Verwaltungsgericht Göttingen – Az.: 1 A 246/11

Amtlichen Leitsätze:
1. Führt eine rechtmäßige Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO dazu, dass ein konkreter Klageantrag nicht gestellt werden kann und eine Klage auf Löschung von Daten deshalb unzulässig ist, so ist dies auch im Lichte der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hinzunehmen.

2. Besteht infolge einer rechtmäßigen Sperrerklärung keine Möglichkeit, Anhaltspunkte für den Inhalt der nicht offengelegten Unterlagen zu erlangen, so lassen sich aus diesen Unterlagen keine für den Kläger nachteiligen Schlussfolgerungen ziehen.

URTEIL

In der Verwaltungsrechtssache
des Herrn xxx,
Kläger,

Proz.-Bev.:
Rechtsanwalt Adam,
Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen,

gegen

das xxx,
Beklagter,

Streitgegenstand: Datenschutz (Löschung von Daten, NVerfSchG)

hat das Verwaltungsgericht Göttingen – 1. Kammer – auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2013 durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts xxx, den Richter am Verwaltungsgericht xxx, die Richterin am Verwaltungsgericht xxx sowie den ehrenamtlichen Richter xxx und die ehrenamtliche Richterin xxx für Recht erkannt:

Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung seines Bescheids vom 20.12.2011 verpflichtet, folgende über den Kläger in Dateien gespeicherte Daten zu löschen bzw. – soweit die Daten in Akten enthalten sind – hierfür einen Sperrvermerk einzutragen:

– Daten im Zusammenhang mit der Durchsuchung der Redaktionsräume der Zeitung „P” am 07.04.1997;
– Daten im Zusammenhang mit einer beim Kläger im August 1998 durchgeführten Hausdurchsuchung;
– Daten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers für den Radiosender „E”;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an Protestaktionen gegen eine R.-Veranstaltung am 18.08.2007;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an einer Demonstration „Gegen die Kriminalisierung antirassistischer Politik” am 30.01.2010;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an einer Protestaktion gegen den Castortransport 2010 am 06.09.2010;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an einer Demonstration am 15.01.2011 zum Jahrestag der Ermordung des U. V. und
– Daten im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an einer Anti-Atomdemonstration in G am 19.03.2011.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

TATBESTAND
Der Kläger ist freier Journalist und Redakteur bei dem Lokalsender „Stadtradio E”.

Mit Schreiben vom 27.06.2011 beantragte er bei dem Beklagten als niedersächsischer Verfassungsschutzbehörde die Erteilung einer Auskunft über die dort zu seiner Person gespeicherten Daten. Mit undatiertem, bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.09.2011 eingegangenem Schreiben teilte der Beklagte mit, dass neben allgemeinen biographischen Daten folgende Erkenntnisse über den Kläger gespeichert seien:

– „Ihr Mandant xxx wurde am 07. April 1997 bei der Durchsuchung der Redaktionsräume der Zeitung „P” in G durch die Polizei als eines der mutmaßlichen Redaktionsmitglieder festgestellt.“

– „Nach Erkenntnissen der Polizei vom 10.07.2000 war Ihr Mandant Mitarbeiter des Radiosenders „E“.“

– „Am 18. August 2007 befand sich Ihr Mandant unter den Personen, die sich im Hinterhof eines Wohnhauses direkt neben der Demonstrationsroute einer R-Veranstaltung sammelten, und beteiligte sich an den Protestaktionen. Dabei wurde gegen Ihren Mandanten ein Platzverweis ausgesprochen.“

– „Am 30. Januar 2010 hat Ihr Mandant an einer Demonstration in G, die unter dem Motto „Gegen die Kriminalisierung antirassistischer Politik” stand, teilgenommen.“

– „Ihr Mandant nahm am 15. Januar 2011 in G an einer Demonstration gegen die Ermordung des U. V. (20. Todestag) durch Rechtsextremisten in der damaligen regionalen Szene teil.“

– „Am 19. März 2011 war Ihr Mandant, aufgrund der Ereignisse in Japan, Teilnehmer einer Anti-Atom Demonstration in G.“

Darüber hinaus wies der Beklagte darauf hin, dass er Erkenntnisse über linksextremistische Aktivitäten des Klägers habe, über die er aus den in § 13 Abs. 2 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes (NVerfSchG) genannten Gründen jedoch keine Auskunft erteile.

Hierauf beantragte der Kläger mit Schreiben vom 10.10.2011 bei dem Beklagten die Löschung der zu seiner Person gespeicherten Daten, da die Voraussetzungen für eine Speicherung nicht vorlägen. Zeitgleich wandte er sich an den niedersächsischen Landesbeauftragten für den Datenschutz und bat diesen um Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auskunftssperre, Anforderung der geheim gehaltenen Akten und Vermittlung bei der angestrebten vollständigen Auskunftserteilung. Hierauf teilte der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen mit Schreiben vom 26.10.2011 mit, dass der Beklagte zu zwei weiteren Sachverhalten Auskunft erteilen werde. Darüber hinaus sei die Verarbeitung der Daten, die Verweigerung der Auskunft und die mangelnde Angabe der Weigerungsgründe datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. Mit Schreiben vom 11.11.2011 ergänzte der Beklagte seine Auskunft über die zur Person des Klägers gespeicherten Daten um folgende Erkenntnisse:

– „Bei Ihrem Mandanten wurde im August 1998 in einem Verfahren des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Im Rahmen der Durchsuchung wurden diverse Gegenstände wie etwa Präzisionsschleudern, Stahlmuttern sowie ein Signalabschussgerät sichergestellt. Dem Verfahren lagen Brandanschläge auf das Amtsgericht G, auf eine Baufirma sowie auf das Arbeitsamt G zugrunde. Dabei bestand gegen Ihren Mandanten sowie andere Personen der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung.“

– „Am 6. September 2010 nahm Ihr Mandant in G an einer Protestaktion gegen den Castortransport 2010 teil. Grundsätzlich unterliegen Demonstrationen und deren Teilnehmer nicht der Beobachtung durch den Verfassungsschutz und begründen daher auch aus sich heraus nicht die Speicherung personenbezogener Daten. Erst wenn extremistische Personenzusammenschlüsse diese Demonstrationen anmelden, zur Teilnahme aufrufen und/oder selbst daran teilnehmen, werden sie für die Aufgabenerfüllung des Verfassungsschutzes relevant. Unter dieser Voraussetzung ist auch die Teilnahme von Personen, die einer extremistischen Bestrebung angehören, eine Information, die für die Arbeit des Verfassungsschutzes im Einzelfall erforderlich sein kann.“

Am 10.10.2011 erhob der Kläger Klage, mit der er die Verurteilung des Beklagten zur Erteilung vollständiger Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten personenbezogenen Daten begehrte (1 A 192/11). Zur Begründung führte er unter anderem aus, sämtliche gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren seien gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil er weder Mitglied der Redaktion der „P.“ gewesen sei noch etwas mit irgendeinem Brandanschlag zu tun gehabt habe. Nach Anforderung der vollständigen Akten durch das Gericht legte der Beklagte lediglich einen Teil der bei ihm zur Person des Klägers geführten Verwaltungsvorgänge (Beiakten A und B zum Verfahren 1 A 192/11) vor und erklärte, dass die Vorlage der vollständigen bei ihm geführten Vorgänge nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht erfolgen dürfe (Sperrerklärung). Daraufhin beantragte der Kläger, im Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO die Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung des Beklagten und der damit verbundenen Weigerung der Vorlage der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten festzustellen. Mit Beschluss vom 23.03.2012 (14 PS 1/12) entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, die Weigerung des Beklagten zur Vorlage der vollständigen Akten sei rechtmäßig, und führte zur Begründung aus, ein Bekanntwerden des Inhalts der nicht vorgelegten Aktenteile würde dem Wohl des Landes Niedersachsen Nachteile bereiten, da durch die Bekanntgabe des Akteninhalts die künftige Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde einschließlich der Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschwert würde. Der Schutz verfassungsschutzdienstlicher Informationen und Informationsquellen, Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung rechtfertige es, die fraglichen Dokumente geheim zu halten, und die Beklagte habe im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung den Interessen des Landes an der Geheimhaltung gegenüber den gegenläufigen privaten und öffentlichen Interessen an effektivem Rechtsschutz und umfassender Aufklärung des Sachverhalts beanstandungsfrei den Vorrang eingeräumt. Die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Nds. OVG wurde durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.08.2012 (20 F 5.12) zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Beschlüsse wird Bezug genommen. Nach Rücknahme der Klage stellte das Gericht das Verfahren 1 A 192/11 durch Beschluss vom 29.10.2012 ein.

Mit Bescheid vom 20.12.2011 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Löschung der über ihn gespeicherten Daten ab und führte zur Begründung aus, die Speicherung der Daten sei rechtmäßig gewesen und die vorhandenen Erkenntnisse würden weiterhin zur Aufgabenerfüllung der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde benötigt, sodass ihre Löschung derzeit nicht in Betracht komme.

Am 23.12.2011 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, eine Speicherung von Personendaten sei nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorlägen, die darauf schließen ließen, dass der Betroffene verfassungsfeindlichen Bestrebungen oder Tätigkeiten nachgehe. Hierfür treffe den Beklagten die Darlegungs- und Beweislast. Der Beklagte habe jedoch nur eine lose Zusammenstellung von Informationen geliefert, die jeglichen Bezug zu ihm – dem Kläger – vermissen ließen. Bei der Durchsuchung am 07.04.1997 habe er nicht an einem Redaktionstreffen der „P.“, sondern an einem Arbeitskreis zum Thema Asyl teilgenommen. Das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren sei ebenso gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden wie das Verfahren im Zusammenhang mit der im August 1998 bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung. Seine Teilnahme an Demonstrationen sei grundgesetzlich geschützt und nicht für die Bewertung geeignet, dass er damit verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt habe. Dies gelte insbesondere, wenn die Teilnahme zum Zweck seiner journalistischen Tätigkeit erfolgt sei. Eine Unterstützung der „Autonomen Szene“ durch ihn sei nicht belegt. Die Frage der Löschung von Daten sei anhand der vom Beklagten offengelegten Unterlagen und Einträge zu beurteilen. Diese rechtfertigten nicht den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen, zumal er im Rahmen der dort genannten Aktivitäten seinen „verfassungsrechtlichen Aufgaben als Journalist“ nachgekommen sei. Weil der Inhalt der Unterlagen, deren Vorlage der Beklagte verweigert habe, nicht bekannt sei, dürften aus ihnen keine für den Kläger negativen Schlussfolgerungen gezogen werden. Soweit die vollständige Löschung und damit auch die Löschung der vom Beklagten nicht offengelegten Daten beantragt werde, sei dieser Antrag hinreichend bestimmt, da er die einzige Möglichkeit biete, effektiven Rechtsschutz zu erlangen.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 20.12.2011 zu verpflichten,
a. folgende über den Kläger in Dateien gespeicherte Daten zu löschen bzw. – soweit die Daten in Akten enthalten sind – hierfür einen Sperrvermerk einzutragen:
– Daten im Zusammenhang mit der Durchsuchung der Redaktionsräume der Zeitung „P.“ am 07.04.1997;
– Daten im Zusammenhang mit einer beim Kläger im August 1998 durchgeführten Hausdurchsuchung;
– Daten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers für den Radiosender „E“;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an Protestaktionen gegen eine R. -Veranstaltung am 18.08.2007;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an einer Demonstration „S.“ am 30.01.2010;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an einer Protestaktion gegen den T. 2010 am 06.09.2010;
– Daten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an einer Demonstration am 15.01.2011 zum Jahrestag der Ermordung des U. V. und
– Daten im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an einer Anti-Atomdemonstration in E. am 19.03.2011 und
b. im Übrigen alle ansonsten über den Kläger in Dateien gespeicherten Daten zu löschen bzw. Daten – soweit sie in Akten enthalten sind – mit einem Sperrvermerk zu versehen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen

Er hält den Antrag für unzulässig, weil er zu unbestimmt sei. Eine Überprüfung der Unterlagen, die nicht offen gelegt werden müssten, durch die Kammer komme nicht in Betracht und eine Verpflichtung zur Löschung sämtlicher Daten scheide daher aus. Die Speicherung der über den Kläger geführten Daten sei zulässig gewesen, weil sie auf tatsächlichen Anhaltspunkten dafür beruht habe, dass der Kläger an extremistischen Bestrebungen beteiligt gewesen sei. Der Begriff der tatsächlichen Anhaltspunkte sei im Hinblick auf die Funktion der Verfassungsschutzbehörde als „Frühwarnsystem“ weit auszulegen, sodass eine Beobachtung bereits zulässig sei, wenn objektive Umstände und Indizien den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung aufkommen ließen. Es komme nicht darauf an, ob die maßgeblichen Verhaltensweisen erlaubt seien oder nicht. Insofern könne die Teilnahme an Demonstrationen, bei denen extremistische Personenzusammenschlüsse zur Teilnahme aufriefen oder an denen sie selbst teilnähmen, in Verbindung mit weiteren Umständen zur Begründung tatsächlicher Anhaltspunkte herangezogen werden. Für die Erstspeicherung sei daher noch keine feste Gewissheit einer Beteiligung an verfassungsfeindlichen Bestrebungen oder Tätigkeiten erforderlich. Es müssten vielmehr Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung auf eine derartige Bestrebung oder Tätigkeit hindeuteten und deshalb weiterer Klärung bedürften. Derartige Umstände hätten hier in den Sachverhalten aus den Jahren 1997 (Durchsuchung der Redaktionsräume der „P.“) und 1998 (Hausdurchsuchung/Auffinden verdächtiger Gegenstände) gelegen. In den Folgejahren habe man weitere – offen gelegte oder aus Geheimschutzgründen nicht offenzulegende – Erkenntnisse gewonnen. Insbesondere habe der Kläger an mehreren Demonstrationen und Protestaktionen teilgenommen, an denen maßgeblich Gruppierungen beteiligt gewesen seien, die der W. autonomen Szene zugerechnet würden. Darüber hinaus seien über den Kläger weitere Erkenntnisse angefallen, die in einer Gesamtschau seine Zugehörigkeit zur W. linksextremistischen Szene belegten. Eine Speicherung der Daten sei daher weiterhin erforderlich. Eine Personenakte werde über den Kläger nicht geführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens 1 A 192/11 sowie der zu beiden Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Die Klage ist zulässig und begründet, soweit sie sich auf die im Tatbestand genannten, bekannten Daten bezieht. Dagegen ist sie abzuweisen, soweit der Kläger die Löschung von Daten begehrt, die infolge der Sperrerklärung des Beklagten nicht bekannt sind.

Hinsichtlich der weder dem Kläger noch dem Gericht bekannten Daten ist die Verpflichtungsklage (mit der ein solches Begehren geltend zu machen ist, vgl. Nds. OVG, Urteil vom 30.01.2013 – 11 LC 470/10 -, NdsVBl. 2013, 248) mangels eines hinreichend bestimmten Antrags unzulässig. Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO soll die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich nur dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der richterlichen Entscheidungsbefugnis (§ 88 VwGO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 121 VwGO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 82 Rn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.12.1998 – II ZR 330/97 -, NJW 1999, 954 m.w.N. sowie Urteil vom 10.07.1986 – IX ZR 138/85 -, NJW 1986, 3142). Ein in dieser Weise bestimmter Antrag muss spätestens in der mündlichen Verhandlung gestellt werden; andernfalls ist die Klage unzulässig (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: August 2012, § 82 Rn. 7; Eyermann, a.a.O., Rn. 9; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 82 Rn. 10).

Der Antrag, den Beklagten zur Löschung aller über den Kläger dort vorhandenen Daten zu verpflichten, ist unbestimmt und kann auch nicht in hinreichend bestimmter Weise gestellt werden, weil es dem Kläger aufgrund der Sperrerklärung des Beklagten unmöglich ist, die konkret zu löschenden Daten im Einzelnen zu bezeichnen. Weder dem Kläger noch dem Gericht ist bekannt, um welche Daten es sich handelt. Würde das Gericht zu einer entsprechenden Verurteilung gelangen, wäre ein solcher Tenor nicht vollstreckbar, was zur Unzulässigkeit eines solchen Antrags führt. Dieses Ergebnis mag unbefriedigend erscheinen, ist jedoch notwendige Folge des Umstands, dass das Nds. OVG und das Bundesverwaltungsgericht im Zwischenverfahren gemäß § 99 Abs. 2 VwGO die vom Beklagten ausgesprochene Sperrerklärung für rechtmäßig erachtet haben. Obwohl das Grundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG vorbehaltlos formuliert ist, schließt es Einschränkungen nicht von vornherein aus. So ist anerkannt, dass Ansprüche auf Aktenvorlage, die sich dem Grunde nach aus der Rechtsschutzgarantie ergeben, eingeschränkt werden können, wenn das Bekanntwerden der Akten dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Hierzu gehören auch der Schutz nachrichtendienstlicher Informationen, Informationsquellen und Arbeitsweisen sowie die Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen an Informanten. Wird im Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO festgestellt, dass die Sperrerklärung rechtmäßig ist, so steht damit für das Hauptsacheverfahren bindend fest, dass die Aktenvorlage oder Auskunftserteilung aus Rechtsgründen nicht möglich ist, ohne dass es auf die Gründe hierfür noch ankäme (BVerwG, Urteil vom 27.09.2006 – 3 C 34/05 -, BVerwGE 126, 365). Einen solchen Sachverhalt haben die vorliegend im Zwischenverfahren befassten Gerichte bejaht. Führt der Umstand, dass die Aktenvorlage aus Rechtsgründen nicht möglich ist, zu der Folge, dass es dem Kläger im Hauptsacheverfahren nicht möglich ist, einen bestimmten Antrag zu stellen, so ist dies auch im Lichte der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hinzunehmen. Dies gilt auch für das Gericht, das keine Möglichkeit gesehen hat, dem Kläger in der mündlichen Verhandlung einen ausreichend bestimmten Antrag nahezulegen.

Soweit in dem vom Kläger formulierten Verpflichtungsantrag ein Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Bescheids vom 20.12.2011 enthalten ist, hat der Kläger zwar einen bestimmten Antrag gestellt. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine bloße Bescheidaufhebung kann das Gericht jedoch – bezogen auf die nicht bekannten Daten – nicht erkennen, sodass die Klage insoweit gleichfalls unzulässig ist. Schwerpunkt des Begehrens des Klägers ist es, eine Löschung der über ihn gespeicherten Daten zu erreichen. Ihm ist in keiner Weise damit gedient, wenn das Gericht einen diese Löschung ablehnenden Bescheid lediglich aufheben würde, ohne den Beklagten zu einer entsprechenden Leistung zu verpflichten. Im Übrigen wäre eine solche Anfechtungsklage auch unbegründet, weil es dem Gericht nicht möglich wäre, zu beurteilen, ob die Speicherung der über den Kläger vorhandenen, nicht offen gelegten Daten zulässig war und weiterhin zulässig ist. Auch insoweit steht die Sperrerklärung des Beklagten entgegen, die es verhindert, dass das Gericht überhaupt Kenntnis von Art und Umfang der vorhandenen Daten erhält.

Hinsichtlich der im Verfahren bekannt gewordenen, den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten hat die Klage Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Löschung dieser Daten, soweit diese in Dateien gespeichert sind, bzw. auf Eintragung eines Sperrvermerks (siehe sogleich); der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ein Anspruch des Klägers auf Löschung von Daten bzw. Eintragung eines Sperrvermerks ergibt sich im Hinblick auf eine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Teil seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) aus § 10 Abs. 2 Satz 1 bzw. aus § 11 Abs. 2 Sätze 2 und 3 NVerfSchG.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG ist Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind. Sie darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben und weiterverarbeiten, soweit dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften nicht besondere Regelungen treffen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 NVerfSchG). Voraussetzung für die Sammlung von Informationen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 NVerfSchG ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte, die, insgesamt betrachtet und unter Einbeziehung nachrichtendienstlicher Erfahrungen, den Verdacht einer der in § 3 Abs. 1 Satz 1 genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten rechtfertigen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 NVerfSchG). Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG – ausschließlich diese Norm wird in dem angefochtenen Bescheid vom 20.12.2011 als Rechtsgrundlage für die Speicherung der den Kläger betreffenden Daten genannt – darf die Verfassungsschutzbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NVerfSchG personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, wenn (u. a.) tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass die betroffene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NVerfSchG beteiligt ist, und dies für die Beobachtung der Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 NVerfSchG hat die Verfassungsschutzbehörde die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war (Nr. 1) oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist (Nr. 2). Sind personenbezogene Daten in Akten gespeichert, so gilt § 10 Abs. 2 und 3 NVerfSchG für Akten, die zu einer bestimmten Person geführt werden, entsprechend (§ 11 Abs. 2 Satz 1 NVerfSchG; diese Norm kommt vorliegend nicht zur Anwendung, weil zum Kläger keine Personenakte geführt wird). Im Übrigen hat die Verfassungsschutzbehörde personenbezogene Daten zu sperren, wenn sie bei der Einzelfallbearbeitung feststellt, dass ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen von Betroffenen beeinträchtigt würden, und die Daten für die künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen nicht mehr weiterverarbeitet werden (§ 11 Abs. 2 Sätze 2 und 3 NVerfSchG).

Nach den genannten Vorschriften setzt eine Datenerhebung und -speicherung Bestrebungen des Betroffenen voraus, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes sind solche, die darauf gerichtet sind, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 NVerfSchG). Die Kammer kann nicht erkennen, dass die dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten eine derartige Zielrichtung haben bzw. dass der Beklagte ihm dies überhaupt substantiiert vorwirft. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG zählen gemäß § 4 Abs. 3 NVerfSchG das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen (Nr. 1), die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Nr. 2), das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition (Nr. 3), die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung (Nr. 4), die Unabhängigkeit der Gerichte (Nr. 5), der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft (Nr. 6) und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (Nr. 7). Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind solche, die darauf gerichtet sind, einen der vorgenannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 NVerfSchG). Bestrebungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss. Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 NVerfSchG). Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVerfSchG, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen.

Unter „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ sind danach Aktivitäten zu verstehen, die auf die Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtet sind. Das Tatbestandsmerkmal einer „politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise“ erfordert über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische Wirkungen zu entfalten. Erfasst werden somit Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wenig wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie. Die Grenze liegt dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei, also einer ihrem Wesen nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossenen Gruppe, in ihren Willen aufgenommen, zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 NVerfSchG reichen für das Tätigwerden des Verfassungsschutzamts „tatsächliche Anhaltspunkte“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen, konkret für Gefährdungen der gesetzlich näher beschriebenen Verfassungsrechtsgüter aus. Die Regelung verlangt keine Gewissheit darüber, dass Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Das Tatbestandsmerkmal „tatsächlicher Anhaltspunkt“ verlangt allerdings mehr als bloße Vermutungen. Es müssen konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen (BVerwG, Urteil vom 21.07.2010 – 6 C 22/09 -, BVerwGE 137, 275).

Das Gericht kann nicht feststellen, dass im Fall des Klägers über bloße Vermutungen hinausgehende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen des Klägers in der Vergangenheit vorlagen bzw. heute noch vorliegen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Über den Kläger ist bei der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde gespeichert, er sei am 07.04.1997 bei der Durchsuchung der Redaktionsräume der Zeitung „P.“ in G. durch die Polizei als eines der mutmaßlichen Redaktionsmitglieder festgestellt worden. Der Durchsuchung lag ein Artikel des linksgerichteten „Wöchentlichen Stadtinfos“ „P.“ zugrunde, der die Staatsanwaltschaft G. zur Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) bzw. wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 StGB) veranlasste. Im Zuge der Ermittlungen wurde bekannt, dass sich die Redaktion der „P.“ jeweils montags in den Schulungsräumen der Bildungsvereinigung „X.“ in der Y. in G. zur Redaktionssitzung treffe. Bei der Durchsuchung wurden die Personalien von fünf Personen festgestellt, bei denen die „hiesige Dienststelle“ davon ausging, dass „es sich hier um die Redaktionsmitglieder der P.“ handele. Diese Personen, zu denen der Kläger gehörte, seien zu einer Zeit angetroffen worden, zu der normalerweise die Redaktionssitzung für die „P.“ stattfinde. Sie hätten sich im Besitz von Schriftstücken befunden, die an die „P.“ gerichtet gewesen seien. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er sei als Teilnehmer eines Arbeitskreises für Asylangelegenheiten von den damaligen Maßnahmen betroffen gewesen. Nähere Belege dafür, dass er seinerzeit in der Redaktion der „P.“ mitgearbeitet hat, hat der Beklagte nicht vorgelegt. Soweit er im gerichtlichen Verfahren vorträgt, der Kläger sei „bei einer Durchsuchung der Redaktionsräume der P. festgestellt worden“, erscheint bereits fragwürdig, ob es besondere „Redaktionsräume der P.“ überhaupt gab; der Kläger wurde in Räumen der Organisation „X.“ angetroffen, die wohl von verschiedensten Gruppierungen zu verschiedensten Zwecken genutzt wurden. Wenn der Beklagte in seiner Klageerwiderung weiter ausführt, aufgrund der Anwesenheit des Klägers in den Räumen sei man davon ausgegangen, dass er Redaktionsmitglied der „P.“ gewesen sei, beruht dies auf einer reinen Vermutung. Diese hat sich offenbar später nicht bestätigt, denn nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers ist das Ermittlungsverfahren gegen ihn gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Letzteres gilt auch für ein Strafverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, bei einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers im August 1998 seien „diverse Gegenstände, wie etwa Präzisionsschleudern, Stahlmuttern sowie ein Signalabschussgerät“ sichergestellt worden, bestreitet der Kläger dies und sind keine weiteren Erkenntnisse hierüber vorhanden; auch trägt der Beklagte nichts dazu vor, dass diese Gegenstände im Rahmen von Straftaten genutzt worden sind oder werden sollten. Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO spricht gegen einen derartigen Zusammenhang. Selbst wenn man aber in diesem Einzelereignis einen Grund dafür sehen würde, zunächst Daten über den Kläger zu speichern, so müsste der Beklagte belegen, dass die weitere Speicherung nach 15 Jahren für die Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörde noch erforderlich ist. Einen solchen Beleg ist er schuldig geblieben. Derartige Gesichtspunkte ergeben sich insbesondere nicht aus der Tätigkeit des Klägers für den Radiosender „Stadtradio E.“. Zwar hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung behauptet, die entsprechende Eintragung im Juli 2000 sei durch die Radiosendung „Z.“ veranlasst worden, die ein Forum für Linksextremismus geschaffen habe. Der Kläger hat jedoch überzeugend dargelegt, das staatlich geförderte Stadtradio stelle neben dem redaktionellen Rundfunk unter anderem auch einen sog. Bürgerfunk zur Verfügung, der ehrenamtlich betrieben werde und in dem die Sendung „Z.“ seinerzeit ausgestrahlt worden sei. Die Mitarbeiter des redaktionellen Zweigs des Senders, zu denen er selbst gehöre, hätten auf den Inhalt des Bürgerfunks keinen Einfluss. Einen Bezug zwischen evtl. politisch links gerichteten Sendebeiträgen und dem Kläger konnte der Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung nicht ansatzweise herstellen. Auch die Teilnahme des Klägers an Demonstrationen am 18.08.2007, am 30.01.2010, am 06.09.2010, am 15.01.2011 und am 19.03.2011 bietet keinen Anlass, dem Kläger verfassungsfeindliche Bestrebungen zu unterstellen. Ungeachtet der Frage, ob sich der Kläger unter Nutzung seines Grundrechts auf Versammlungsfreiheit oder unter Ausübung seines Berufs als Journalist an diesen Demonstrationen beteiligt hat, ergeben sich aus der bloßen Teilnahme keine Anhaltspunkte dafür, dass er sich in einem oder für einen Personenzusammenschluss im Sinne der oben genannten Normen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung betätigt hat. Warum es verwerflich und darauf gerichtet sein soll, die freiheitliche demokratische Grundordnung außer Kraft zu setzen, wenn sich ein politisch interessierter Bürger – ob beruflich oder privat – an einer gegen die R. gerichtete Demonstration, an einer Demonstration „S.“, an einer Kundgebung im Hinblick auf die Ermordung eines Menschen durch Rechtsextremisten, an einer Protestaktion gegen einen T. (ohne dass sich in irgendeiner Weise ergibt, dass er an rechtswidrigen Handlungen beteiligt war) oder an einer durch die Ereignisse in Fukushima/Japan veranlassten Anti-Atom-Demonstration beteiligt, hat der Beklagte nicht substantiiert oder belegt. Er beschränkt sich auf die allgemeine Bemerkung, der Kläger werde der linksextremistischen Szene in E. zugerechnet, die durch eine zum Teil hasserfüllte Ablehnung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Institutionen und Repräsentanten gekennzeichnet sei. Brandanschläge auf Kraftfahrzeuge und Verbindungshäuser sowie auf das W. Landkreisgebäude würden der linksextremistischen Szene zugerechnet und spiegelten die ausgeprägte Gewaltbereitschaft von Mitgliedern dieser Szene wider. Auch hierdurch wird in keiner Weise ein tatsächlicher, belegbarer Bezug zum Kläger hergestellt. Vielmehr wird versucht, einen solchen Zusammenhang durch nicht näher begründete Hinweise wie denjenigen auf den Brandanschlag auf das W. Landkreisgebäude herzustellen, der unaufgeklärt geblieben ist.

Zusammengefasst nennt der Beklagte im Wesentlichen die Ereignisse der Jahre 1997 und 1998 als Anhaltspunkte für den Verdacht einer Beteiligung des Klägers an extremistischen Bestrebungen. Wie vorstehend ausgeführt, waren diese Ereignisse allenfalls geeignet, einen Anfangsverdacht für strafrechtliche Ermittlungen gegen den Kläger zu rechtfertigen. Nachdem sich die Vorwürfe im Strafverfahren offensichtlich als haltlos erwiesen haben, sind sie jedoch nicht geeignet, verfassungsfeindliche Bestrebungen des Klägers zu belegen. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger in diesem Sinne ziel- und zweckgerichtet in einem oder für einen Personenzusammenschluss betätigt oder dass ihm – außerhalb der Tätigkeit in einem oder für einen Personenzusammenschluss – Bestrebungen vorzuwerfen sind, die auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, eines der im Nds. Verfassungsschutzgesetz genannten Schutzgüter erheblich zu beschädigen. Dasselbe gilt – wie dargelegt – für die Tätigkeit des Klägers beim „Stadtradio E.“ und für seine Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen.

Soweit der Beklagte ausführt, in den Folgejahren seien weitere, aus Geheimschutzgründen nicht offenzulegende Erkenntnisse hinzugekommen, ist infolge der ausgesprochenen Sperrerklärung unklar, welche Anhaltspunkte dies sein sollten. Nach Auffassung des Gerichts sind Erkenntnisse des Verfassungsschutzamts, die im vorliegenden Verfahren nicht offen gelegt werden, nicht geeignet, Bestrebungen des Klägers gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu belegen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Konsequenzen der Nichtvorlage von Akten gemäß § 99 Abs. 1 VwGO (BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 – 6 C 13/07 -, NVwZ 2008, 1371). Danach darf die Nichtvorlage von Aktenteilen im Hinblick auf ein Geheimhaltungsinteresse für sich gesehen nicht im Sinne einer Beweisvereitelung zum Nachteil für die Behörde gewertet werden, da die Nichtvorlage der Akten durch die genannte Vorschrift gedeckt ist. Andererseits führt die berechtigte Verweigerung der Aktenvorlage nicht zu einer Umkehr der materiellen Beweislast oder zu einer Verringerung des Beweismaßes auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit oder gar auf eine bloße Glaubhaftmachung. Vielmehr besagen die aus der Anwendung des § 99 VwGO resultierenden Beweisschwierigkeiten nichts für die Frage der vom Gericht zu gewinnenden Überzeugungsgewissheit. Soweit keine Möglichkeiten bestehen, Anhaltspunkte für den Inhalt der als geheimhaltungsbedürftig eingeschätzten Unterlagen zu erhalten, kann sich dieser Umstand daher in der Form auswirken, dass das Gericht nicht die nötige Überzeugung gewinnen kann, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen (VG Köln, Urteil vom 20.01.2011 – 20 K 2331/08 -, juris). Da sich im vorliegenden Fall aus der Sperrerklärung, aus dem Vorbringen des Beklagten und aus sonstigen Umständen keine Hinweise auf den konkreten Inhalt der nicht offengelegten Unterlagen ergeben, lassen sich daraus jedenfalls keine für den Kläger nachteiligen Schlussfolgerungen ziehen.

Da somit nur auf die bekannten Daten abzustellen ist, sich aus diesen jedoch keine Hinweise auf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen des Klägers ergeben, sind die Daten zu löschen. Soweit es sich um Daten handelt, die in Akten gespeichert sind, hat der Kläger Anspruch auf Eintragung eines Sperrvermerks. Im Hinblick auf den Umstand, dass ihn die gespeicherten Daten aus Sicht eines Nutzers des Datenbestands in die Nähe linksextremistischer Kreise rücken können, ohne dass nach dem Vorstehenden hierfür eine tragfähige rechtliche Grundlage besteht, beeinträchtigt die Vorhaltung des Datenbestands das Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung und damit schutzwürdige Interessen im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 NVerfSchG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 711 ZPO.

Es folgt die Rechtsmittelbelehrung.