PM: Freispruch in weiterem Verfahren um Räumung der ehemaligen JVA im Herbst 2022 – Videomaterial einer Bürgerrechtsorganisation beweist Lüge einer Hannoveraner Polizeieinheit – Strafanzeige erstattet

Nach der polizeilichen Räumung der ehemaligen JVA am 06.10.2022 werden vor dem Amtsgericht mindestens sieben Verfahren geführt, in denen Betroffenen, die vor dem Eingang des Gebäudes demonstrierten, vorgeworfen wird, einer versammlungsrechtlichen Beschränkung nach dem Nds. VersG nicht nachgekommen zu sein und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Ihnen gegenüber sei durch eine dort eingesetzte Hannoveraner Polizeieinheit mehrfach eine sog. räumliche Beschränkung ausgesprochen worden.

Die vor Ort eingesetzte Hannoveraner Polizei legte in den Verfahren ein Wortprotokoll der Lautsprecherdurchsagen vor. Der Datenträger, auf dem die Durchsagen im Original gespeichert worden seien, sei nicht mehr vorhanden. Das Wortprotokoll enthält an mehreren Stellen die vermeintliche Durchsage einer beschränkenden Verfügung. In einer mündlichen Hauptverhandlung am 19.06.2023 (Az.: NZS 62 OWi 285 Js 13412/23 (86/23)) wurde nach einer Befragung der Hannoveraner Polizeibeamtin, die die Durchsagen durchgeführt haben will, die Durchführung der Durchsagen nochmals bestätigt.

Von der Verteidigung wurde anschließend Videomaterial der Göttinger Bürgerrechtsorganisation „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ in das Verfahren eingebracht, das sämtliche Durchsagen der Polizei in Bild und Ton dokumentiert. Die besagten beschränkenden Verfügungen sind in den Durchsagen nicht enthalten, die vermeintliche Mitschrift der Originalaufnahme ist damit falsch und ein Strafvorwurf gegenüber den Betroffenen nicht mehr zu halten.

Das Amtsgericht Göttingen hat daher mit nun veröffentlichtem Beschluss vom 07.11.2023 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Göttingen den Beschuldigten in dem Verfahren zu dem Az.: NZS 62 OWi 285 Js 13412/23 (86/23) freigesprochen. Aus dem vorgelegten Video ergibt sich hiernach, dass eine Beschränkung der Versammlung nicht ausgesprochen wurde.

Die Verfälschung eines Wortprotokolls und die Wiederholung unwahrer Behauptungen in einer mündlichen Verhandlung sollte straf- und dienstrechtliche Konsequenzen für die Polizeibeamtin haben, die in der Verhandlung am 19.06.2023 die vermeintliche Echtheit der Lautsprecherdurchsagen bestätigt hat. Heute wurde von mir eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Falschaussage vor Gericht bei der Staatsanwalt Göttingen erstattet.“ führt Rechtsanwalt Sven Adam aus, der den Freigesprochenen verteidigte. „Ohne das Video der Göttinger Gruppe „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ wären sieben Personen wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt worden, die sie nicht begangen haben.“ so Adam weiter.

Der Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 07.11.2023 befindet sich hier: