1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zum Arbeitsförderungsrecht (SGB 3)
1.1 – BSG, Urt. v. 06.06.2023 – B 11 AL 1/22 R
Arbeitsförderung – Anspruch auf Arbeitslosengeld – Anwartschaftszeit – Pflege von Angehörigen – Versicherungspflichtverhältnis – intertemporales Recht – Pflegetätigkeiten vor 1.1.2017
Besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld bei privater Pflegetätigkeit?
Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei privater Pflegetätigkeit.
Orientierungshilfe Redakteur v. Tacheles e. V.
1. § 26 Absatz 2b Satz 1 SGB III stellt nach seinem Wortlaut allein darauf ab, ob “unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit“ Versicherungspflicht oder ein Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bestand, ohne dies auf Fälle zu begrenzen, in denen die Pflegetätigkeit am oder nach dem 1. Januar 2017 aufgenommen worden ist.
2. Der Wortlaut der Vorschrift fordert auch nicht, dass die Versicherten unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Januar 2017 bereits zu dem durch die Arbeitslosenversicherung geschützten Personenkreis gehört haben müssen. Vielmehr reicht ein Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Versicherungspflicht und einer entsprechenden Pflegetätigkeit aus.
Volltext jetzt hier: www.sozialgerichtsbarkeit.de
2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Bürgergeld (SGB II)
2.1 – LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 15.10.2023 – L 5 AS 440/21
KdU-Richtlinie des Landkreises Harz ab August 2016
Zur Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten ist im Landkreis Harz auf die Werte des bundesweiten Heizspiegels zurückzugreifen (Tacheles e. V.).
Leitsätze
1. Die KdU-Richtlinie auf der Grundlage der Mietwerterhebung mit Stichtag 1.12.2015 in der Auswertung der Korrekturberichte von Februar 2020 und März 2023 beruht auf einem schlüssigen Konzept. Dabei beschränkt sich die Amtsermittlungspflicht auf eine nachvollziehende Verfahrenskontrolle. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen bedarf es nicht, wenn die Kläger weder gegen das ursprüngliche noch gegen das im Berufungsverfahren nachgebesserte Konzept fundierte Einwände erheben.
2. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten ist im Landkreis Harz auf die Werte des bundesweiten Heizspiegels zurückzugreifen. Die Ermittlung der zu berücksichtigenden Heizkosten durch den Beklagten entspricht nicht den Vorgaben des BSG. Die ermittelten Werte stellen eine unzulässige Pauschalierung dar. Es fehlen insbesondere die Einbeziehung klimatischer Bedingungen, die Energiepreisentwicklung, die für einfachere Wohnhäuser typischen Energieträger, Gebäudestandard und Stand der Heizungsanlagen.
3. Die Fortschreibung des Konzepts für Zeiträume ab August 2018 nach Maßgabe des Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt ist nicht zu beanstanden.
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
2.2 – LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16.11.2023 – L 5 AS 97/23
Kein Bürgergeld für Bezieher einer “Versicherungsaltersrente” von dem Rentenfond der Russischen Föderation (Tacheles e. V.)
Leitsätze
1. Der Bezug einer “Versicherungsaltersrente” von dem Rentenfond der Russischen Föderation führt zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 SGB II. Dies gilt auch, wenn die Rente wegen eines behinderten Kindes mit Abschlägen vorzeitig in Anspruch genommen wurde.
2. Die Rücknahme von rechtswidrigen vorläufigen Leistungen nach dem SGB II für die Vergangenheit gemäß § 45 Abs 1 SGB X ist auch nach Einführung von § 41a Abs 2 Satz 4 SGB X zum 1. August 2016 zulässig.
3. Zu den Anforderungen an die grob fahrlässige Verletzung von Mitteilungspflichten bei fehlenden Deutschkenntnissen.
4. Ein vorrangiger Erstattungsanspruch des Jobcenters gegen den Träger der örtlichen Sozialhilfe setzt nach § 105 Abs. 3 SGB X dessen Kenntnis von der Hilfebedürftigkeit im Erstattungszeitraum voraus.
5. Es kann offenbleiben, ob eine an das Jobcenter gezahlte Geldauflage zur Schadenswiedergutmachung gemäß § 153a Abs. 1 Nr. 2 StPO bei der Vollstreckung eingewendet werden kann. Bei der Feststellung der Erstattung überzahlter Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X sind diese Zahlungen nicht zu berücksichtigen.
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
2.3 – LSG Hessen, Urt. v. 22.11.2023 – L 6 AS 140/22
Leitsätze
1. Zur Beurteilung, ob ein geltend gemachter Bedarf als zur Sicherung des Existenzminimums angesehen werden kann, ist auf den Standard der herrschenden Lebensgewohnheiten unter Berücksichtigung einfacher Verhältnisse abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Januar 2020 – B 4 AS 3/21 R -, Rn. 19, juris). Ein geltend gemachter Bedarf zur Ausübung des Umgangs mit einem leiblichen Kind, der Kosten für bis zu sieben Fahrten täglich beinhaltet, dient nicht mehr der Sicherung des Existenzminimums.
2. Ein Bedarf zur Ausübung des Umgangs ist überdies nicht unabweisbar, wenn er teilweise durch das beklagte Jobcenters anerkannt wird und im Übrigen durch den im Regelbedarf enthaltenen Anteil für Verkehrsdienstleistungen abgedeckt werden kann.
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
2.4 – LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 24.11.2023 – L 2 AS 302/23 B ER
Grundsicherung für Arbeitsuchende – Leistungsausschluss für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht – drittstaatsangehöriger Elternteil und minderjähriges Kind mit Unionsbürgerschaft – Fiktionsbescheinigung – Aufenthaltsrecht aufgrund des Schulbesuchs des Kindes – Aufenthaltsrecht sui generis – faktischer Zwang zum Verlassen der EU – Sozialhilfe – Hilfe zum Lebensunterhalt – Leistungsausschluss für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht – Gleichbehandlungsgebot nach Art 1 EuFürsAbk – erlaubter Aufenthalt – Leistungsansprüche nach dem AsylbLG
Leitsätze
1. Aus einer Fiktionsbescheinigung, die auf Grundlage des § 11 Abs 4 Satz 1 FreizügG/EU iVm § 81 Abs 5 AufenthG ausgestellt wurde, folgt kein Aufenthaltsrecht.
2. Das Kind eines drittstaatsangehörigen Elternteils kann diesem nur dann ein Aufenthaltsrecht vermitteln, wenn es selbst ein Aufenthaltsrecht hat. Der Besuch einer allgemeinbildenden Schule kann nur dann ein Aufenthaltsrecht nach Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 begründen, wenn ein Elternteil die Unionsbürgerschaft hat.
3. Ein drittstaatsangehöriger Ausländer kann sich nur dann auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht “sui generis” (eigener Art) berufen, wenn sein familienangehöriges Kind als Unionsbürger faktisch gezwungen wäre, ihm bei der Ausreise aus dem Unionsgebiet zu folgen und sich in das außereuropäische Ausland zu begeben (hier erneint).
4. Leistungen aus dem Gleichbehandlungsanspruch nach Art 1 EFA kommen nur dann in Betracht, wenn ein erlaubter Aufenthalt besteht.
5. Sofern der drittstaatsangehörige Elternteil mangels Aufenthaltsrechts vollziehbar ausreisepflichtig ist, kommen für ihn Leistungen nach § 1 Abs 1 Nr 5 AsylbLG und für sein Kind mit Unionbürgerschaft nach § 1 Abs 1 Nr 6 AsylbLG in Betracht, auch wenn das Kind noch nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
3. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Bürgergeld (SGB II)
3.1 – SG Hamburg, Urt. v. 02.12.2022 – S 39 AS 11/20 – rechtskräftig –
(Berufung beim LSG Hamburg Az. L 4 AS 77/23 D wurde durch das JC zurückgenommen) – erwähnt im Rechtsprechungsticker v. Tacheles KW 04/2023 – Urheberrechtsschutz beachten
Grundsicherung/Bürgergeld für Arbeitsuchende – Darlehen – Aufrechnungserklärung – hinreichende Bestimmtheit – Verfassungsmäßigkeit
Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bei Aufrechnung des Darlehens für die Zahlung von Genossenschaftsanteilen mit einer Dauer von 6,33 Jahren (Tacheles e. V.)
Die Aufrechnung von Genossenschaftsanteilen war auf 3 Jahre zu begrenzen.
Leitsatz Redakteur v. Tacheles e. V.
1. Die Aufrechnungserklärung ist schon inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, § 33 Abs. 1 SGB X.
Denn es muss im Aufrechnungsbescheid klar und unzweideutig zu erkennen sein, mit welchem Darlehensrückzahlungsanspruch aufgerechnet wird und ab wann sowie in welcher Höhe die Aufrechnung greift. Es muss hinreichend deutlich werden, dass die Aufrechnung nicht allein auf die im Zeitpunkt ihrer Erklärung bereits bewilligten laufenden Leistungen Bezug nimmt und so auf den laufenden Bewilligungszeitraum begrenzt ist, sondern eine hiervon abgelöste Aufrechnung im Sinne eines Grundlagenverwaltungsakts über den laufenden Bewilligungszeitraum hinaus regelt (BSG, Urteil vom 28. November 2018 – B 14 AS 31/17 R).
2. Die Aufrechnung des Darlehens für die Zahlung von Genossenschaftsanteilen mit einer Dauer von 6,33 Jahren führt zu einer Grundrechtsverletzung des Leistungsbeziehers und war deshalb auf 3 Jahre zu begrenzen.
3. Das Gericht ist nicht an die Regelungen der Fachanweisung der Freien und Hansestadt Hamburg gebunden, gerade wenn diese eine Aufrechnung von Darlehen für Genossenschaftsanteile von bis zu fünf bzw. zehn Jahren vorsieht. Die Verwaltung ist dazu verpflichtet, die Weisungen – sofern diese aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber Leistungsempfängern angewendet werden – wegen der insoweit bestehenden Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG) anzupassen.
Hinweis v. Tacheles e. V.:
Das Jobcenter war in diesem Verfahren und 3 weiteren Klagen in die Berufung gegangen vor dem LSG Hamburg, am 16.11.2023 nahm das JobCenter die Klagen zurück auf Anraten des LSG Hamburg.
Folgendes kann Tacheles dank des Klägers über dieses Verfahren berichten:
Ich darf Ihnen heute über den endgültigen Ausgang der Verfahren um die überlange, nicht verfassungskonforme Aufrechnung von Darlehen für Genossenschaftsanteile berichten. Sie haben in Ihrem Rechtsprechungsticker KW 04/2023 über die ersten 4 Urteile beim SG berichtet. Das JC hat hiergegen Beschwerde eingelegt.
Das Berufungsverfahren beim LSG Hamburg fand am 16.11.2023 statt. Der Senat war hier gegenüber dem JC sehr deutlich, woraufhin die Gegenseite die Berufung zurückgenommen hat. Damit sind die Urteile des SG vom 02.12.2022 rechtskräftig geworden. Das Geld ist gestern meinem Konto gutgeschrieben worden, mit einem relativ kleinen, offenen Restbetrag. Also „Ende gut, fast alles gut”, auch wenn das ganze so lange Jahre gedauert hat.
Hier noch ein Auszug aus dem Sitzungsprotokoll:
„Der Senat weist darauf hin, dass der Einschätzung des Sozialgerichts beigetreten wird. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Aufrechnungslagen unter Kontrolle zu halten aus Verfassungsgründen. Dabei stehen grundsätzlich verschiedene Lösungsmöglichkeiten für den Beklagten zur Verfügung. Hier in der Rückschau dürfte lediglich die Rückzahlung der einbehaltenen Beträge sachgerecht sein können. […] Der Senat rät daher dringend zur Rücknahme der Berufung, zumal sich die Rechtslage nach Einführung des Bürgergeldes geändert hat.”
Az.: L 4 AS 75/23 D, S 39 AS 2085/19, L 4 AS 76/23 D, S 39 AS 3888/19, L 4 AS 77/23 D, S 39 AS 11/20, L 4 AS 78/23 D, S 39 AS 1716/21
Anmerkung Tacheles e. V.:
Unseren Glückwunsch natürlich. Wieder mal zeigt sich, dass Kämpfen und Wehren sich lohnt, nur weiter so!
Hinweis Tacheles e. V.:
Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt, nur zitieren erlaubt mit Verlinkung zu diesem Beitrag – Quelle: Tacheles Rechtsprechungsticker KW 04/2024
4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III)
4.1 – Sächsisches LSG, Beschluss v. 04.01.2024 – L 3 AL 81/22 B ER
Leitsätze
1. Wenn wegen des Ablaufs der Ausschlussfrist in § 325 Abs. 3 SGB III ein Antrag auf Zahlung von Kurzarbeitergeld nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg gestellt werden kann, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerdeentscheidung über einen erstinstanzlichen Beschluss, mit dem die Agentur für Arbeit per einstweiliger Anordnung vorläufig verpflichtet worden ist, einen zeitlich bestimmten Arbeitsausfall anzuerkennen und der Antragstellerin einen entsprechenden Anerkennungsbescheid zu erteilen, entfallen. Denn weder der Fortbestand des zusprechenden Beschlusses des Sozialgerichtes noch eine gerichtliche Entscheidung im Beschwerdeverfahren, mit der dieser Beschluss bestätigt würde, würde weder gegenwärtig noch zukünftig die Stellung der Antragstellerin – aber auch nicht die ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – verbessern.
2. Sowohl ein positiver Bescheid im Sinne von § 99 Abs. 3 SGB III als auch ein negativer Anerkennungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt.
3. Zur Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Energiepreissteigerungen ein Grund im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III für die Anerkennung eines erheblichen Arbeitsausfalles sein können.
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
4.2 – LSG NSB, Beschluss vom 3. Januar 2024 – L 11 AL 67/23 B ER
Keine behinderungsbedingte Arbeitsassistenz für Abgeordnete
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass Abgeordnete keinen Rechtsanspruch auf Arbeitsassistenz haben, auch wenn sie als Rollstuhlfahrer unstreitig Hilfe bei der Arbeit benötigen.
Presseinformation LSG NSB v. 15.01.2024
5. Entscheidungen der Landessozialgerichte und Sozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
5.1 – LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 11.12.2023 – L 7 SO 3406/22
Leitsätze
Zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei Leistungen der Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
5.2 – LSG Bayern, Urt. v. 22.11.2023 – L 8 SO 271/22
Keine Zweckidentität zwischen Leistungen einer privaten Pflegetagegeldversicherung und Leistungen für eine Internatsunterbringung im Rahmen der Eingliederungshilfe zur angemessenen Schulbildung (Tacheles e. V.)
Leitsätze
Von einer privaten Pflegeversicherung gezahltes Pflegetagegeld, welches lediglich an die Feststellung eines Pflegegrades durch die soziale Pflegeversicherung anknüpft, dient nicht demselben Zweck wie Eingliederungshilfeleistungen des Sozialhilfeträgers für eine Internatsunterbringung zur Absicherung des Schulbesuchs.
Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de
6. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG
6.1 – Sozialgericht Stuttgart – Beschluss vom 10.01.2024 – Az.: S 11 AY 4011/23 ER
Normen: § 3 AsylbLG, § 3a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Regelbedarfsstufe 1, Leistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG, Sozialgericht Stuttgart
Gewährung von Grundleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1 (Tacheles e. V.)
weiter bei RA Sven Adam
7. Verschiedenes zum Bürgergeld, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbücher
7.1 – LSG: Abschläge für Wärmelieferung und Heizanlage als Bedarfe der Unterkunft und Heizung
Redaktion eGovPraxis Jobcenter
Der anzuerkennende Bedarf für die Heizung richtet sich nach den tatsächlichen Aufwendungen. Welcher Bedarf bei Eigentümern eines selbst bewohnten Einfamilienhauses anzuerkennen ist, wenn ein Auftrag zur Installation sowie zum Betrieb einer »Wärmeerzeugungsanlage mit Vollservice« mit einem privaten Versorgungsunternehmen abgeschlossen wurde, hatte das LSG Niedersachsen-Bremen zu entscheiden.
Fazit
– Heizkosten sind verbrauchsabhängige Kosten für Energie (Brennstoffe oder Bezug von Fernwärme).
Ihre Angemessenheit wird ausgehend vom Verbrauch beurteilt.
– Steht in einem Vertrag mit einem Versorgungsunternehmen die Anmietung einer vollständigen Heizungsanlage inklusive Serviceleistungen im Mittelpunkt und ist ein Eigentumserwerb vertraglich ausgeschlossen (kein Mietkauf, kein Finanzierungsleasing), dient die Zahlung des Grundpreises nicht der Vermögensbildung.
Es handelt sich dann um Mietzahlungen für eine Heizungsanlage.
Quelle: Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.09.2023 – L 13 AS 74/23
7.2 – Zur Übernahme der Kosten einer Einzugsrenovierung, ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt
Bereits seit geraumer Zeit ist auch in Kiel festzustellen, dass Wohnraum innerhalb der sog. Mietobergrenzen zunehmend in unrenoviertem Zustand angeboten wird. Die Kosten einer Einzugsrenovierung können als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Jobcenter zu übernehmen sein. Dafür kommt es nicht darauf an, ob die Renovierung mietvertraglich vereinbart worden ist. Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist lediglich, dass die Renovierung zur Herstellung der Bewohnbarkeit erforderlich und „ortsüblich“ ist. Ob sie erforderlich ist, richtet sich nach dem Ausstattungsstandard im unteren Wohnungssegment. Hierzu gehört eine Ausstattung der Wohnung mit einem einfachen Wand- und Fußbodenoberbelag.
weiter bei RA Helge Hildebrandt
7.3 – Elektronische Arbeitslosmeldung – Ein Beitrag von Rechtsanwältin Vicky Jennifer Paesen
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.9.2023 – L 9 AL 112/23 B ER BeckRS 2023, 33921
Elektronische Arbeitslosmeldung
Seit dem 1.1.2022 besteht die Möglichkeit, sich auch elektronisch arbeitslos zu melden. Die besondere Schriftform wird durch die Abgabe der Erklärung in einem elektronischen Formular ersetzt. Um dort eine Eingabe durchzuführen, benötigt man einen elektronischen Identitätsnachweis.
Der Gesetzgeber wollte einen „alternativen zeitgemäßen Zugang zu einem modernen Leistungsverfahren“ ermöglichen. Nun kam es leider immer wieder zu technischen Problem bezüglich der Übertragung der Arbeitslosmeldung. In der hier zitierten Entscheidung kam das LSG überraschend zu dem Schluss:
„Wer sich unter Bezug auf den elektronischen Personalausweis gem. § 36aSGB I an die BA wendet mit dem Antrag auf ALG I und damit zugleich die Arbeitslosigkeit dokumentiert, erfüllt damit auch die Voraussetzungen des § 141 SGB III – diese Arbeitslosmeldung setzt nicht einen ganz bestimmten Wortlaut voraus.“
Da die Rechtsprechung
weiter: www.anwalt.de
Wichtiger Hinweis:
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Auch die Hinweise, Leitsätze und Rechtstipps im Ticker sind mit der Quelle: Hinweis von Tacheles zu kennzeichnen, alles andere stellt eine Urheberrechtsverletzung dar.
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Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker