4 – Sächsisches LSG, Urt. v. 23.06.2022 – L 3 BK 10/21

Leitsätze
1. Die Einführung der Sonderregelung in § 20 Abs. 6 Satz 1 BKGG, wonach für Anträge, die in der Zeit vom 1. April 2020 bis zum 30. September 2020 eingehen, bei der Ermittlung des monatlich zu berücksichtigenden Einkommens der Eltern nur das Einkommen aus dem letzten Monat vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgeblich ist, beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, der hierbei auch in Kauf genommen hat, dass sich diese Sonderregelung in Einzelfällen auch zu Lasten eines Antragstellers auswirken kann.

2. Die befristete Sonderregelung in § 20 Abs. 6 Satz 1 BKGG ist verfassungsgemäß.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2.5 – LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19.05.2022 – L 5 AS 526/20

Angelegenheiten nach dem SGB II (AS) – KdUH Salzlandkreis: Folgeentscheidung zum Urteil vom 15.04.2021, L 5 AS 526/16, das vollständig dokumentiert ist.

Leitsatz
Bestätigung des Urteiles des Senats vom 15.04.2021 (L 5 AS 526/16, juris). Auch nach nochmaliger Prüfung unter Zugrundelegung einer ergänzenden Stellungnahme des Konzepterstellers bleibt es bei der Feststellung, dass im Salzlandkreis in der Zeit von 2012 bis 2016 die Vermieterstruktur kein mietpreisrelevanter Faktor war, die Daten mithin ausreichend repräsentativ waren.

Quelle: www.landesrecht.sachsen-anhalt.de

2.6 – LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 07.04.2022 – L 9 AS 400/19

Mehrbedarf für Bekleidung und Schuhe in Übergröße – § 21 Abs. 6 SGB II

Hartz IV – Mehrbedarf für Bekleidung, Wäsche und Schuhe in Übergröße in Höhe von monatlich 28,36 Euro (für das Jahr 2014) sind als Härtefallmehrbedarf vom Jobcenter zu gewähren

Beim Bekleidungsbedarf für Übergrößen handelt es sich um einen dauerhaften Bedarf, welcher vom Jobcenter monatlich zu berücksichtigen ist (Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.).

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
1. Mehrbedarf für Bekleidung, Wäsche und Schuhe in Übergröße in Höhe von monatlich 28,36 Euro für einen Hilfeempfänger nach dem SGB II mit einer Körpergröße von 2,07 m und Schuhgröße 52.

2. Für SGB II-Leistungsbezieher, die Übergrößen benötigen, ist grundsätzlich ein Mehrbedarf zu berücksichtigen, denn es ist davon auszugehen, dass die auf der EVS beruhende Zusammensetzung des Regelbedarfs für Bekleidung (32,85 Euro im Regelbedarf 2014) statistisch vor allem auf der Erhebung von Einkommensbeziehern beruht, die keine Übergrößen bei Schuhen und Bekleidung benötigten.

3. Der Mehrbedarf weicht im Vergleich zu dem im Regelsatz berücksichtigten Bedarf nach oben erheblich ab (knapp 7%) und ist (aufgrund seiner Höhe) unabweisbar, weil er nicht dauerhaft aus Einsparungen an anderer Stelle des Regelbedarfs ausgeglichen werden kann.

Quelle: LSG Berlin-Brandenburg

Hinweis Redakteur:
noch ablehnend, mit der Begründung:

Der Kauf von Schuhen in Übergröße 50 H ist nicht unabweisbar bzw. erheblich im Sinne von § 21 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB II, da die konkreten monatlichen Mehraufwendungen die “Geringfügigkeitsgrenze” nicht überschreiten und die entstehenden Kosten aus Einsparungen des Regelbedarfs gedeckt werden können.

Sächsisches LSG, Urt. v. 21.12.2017 – L 7 AS 1806/13 und LSG Hamburg, Urt. v. 09.07.2020 – L 4 AS 328/19

gleicher Auffassung wie das LSG Berlin-Br.:
SG Berlin, Urt. v. 29. November 2017 – S 183 AS 9809/15 (n. v.), Berufung anhängig unter L 29 AS 2628/17 – Hartz IV – Mehrbedarf für Bekleidung, Wäsche und Schuhe in Übergröße in Höhe von monatlich 19,78 Euro (für das Jahr 2015) sind als Härtefallmehrbedarf vom Jobcenter zu gewähren.

2. SG Berlin, Urt. v. 17.08.2018 – S 222 AS 2599/17 (n. v.) Anspruch auf Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für Kleidung, Wäsche und Schuhe in Höhe von monatlich 33.65 Euro (für das Jahr 2017).

3. SG Berlin, Urt. v. 23.01.2019 – S 96 AS 24117/14 (n. v.) – Anspruch auf Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für Kleidung, Wäsche und Schuhe in Höhe von monatlich 28,36 Euro (für das Jahr 2014).

2.7 – LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 07.07.2022 – L 3 AS 51/22 B ER

Leitsätze
Eine im Umfang von 6 Stunden wöchentlich verrichtete abhängige Beschäftigung ist nicht völlig untergeordnet und unwesentlich.

Die Befristung einer Beschäftigung auf 6 Monate schließt die Annahme einer echten und tatsächlichen Beschäftigung im unionsrechtlichen Sinn nicht aus.

Nach Tarifvertrag vergütete Tätigkeiten, die nicht nach sozialrechtlichen Regelungen gefördert werden, stehen Maßnahmen zur Integration auf dem Arbeitsmarkt auch dann nicht gleich, wenn der Arbeitgeber mit der Beschäftigung auch soziale Zwecke verfolgt. Die Annahme einer echten und tatsächlichen Tätigkeit ist durch die soziale Zielsetzung nicht ausgeschlossen.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2.8 – LSG Bayern, Beschluss v. 23.12.2021 – L 7 AS 619/20 NZB, (n. v.)

Zur Rechtsfrage, auf welche Personenzahl hinsichtlich der Höhe der insgesamt für die Unterkunft angemessenen Unterkunftskosten abzustellen sei, soweit Hilfebedürftige gemeinsam mit einem von Leistungen gemäß § 7 Abs. 4 SGB II ausgeschlossenen Partner in einer Unterkunft leben, der keine Leistungen nach dem SGB XII bezieht.

Leitsatz RA Zeeb, Augsburg
Bei der Angemessenheitsgrenze in einer gemischten Bedarfsgemeinschaft ist auf die Personenanzahl ohne den wegen des Bezugs von Altersrente von Leistungen ausgeschlossenen Ehegatten abzustellen.

3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – SG Nordhausen, Urt. v. 08.06.2022 – S 13 AS 1600/20

Leitsätze
1. Die Gewährung eines Darlehens für eine Mietkaution nach § 22 Abs. 6 SGB II kann durch öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgen.

2. Die bedungene Vereinbarung über die Rückzahlung des Darlehens ist unwirksam, wenn sie nicht den Vorgaben von § 42a Abs. 2 bis 4 SGB II entspricht. Die Lücke ist durch Anwendung der genannten Vorschriften zu schließen.

3. Deckt eine zurückerlangte Kaution den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, bedarf es gemäß § 42a Abs. 3 Satz 2 SGB II grundsätzlich zumindest eines Angebots des Grundsicherungsträgers gegenüber dem anderen Teil über Zahlungsvereinfachungen.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

3.2 – SG Osnabrück, Urt. v. 10.01.2022 – S 24 AS 22/21

Kostenerstattung nach § 36a SGB II

Orientierungshilfe Redakteur von Tacheles e. V.
Zur Frage, ob ein Anspruch nach § 36a SGB II bis zur Begründung eines neuen gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthaltes entstehen kann.

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
1. Nicht bereits ein neuer tatsächlicher Aufenthalt, sondern erst die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts lässt die Kostentragungspflicht des kommunalen Trägers am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort entfallen (offen gelassen BSG Urteil v. 23.05.2012 – B 14 AS 190/11 R).

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

3.3 – Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 6. Juli 2022 (S 129 AS 3280/22.ER):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Die Zusicherung des Jobcenters nach § 22 Abs. 4 SGB II stellt keine anspruchsbegründende Voraussetzung für die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II einer neuen Wohnung dar, dient aber vor dem Bezug einer anderen Unterkunft der Klärung, ob die im Zusammenhang mit diesem neuen Wohnumfeld entstehenden Kosten anerkannt werden können sowie schützt erwerbsfähige Leistungsberechtigte vor den Folgen einer „Deckelung“ der hier übernahmefähigen Aufwendungen durch den SGB II-Träger.

Das Jobcenter hat die Erforderlichkeit eines Umzugs im Sinne des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II anerkannt, indem es den bislang in einer unangemessen teuren Wohnung lebenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu einer Kostensenkung aufgefordert hat.

In zwingenden Fällen kann auch im Eilverfahren eine Verpflichtung des SGB II-Trägers zur Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ergehen, wenn nur dann einer leistungsberechtigten Person die Anmietung der konkret in Aussicht stehenden Wohnung möglich ist, gerade wenn aufgrund der bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse eine Anmietung ohne eine entsprechende Zusicherung als unmöglich aufgefasst werden muss.

3.4 – SG Berlin, Urt. v. 29. November 2017 – S 183 AS 9809/15 n. v., Berufung anhängig unter L 29 AS 2628/17

Mehrbedarf für Bekleidung und Schuhe in Übergröße – § 21 Abs. 6 SGB II

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
Hartz IV – Mehrbedarf für Bekleidung, Wäsche und Schuhe in Übergröße in Höhe von monatlich 19,78 Euro (für das Jahr 2015) sind als Härtefallmehrbedarf vom Jobcenter zu gewähren.

Beim Bekleidungsbedarf für Übergrößen handelt es sich um einen dauerhaften Bedarf, welcher vom Jobcenter monatlich zu berücksichtigen ist. Bekleidungsübergrößen können einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II darstellen.

Für den Kläger besteht in der regelmäßigen Anschaffung von Bekleidung (Wäsche und Schuhe) ein nicht nur einmaliger, sondern regelmäßig wiederkehrender Bedarf. Er weicht im Vergleich zu dem im Regelsatz berücksichtigten Bedarf nach oben erheblich ab (knapp 5%) und ist (aufgrund seiner Höhe) unabweisbar, weil er nicht dauerhaft aus Einsparungen an anderer Stelle des Regelbedarfs ausgeglichen werden kann.

Hinweis:
Ebenso mit der gleichen Begründung SG Berlin, Urt. v. 23.01.2019 – S 96 AS 24117/14 (n. v.), bestätigt in der Berufung durch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 07.04.2022 – L 9 AS 400/19

3.5 – SG Berlin, Urt. v. 23.01.2019 – S 96 AS 24117/14 (n. v.) bestätigt durch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 07.04.2022 – L 9 AS 400/19

Mehrbedarf für Bekleidung, Wäsche und Schuhe in Übergröße – § 21 Abs. 6 SGB II – Körpergröße von 2,07 m

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
1. Der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für Kleidung, Wäsche und Schuhe in Höhe von monatlich 28,36 Euro.

2. Es besteht in der regelmäßigen Anschaffung von Bekleidung und Schuhen ein nicht nur einmaliger, sondern regelmäßig wiederkehrender Bedarf.

3. Der durchschnittliche Mehrbedarf des Klägers von 28,36 Euro im Monat beträgt ausgehend vom Regelsatz des Jahres 2014 (391 Euro) etwa 7% und erreicht der Höhe nach beinahe den gesamten Regelbedarfsanteil für Bekleidung und Schuhe (32,85 Euro). Andere Bedarfspositionen wie Gesundheitspflege (16,80 Euro) oder Verkehr (24,62 Euro) sind überschritten, so dass eine Umschichtungsobliegenheit möglicherweise zur dauerhaften Unterdeckung bei anderen Bedarfen führt.

Hinweis Redakteur von Tacheles e. V.:
ebenso mit derselben Begründung SG Berlin, Urt. v. 17.08.2018 – S 222 AS 2599/17 (n. v.)

3.6 – SG Berlin, Urt. v. 17.08.2018 – S 222 AS 2599/17 (n. v.)

Mehrbedarf für Bekleidung, Wäsche und Schuhe in Übergröße – § 21 Abs. 6 SGB II – Körpergröße von 2,10 m, Schuhgröße 52

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
1. Der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs für Kleidung, Wäsche und Schuhe in Höhe von monatlich 33.65 Euro (für das Jahr 2017).

2. Ein Bekleidungsbedarf fällt unter den Begriff „Bedarfsspitze“, wenn er einmalig (etwa infolge von Krankheit) entsteht, er ist jedoch bei Übergröße, dauerhaftem Übergewicht usw. kein einmaliger, sondern ein Dauerbedarf, da er laufend neu entsteht und abgenutzte Kleidungsstücke ebenfalls in Übergröße ersetzt werden müssen.

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III)

4.1 – LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 09.06.2022 – L 14 AL 102/19

Leitsätze
Bei einem Verschieben des Anspruchsbeginns müssen die Voraussetzungen für einen Anspruch zum Zeitpunkt des Beginns vorliegen.

Im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann eine erloschene Arbeitslosmeldung nicht fingiert werden.

Für das Vorliegen einer vertraglichen Abbruchvereinbarung nach § 139 Abs. Nr. 2 SGB III ist eine vertragliche Regelung zwischen dem Maßnahmeträger und dem Arbeitslosen erforderlich, die nicht nur die Kündigungsmöglichkeit aus einem wichtigen Grund nach § 626 BGB wiederholt.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

5. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – LSG NRW, Beschluss v. 09.06.2022 – L 9 SO 353/21 B ER

zur Übernahme von Miet- und Umbaukosten für einen behindertengerechten PKW im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, hier verneinend.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

5.2 – LSG NRW, Urt. v. 10.03.2022 – L 9 SO 136/19 – Revision zugelassen

Zur Frage, ob der Betrag in Höhe von 5.000 € aus dem Bestattungsvorsorgevertrag einsetzbares Vermögen ist bei der Gewährung von Hilfe zur Pflege

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
Das Bestattungsvorsorgevermögen ist kein verwertbares Vermögen.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

6. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

6.1 – Briten bekommen 400 Pfund Rabatt auf Energierechnungen

Angesichts explodierender Preise für Strom und Gas in Großbritannien erhalten Verbraucher in den Wintermonaten Rabatte auf ihre Energierechnungen. Im Oktober und November würden jeweils 66 Pfund (79 Euro) abgezogen, von Dezember bis März dann je 67 Pfund, teilte die Regierung in London am Freitag mit. Demnach gilt die Regelung für alle 29 Millionen Haushalte im Land.

Quelle: de.investing.com

In Deutschland sollen wir ab dem 01.10.2022 eine Erdgasumlage von 1,5-5% bezahlen.
rp-online.de

Was und wann endlich bekommen wir in Deutschland Herr Kanzler, vor allem die Menschen, die keine Rücklagen haben eine Entschädigung?

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker