Amtsgericht Eschwege – Urteil vom 20.02.2014 – Az.: 71 Cs – 2850 Js 31050/13

URTEIL

In der Strafsache

gegen

1. xxx,
Verteidiger:
Rechtsanwalt Rasmus Kahlen, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen
2. xxx,
Verteidigerin:
Rechtsanwältin Marlene Jendral, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen
3. xxx,
Verteidiger:
Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen

wegen Einbruchsdiebstahls

hat das Amtsgericht Eschwege – Strafrichter – in der Sitzungen vom 04.02.2014 und 20.02.2014, an der teilgenommen haben:

xxx
als Strafrichter
xxx
als Beamter der Staatsanwaltschaft

Rechtsanwalt Rasmus Kahlen
als Verteidiger des Angeklagten xxx
Rechtsanwältin Marlene Jendral
als Verteidigerin der Angeklagten xxx
Rechtsanwalt Sven Adam
als Verteidiger der Angeklagten xxx

Justizangestellte xxx am 04.02.2014
Justizhauptsekretärin xxx am 20.02.2014
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

am 20.02.2014 für Recht erkannt:

Die Angeklagten werden auf Kosten der Staatskasse, die auch die notwendigen Auslagen der
Angeklagten zu tragen hat, freigesprochen.

Angewendete Vorschriften:
§§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Ziff. 1, 25 Abs. 2 StGB

GRÜNDE:
(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)
I.
Gegen die drei in xxx lebenden und dort studierenden Angeklagten erging unter Datum vom 06.09.2013 jeweils Strafbefehl des Amtsgerichts Eschwege, gegen den diese form- und fristgerecht Einspruch eingelegt haben.

In den Strafbefehlen wurde den Angeklagten vorgeworfen, am 18.06.2013 gegen 0.00 Uhr in xxx gemeinschaftlich handelnd fremde bewegliche Sachen einem anderen in der Absicht weggenommen zu haben, die Sachen sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wobei zur Ausführung der Tat in einen umschlossenen Raum eingestiegen seien.

Den Angeklagten wurde vorgeworfen, sich nachts am 18.06.2013 gemeinsam zu dem in xxx gelegenen tegut-Markt begeben zu haben, um dort im Bereich einer Laderampe des Supermarktes einen ca. 3,30 Meter hohen Steckmetallzaun überwunden zu haben. Auf diese Weise seien sie auf eine Laderampe gelangt und hätten dort Lebensmittel, die zur Abholung und Verwendung durch die Tafel xxx bereitgestellt worden sei, in der Absicht an sich genommen, diese für sich zu verwenden. Auf diese Weise hätten sie 28 Brote, 35 Brötchen, 14 Teile Backwaren süß, 2 Begonienpflanzen, 1 Packung Grabower Waffeln, 4 Pakete abgepackten Käse, 5 Pelargonien, 2 Packungen “Viel Leicht” Schinkenfleischwurst, 1 Packung tegut – Kräutermelisse, 1 Packung Wilke Riesenbockwurst, 1 Schale mit 300 g Bio-Erdbeeren, 1 Schale Nektarinen, 500 g Paprika, 1 Schale Pfirsiche, 1 Schale Bio-Pfirsiche und 1 Schale Bio-Trauben erlangt und diese in mitgeführte Rucksäcke und Taschen, aber auch in eine Kunststoffstiege und 2 Einwegholzstiegen eingeladen und in das von ihnen mitgeführte Fahrzeug verladen.

II.
Von diesem Tatvorwurf waren die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die im Zeitpunkt der durch die Zeugen xxx und xxx durchgeführten Kontrolle im Fahrzeug des Angeklagten xxx vorgefunden Lebensmittel aus dem tegut-Markt in xxx stammten, mithin dass die Angeklagten die Ihnen zur Last gelegte Tat begangen haben.

Dabei steht außer Frage, dass im Zeitpunkt der Durchführung einer Verkehrskontrolle durch die Polizeibeamten der Verdacht bestand, die Angeklagten hätten aus dem tegut-Markt in xxx die im Fahrzeug des Angeklagten xxx vorgefundenen Lebensmittel entwendet, da die Angeklagten unmittelbar zuvor von den Polizeibeamten xxx und xxx auf dem Parkplatzgelände des tegut-Marktes gesehen wurden und sich unter den im Fahrzeug der Angeklagten aufgefundenen Lebensmitteln auch solche befanden, die eindeutig dem Warenangebot eines tegut-Marktes zuzuordnen sind. Auch die weiteren polizeilichen Ermittlungen schienen zunächst den bestehenden Verdacht zu bestärken, da am nächsten Morgen durch den Zeugen xxx bekannt wurde, dass die auf der Laderampe des tegut-Marktes xxx bereitgestellten Lebensmittel, die für die “Tafel xxx” bereitgestellt worden waren, nunmehr nicht mehr aufgefunden worden seien, sodass man davon ausging, dass die Angeklagten eben diese Ware entwendet hätten. Dies gilt umso mehr, als der dortige Metallzaun ohne Hilfsmittel problemlos überwunden werden kann, was sich auch durch die Inaugenscheinnahme der gefertigten Lichtbilder ergibt.

Die durchgeführte Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob die Angeklagten tatsächlich in den tegut-Einkaufsmarkt in xxx unter Überwindung des dortigen Metallzauns auf die Laderampe gelangt sind und die dort befindlichen Lebensmittel, insbesondere solche, die für die xxx Tafel bestimmt waren, an sich genommen haben. Dabei blieb schon unklar, ob die auf einem Rollwagen für die xxx Tafel bereitgestellten Lebensmittel innerhalb des Marktes oder auf der Laderampe abgestellt waren, da auf den nachts von dem Zeugen xxx gefertigten . Lichtbildern dieser (geleerte) Wagen nicht zu sehen war. Und soweit es den in dem Fahrzeug des Angeklagten xxx aufgefundenen verpackten Käse betrifft, lagerte dieser, wenn er denn für die xxx Tafel bestimmt war, nach der glaubhaften Aussage der Zeugin xxx im Kühlhaus und nicht auf der Laderampe. Einbruchsspuren, die auf einen Einbruch in das Innere des Lebensmittelmarktes hindeuten, gibt es jedoch nicht. Zweifelhaft bleibt daher, woher denn dann die Kühlware, insbesondere der im Fahrzeug vorgefundene Käse stammen soll. Es erscheint auch ausgeschlossen, dass es sich um weggeworfene Lebensmittel handelte, die ebenfalls auf der Laderampe in 3 blauen Plastikkisten aufbewahrt werden. Denn es ist schon sehr zweifelhaft, ob die sichergestellten und später der “xxx Tafel” zur Verfügung gestellten Lebensmittel verdorben waren und daher zur Entsorgung weggeworfen worden waren. Hinzu kommt, dass nach Aussagen der Zeugen xxx und xxx die Plastikkisten dienstags geleert werden und die Tat dienstagnachts begangen wurde, mithin zu einem Zeitpunkt, als die Kisten nicht gefüllt gewesen seien können. Zudem hat die Zeugin xxx ausgeführt, dass die Brote, die an den Zulieferer, die xxx Bäckerei, hätten zurückgeführt werden sollen, in Brottüten verpackt waren, ohne dass man im Bereich des tegut-Marktes in xxx solche leeren Brottüten vorgefunden hätte, was angesichts der Vielzahl der angeblich entwendeten Brote zu erwarten gewesen wäre. Auch auf den nachts gefertigten Lichtbildern des Zeugen xxx sind leere Brottüten nicht zu erkennen.

Nach Aussage der Zeugin xxx erscheint es auch ausgeschlossen, dass die Angeklagten Lebensmittel aus einem weiteren, im Bereich des Getränkemarktes aufgestellten Restmüllcontainer des tegut-Marktes in xxx entnommen haben, da dieser durch Kette und Schloss gesichert war, ohne dass man Aufbruchspuren gefunden hätte.

Unter diesen Umständen erscheint es durchaus möglich und nachvollziehbar, dass die von den Polizeibeamten xxx und xxx in dem Fahrzeug des Angeklagten xxx vorgefundenen Lebensmittel aus einem anderen Lebensmittelmarkt stammen, zumal auch einige wenige im Fahrzeug des Angeklagten xxx aufgefundene Lebensmittel anderen Lebensmitteldiscountern zuzuordnen waren. Die Tatsache, dass es dem Zeugen xxx mittels des von ihm mitgeführten Scanners gelang, die Ware zu erfassen ist hierbei ohne Aussagekraft, da nach Angaben der Zeugin xxx damit nur sichergestellt ist, dass die Ware in dem Sortiment der Firma tegut gelistet ist ohne jedoch sagen zu können, von welchem tegut-Markt die jeweilige Ware stammt. Angesichts dieser Umstände waren nach dem Grundsatz “in dubio pro reo” die Angeklagten von dem Vorwurf des Diebstahls im besonders schweren Fall gemäß §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Ziff. 1, 25 Abs. 2 StGB mit der Kostenfolge des § 467 Abs. 1 StPO freizusprechen.