Ende der Verfolgung eines Unschuldigen: Landgericht Bremen lässt Anklage der Staatsanwaltschaft Bremen gegen Bremer Ultra nicht zur Verhandlung zu

Göttingen/Bremen, den 27.09.2023

Mit Beschluss des Landgerichts (LG) Bremen vom 13.09.2023 (Az.: 7 KLs 220 Js 43341/19 (9/23)) hat das LG eine Anklage der Staatsanwaltschaft Bremen vom 09.08.2019 wegen des Verdachts des besonders schweren Falls des Landfriedensbruches (§ 125a StGB) gegen einen Bremer Ultra nicht zur Verhandlung zugelassen. Dem heute 30-jährigen war von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, sich am 16.12.2017 an Auseinandersetzungen zwischen Bremer Ultras und rechten Hooligans im Bereich der Kneipe „Die Schänke“ beteiligt zu haben.

Die Nichtzulassung der Anklage ist das Ende einer absurden Verfolgung des seinerzeit 24-jährigen Bremer Ultras durch die Bremer Polizei, das Ordnungsamt und die Staatsanwaltschaft Bremen.

Denn tatsächlich ist aktenkundig, dass der junge Mann am 16.12.2017 selbst von einem rechten Hooligan aus dem Bereich der „Schänke“ angegriffen und verletzt wurde. Im Zuge der stattdessen aber gegen den Ultra geführten Ermittlungen erhielt er im Jahr 2018 auf Betreiben der Bremer Polizei und trotz Dauerkarte ein Aufenthalts- und Betretungsverbot für das Stadtgebiet von Bremen während der Heimspiele der ersten und der zweiten Mannschaft des SV Werder Bremen, es wurde die strafprozessuale und gefahrenabwehrrechtliche erkennungsdienstliche Behandlung zur Abgabe von Lichtbildern und Finger- und Handflächenabrücken angeordnet und er wurde in die BKA-Verbunddatei „Gewalttäter Sport“ eingetragen.  

In verwaltungs- und amtsgerichtlichen Haupt- und Eilverfahren wurde gegen sämtliche polizeiliche Maßnahmen erfolgreich vorgegangen.

Auf ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Bremen (Az.: 2 V 1990/18) erkannte das Ordnungsamt die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts- und Betretungsverbotes an und hob das Verbot mit Verfügung vom 30.08.2018 auf. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung wurde strafprozessual mit Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 10.10.2018 (Az.: 92a Gs 761/18 (220 Js 6814/18)) und gefahrenabwehrrechtlich auf einen Widerspruch mit Verfügung der Polizei vom 12.09.2018 aufgehoben. Die Eintragung in die BKA-Datei „Gewalttäter Sport“ wurde letztlich mit Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen 26.03.2021 (Az.: 2 K 2929/18) für rechtswidrig erklärt und die Freie Hansestadt Bremen zahlte im August 2021 dem Werder Fan eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von 600,00 €.

Trotz der bereits Anfang 2018 vorliegenden Erkenntnisse der Bremer Polizei, nach denen der Ultra von einem namentlich bekannten rechten Hooligan „angegriffen und mit Faustschlägen traktiert“ wurde und eine Tatbeteiligung des Ultras selbst auf dem umfangreichen Videomaterial in der Akte nicht zu sehen ist, und trotz der Eingeständnisse der rechtswidrigen polizeilichen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen wurde der Ultra von der Staatsanwaltschaft Bremen am 09.08.2019 wegen des Verdachts des besonders schweren Landfriedensbruches angeklagt – und zwar zum Landgericht Bremen wegen der besonders hohen Straferwartung.

Nach § 125 Abs. 1 Alt. 1 macht sich jedenfalls strafbar, wer sich in der Menschenmenge befindet und durch ein aktives Verhalten an Gewalttätigkeiten oder an Bedrohungen (als Täter oder Teilnehmer) beteiligt, wohingegen die bloße Anwesenheit nicht unter Strafe steht“, heißt es nun im Ergebnis in dem Nichteröffnungsbeschluss des LG Bremen vom 13.09.2023.

Mit den rechtlichen Belehrungen gegenüber der Bremer Staatsanwaltschaft durch das Landgericht zum Landfriedensbruch findet das Strafverfahren gegen meinen Mandanten endlich ein für die Bremer Behörden peinliches Ende“, führt der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam aus, der den Ultra in allen Verfahrensstadien vertreten hat. „Eine objektive Strafverfolgungsbehörde hätte bereits im Januar 2018 das Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten eingestellt und keine Maßnahmen mehr getroffen. Hier wurde aber offensichtlich ein Bremer Ultra verfolgt – schlicht, weil er Ultra ist und trotz des Wissens, dass er selbst Betroffener rechter Gewalt wurde. Objektiv ist das nicht mehr zu erklären – eher mit einem politischen Verfolgungsinteresse“, ärgert sich Adam zudem über die wider besseres Wissen angeordneten Maßnahmen und die nun nicht zugelassene Anklage.

Weitere Informationen auch auf der Seite der Grün Weißen Hilfe: https://gruen-weisse-hilfe.de/ende-der-verfolgung-eines-unschuldigen/

Für Rückfragen steht Rechtsanwalt Sven Adam unter den genannten Kontaktdaten zur Verfügung.