Amtsgericht Tiergarten – Beschluss vom 01.05.2011 – Az.: 383 AR 3006/11 ASOG

Beschluss
Geschäftsnummer: 383 AR 3006/11 ASOG                Berlin, den 01.05.2011

In der
Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungssache

betreffend: xxx
geboren am: xxx
wohnhaft: xxx

Verfahrensbevollmächtigter:
Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen

Antragsteller: xxx

wird der Antrag des Polizeipräsidenten Berlin vom 01.05.2011 auf Ingewahrsamnahme des Festgehaltenen zurückgewiesen.
Dem Antragssteller werden die außergerichtlichen Auslagen des Festgehaltenen auferlegt.

Gründe:
Die Betroffene wurde am 01.05.2011 gegen 1:30 Uhr an der Kreuzung Boxhagener Str. / Mainzer Str. vorläufig festgenommen, weil gegen sie der Anfangsverdacht eines Landfriedensbruchs in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung gem. §§ 125, 125a, 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 22, 23, 52 StGB bestand, da sie verdächtig ist, eine Glasflasche auf einen eingesetzten Polizeibeamten aus einer Menschenmenge heraus geworfen zu haben, wobei die Glasflasche von der Schutzkleidung des Beamten abgeprallt ist.

Die Betroffene war zunächst zur ZEB Kruppstr. 15 verbracht worden. Gegen 8:30 Uhr am 01.05.2011 ist sie sodann zur Gew.Sammelstelle Tempelhof verbracht worden, um dort eine Vorführung vor dem Haftrichter durchzuführen. Ein Antrag auf Erlass eines Haftbefehls ist durch die Staatsanwaltschaft Berlin nicht gestellt worden. Deshalb wurde die Betroffene mit einem Transport gegen 14:30 Uhr wieder zur ZEB Kruppstr. verbracht, wo sie gegen 15:00 Uhr eintraf.

Eine Vorführung vor dem ASOG-Richter erfolgte ab 16:35 Uhr.

Der Antrag des Polizeipräsidenten Berlin war zurückzuweisen, weil keine unverzügliche Vorführung der Betroffenen gern. § 31 Abs. 1 S. 1 ASOG zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung erfolgt ist.

Unverzüglich im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 1 ASOG bedeutet, dass die richterliche Entscheidung ohne jede vermeidbare Verzögerung, die sich nicht aus objektiv-sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, herbei zu führen ist.

Zwar war der zeitliche Ablauf der polizeiliche Maßnahmen grundsätzlich ordnungsgemäß, jedoch war die Entscheidung der Polizei die Betroffene zum Bereitschaftsgericht zwecks Vorführung vor dem Haftrichter ohne vorherige Rücksprache mit dem zuständigen Staatsanwalt fehlerhaft und hat zu einer vermeidbaren Verfahrensverzögerung geführt. Eine vorherige Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Berlin wäre bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage, insbesondere auf Grund des Alters und der stabilen sozialen Verhältnisse der Betroffenen sowie des Umstandes, dass sie bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, erforderlich gewesen.

Eine Vorführung vor dem Haftrichter wäre bei entsprechender Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Berlin von vornherein ausgeschieden, so dass die Verbringung der Betroffenen in den Gewahrsam des Bereitschaftsgericht nicht hätte erfolgen müssen. Vielmehr hätte sie zeitnah zu ihrer Festnahme dem ASOG-Richter zur Anhörung vorgeführt werden können, zumal die Betroffene sich schon in der ZEB Kruppstr. befand.

 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, die binnen eines Monats vom heutigen Tage durch Einreichung einer Beschwerdeschrift in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle beim Amtsgericht Tiergarten, Tempelhafer Damm 12, 12101 Berlin, einzulegen ist. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen
Das Rechtsmittel muss binnen der genannten Frist bei Gericht eingehen. Fällt das Fristende auf einen Sonnabend, Sonntag oder allgemeinen Feiertag so endet die Frist mit dem Ablauf des nächsten Werktages.

Auf Antrag findet unter Übergehung der Beschwerdeinstanz (Landgericht Berlin) die Sprungrechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof statt, wenn die Beteiligten in die Übergehung der Beschwerdeinstanz einwilligen und der Bundesgerichtshof die Sprungrechtsbeschwerde zulässt. Der Antrag ist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu stellen. Die Einwilligungserklärung und der Antrag gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Beschwerde.