PM: 223 Personen aus 78 Familien klagen nach rechtswidriger Freiheitsentziehung durch Umzäunung des Gebäudekomplexes in der Groner Landstraße 9-9b in Göttingen auf Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 880.850,00 €

Nach der viel beachteten Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Göttingen vom 30.11.2023 (Az.: 4 A 212/20) zur Rechtswidrigkeit der Umzäunung und polizeilichen Bewachung des Göttinger Gebäudekomplexes in der Groner Landstraße 9-9b während der Corona-Pandemie im Juni 2020 klagen nun betroffene Familien auf Schmerzensgeld gegen die Stadt Göttingen. Es wird für 223 Personen – hiervon 96 Kinder – aus 78 Familien Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 880.850,00 € vor dem Landgericht Göttingen geltend gemacht. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 1 BvR 1717/15) zu rechtswidrigen Freiheitsentziehungen sind die Einzelforderungen mit mindestens 50,00 € je Person und Stunde der Freiheitsentziehung bemessen.

Im Dezember 2023 war die Stadt Göttingen zunächst außergerichtlich aufgefordert worden, die Zahlungen zu tätigen oder auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und in außergerichtliche Vergleichsverhandlungen einzutreten. Hierauf reagierte die Stadt Göttingen nicht, so dass die Klagen wegen drohender Verjährung bis zum 31.12.2023 erhoben werden mussten.

Die Stadt Göttingen hatte die Bewohner des Wohnkomplexes seinerzeit unter Generalverdacht gestellt und das Ansehen der Betroffenen in der Öffentlichkeit herabgesetzt. Das VG Göttingen nahm in der Entscheidung vom 30.11.2023 daher nicht nur eine Verletzung des Grundrechts der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit der Person an, sondern auch eine Verletzung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG).

Die betroffenen Familien haben wegen der offensichtlich rechtswidrigen Freiheitsentziehung und der tiefgreifenden Persönlichkeitsrechtsverletzung einen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Stadt Göttingen aus dem sog. Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB). Offensichtlich kalkulierte die Stadt mit der Verjährung der Ansprüche. Dass der Anspruch der ohnehin marginalisierten Menschen nicht bereits außergerichtlich befriedigt wurde und die Familien in die Klagen gezwungen werden ist eine finanzpolitische Taktiererei abermals auf dem Rücken die Menschen in der Groner Landstraße 9-9b“, ärgert sich Rechtsanwalt Sven Adam, der die Klagen für die Familien erhoben hat, über das außergerichtliche Verhalten der Stadtverwaltung. „Wir werden nun mit umfassenden Beweisanträgen in den Verfahren die Fehlentscheidungen der Stadtverwaltung aufarbeiten und die teils lebensbedrohlichen Zustände innerhalb des Komplexes während der Umschließung zum Gegenstand der Beweisaufnahme machen.“ so Adam vorerst abschließend.

Für Rückfragen steht RA Sven Adam unter den genannten Kontaktdaten zur Verfügung.