Journalistinnen und Journalisten klagen gegen das Land Thüringen wegen Einschränkung der Pressefreiheit

Nach der drastischen Einschränkung der Pressefreiheit beim Rechtsrock-Open Air „Eichsfeldtag“ im thüringischen Leinefelde durch Polizeibeamte haben die betroffenen Journalistinnen und Journalisten nun rechtliche Schritte ergriffen. So sind vor dem Verwaltungsgericht Weimar indes vier Klageverfahren gegen die von der Polizei erteilten Platzverweise anhängig. Mit Verfahren nach dem Thüringer Informationsfreiheitsgesetz (ThürIFG) gegenüber der Landespolizeidirektion Thüringen sollen zudem die Gründe für das umstrittene polizeiliche Verhalten ermittelt werden. Weitere presserechtliche Maßnahmen gegen den Pressesprecher der Landespolizeiinspektion Nordhausen werden derzeit vorbereitet.

Die Journalistinnen und Journalisten waren am 28.05.2016 in Leinefelde, um das jährliche Rechtsrock-Event „Eichsfeldtag“ zu dokumentieren und darüber zu berichten. Auf dem Veranstaltungsgelände griffen Beamte bereits nicht ein, als dort drei der Pressevertreter von Veranstaltungsteilnehmern an ihrer Arbeit gehindert und körperlich bedrängt wurden. Stattdessen hinderte die Polizei unter dem Jubel anwesender Neonazis etwa zwei Stunden später vier durch Presseausweise legitimierte Journalistinnen und Journalisten mit rechtlich nicht begründeten Platzverweisen daran, die öffentliche Veranstaltung zu dokumentieren. Zur Durchsetzung dieser Maßnahme drohte die Polizei sogar Gewalt und die Beschlagnahme der Kameras an.

Die Platzverweise gegenüber den Journalistinnen und Journalisten entbehren nach den mir vorliegenden Informationen jeder Grundlage. Statt die Forderungen von Neonazis umzusetzen, muss die Polizei Straftaten verhindern, die Pressefreiheit durchsetzen und jene schützen, die von der Neonazi-Szene zu Unrecht aus dem öffentlichen Raum vertrieben werden sollen“ ärgert sich der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der eine der Journalistinnen vertritt, über die polizeilichen Maßnahmen. Der so genannte „Eichsfeldtag“ ist eine seit 2011 regelmäßig stattfindende NPD-Veranstaltung, die mit politischen Rednern, Neonazis-Bands, Informations- und Verkaufsständen sowie einer Hüpfburg für Kinder eine neonazistische Erlebniswelt für die ganze Familie bietet. Dass über eine derartige Veranstaltung berichtet werden kann und muss, ist selbstverständlich und gehört zu dem demokratisch verankerten Prinzip der Unabhängigkeit der Presse und deren Freiheit. Umso absurder sind aber Äußerungen der Polizei als einzige Begründung der Maßnahmen vor Ort: „Das was sie hier machen, hat mit journalistischer Arbeit nichts zu tun!“, warf der Pressesprecher der Landespolizeiinspektion Nordhausen, Thomas Soszynski, der die Platzverweise erteilte, den Betroffenen vor. „Dass ausgerechnet ein Pressesprecher der Polizei eine derartige Unkenntnis über die Grundlagen des Presserechts offenbart, ist bezeichnend und macht eine verwaltungsgerichtliche Klärung offensichtlich unumgänglich“ kommentiert RAin Kristin Pietrzyk aus Jena die Begründung der Polizei.

Unter den Betroffenen ist auch die mehrfach ausgezeichnete Journalistin Andrea Röpke, die sich ebenso wie alle anderen Journalistinnen und Journalisten mit ihrem Presseausweis legitimierte. „Die Polizei hat sich offensichtlich von Neonazis instrumentalisieren lassen, um eine sorgfältige und kritische Berichterstattung über die Gefahren derartiger Veranstaltungen zu verhindern. Wir sind gesprächsbereit, aber eine derartige Behinderung und Diskreditierung unserer Arbeit ist inakzeptabel“ bewertet Röpke abschließend die Maßnahmen und deren Begründung.

Für Rückfragen stehen die Rechtsanwälte der betroffenen Journalistinnen und Journalisten unter den genannten Kontaktdaten zur Verfügung.

 

RA Sven Adam (kontakt@anwaltskanzlei-adam.de)
RA Rasmus Kahlen (kontakt@anwaltskanzlei-kahlen.de)
RAin Kristin Pietrzyk (KristinPietrzyk@kanzlei-elster.de)