Tacheles Rechtsprechungsticker KW 10/2024

1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts zur Grundsicherung/ Bürgergeld (SGB 2) und zum Asylbewerberleistungsrecht

1.1 – BSG, Urt. v. 28.02.2024 – B 4 AS 22/22 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensberücksichtigung – Verkaufserlös – Fondsanteile – Schonvermögen – Vermögensumschichtung

Bundessozialgericht zum Verkaufserlös aus Fondsanteilen und der Frage, ob der Erlös wie Zinsen Einkommen darstellt oder lediglich eine Vermögensumschichtung vorliegt.

Orientierungssatz Verein Tacheles e. V.

1. Der im Bewilligungszeitraum erzielte Erlös aus dem Verkauf von zum Schonvermögen zählenden Fondsanteilen ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen, sondern es handelt es sich hierbei lediglich um eine Vermögensumschichtung.

2. Die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen ist für die grundsicherungsrechtliche Abgrenzung von Einkommen und Vermögen unerheblich.

Quelle: www.bsg.bund.de

1.2 – BSG, Urt. v. 28.02.2024 – B 4 AS 18/22 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Bedarfe für Unterkunft und Heizung – Berlin – 2012 – 2013 – Angemessenheitsprüfung – Zumutbarkeit – Umzug

Bundessozialgericht zu Kostensenkungsaufforderungen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung:

JobCenter müssen nur auf angemessene Bruttowarmmiete hinweisen

Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. JobCenter müssen bei Kostensenkungsaufforderungen lediglich auf eine nach Ansicht des Leistungsträgers als angemessen erachtete Bruttowarmmiete hinweisen, ohne zwischen Grundmiete, „kalten“ Nebenkosten und Heizkosten zu differenzieren.

2. Der Streit darüber, ob die vom Leistungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, ist grundsätzlich bei der Frage auszutragen, welche Aufwendungen i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind (BSG Rechtsprechung).

Orientierungssatz Verein Tacheles e. V.
1. Eine Kostensenkungsaufforderung im Sinne des § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II als Grundlage für die Ablehnung der Übernahme der tatsächlichen Heizkosten als unangemessen genügt den Anforderungen des BSG, wenn vom Grundsicherungsträger lediglich auf die von ihm als angemessen erachtete Bruttowarmmiete hingewiesen wird, ohne dabei zwischen Grundmiete, „kalten“ Nebenkosten und Heizkosten zu differenzieren, und die Aufforderung auch sonst keine weiteren Ausführungen dazu enthält, ob die Aufwendungen wegen den Kosten der Unterkunft und/oder den Heizkosten als unangemessen betrachtet werden.

Quelle: www.bsg.bund.de

1.3 – BSG, Urt. v. 28.02.2024 – B 4 AS 19/22 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende – Bedarfe für Unterkunft und Heizung – Berlin – 2013 – Angemessenheitsprüfung – Zumutbarkeit – Umzug

Bundessozialgericht zu Kostensenkungsaufforderungen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung:

Die Klägerinnen haben nach der Verkündung des Urteils in der Sache B 4 AS 18/22 R ihre Revisionen zurückgenommen.

1.4 – BSG, Urt. v. 29.02.2024 – B 8 AY 3/23 R

Asylbewerberleistungsrecht – stationäre psychiatrische Behandlung – Leistungen bei Krankheit – sonstige Leistung zur Sicherung der Gesundheit

Zur Frage der Unerlässlichkeit sonstiger Leistungen zur Sicherung der Gesundheit (hier: einer stationären Krankenhausbehandlung) im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 AsylbLG.

Über die Frage, ob die Kosten für die Behandlung in einer psychiatrischen Klinik als Krankheitskosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erstatten sind.

BSG Urteil: Schwer psychisch kranken Asylbewerbern muss geholfen werden.

Psychisch erkrankte und traumatisierte Asylbewerber müssen bei einem akuten Behandlungsbedarf medizinische Hilfe erhalten können. Liegt eine schwere Depression mit Suizidgefahr vor, müssen Sozialhilfeträger die unaufschiebbare stationäre Therapie als „akute Erkrankung“ bezahlen.

weiter auf www.evangelisch.de

2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung/Bürgergeld (SGB II)

2.1 – LSG Hessen, Urteil v. 05.02.2024 – L 6 AS 125/23 – Revision zugelassen – Urheberrechtsschutz

Bürgergeld/Grundsicherung: § 22 Abs. 7 SGB II

Zur Frage, ob die Entscheidung über die Direktzahlung der Kosten der Unterkunft (§ 22 Abs. 7 SGB II) im Wege des Erlasses eines Verwaltungsaktes erfolgen muss oder ob es nur eines informatorischen Schreibens bedarf?

Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Unterrichtung über die Direktzahlung der Kosten der Unterkunft muss – nicht in Form eines Verwaltungsaktes erfolgen.

2. Die Entscheidung über die Direktzahlung der Kosten der Unterkunft muss nicht im Wege des Erlasses eines Verwaltungsaktes erfolgen, ein informatorisches Schreiben der Behörde ist ausreichend, so jedenfalls der 6. Senat des LSG Hessen, denn diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, so der Verein Tacheles e. V.

Orientierungssatz Tacheles e. V. (Urheberrechtsschutz)
1. Die Rechtsfrage, ob über die Direktzahlung an einen Vermieter oder Dritten durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist, ist höchstrichterlich nicht geklärt; sie wurde vom BSG offengelassen (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 38/17 R). In Literatur und Rechtsprechung wird sie unterschiedlich bewertet.

2. LSG Hessen: Die Entscheidung über die Direktzahlung der Kosten der Unterkunft muss nicht im Wege des Erlasses eines Verwaltungsaktes erfolgen, ein informatorisches Schreiben der Behörde ist ausreichend.

Leitsätze www.sozialgerichtsbarkeit.de

Für die Benachrichtigung des Leistungsberechtigten, dass die Direktauszahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 Satz 2 – 4 SGB II wegen nicht zweckgebundener Mittelverwendung direkt erfolgt, ist ein informatorisches Schreiben der Behörde ausreichend. Es bedarf nicht des Erlasses eines Verwaltungsaktes.

Rechtstipp v. Tacheles e. V.:
für den VA: Luthe in: Hauck/Noftz SGB II, 1. Ergänzungslieferung 2024, § 22 SGB 2, Rn. 387; Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 (Stand: 6. Februar 2023), Rn. 260); a.A. SG Darmstadt, Beschluss vom 17. Januar 2014 – S 19 AS 6/14 ER; Berlit, in: Münder, LPK-SGB II, 8. Aufl. 2024, § 22 Rn. 294; Kallert, in: BeckOGK, Stand 1. Dezember 2019, SGB II Vorbemerkung vor § 39 Einstweiliger Rechtsschutz im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Rn. 22; offenlassend: BSG, Urteil vom 9. August 2018 – B 14 AS 38/17 R -.

Lesetipp v. Tacheles e. V.: Tacheles Rechtsprechungsticker KW 50/2023

LSG NRW, Beschluss v. 25.05.2023 – L 2 AS 484/23 B –

Orientierungssatz Redakteur v. Tacheles e. V.
1. Handelt es sich bei der Entscheidung über die Auszahlung von Geldleistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung an den Vermieter um eine Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes oder lediglich um eine informatorische Mitteilung an den leistungsberechtigten?

2. Dies ist jedenfalls umstritten. Der Wortlaut des Gesetzes spricht zwar für eine bloße Mitteilung ohne Regelungscharakter.

3. Nach wohl überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur handelte sich aber gleichwohl nicht um eine bloße Unterrichtung, sondern um eine Entscheidung durch Verwaltungsakt (so etwa Krauß in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch SGB II, Stand Ergänzungslieferung 1/21, § 22 Rn. 387, sowie Luik in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021 § 22 Rn. 312, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen).

Hinweis Tacheles e. V. :
a. Auffassung:

1. LSG NRW, Urt. v. 28.0ktober 2022 – L 21 AS 188/22, Rz. 37:

Unabhängig von der Darstellungsweise im Bescheid handelt es sich bei der Zahlung an einen Dritten um einen Eingriff in das Verfügungsrecht des Hilfebedürftigen über die ihm gewährten Leistungen und damit um eine belastende Regelung des Einzelfalls, die die Qualitiät eines (eigenen) Verwaltungsakts i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X hat (Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, § 22 (Stand: 12.1.2022) Rn. 263; LSG NRW vom 20.2.2019 – L 7 AS 2024/18 B).

2. für den Verwaltungsakt: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 5. August 2015, L 7 AS 263/15 -, SG München, Urt. v. 25.10.2018 – S 52 AS 405/17-

3. gleicher Auffassung: für ein informatorisches Schreiben der Behörde ganz aktuell auch SG Darmstadt, Gerichtsbescheid v. 03.03.2023 – S 33 AS 1201/19 – dem zustimmend: LSG Hessen, Urt. v. 05.02.2024 – L 6 AS 127/23 –

2.2 – LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29.11.2023 – L 9 AS 316/22

Bürgergeld: Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II

Anspruch des österreichischen Staatsangehörigen auf Leistungen der Grundsicherung aufgrund des Deutsch-Österreichischen Fürsorgeabkommens (Tacheles e. V.)

Leitsätze
Österreichische Staatsangehörige können sich gegenüber dem Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 2 Abs. 1 DÖFA (juris: FürsAbk AUT) berufen.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

Rechtstipp Tacheles e. V.:
so wohl h.M. in der neueren obergerichtlichen Rspr., vgl. mit ausführlicher Begründung Hessisches LSG, Urteil vom 15. September 2021, L 6 AS 316/17; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. August 2021, L 2 AS 409/21 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 8. Juni 2020, L 18 AS 1641/19, und vom 11. Mai 2020, L 18 AS 1812/19; aA Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 7 SGB II, Stand 9. August 2023, Rn. 118 ff.).

2.3 – LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 31.01.2024 – L 2 AS 416/21

Sozialgerichtliches Verfahren – Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensanrechnung – Einbeziehung eines neuen Bescheids – Unterhaltszahlungen

Leitsatz
1. Ein im Klageverfahren gegen die vorläufige Bewilligung erlassener endgültiger Festsetzungs- und Erstattungsbescheid nach § 41a Abs 3, Abs 6 Satz 3 SGB II wird gem § 96 SGG insgesamt Gegenstand des Gerichtsverfahrens. Insoweit gilt nichts anderes als beim verbundenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid (vgl BSG, Urt v 3. September 2020, B 14 AS 55/19 R, juris RN 10 ff).

2. Die Berücksichtigung von Zahlungen für Kindesunterhalt als Abzugsposten beim Einkommen (§ 11b Abs 1 Satz 1 Nr 7 SGB II) erfordert einen titulierten Anspruch, dies gilt auch wenn das Kind im Ausland lebt.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2.4 – LSG Hessen, Beschluss v. 06.02.2024 – L 6 AS 413/23 B ER

Leitsätze
1. Einem Weiterbewilligungsantrag sowie anschließendem Verwaltungsakt kommt eine Zäsurwirkung zu, weshalb die Einbeziehung eines nachfolgenden Bewilligungsabschnitts im Eilverfahren regelmäßig nicht sachdienlich im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG ist.

2. Ist fraglich, ob eine vom Antragsteller mitgeteilte Anschrift den Anforderungen an eine ladungsfähige Anschrift genügt und verfügt der Antragsteller aber über keine anderweitige Anschrift, so sind hinsichtlich der Zulässigkeit des Verfahrens die für Obdachlose entwickelten Grundsätze entsprechend anzuwenden.

3. Eine formelle Rechtswidrigkeit aufgrund fehlender Anhörung führt nicht zu einem Erfolg des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz, wenn eine Heilung noch möglich ist. Denn es fehlt an einer endgültigen Rechtsverletzung und auch an einer hinreichenden Erfolgsaussicht in der Hauptsache.

4. Zeitaufwendige Ermittlungen, wie z.B. hinsichtlich der Verbindung von Leistungsempfängern zu Unternehmen mit Sitz im Ausland, bleiben dem Hauptsacherechtsbehelf vorbehalten.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

2.5 – LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 16.11.2023 – L 5 AS 358/22

Leitsätze
1. Zur Möglichkeit der Verhängung einer Sanktion in Höhe von 30% des Regelsatzes gegenüber erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 31a Abs 2 SGB II aF).

2. Eine Belehrung über die Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen ist richtig und erfüllt ihre Funktion, soweit sie den Leistungsberechtigten auf die Minderung des Regelsatzes in der Höhe hinweist, die die Behörde beabsichtigt.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

3. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Bürgergeld (SGB II)

3.1 – SG Hildesheim, Urt. v. 23.11.2023 – S 36 AS 1541/19 –

Bürgergeld: Reparaturkosten § 22 Abs. 1, Abs. 2 SGB II – Urheberrechtsschutz

Muss das Jobcenter Kosten für eine Dachreparatur seiner auf dem selbstgenutzten Hausgrundstück befindlichen Gartenlaube übernehmen?

Jobcenter muss für Reparaturen bei auf dem selbstgenutzten Hausgrundstück befindlichen Gartenlaube aufkommen, § 22 Abs. 2 SGB II (Verein Tacheles e. V.).

Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Instandhaltungskosten für eine Dachreparatur einer Gartenlaube auf dem selbstgenutzten Hausgrundstück sind Kosten der Unterkunft für Bürgergeldempfänger soweit diese angemessen sind.

2. Gleichbehandlung von Eigentümern und Mietern bei der Berücksichtigung von Unterkunftsaufwendungen.

Orientierungssatz Tacheles e. V.
1. Reparaturkosten für das Dach der Gartenlaube sind entsprechende Reparaturkosten im Sinne des § 22 Abs. 1, Abs. 2 SGB II (geschlussfolgert aus BSG, Urt. vom 07.07.2011 – B 14 AS 51/10 R -).

2. Die Kosten für die notwendige Reparatur des Daches der Gartenlaube fallen als sogenannter Erhaltungsaufwand unter die berücksichtigungsfähigen Ausgaben bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

RA Sven Adam

3.2 – SG Berlin, Urt. v. 17.01.2024 – S 174 AS 4184/23 – Sprungrevision wird zugelassen – 2. Instanz anhängig LSG BB – L 18 AS 147/24 – Urheberrechtsschutz

Betriebskostenguthaben; Zufluss; wertmäßiger Zuwachs; Fälligkeit des Betriebskostenguthabens; Realisierung; Mieterkonto

Bürgergeld: § 22 Abs. 3 SGB II – Anrechnung von Nebenkostenguthaben, Betriebskostenguthaben

Zur Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Anrechnung eines Nebenkostenguthaben

Leitsatz Verein Tacheles e. V.
1. Im Falle einer Rückzahlung des Guthabens ist auf den Monat der Zahlung und nicht auf den Monat der Erstellung der Abrechnung (und/oder dem Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Mieterkonto) abzustellen. Erst mit der Buchung auf dem Girokonto liegt ein anrechenbarer Zufluss vor.

Orientierungssatz Verein Tacheles e. V.
1. Bei der Anrechnung von Nebenkostenguthaben, Betriebskostenguthaben kommt es weder auf den Zeitpunkt der Erstellung der Betriebskostenabrechnung oder auf den Zeitpunkt des Zugangs der Betriebskostenabrechnung noch auf den Zeitpunkt der Verbuchung im Mieterkonto an.

2. In den Fallkonstellationen (so die 174. Kammer des SG Berlin):
Aufforderung des Vermieters zur Verrechnung mit der nächsten Miete, Aufforderung zur Mitteilung der Kontonummer zum Zweck der Auszahlung des Guthabens oder direkte Auszahlung des Guthabens auf das Girokonto des Mieters durch den Vermieter muss es auf den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Mieters bzw. der tatsächlichen Verrechnung mit der laufenden Miete durch den Mieter ankommen.

SG Berlin: Orientierungshilfe Verein Tacheles e. V.

1. Bezüglich der Anrechnung des Guthabens kommt es insoweit weder auf den Zeitpunkt der Erstellung der Betriebskostenabrechnung oder auf den Zeitpunkt des Zugangs der Betriebskostenabrechnung noch auf den Zeitpunkt der Verbuchung im Mieterkonto (so aber: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.06.2020, L 28 AS 1466/14; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.01.2020, L 31 AS 1871/19 -) an.

2. Im Falle einer Rückzahlung eines Guthabens ist auf den Monat der Zahlung und nicht auf den Monat der Erstellung der Abrechnung (und/oder dem Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Mieterkonto)

3. Das Guthaben war nicht im Monat nach der Erfassung im Mieterkonto zu berücksichtigen, sondern erst mit der Gutschrift auf dem Girokonto.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

Hinweis: Leitsatz
    Ein Betriebskostenguthaben stellt weder mit dem Zugang der Nebenkostenabrechnung noch ab der Buchung auf dem Mieterkonto bereits zugeflossenes Einkommen dar. Wird das Guthaben auf das Girokonto des Leistungsempfängers ausgezahlt, liegt erst mit der Buchung auf demselben der maßgebliche Zufluss vor.
    Ein Nebenkostenguthaben steht nicht schon als bereites Mittel zur Verfügung, wenn es ohne weiteres realisiert werden kann (vgl BSG vom 19.8.2015 – B 14 AS 43/14 R; Rn. 18: in Abkehr von BSG vom 16.5.2012 – B 4 AS 132/11 R, Rn. 25).

Rechtstipp v. Verein Tacheles:
in diese Richtung schon SG Neubrandenburg, Urteil vom 10.1.2011, S 11 AS 386/08 –

Die bloß interne Erfassung des Rückzahlungsanspruchs des Mieters/Hilfebedürftigen als „Haben-Buchung“ im Mieterkonto ist keine „Gutschrift“, weil es sich lediglich um eine Erfassung eines Saldo-Postens in der Buchhaltung handelt, auf die der Hilfebedürftige tatsächlich nicht zugreifen kann und über die er nicht frei verfügen kann.

3.3 – SG München, Urteil v. 25.10.2018 – S 52 AS 405/17

Kosten der Unterkunft, schlüssiges Konzept nach § 22 Abs. 1 SGB II bejahend

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

4. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht (SGB III)

4.1 – SG Gießen, Urt. v. 19.02.2024 – S 20 AL 72/23

Leitsätze
1. Bei der Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, Korrekturanträge im Verfahren über die abschließende Bewilligung von Kurzarbeitergeld einzureichen, handelt es sich mangels Regelungswirkung nicht um einen Verwaltungsakt.

2. Wird dem Aufforderungsschreiben dennoch eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, so kann sich der Kläger hiergegen statthafterweise mit der Anfechtungsklage wenden.

3. Verfahren, in denen der Umfang der Nachweispflichten des Arbeitgebers im Verfahren über die Bewilligung von Kurzarbeitergeld streitig ist, sind gerichtskostenfrei. Ein Streitwert ist nicht festzusetzen.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

5. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)

5.1 – LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 10.01.2024 – L 9 SO 30/23 B ER

Leitsatz
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist – unter Beachtung der Kostenabgrenzungsrichtlinie auf Grund der getrennten Zuständigkeit zwischen Kranken- und Pflegeversicherung bei einheitlicher Leistungserbringung – im Rahmen der Folgenabwägung auf Grund der bislang höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfrage der Zeitanteil der Pflegeleistungen mit einem stündlichen Kostensatz zu multiplizieren, um diesen hiernach der pauschalisierten Leistung der Pflegekasse gegenüberzustellen.

Quelle: www.landesrecht-mv.de

5.2 – LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.01.2024 – L 7 SO 3301/23 B

Leitsätze
Durch im E-Mail-to-Fax-Verfahren übersandte Dokumente wird das Schriftformerfordernis jedenfalls dann nicht gewahrt, wenn das Dokument nur die E-Mail-Adresse als Absender, jedoch nicht dessen Faxnummer ausweist.

Quelle: www.sozialgerichtsbarkeit.de

6. Entscheidungen zum Asylrecht und AsylbLG

6.1 – Sozialgericht Heilbronn – Beschluss vom 21.02.2024 – Az.: S 16 AY 76/24 ER

Normen: § 1a AsylbLG, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG – Schlagworte: Leistungen nach § 1a AsylbLG, Eilverfahren, Kostenentscheidung, Sozialgericht Heilbronn

weiter bei RA Sven Adam

7. Verschiedenes zum Bürgergeld, zur Sozialhilfe, zum Asylrecht, Wohngeldrecht und anderen Gesetzesbücher

7.1 – Bahnt sich hier die nächste Sauerei der Ampel- Regierung an??

Erwerbsminderungsrente: Pünktliche Gesetzesreform scheitert erneut an IT

Wer eine Erwerbsminderungsrente bezieht, sollte eigentlich ab dem 1. Juli 2024 bessergestellt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Doch aus der pünktlichen Umsetzung der Reform wird nichts: Schuld ist wieder einmal die IT. Einem Medienbericht zufolge ist die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) mit der Umsetzung überfordert.

Wie das „Handelsblatt“ am Freitag berichtete, ist die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) nicht in der Lage, die Reform zum geplanten Zeitpunkt umzusetzen. Demnach plane das von Hubertus Heil (SPD) geführte Bundesarbeitsministerium alternativ ein zweistufiges Verfahren, um die Zuschläge doch noch wie versprochen zur Jahresmitte auszahlen zu können. Das gehe aus einer Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf hervor, den das Ministerium an die Regierungspartner geschickt habe.

Aufwand unterschätzt?
Bundesrechnungshof warnte bereits vor Kollaps

Kurz vor dem Jahreswechsel hatte bereits der Bundesrechnungshof gewarnt, dass die unzureichende digitale Ausstattung der Deutschen Rentenversicherung deren Funktionieren gefährde.

weiter: www.versicherungsbote.de

Auch hier: Deutsche Rentenversicherung äußert sich dazu: www.ihre-vorsorge.de und hier: www.deutsche-rentenversicherung.de

Dazu passend:
Ab März gibt es mehr Geld für Beamten, die Gehälter und Pensionen steigen. Auch die Bundesregierung sowie der Bundespräsident freuen sich über Gehaltserhöhungen. So viel verdienen Kanzler, Minister und Frank-Walter Steinmeier künftig mehr.

weiter: www.focus.de

Anmerkung:
Hauptsache in die eigenen Taschen, kein schlechtes Gewissen?

Ein Verzicht auf die Erhöhung in dieser wirklichen schlechten Lage würde ein positives Zeichen setzen, meint der Verein Tacheles e. V.!

Passend dazu: Rekord-Erhöhung für Bundespräsident, Kanzler und Co.: Mehr Geld für Politiker, weniger für Rentner

weiter: www.berliner-zeitung.de

Anmerkung:
Unsere Politiker brauchen eine Nullrunde bei den Gehältern, Sie müssen als gutes Beispiel voran gehen, doch tun sie es auch??

Wichtiger Hinweis:
Nicht veröffentlichte Urteile (gekennzeichnet durch n. v.), Anmerkungen bzw. Urteilsbesprechungen von Rechtsanwälten, welche wir von Gerichten, Rechtsanwälten oder Privatkunden erhalten, dürfen zitiert werden, aber nur mit Quellhinweis Verein Tacheles, alles andere stellt eine Urheberrechtsverletzung dar. Danke!

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Verfasser des Rechtsprechungstickers: Redakteur von Tacheles Detlef Brock
Quelle: Tacheles-Rechtsprechungsticker