Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen – Urteil vom 17.03.2016 – Az.: L 11 AS 1359/12

URTEIL

In dem Rechtsstreit
xxx,
– Klägerin und Berufungsbeklagte –

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Sven Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen

gegen

Landkreis Göttingen
– Beklagter und Berufungskläger –

hat der 11. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2016 in Gelle durch die Richter xxx – Vorsitzender – und xxx, die Richterin xxx sowie die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 27. August 2012 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte erstattet der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten auch im Berufungsverfahren.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

TATBESTAND
Im Streit stehen die Zulässigkeit von Widerspruch und Klage gegen einen Bescheid nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und in diesem Zusammenhang höhere Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) nach § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009.

Die 1953 geborene Klägerin stand bei dem Beklagten im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Mietwohnung in der xxx in Göttingen. Für die 61,75 qm große Wohnung fielen 294,96 € Nettokaltmiete zuzüglich 62,00 € Betriebskosten sowie 9,00 € monatlich für die Wartung der Gasetagenheizung an. Der monatliche Abschlag für die Gasversorgung betrug 41,00 € im Dezember 2008 und 49,00 € in den Monaten Februar 2009 bis Mai 2009. Zudem war im Februar 2009 eine Heizkostennachforderung in Höhe von 66,86 € fällig.

Bereits mit Schreiben vom 2. November 2004 wies die Bundesagentur für Arbeit Göttingen die Klägerin auf die nach ihrer Auffassung unangemessen hohen KdU hin (BI. 12, Band I der Verwaltungsakte – VA -).

Mit Bescheid vom 18. November 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2008 und vom 29. Januar 2009 bewilligte die Stadt Göttingen der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung monatlicher Unterkunftskosten in Höhe von 325,00 € (Bruttokaltmiete), Heizkosten in Höhe von 41,00 € (Dezember 2008) bzw. 49,00 € (Februar bis Mai 2009) und zog hiervon für jeden Monat eine Warmwasserpauschale in Höhe von 6,63 € ab.

Mit Bescheid vom 29. Januar 2009 bewilligte die Stadt Göttingen der Klägerin die vollständige Heizkostennachforderung.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 stellte der Prozessbevollmächtigte bei der Stadt Göttingen einen Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 SGB X für den Leistungszeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Dezember 2010 und beantragte Einsicht in den Verwaltungsvorgang. Er teilte zugleich mit: “In diesem Zusammenhang beantrage ich im Übrigen bereits jetzt Überprüfung alle Leistungszeiträume seit dem 01.01.2006 und werde diese Anträge nach § 44 SGB X konkretisieren, sobald mir die Akte vorgelegen hat.”

Nach erfolgter Akteneinsicht stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 11. Januar 2011 bei dem Beklagten einen Antrag nach § 44 SGB X unter dem Aktenzeichen 0014/11 sva, der folgende Betreffzeile enthielt: Leistungen nach dem SGB II für Frau xxx – Leistungszeitraum: 01.12.2008 – 31.05.2009 – Leistungsbescheid vom 18.11.2008 u.a. – Ihr Zeichen: 10.7.0006639 CL (vgl. BI. 427 f. Band 11 VA). Er bat um Überprüfung der Kosten der Unterkunft und Heizung sowie des Warmwasserabzugs.

Unter den Aktenzeichen 0008/11 sva bis 0016/11 sva stellte der Prozessbevollmächtigte mit acht weiteren gleich aufgebauten Schreiben vorn selben Tag ebenfalls nach § 44 SGB X für den Leistungszeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Mai 2010 jeweils unter Nennung eines Bescheides und eines dazugehörenden sechsmonatigen Bewilligungsabschnittes einen Überprüfungsantrag.

Mit Bescheid vom 14. Januar 2011 lehnte die Stadt Göttingen die Anträge auf Überprüfung gem. § 44 SGB X unter Nennung der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilten Aktenzeichen 0008 bis 0016/11 sva für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Mai 2010 ab und teilte zudem mit, dass der Zeitraum Januar 2006 bis Dezember 2006 keine Berücksichtigung finde, da er außerhalb der Überprüfungszeit gemäß § 44 SGB X liege. Zur Begründung führte die Stadt Göttingen aus, dass die Klägerin mit Schreiben vom 2. November 2004 auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden sei, ab dem 1. Juni 2006 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigt worden seien und der Antrag daher abzulehnen sei.

Gegen diese Entscheidung legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 25. Januar 2011 unter dem Aktenzeichen 0014/11 sva per Fax Widerspruch ein, der folgende Betreffzeile enthielt: Leistungen nach dem SGB II für Frau xxx – Leistungszeitraum: 01.12.2008 – 31.05.2009 – Bescheid vom 14.01.2011 – Ihr Zeichen: 70006639 CLA (vgl. BI. 457 f. Band II VA). Zur Begründung führte er aus, dass zur Bemessung der Kosten der Unterkunft auf die Werte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen sei und dieser Wert um einen Sicherheitszuschlag von 10% zu erhöhen sei. Ferner sei die Berechnung der Unterkunftskosten unzutreffend, da die Warmwasserpauschale nicht in korrekter Höhe berechnet und abgezogen worden sei.

Unter den Aktenzeichen 0008/11 sva bis 0016/11 sva legte der Prozessbevollmächtigte mit acht weiteren gleich aufgebauten Schreiben vorn selben Tag für den Leistungszeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Mai 2010 jeweils unter Nennung des Bescheides vom 14. Januar 2011 und des jeweils dazugehörenden sechsmonatigen Bewilligungsabschnittes Widerspruch ein.

Über die neun Widersprüche zu den Aktenzeichen 0008/11 sva bis 0016/11 sva entschied der Beklagte in einem einzigen Widerspruchsbescheid. Den Widerspruch unter dem Aktenzeichen 0014/11 sva wies er als unzulässig zurück. Im Bescheid vom 14. Januar 2011 sei über die Überprüfungsanträge vom 20. Dezember 2010, konkretisiert mit Schreiben vom 11. Januar 2011, entschieden worden. Zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Widerspruchs gehöre, dass in derselben Sache kein anderweitiges Widerspruchsverfahren anhängig sei. Es erfülle nur einer der eingelegten Widersprüche die Zulässigkeitsvoraussetzungen, da gegen den Bescheid der Stadt Göttingen vom 14. Januar 2011 nur ein Widerspruch eingelegt werden könne. Mit dem vorliegenden Widerspruchsbescheid sei der Widerspruch der Klägerin unter dem Zeichen 0008/11 sva beschieden worden, die übrigen Widersprüche seien daher als unzulässig zurückzuweisen.

Unter dem Punkt II. des Widerspruchsbescheides führte der Beklagte aus, der Widerspruch mit dem Zeichen 0008/11 sva sei zwar zulässig aber unbegründet, da die tatsächlichen Kosten der Klägerin unangemessen hoch gewesen seien. Die Kosten seien daher nur in Höhe von monatlich 325,00 € zu übernehmen gewesen. Die Klägerin sei mit Schreiben vom 2. November 2004 auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden und habe keine weiteren Bemühungen zur Senkung der Unterkunftskosten nachgewiesen, so dass ab dem 1. Juni 2006 nur die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen seien (Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2011).

Hiergegen hat die Klägerin am 17. Februar 2011 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim erhoben mit dem Antrag, den Bescheid vom 14. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2011 abzuändern, den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 18. November 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29. Januar 2009 abzuändern und ihr für den Zeitraum 1. Dezember 2008 bis 31. Mai 2009 weitere 265,74 € als KdU zu gewähren. Widerspruch und Klage seien zulässig. Jeder Leistungszeitraum bilde einen verfahrensrechtlich eigenständigen Gegenstand. Die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft sei auf der Grundlage der rechten Spalte nach § 8 WoGG in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Fassung zzgl. eines Sicherheitsaufschlages i.H.v. 10 % zu bemessen. Von dem Beklagten seien zudem Vorauszahlungen für die Kosten der Heizungswartung in Höhe von monatlich 9,00 zu übernehmen. Diese seien Teil der Heizkosten. Ferner sei der bislang nicht berücksichtigte Betriebsstrom der Gasetagenheizung in Höhe von 5% der Heizkosten zu berücksichtigen. Dies habe in allen Monaten bis auf den Januar 2009 zu erfolgen. Statt der vom Beklagten abgezogenen Warmwasserpauschale in Höhe von 6,63 € sei eine Warmwasserpauschale nur in Höhe von 6,33 € abzuziehen. Für Januar 2009 sei die Warmwasserpauschale überhaupt nicht abzuziehen. Wegen der weiteren Einzelheiten zur vorgetragenen Höhe des Anspruchs wird auf die Übersicht auf BI. 72 f. der Gerichtsakte – GA – Bezug genommen.

Der Beklagte hat vorgetragen, die Behörde sei, anders als bei Widerspruch und Klage, Herrin des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X und könne daher den Überprüfungszeitraum über den eigentlich beantragten Zeitraum hinaus erweitern und mehrere Anträge zu einem Verwaltungsverfahren zusammenfassen. Zulässig sei daher allein die Klage zum Aktenzeichen des Sozialgerichts Hildesheim S 54 AS 284/11, die sich durch Klagerücknahme erledigt habe. Zur inhaltlichen Begründung hat der Beklagte auf das Gutachten der F+B GmbH zur Feststellung angemessener Unterkunftskosten im Landkreis Göttingen verwiesen. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf die Gerichtsakte, Band I, Bezug genommen.

Mit Urteil vom 27. August 2012 hat das SG den Bescheid vom 14. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2011 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, unter Abänderung des Bescheids vom 18. November 2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2008 und 29. Januar 2009 der Klägerin weitere Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von insgesamt 262,99 € zu gewähren. Es sei aus den Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin klar ersichtlich, dass sich die Widersprüche jeweils auf nur einen bestimmten abgegrenzten Bewilligungsabschnitt mit dazu ergangenem Verwaltungsakt beziehen. Bei einem Verfahren nach § 44 SGB X seien bezogen auf verschiedene Bewilligungsbescheide auch verschiedene Überprüfungsanträge notwendig. Die Behörde könne zwar mehrere Widersprüche in einem Widerspruchsbescheid zusammenfassen. Sie könne dadurch aber nicht bindend die Anzahl der Klageverfahren festlegen, um dadurch das eigene Kostenrisiko zu verkürzen. Die Kammer sei auch nicht an einer Sachentscheidung gehindert gewesen, da die Beklagte bezogen auf den gesamten Überprüfungszeitraum auch eine inhaltliche Entscheidung getroffen habe (Punkt II des Widerspruchsbescheids). Die Klägerin habe Anspruch auf höhere KdU. Das Gutachten der F+B-GmbH erweise sich nicht als schlüssiges Konzept im Sinne der BSG-Rechtsprechung, weshalb die Werte nach der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zzgl. eines Sicherheitsaufschlages i.H.v. 10% (325,00 € plus 32,50 € bzw. 358,00 € ab dem 1. Januar 2009, ohne dass es dann auf einen Zuschlag ankäme) zugrunde zu legen seien. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Entscheidungsgründe auf den Seiten 10 bis 21 Bezug genommen. Den monatlich anfallenden Heizkostenabschlägen (bis auf den abschlagsfreien Monat Januar) seien die Kosten für die Wartung der Heizung als weitere Heizkosten zuzuordnen. Kosten für den Betriebsstrom der Heizungspumpe gehörten nach der BSG-Rechtsprechung zu den erstattungsfähigen Heizkosten; im Wege der Schätzung sei davon auszugehen, dass diese höchstens 5 % der Brennstoffkosten betragen und damit i.H.v. 1,56 € (Dezember 2008) bzw. 1,51 € (ab 2009) zu berücksichtigen seien; im Februar sei die Heizkostennachzahlung zu berücksichtigen. Die Warmwasserpauschale sei monatlich i.H.v. 6,33 € und nicht wie in den Bewilligungsbescheiden geschehen i.H.v. 6,63 € zu berücksichtigen. Es ergebe sich ein Anspruch i.H.v. 402,19 € im Dezember 2008, 367,47 € im Januar 2009, 477,00 € im Februar 2009 und 410,14 € im Zeitraum März bis Mai 2009. Unter Berücksichtigung der bisher bewilligten Leistungen habe die Klägerin Anspruch auf weitere KdU i.H.v. 262,99 €. Das SG hat die Berufung zugelassen.

Gegen das dem Beklagten am 13. November 2012 zugestellte Urteil hat dieser am 23. November 2012 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen und beruft sich auf die Unzulässigkeit der Klage. Der Beklagte habe die durch die Anträge entstandenen Verwaltungsverfahren zu einem Verfahren verbunden; mit Erlass des Bescheides vom 14. Januar 2011 habe es nur noch ein Verwaltungsverfahren gegeben. Die Klägerin sei dadurch nicht in ihren Rechten beeinträchtigt; sie sei auch nicht wirtschaftlich schlechter gestellt, da sich ihr Kostenrisiko sogar verringere. Der Beklagte erklärt weiter, dass die Ausführungen des SG zu den Heizkosten nicht zu beanstanden seien (vgl. Bl. 142 GA) und auch der höhere Anspruch der Klägerin auf die Bruttokaltmiete in der Sache nicht mehr umstritten sei (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2016, BI. 249 GA). Dies sei aber wegen der Unzulässigkeit der Klage unbeachtlich.

Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klage sei zulässig und begründet. Die Ausführungen des SG seien zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte S 54 AS 284/11 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidungsfindung geworden sind.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die vom SG nach § 144 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassene Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das SG auf die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage. (§ 54 Abs 1, Abs 5 SGG) der Klägerin den Bescheid vom 14. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Februar 2011 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009 aufgehoben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 18. November 2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2008 und 29. Januar 2009 verpflichtet, ihr weitere Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von insgesamt 262,99 € zu gewähren.

I.
Streitgegenstand sind hier – wie sich aus dem gesamten Vorbringen im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren ergibt – ausschließlich KdU. Eine solche Trennung und Beschränkung der Streitgegenstände Regelbedarf sowie Bedarf für KdU ist nach der Rechtsprechung des BSG auch zulässig (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – und Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 70/08 R -).

II.
Die Klage ist nicht aufgrund anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Im Klageverfahren S 54 AS 284/11 war ausweislich der Klageschrift der Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Mai 2006 streitgegenständlich. Der im vorliegenden Berufungsverfahren streitbefangene Zeitraum (Dezember 2008 bis Mai 2009) ist damit nicht anderweitig rechtshängig.

Die Erhebung von mehreren, jeweils die einzelnen halbjährlichen Bewilligungszeiträume umfassenden Klagen war auch nicht aus anderen Gründen unzulässig.

Soweit der Beklagte über die jeweils auf die halbjährlichen Bewilligungsabschnitte bezogenen Widersprüche mit nur einem Widerspruchsbescheid entschieden hat, ist die Klägerin nicht gehindert, mit der hier erhobenen Klage nur die Leistungsgewährung für den Zeitraum Dezember 2008 bis Mai 2009 anzufechten. Die (alleinige) Anfechtung dieses Bewilligungsabschnittes ist ein nach § 54 Abs 1 S 1 SGG zulässiger Anfechtungsgegenstand; sie ist sachlich vertretbar, wenn nicht gar geboten. Denn entweder handelt es sich ohnehin um einen eigenständigen Verwaltungsakt (dazu unter III.) oder aber jedenfalls um eine teilbare Regelung (vgl. zur Zulässigkeit einer Teilanfechtung, wenn nur bestimmte Punkte einer Entscheidung angefochten werden: BSG, Urteil vom 13. November 1985 – 6RKa 15/84; BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 10/14 R -). Dass es jedenfalls sachlich vertretbar ist, folgt aus dem Umstand, dass § 44 SGB X an die Überprüfung eines Einzelfalls anknüpft (Abs 1 S 1), den der Beklagte mit seinem ursprünglichen Verwaltungsakt (hier: Ausgangsbescheid vom 18. November 2008) definiert hat. Der im Regelfall (vgl. § 41 Abs 1 S 4 SGB II) sechsmonatige Bewilligungszeitraum – so auch hier im Ausgangsbescheid – trägt dabei dem Umstand Rechnung, dass nach diesem Intervall eine Veränderung der Verhältnisse (z.B. durch Erzielung von Einkommen) wahrscheinlich erscheint, die den Anspruch entfallen lässt oder in der Höhe verändert (vgl. zur Verlängerung auf zwölf Monate, wenn eine Veränderung der Verhältnisse nicht zu erwarten ist: § 41 Abs 1 S 5 SGB II). Schon die Möglichkeit unterschiedlich hoher Ansprüche in einzelnen Monaten aufgrund z.B. schwankenden Einkommens oder schwankender Aufwendungen für die Unterkunft zeigt, dass eine Zusammenfassung einer Vielzahl von sechsmonatigen Bewilligungsabschnitten im Rahmen von § 44 SGB X nicht sachgerecht ist. Auch die zeitliche Begrenzung für die rückwirkende Erbringung von Sozialleistungen und die Fristberechnung ausgehend vom Rücknahmezeitpunkt des Verwaltungsaktes (§ 44 Abs 4 S 1 und S 2 SGB X) verdeutlicht, dass Anknüpfungspunkt der Überprüfung die ursprüngliche Entscheidung ist. Bei der Zusammenfassung eines wie hier knapp vierjährigen Überprüfungszeitraumes sind ggf. unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten, sodass es der Klägerin jedenfalls unbenommen bleiben muss, ihre Klage auf nur einen bestimmten Bewilligungsabschnitt zu beschränken bzw. die einzelnen sechsmonatigen Bewilligungszeiträume (als Einzelfälle i.S.d. § 44 SGB X) zum Gegenstand jeweils einzelner Klagen zu machen (vgl. zur Begrenzung der Frist bei SGB II-Leistungen auf ein Jahr: § 40 Abs 1 S 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch mit Wirkung zum 1. April 2011).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 95 SGG. Hiernach ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Anknüpfungspunkt bleibt nach dem Wortlaut “der ursprüngliche Verwaltungsakt”. Zwar ist in bestimmten Fallkonstellationen anerkannt, dass mehrere Bescheide mit verschiedenen Verfügungssätzen zusammen mit dem Widerspruchsbescheid eine Einheit im Sinne einer einheitlichen Regelung darstellen können. Das bezieht sich aber gerade auf korrespondierende Verfügungssätze (BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 – B 7a/7 AL 48/04 R: Gewährung und Ablehnung von Arbeitslosengeld (Alg) für einen identischen Zeitraum in zwei verschiedenen Bescheiden; BSG, Urteil vom 18. August 2005 – B 7a AL 4/05 R: Bewilligung von Alg und Minderung des Alg als rechtliche Einheit über Bewilligung und Höhe des Anspruchs), wie sie hier gerade nicht vorliegen, da verschiedene Zeiträume betroffen sind.

Der Klägerin fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, weil sie den hier streitigen Zeitraum im Verfahren S 54 AS 284/11 hätte anhängig machen müssen. Das Rechtsschutzbedürfnis spiegelt den “allgemeinen Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf” (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, vor § 51, Rn. 16 m.w.N.). So ein Fall liegt nicht auch nur im Ansatz vor. Wenn schon die Erhebung der Klage, die an den ursprünglichen Verwaltungsakt anknüpft, zumindest sachgerecht ist, kann nicht aus diesem Grund das Rechtsschutzbedürfnis in Frage gestellt werden (so im Ergebnis auch: Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 24. Juli 2012 – L 4 AS 1353/11 B -).

III.
Das SG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Klage auch nicht aufgrund einer Unzulässigkeit des Widerspruchs unbegründet ist. Mit Bescheid vom 14. Januar 2011 hat der Beklagte mehrere Verwaltungsakte erlassen mit der Folge, dass die Klägerin hiergegen einzelne Widersprüche nach §§ 78 Abs 1, 83 SGG richten konnte.

Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass Anknüpfungspunkt im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ein bestimmter Verwaltungsakt ist. Ein Verwaltungsakt ist nach der Legaldefinition des § 31 S 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Mit ihren Anträgen nach § 44 SGB X auf Überprüfung der Bewilligungsbescheide für die halbjährlichen Bewilligungszeiträume (vgl. hierzu: § 41 Abs 1 S 4 SGB II) ab dem 1. Januar 2006 bis zum 31. Mai 2010 hat die Klägerin mehrere Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt bezogen auf die ursprünglichen Leistungsbewilligungsbescheide. Es bleibt dem Beklagten hierbei unbenommen (unter Berücksichtigung des § 9 S 2 SGB X), verschiedene Regelungen in einem Bescheid zusammenzufassen. Das ändert aber nichts daran, dass er nicht nur eine einzige Regelung im Sinne des § 31 SGB X getroffen hat. Eine Regelung wie § 113 Abs 1 SGG, der die förmliche Verbindung von Klageverfahren regelt, mit der Folge, dass aus den verbundenen Verfahren ein einheitliches Verfahren wird, kennt das SGB X für das Verwaltungsverfahren gerade nicht. Es liegt auch kein Fall des § 86 SGG vor, wonach ein Verwaltungsakt der einen anderen Verwaltungsakt abändert, Gegenstand des laufenden Vorverfahrens wird, mit der Folge, dass ein hiergegen gerichteter Widerspruch unzulässig wird (so auch: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. Juni 2015 – L 7 AS 288/13 -).

IV.
Auch in der Sache ist das Urteil des SG nicht zu beanstanden. Das SG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Klägerin gem. §§ 7, 19, 20, 22 SGB II weitere KdU-Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum i.H.v. mindestens 262,99 € zu gewähren sind.

Der Beklagte hat zu Unrecht mit Bescheid vom 14. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2011 die Abänderung des Bescheides vom 18. November 2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2008 und vom 29. Januar 2009 abgelehnt. Die Voraussetzungen nach §§ 40 Abs 1 S 1 SGB II i.V.m. 44 Abs 1, Abs 2 SGB X liegen vor.

Die nach §§ 7, 19 SGB II leistungsberechtigte Klägerin hat Anspruch auf höhere KdU. Anspruchsgrundlage für die Leistungen der Klägerin ist § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Danach werden die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate; § 22 Abs 1 S 2 SGB II.

1.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die tatsächlichen Kosten für die Bruttokaltmiete nicht bereits wegen § 22 Abs 1 S 2 SGB ll zu übernehmen sind, denn der Übergangszeitraum war bereits abgelaufen.

2.
Zutreffend hat das SG – wie nunmehr auch der Beklagte einräumt – bei der Frage der Höhe der angemessenen Kosten der Bruttokaltmiete die Werte der Tabelle der rechten Spalte zu § 8 WoGG (für Ein-Personen-Haushalte im Stadtgebiet Göttingen: 325,00 €) zzgl. eines Sicherheitsaufschlages i.H.v. 10 % bzw. ab dem 1. Januar 2009 zu § 12 WoGG (358,00 €) zugrunde gelegt, da Erkenntnisse zur angemessenen Höhe der örtlichen Vergleichsmiete fehlen (vgl. zur Anwendung der Werte der rechten Spalte der Tabelle zu § 8 WoGG bei der Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete: ua BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R -). Die Aufwendungen der Klägerin (294,96 Nettokaltmiete und 62,00 Betriebskosten: 356,96 €) bewegen sich innerhalb dieser Grenzen und sind daher in voller Höhe zu gewähren. Dem steht auch nicht das Gutachten der F+B-GmbH zur Feststellung angemessener Unterkunftskosten im Landkreis Göttingen entgegen. Denn auch der Beklagte geht mit dem Urteil des 7. Senats des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. April 2014 – L 7 AS 330/13 nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 28. November 2014 – B 14 AS 215/14 B – davon aus, dass das Gutachten nicht mehr zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze heranzuziehen ist.

3.
Zutreffend hat das SG die Heizkosten bestimmt, wie der Beklagte in der Sache auch einräumt.

Das SG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Kosten für die Wartung der Heizung den Heizkosten und nicht der Bruttokaltmiete zuzuordnen sind. Der Senat nimmt hierbei zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 21 des Urteils und die dortigen Verweise in die Literatur sowie den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30. März 2012 – L 19 AS 388/12 B – Bezug.

Der Senat folgt auch der Auffassung des SG, wonach die Kosten für den Betriebsstrom der Heizungspumpe erstattungsfähig (so auch: BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 51/10 R -) und im Wege der Schätzung nach § 202 SGG i.V.m. § 287 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO) mit 5% der Brennstoffkosten zu bemessen sind. Auf die Ausführungen auf Seite 21 des Urteils nimmt der Senat Bezug. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass auch das BSG darauf hinweist, dass sich Anknüpfungspunkte für die Schätzung aus den in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden ergeben können und dort üblicherweise auf einen geschätzten Anteil der Brennstoffkosten i.H.v. 4-10 % abgestellt wird (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 – B 4 AS 47/14 R -).

Zu Recht geht das SG auch von einem monatlichen Abzug für die Warmwasserpauschale i.H.v. 6,33 € aus. Die Rücknahme des ursprünglichen Verwaltungsaktes (mit Wirkung für die Zeit vor dem Bestehen einer ständigen – anderslautenden – Rechtsprechung) scheitert insoweit auch nicht an § 40 Abs 2 Nr 2 SGB II i.V.m. § 330 Abs 1 SGB III, weil dem (höheren) Abzug der Warmwasserpauschale gerade keine bundeseinheitliche Praxis der Träger der Grundsicherungsleistungen zugrunde lag (so ausdrücklich für den Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 – B 14 AS 61/09 R -).

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

VI.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich; § 160 Abs. 2 SGG.

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.