Tacheles Rechtsprechungsticker KW 05/2022

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung nach dem (SGB II)

1.1 – BSG, Urteil v. 26.01.2022 – B 4 AS 3/21 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Mehrbedarf – Fahrtkosten – Strafhaftbesuch – Lebensgefährte

Haben Leistungsberechtigte der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten für Besuche bei einem sich in Haft befindlichen nichtehelichen Lebensgefährten?

Fahrkosten für Haftbesuche zum nichtehelichen Partner können im Einzelfall vom Jobcenter zu übernehmen sein.

Leitsatz Redakteur von Tacheles e. V.
1. Dies gilt insbesondere dann, wenn die angefallenen erforderlichen Kosten erheblich sind und nachgewiesen werden.

2. Eine Ehe ist für einen Anspruch auf einen Mehrbedarf aber nicht erforderlich. Es müsse aber bereits vor Haftantritt eine besondere Nähe zu dem Partner bestanden haben.

Quelle: www.bsg.bund.de

Hinweis Redakteur von Tacheles e. V.:
Meist kein Hartz-IV-Mehrbedarf für Fahrtkosten zum Arzt

Rechtstipp Redakteur von Tacheles e. V.:
SG Hannover, Urteil vom 01.11.2016, S 54 AS 697/16 (Aufwendungen für Besuchsfahrten in eine Justizvollzugsanstalt zur Wahrnehmung eines Umgangsrechts mit dem Stiefvater stellen im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Stiefkinder einen Mehrbedarf dar und sind deshalb vom Grundsicherungsträger zusätzlich zur Regelleistung zu übernehmen, wenn es sich bei dem Stiefvater um eine enge, den leiblichen Vater ersetzende Bezugsperson des Stiefkindes handelt und der Umgang dem Wohl des Kindes dient); SG Braunschweig, Urteil vom 09.04.2014 – S 49 AS 2184/12 (Jobcenter muss Kosten für Besuchsfahrten zum inhaftierten Sohn übernehmen); Bayerisches LSG, Beschluss vom 10.07.2012 – L 7 AS 963/10 (Fahrtkosten zum Besuch des inhaftierten Kindes); SG Ulm, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – S 8 AS 3164/13 ER – (Für die Ausübung des Umgangsrechts der Gattin und der Kinder mit ihrem an einem weit entfernten Ort inhaftierten Vater besteht ein besonderer, unabweisbarer und fortlaufend fällig werdender Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II) und SG Reutlingen, Vergleich vom 27. Februar 2013 – S 2 AS 1515/12 (unveröffentlicht) – Bei regelmäßig durchgeführten Besuchsfahrten von Gattin und Kind zum in der Justizvollzugsanstalt einsitzenden Vater handelt es sich ebenfalls um einen Bedarf, der dem JobCenter gegenüber gemäß § 21 Abs. 6 SGB II geltend gemacht werden kann.

1.2 – BSG, Urteil v. 26.01.2022 – B 4 AS 81/20 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Mehrbedarf – Fahrtkosten – ärztliche und psychotherapeutische Behandlungen

Zur Berücksichtigung von Fahrkosten zu ärztlichen und therapeutischen Behandlungen als Mehrbedarf nach § 21 Absatz 6 SGB II.

Regelmäßig anfallende Fahrkosten für Arztbesuche können im Einzelfall einen laufenden Bedarf gemäß § 21 Abs 6 SGB 2 darstellen.

Orientierungshilfe Redakteur von Tacheles e. V.
1. Fahrten zur Wahrnehmung von Arztterminen sind dem Bedarf Verkehr zuzurechnen. Es konnte offenbleiben, ob zusätzlich auch die im Regelbedarf berücksichtigten Aufwendungen für Gesundheitspflege in die Beurteilung der Erheblichkeit einzubeziehen waren.

2. Regelmäßig anfallende Fahrkosten für Arztbesuche können einen laufenden Bedarf gemäß § 21 Abs 6 SGB 2 darstellen, wenn sie den Regelbedarfsanteil für Verkehr erheblich übersteigen und vom Antragsteller nachgewiesen werden.

Quelle: www.bsg.bund.de

Hinweis Redakteur von Tacheles e. V.:
Meist kein Hartz-IV-Mehrbedarf für Fahrtkosten zum Arzt

Rechtstipp Redakteur von Tacheles e. V.:
LSG Hamburg, Urt. v. 01.10.2020 – L 4 AS 66/19 – nachgehend BSG, 20. Mai 2021, B 14 AS 105/20 BH, Beschluss

Arbeitslosengeld II – Mehrbedarf – unabweisbarer laufender besonderer Bedarf – regelmäßige Fahrkosten zum Arztbesuch – laufender Bedarf – kein unabweisbarer Bedarf – keine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf bei fehlendem Nachweis der konkret entstandenen Fahrkosten

Orientierungssatz
1. Regelmäßig anfallende Fahrkosten für Arztbesuche können einen laufenden Bedarf gemäß § 21 Abs 6 SGB 2 darstellen. (Rn.41)

2. Eine Unabweisbarkeit des Bedarfs im Sinne des § 21 Abs 6 SGB 2 kann jedoch nicht anerkannt werden, wenn die konkret angefallenen Fahrkosten und damit eine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf nicht nachgewiesen werden. (Rn.42)

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2.1 – LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.11.2021 – L 1 AS 705/19

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensberücksichtigung – Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs – Einnahme in Geldeswert im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit – Ein-Prozent-Methode

Zur Berücksichtigung der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Dienst-Pkws als Einkommen.

Dienstwagen vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung mindert Hartz-IV-Leistungen (Redakteur von Tacheles e. V.)

Orientierungssatz Redakteur von Tacheles e. V.
1. Die Zur-Verfügung-Stellung eines Dienstwagens stellt eine als Einkommen zu berücksichtigende Einnahme in Geldeswert nach § 11 Abs. 1 S. 2 SGB II da, weil sie im Rahmen einer Erwerbstätigkeit erbracht wird (vgl. ausweislich des Terminberichts für Verpflegung: Bundessozialgericht -BSG, Urteil vom 5. August 2021 – B 4 AS 83/20 R).

2. Einnahmen in Geldeswert sind solche, die nicht unmittelbar in Bar- oder Buchgeld bestehen, aber einen in Geld zu bemessenden wirtschaftlichen Wert haben. Hierzu gehören unter anderem Sacheinnahmen einschließlich Gutscheine, Sammelmünzen, Dienst- oder Naturalleistungen, insbesondere freie Wohnung oder Verpflegung, Deputate und Mitarbeiterrabatte (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. November 2019 – L 34 AS 801/19).

3. Bei dem für Privatfahren angesetzten Betrag von 125 € monatlich handelt es sich um den der privaten Nutzung beizumessenden Verkehrswert im Sinne des § 2 Abs. 6 Alg Il-V § 2 (in der ab 1. August 2016 im Kraft getretenen Fassung vom 26. Juli 2016).

4. Die Anrechnung „zum Verkehrswert“ setzt nicht voraus, dass das Erhaltene frei verkaufbar („zu Geld machbar“) sein muss. Die entsprechende Auffassung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Februar 2016 – L 4 AS 159/12) ist jedenfalls seit der Neufassung des § 11 SGB II ab 1. August 2016 überholt.

Quelle: gesetze.berlin.de

2.2 – LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 21. Juli 2021 (L 3 AS 93/21 B ER und L 3 AS 99/21 B PKH):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Wenn ein bei seinen bedürftigen Eltern lebender, über 25jähriger Sohn einer Arbeitnehmertätigkeit (monatliches Bruttoeinkommen: EUR 2.701,83, was einem Nettoeinkommen von EUR 1.805,51 entspricht) nachgeht, dann ist ihm entsprechend § 9 Abs. 5 SGB II in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Alg II-VO die Entrichtung eines monatlichen Unterstützungsbetrags für seine Mutter in einer Höhe von EUR 174,52 zumutbar: Sein Eigenbedarf setzt sich aus dem Zweifachen des Regelbedarfs (EUR 892,-) sowie den anteiligen Kosten für Unterkunft (EUR 209,14) und Heizung (EUR 55,33) zusammen. Von diesen EUR 1.156,47 ist noch der gemäß § 11b Abs. 2 und 3 SGB II beanspruchbare Erwerbstätigenfreibetrag in einer Höhe von EUR 300,- abzusetzen und der hier ermittelte Restbetrag um 50 v. H. zu reduzieren.

3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

3.1 – SG Magdeburg, Beschluss v. 07.01.2022 – S 34 AS 1113/19

Angelegenheiten nach dem SGB II (AS)

Gegenvorstellung im Prozesskostenhilfeverfahren

Leitsatz
Das eingelegte “Rechtsmittel” ist auszulegen, wobei die allgemeinen Auslegungsregeln anzuwenden sind (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 30. März 2021 – B 10 ÜG 1/21 C).

Von einer Gegenvorstellung als außerordentlicher Rechtsbehelf kann nach Auslegung ausgegangen werden, wenn die Antragstellerin begehrt, ihr Prozesskostenhilfe rückwirkend für einen weiteren Tag zu bewilligen.

Grobes prozessuales Unrecht kann angenommen werden, wenn der Tenor bereits im Sinne von § 138 SGG in entsprechender Anwendung zu berichtigen gewesen wäre.

Quelle: www.landesrecht.sachsen-anhalt.de

3.2 – SG Magdeburg, Urt. v. 15.01.2022 – S 27 AS 3201/17

Leitsatz
Als sog. Mittelzentrum verfügt das Stadtgebiet Burg über die einen homogenen Lebens- und Wohnbereich prägenden Merkmale und konnte daher als ein Vergleichsraum eingestuft werden.

In Anlegung der sich aus objektiven Erkenntnisgrenzen ergebenden nachvollziehenden Kontrolle lässt sich das von dem für den Landkreis Jerichower Land zuständigen Grundsicherungsträger gewählte Verfahren als fachlich vertretbare Methode identifizieren, mithilfe derer er im Ergebnis zu einer plausiblen Einschätzung der Angemessenheitswerte für die Unterkunftskosten gelangt ist.

Quelle: www.landesrecht.sachsen-anhalt.de

3.3 – Sozialgericht Itzehohe, Urteil vom 3. August 2021 (S 46 AS 852/19):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Zur Anwendung der aus § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, 2. Alt. SGB II hervorgehenden Härtefallbestimmung im Fall eines ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von ca. 105 qm bewohnenden Antragstellers. Für die Heranziehbarkeit der Vermögensschutzbestimmung entsprechend § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, 2. Alt. SGB II, d. h. für die Anerkennung einer “besonderen Härte”, können Aspekte wie das Alter des Antragstellers, der unmittelbar vor dem Erreichen des Renteneintrittsalters und damit dem Erreichen der Altersgrenze des § 7a SGB II stand, sowie die Nutzbarkeit der eigengenutzten Immobilie zum Zwecke der Alters- bzw. Rentenvorsorge von ausschlaggebender Bedeutung sein.

Die Grenze für die Angemessenheit eines Kraftfahrzeugs gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II ist in Anlehnung an die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) mit EUR 7.500,- zu veranschlagen. Zur Bestimmung des Preises, den private Verkäufer auf dem Kfz-Markt für einen Pkw erzielen können, insbesondere wenn der Pkw an einen Händler veräußert wird, kann auf verschiedene Listen (z. B. Schwacke- oder DAT-Liste) als Anhaltspunkt zurückgegriffen werden.

Hinweis Redakteur von Tacheles e. V.: Wenn das Alter zum Vorteil wird

Familien erwerben Hauseigentum in Zeiten, in welchen sie regelmäßig größeren Wohnraum benötigen. Aber wenn die Kinder erwachsen sind, ziehen sie aus. Das Haus und der Garten werden zu groß. Deshalb verlangte das Jobcenter von einem Mann aus Itzehoe, der kurz vor der Rente stand, sein Haus zu verkaufen. Was das Sozialgericht dazu meinte, lesen Sie hier.

In Itzehoe sah sich ein 63-Jähriger vor dem Aus seiner Lebensgrundlage für das Alter. Er hatte Leistungen des Jobcenters beantragt. Mit Hinweis auf sein Haus und sein Grundstück lehnte die Behörde seinen Antrag ab. Er müsse sein Haus erst verkaufen und das Geld danach aufbrauchen – und das kurz vor der Rente.

Die Jurist*innen des DGB Rechtsschutz in Kiel halfen ihm. Weil das Jobcenter stur blieb, musste das Gericht entscheiden.

weiter: www.dgbrechtsschutz.de

3.4 – Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 3. November 2021 (S 87 AS 1233/21):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
§ 45 SGB I (“Verjährung”) ist ebenfalls auf den Zinsanspruch, der aufgrund verzögert zur Auszahlung gelangender Sozialleistungen entsteht, anzuwenden.

Der Verzinsungsanspruch nach § 44 SGB I stellt einen Annex zum ursprünglichen Leistungsanspruch, der Sozialleistung, dar. Auch in diesem Sachzusammenhang hat eine vierjährige Verjährungsfrist Gültigkeit.

Die Verzinsung nach § 44 SGB I dient nicht der akuten Sicherung des notwendigen Existenzminimums, sondern soll Antragstellerinnen und Antragstellern für bereits vergangene Zeiträume einen Nachteilsausgleich bieten.

Einzig die Tatsache, dass dem Jobcenter bei der Bearbeitung Fehler unterliefen, die zu einer erheblich verspäteten Bewilligung und Auszahlung von Geldleistungen führte, bedingt es nicht, dass dieser SGB II-Träger hier von der Erhebung der Einrede der Verjährung stets Abstand zu nehmen hätte.

Der haushaltsrechtliche Grundsatz der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel hat in dieser Situation gegenüber dem individuellen Interesse einer um Alg II nachsuchenden Person an einem Erhalt auch von Zinsen einen höheren Rang.

3.5 – Sozialgericht Köln, Urteil vom 20. Dezember 2021 (S 15 AS 3426/18):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel
Keine Sanktionierung einer erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II wegen unterlassener Bewerbung auf vom Jobcenter ihr unterbreiteter Vermittlungsvorschläge, wenn dieser Bezieherin von Alg II die Ausübung dieser Tätigkeiten wegen ihres bedingt durch eine chronische Erkrankung sehr angegriffenen gesundheitlichen Leistungsvermögens in Berücksichtigung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB II nicht zugemutet werden kann. Diese Personen konnte hier begründet auf einen wichtigen Grund entsprechend § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II verweisen.

4. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

4.1 – LSG München, Beschluss v. 23.12.2021 – L 8 SO 186/21 B ER

Titel: Keine Fiktion der Angemessenheit bei sonstigen Unterkünften

Leitsatz:
141 Abs. 3 Satz 1 SGB XII i. d. F. vom 22.11.2021 erfasst nur Wohnungen, nicht jedoch “sonstige Unterkünfte” i. S. v. §§ 35 Abs. 5 Satz 2, 42a Abs. 7 SGB XII, da bei “sonstigen Unterkünften” nicht die Angemessenheit der Aufwendungen maßgeblich ist, sondern höchstens die durchschnittlichen angemessenen Aufwendungen.

Quelle: www.gesetze-bayern.de

5. Verschiedenes zu Hartz IV, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbüchern

5.1 – Hartz IV: Wie hoch müssten sie denn sein? Eine alternative Ermittlung der Regelbedarfe in der Grundsicherung mit Vorschlägen in Euro pro Monat

Januar 2022 von Stefan Sell – mit Anmerkung zu SG Oldenburg, Beschluss 17.01.2022 – S 43 AS 1/22 ER

Trotz Inflation: Hartz IV Sätze weiter verfassungsgemäß

Quelle: aktuelle-sozialpolitik.de

Anmerkung Harald Thomé dazu:
Die Entscheidung des SG OL ist ein reines Durchwinken der bestehenden Rechtslage. Ansonsten hätten sich laut Ansicht des Gerichts im Wesentlichen die höheren Energiekosten preissteigernd ausgewirkt und sonstige „konkrete Bedarfsunterdeckungen“ hätten die Antragsteller nicht hinreichend dargelegt.

Damit hat das SG OL aber auch aufgezeigt, wie es gehen kann: man errechne die Differenz zwischen den Energiekosten im RS (36,43 € für eine Alleinstehende Person) und den tatsächlichen Kosten, d.h. den Stromkosten des letzten oder diesen Jahres. Diese Kosten können dann als laufender, unabweisbarer Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II geltend gemacht werden.

5.2 – Sozialrechtliche Bedarfe von Obdachlosen: Heizkosten auch ohne „klassische Unterkunft“ erstattungsfähig? Ein Beitrag von RA Kay Wolkau

Neuester Rechtsprechung zufolge kann auch obdachlosen Menschen ein Anspruch auf Erstattung ihrer Heizkosten zustehen.

So hat das Sozialgericht Freiburg im Falle eines dauerhaft in einem Zelt lebenden obdachlosen Menschen die Kosten für den Betrieb eines Camping-Gasheizstrahlers als sozialrechtlichen Bedarf im Sinne des § 22 SGB II anerkannt. (vgl. Beschluss SG Freiburg vom 13.01.2022, veröffentlicht auf: rdl.de):

Quelle: www.anwalt.de

5.3 – RA Volker Gerloff-newsletter 01-2022 vom 27.01.2022

weiter: www.ra-gerloff.de

5.4 – Anmerkung zu:   BVerwG 1. Senat, Urteil vom 07.09.2021 – 1 C 47/20

Autor: Prof. Dr. Uwe-Dietmar Berlit, Vors. RiBVerwG

Bemessung der Geltungsdauer eines im Asylverfahren ergehenden abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots bei im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht abgeschlossener qualifizierter Berufsausbildung

Leitsätze
Ein im Asylverfahren anzuordnendes abschiebungsbedingtes Einreise- und Aufenthaltsverbot kann ermessensfehlerfrei auf die Dauer von 30 Monaten befristet werden, wenn die Situation keine Besonderheiten gegenüber gleichgelagerten Fällen aufweist und insbesondere Umstände, die das gefahrenabwehrrechtlich geprägte Interesse an einem Fernhalten des Ausländers vom Bundesgebiet erhöhen, ebenso wenig erkennbar sind wie Umstände, die geeignet sind, das Gewicht dieses öffentlichen Interesses zu mindern.

Der Erfüllung des zentralen Merkmals einer in Abschnitt 4 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes geregelten Anspruchsgrundlage für die Erteilung eines Aufenthaltstitels während des asylverfahrensbezogenen Aufenthalts im Bundesgebiet begründet ein aufenthaltsrechtlich beachtliches Rückkehrinteresse, dem im Rahmen der Befristung eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots Rechnung zu tragen ist.

Der Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung bis zu dem für die Beurteilung der Sachlage maßgeblichen Zeitpunkt lässt es vorbehaltlich etwaiger Besonderheiten des Einzelfalles angezeigt erscheinen, die Geltungsdauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf die Hälfte des gefahrenabwehrrechtlich bestimmten Wertes festzusetzen.

Die bloße Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung vermittelt dem Ausländer zwar unter den Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG eine Bleibe-, jedoch in aller Regel keine die Geltungsdauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots überdauernde Rückkehrperspektive.

weiter bei Juris

Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker